Protocol of the Session on January 23, 2020

- das ist immer schon unser Thema gewesen, wir haben das auch schon mehrfach beantragt -, gibt es dafür nicht die notwendigen Mehrheiten.

Umso mehr freut es mich, dass wir von dieser Stelle aus erneut einen Antrag stellen, dass wir in Bezug auf Fracking ein bundesweites Verbot wollen und damit das Signal senden, dass Energiewende mehr ist, als auf Technologien von gestern zu setzen. Insofern danke ich dem SSW für seine Initiative. Ich bedanke mich auch ausdrücklich dafür, dass wir wenn vielleicht auch in Teilen mit unterschiedlichen Akzenten - hier noch einmal ein deutliches Signal senden. Ich hoffe, dass die Bundesebene das Ihrige dazu beiträgt. - Danke schön.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW und vereinzelt SPD)

Für die FDP-Fraktion hat der Abgeordnete Oliver Kumbartzky das Wort.

Sehr geehrte liebe Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das Thema Fracking beschäftigt das Land und den Landtag schon seit vielen Jahren. Für die FDP-Landtagsfraktion möchte ich heute abermals feststellen: Wir wollten und wir wollen kein Fracking in Schleswig-Holstein.

(Beifall FDP und vereinzelt CDU)

Ich freue mich, dass wir im letzten Jahr - übriges einstimmig - das Landeswassergesetz novelliert haben und die Vorschläge der Volksinitiative einge

bracht haben. So konnte über die Normierung im Landeswassergesetz festgeschrieben werden, dass toxisches Fracking praktisch unmöglich gemacht wird. Es heißt jetzt im Gesetz:

„Wer Erdarbeiten oder Bohrungen vornimmt, ist für … nachteilige … Veränderungen eines Gewässers … verantwortlich.“

Die Wasserbehörde kann Arbeiten auch untersagen, wenn eine nachteilige Veränderung eines Gewässers festgestellt wird oder unvorhergesehen Grundwasser erschlossen wird.

(Werner Kalinka [CDU]: So ist das!)

Das waren maßgebliche Punkte der Volksinitiative, und die stehen jetzt im Landeswassergesetz. Das ist auch gut so.

(Beifall FDP, vereinzelt CDU und SSW)

Darüber hinaus haben wir auch das Informationszugangsgesetz geändert. Denn falls doch irgendjemand auf die Idee kommen sollte, Fracking zu planen, dann wird über das Gesetz im Landesrecht aus unserer Sicht die notwendige und angemessene Transparenz geschaffen, um über solche Vorhaben zu informieren.

Der dritte Punkt ist das Urteil des Landesverfassungsgerichts. Das ist mehrfach erwähnt worden, das muss ich nicht wiederholen. Daraus folgt, dass wir auf Bundesebene aktiv werden müssen. Ich bin dem SSW für seinen Vorschlag sehr dankbar. Auf Autobahnen wollen Sie ja nicht mehr so schnell fahren, aber hier waren Sie doch einmal schnell und haben uns quasi überholt. Auf die Idee wären wir natürlich auch noch gekommen, aber ich bin froh, dass wir diesen Antrag heute gemeinsam stellen und auch heute beschließen werden. Dabei will ich es bewenden lassen, um der Landesregierung noch schneller die Chance zu geben, auf Bundesebene aktiv zu werden. - Danke schön.

(Beifall FDP, CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Für die AfD-Fraktion hat der Abgeordnete Volker Schnurrbusch das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Fracking ist ein über Jahrzehnte erprobtes Verfahren. Seit dem Jahr 1961 wurde das Fracking-Verfahren bei über 327 sogenannten Fracks angewandt, ohne dass es dabei einen einzi

(Marlies Fritzen)

gen Unfall gegeben hätte. Dass in Deutschland Erdgas seit Jahrzehnten aus konventionellen Lagerstätten gefördert wird, ist bekannt. Aber nur wenige wissen, dass auch bei diesen in Sandstein gespeicherten Erdgasvorkommen die Anwendung der Fracking-Technologie notwendig sein kann - je nach Beschaffenheit des speichernden Sandsteins. Allein bei unseren Nachbarn in Niedersachsen kam die Fracking-Technologie schon über 275-mal bei insgesamt über 130 Bohrungen zur Anwendung. Inzwischen wird bereits ein Drittel der deutschen Erdgasproduktion mit dem Fracking-Verfahren abgedeckt. Auch in der Tiefengeothermie wird seit einigen Jahren auf diese Methode gesetzt.

Relativ jung ist in der Bundesrepublik die Erkundung von Erdgas in den sogenannten unkonventionellen Lagerstätten. So werden Gesteinsstätten bezeichnet, in denen das Erdgas nicht nur enthalten, sondern auch entstanden ist. Wenn diese Gesteine aus Schiefer bestehen, wird Fracking erforderlich. Wenn sie aus Kohle bestehen, dann wird nach jeweils örtlicher Lage entschieden.

Die Argumente gegen das Fracking sind zahlreich. Vor allem die für den Prozess notwendigen chemischen Fließstoffe stehen im Zentrum der Kritik. Denn es werden beileibe nicht alle diese Stoffe zurückgeholt, die verbleibenden Reste gelangen ins Grundwasser. Auch die Ausschwemmung von anderen natürlich im Boden vorkommenden Risikostoffen kann nicht ausgeschlossen werden. Ferner kann die mit dem Abbau einhergehende Gesteinszertrümmerung zu Geländeabsenkungen, Destabilisierung von Gesteinsschichten oder Rissbildungen im Erdreich führen.

Ja, mit dem Fracking sind Risiken verbunden. Aber noch einmal: Bei rund 330 Einsätzen in fast 60 Jahren ist es in ganz Deutschland zu keinen Unfällen oder sonstigen umweltschädlichen Folgen gekommen.

Daneben haben Erdgas fördernde Firmen inzwischen chemisch unbedenkliche Fließstoffe entwickelt, um die potenziell umweltschädlichen Einwirkungen auf das Ökosystem, das Grundwasser und vielleicht auch auf die Nahrungskette zu unterbinden.

Wenn der vorliegende Antrag nun das generelle Verbot von Fracking in ganz Deutschland fordert, schießt er aus unserer Sicht über das Ziel hinaus. Denn dies würde faktisch bedeuten, seit Jahrzehnten faktisch bewährte Erdgasförderstätten, beispielsweise in Niedersachsen - das ist der Hauptstandort -, zu schließen.

(Marlies Fritzen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Umweltschutz also nur für Schleswig- Holstein?)

Ein Blick auf die Rechtslage schadet dabei nicht. Der schadet eigentlich nie. Denn mit den Änderungen des Wasserhaushaltsgesetzes sind bereits 2017 weitreichende Verbote und Einschränkungen in Kraft getreten. Damit wurde das unkonventionelle Fracking verboten. Lediglich in vier Erprobungsmaßnahmen zu wissenschaftlichen Zwecken wird noch daran geforscht. Die Expertenkommission das wurde eben schon gesagt - hat den Auftrag, bis Ende 2021 zu berichten, und dann wird auf Bundesebene überprüft, ob das Verbot aufrechterhalten wird.

Selbst das konventionelle Fracking wird immer restriktiver gestaltet. Fracking ist jetzt schon in Wasserschutzgebieten, in Einzugsgebieten von Seen und Talsperren, von Brunnen und Wasserentnahmestellen, von Nationalparks und in Naturschutzgebieten verboten. Außerdem müssen inzwischen alle verwendeten Stoffe als nicht oder schwach wassergefährdend eingestuft werden, um überhaupt eine Erlaubnis für das konventionelle Fracking zu erhalten. Auch eine Umweltverträglichkeitsprüfung ist seit 2017 Pflicht.

Lassen Sie uns also festhalten: In diesem Bereich hat der Gesetzgeber seine Hausaufgaben gemacht.

Auf der anderen Seite ist es für jedes Land gut, auf eigene Rohstoffquellen zu setzen. Die Erkundung und Förderung von heimischem Erdgas ist also durchaus sinnvoll. Aber - das gilt auch in dieser Debatte - wir haben derzeit eine Situation, in der weltweit neue Gasfelder entdeckt und erschlossen werden. Allein rund um Zypern haben wir die Situation, dass dort 500 Milliarden bis 600 Milliarden m³ Erdgas lagern. Mit der Erschließung ist noch nicht begonnen worden. Das ist also ein großer Speicher für ganz Europa. Den werden wir auch noch lange brauchen, auch wenn wir jetzt auf Wind und Sonne setzen wollen. Wir werden noch lange von Gas abhängig sein. Erdgas ist also nicht knapp. So schön es ist, sich selbst zu versorgen, so unproblematisch ist es auch, für die nächsten 150 Jahre Gas aus einer Vielzahl von anderen Ländern zu beziehen.

Wir sehen im Fracking, so wie es in Deutschland betrieben wurde und wird - hier werden nämlich ganz andere Chemikalien verwendet als in den USA -, nicht die Gefahr, die andere darin sehen, aber wir nehmen natürlich die Sorgen der Bürgerinitiative hier im Land ernst.

(Volker Schnurrbusch)

Daher werden wir uns in dieser Frage enthalten. Ich will aber gern wissen, wie die Kollegen, die jetzt gegen das Fracking argumentieren, den Bürgern erklären, warum man dann Fracking-Gas aus den USA einführen möchte, nur weil es in Brunsbüttel angelandet wird. Hier besteht ein Widerspruch. Der muss noch aufgelöst werden. - Vielen Dank.

(Beifall AfD - Dr. Frank Brodehl [AfD]: Ge- nau!)

Für die Landesregierung erteile ich dem Minister für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung, Jan Philipp Albrecht, das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin! - Sehr geehrte Damen und Herren! Sie haben im Landtag in dieser und der vergangenen Legislaturperiode verschiedene Debatten über das Thema Fracking geführt und zahlreiche Beschlüsse gefasst, und das aus gutem Grund: Fracking ist keine Zukunfts-, sondern eine Risikotechnologie, die wir in Schleswig-Holstein und bundesweit in Deutschland nicht haben wollen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW und Bernd Heinemann [SPD])

Schon unter der Vorgängerregierung gab es gleich zwei Bundesratsinitiativen mehrerer Länder unter maßgeblicher Beteiligung Schleswig-Holsteins zu einem bundesweiten Fracking-Verbot. Bedauerlicherweise gab es für ein solches Verbot nie eine Mehrheit. Vielmehr hat die Bundesregierung dieses Anliegen aufgegriffen und eine Novelle zum Wasserhaushaltsgesetz auf den Weg gebracht, der auch Schleswig-Holstein schließlich zugestimmt hat.

Nun hat das Landesverfassungsgericht bestätigt, dass das Land Schleswig-Holstein keine eigene Gesetzgebungskompetenz für ein vollständiges Fracking-Verbot im Landeswasserrecht hat. Diese Einschätzung kam für uns nicht besonders überraschend, denn das war als Feststellung sowohl die Auffassung dieser Landesregierung als auch der Vorgängerregierung. Diese Einschätzung war auch der Grund dafür, dass Schleswig-Holstein die von mir genannten Initiativen auf Bundesebene auf den Weg gebracht hat.

Mit Ihrem Auftrag werden wir gern eine erneute Initiative im Bundesrat zur Regelung eines bundesweiten Fracking-Verbots starten. Allerdings muss ich eingestehen, dass ich die Erfolgsaussichten je

denfalls so lange als nicht besonders hoch einschätze, solange Union und SPD im Bund keine andere Position einnehmen.

(Zuruf BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: So ist es!)

Ihre Überzeugungsarbeit bei Ihren Kolleginnen und Kollegen im Bund ist deswegen von zentraler Bedeutung. Der öffentliche Druck, nicht zuletzt aus Schleswig-Holstein, hatte im Jahr 2016 bereits dazu geführt, dass auch der Bund die Notwendigkeit einer gesetzlichen Regelung zu Fracking erkannt hat. Nach einem langen Gesetzgebungsprozess verabschiedete der Bundestag eine Regelung im Wasserhaushaltsgesetz, der auch Schleswig-Holstein zugestimmt hat. Klar ist dennoch: Auch ich halte den Ausschluss von Fracking durch Bundesgesetz für absolut notwendig. Es ist gut, dass wir aus Schleswig-Holstein an dieser Stelle nicht nachlassen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es ist gut, dass wir in Schleswig-Holstein kein Fracking haben, weil wir alle in unserer Zuständigkeit liegenden Beschränkungsmöglichkeiten für eine solche Förderung ergriffen haben, nicht zuletzt durch unser im vergangenen Jahr verabschiedetes Landeswassergesetz, das eine der großen Reformen dieser Legislaturperiode darstellt.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Werner Kalinka [CDU] - Werner Kalinka [CDU]: So ist es! Richtig!)

Ich würde mir allerdings auch wünschen, dass wir künftig viel grundsätzlicher über die Frage diskutieren, welche Förderung fossiler Energieträger überhaupt noch sinnvoll und zukunftsfähig ist und wie wir die rechtlichen Rahmenbedingungen für das beginnende postfossile Zeitalter fit machen. Vielleicht tragen die heutige Debatte und der vorliegende Antrag dazu bei. Ich würde mir wünschen, dass wir diese Debatte weiterführen können.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW und Werner Kalinka [CDU])

Abschließend ergreife ich - bei aller Einigkeit - die Gelegenheit, noch einmal auf die von Herrn Hölck gebetsmühlenartig vorgetragene Vorwurfslinie einzugehen, Schleswig-Holstein habe seine Spitzenposition bei der Energiewende abgegeben. Vor wenigen Wochen haben die Agentur für Erneuerbare Energien und das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung - beides nicht unbedingt Verbände, die die Dinge nicht genau im Blick haben - in ihrem alle zwei Jahre erscheinenden Ranking zur Energie

(Volker Schnurrbusch)

wende Schleswig-Holstein auf Platz eins gesetzt. Schleswig-Holstein ist vorne.