Protocol of the Session on January 23, 2020

Der Zusammenarbeitsausschuss war ein erster innovativer Schritt. Aber dazu gehört auch, für die Zukunft den Blick zu weiten in Richtung Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern.

Hamburg ist wirtschaftlich stärker als sein weites Umland. Hamburg hat aber Schwierigkeiten, für bezahlbaren Wohnraum zu sorgen und Fachkräfte zu gewinnen und zu halten. Spätestens hier sieht man, dass alles mit allem zusammenhängt.

Meine Damen und Herren, ich bin ein Kind der Metropolregion Hamburg. Ich bin am Rande Hamburgs auf einem Dorf mitten in der Metropolregion groß geworden. Ganz ehrlich: Das habe ich damals nicht gewusst.

Heute wissen das viele immer noch nicht, aber sie merken es jeden Tag, wenn sie zur Arbeit nach Hamburg fahren. Zwischen Geesthacht, Marschacht und Hamburg quält sich jeden Morgen eine lange Perlenkette aus Individualverkehr. Und das - Herr Buchholz, Sie wissen es -, weil eine Bahnanbindung des gesamten südöstlichen Schleswig-Holsteins im Raum entlang der Elbe fehlt. Die S-Bahn beginnt erst auf Hamburger Stadtgebiet. Das sorgt dafür, dass Tausende von Menschen aus Niedersachsen über die Elbbrücke zur A 25 schleichen, um sich mit Tausenden Schleswig-Holsteinern und Mecklenburgern zu treffen, die alle in Hamburg ar

beiten und die alle morgens mit dem Auto in die Innenstadt fahren. Klimaschutz und guter ÖPNV sehen anders aus, aber sie müssen strukturiert über die Bundeslandgrenzen hinaus weiterentwickelt werden.

(Beifall SPD)

Dass die Raumplanung in den vier betroffenen Bundesländern teilweise unterschiedlich organisiert ist, ist eine Herausforderung an sich, denn zum Beispiel auch die Wohnungsbaupolitik muss in Zukunft größer gedacht werden. Dabei ist der Unterschied in der ÖPNV-Anbindung bei der Digitalisierung, in der ärztlichen Versorgung et cetera zwischen Stadt und Land eklatant und oft auch abrupt. Das müssen wir ändern, und zwar alle gemeinsam.

Der Ostholsteiner wird nie ein Hamburger werden, genauso wenig wie die Lauenburgerin oder der Itzehoer. Aber frei nach der Hip-Hop-Band Fettes Brot könnte ja der gemeinsame Nenner mit den Hamburgern sein „Nordisch by Nature“ oder gegebenenfalls „Together Nordisch in Nature“. - Herzlichen Dank.

(Beifall SPD)

Das Wort für die CDU-Fraktion hat der Abgeordnete Peter Lehnert.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Im Mai 2019 hat die Arbeitsgruppe Stadtpolitik des Ausschusses für regionale Entwicklungspolitik der OECD ihre Berichte zur Regionalentwicklung der Metropolregion Hamburg verabschiedet, die vor Kurzem auch in deutscher Übersetzung erschienen sind. Die Berichte wurden unter Mitwirkung aller 36 Träger der Metropolregion erarbeitet und enthalten umfangreiche Datenanalysen und Vergleiche zu anderen Metropolregionen.

Auf dieser Basis werden Empfehlungen ausgesprochen, die im Kern beinhalten, stärker als bisher über Kommunal-, Landes- und Staatsgrenzen hinaus zu denken und die Zusammenarbeit auf verschiedenen Handlungsfeldern auszubauen. Entsprechende Vorschläge werden unter anderem in den Feldern Innovation, Wohnungsbau, Digitalisierung, erneuerbare Energien, Forschung und Entwicklung, Verkehrsplanung, Naturschutz sowie Tourismus gemacht.

(Kathrin Bockey)

Die Landesregierung wird gebeten, dem Landtag bis zum Ende des zweiten Quartals 2020 schriftlich zu berichten, welche Schlüsse sie aus den OECDBerichten zieht. Dabei soll insbesondere bezüglich der genannten Handlungsfelder dargestellt werden, welche Kooperationen bereits bestehen und welche Planungen zum Ausbau der Zusammenarbeit es gibt.

Diesen Antrag von CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP haben wir in der Novembertagung des Landtags einstimmig beschlossen. Wir sollten deshalb der Landesregierung auch die Chance geben, diesen Beschluss jetzt umzusetzen.

Der jetzt vorliegende Antrag der SPD-Fraktion stellt allerdings nicht, wie in der Begründung ausgeführt, eine Ergänzung dieses Auftrags dar, sondern würde bei einer Beschlussfassung das derzeit laufende Beratungsverfahren in den Gremien der Metropolregion Hamburg nachhaltig stören. Die SPD-Fraktion will die Landesregierung vielmehr auffordern, zusammen mit den anderen Landesregierungen aus Niedersachen, Mecklenburg-Vorpommern und der Freien und Hansestadt Hamburg eine eigene Handlungsstrategie für die inhaltliche und strategische Ausrichtung der Metropolregion zu entwickeln.

Dabei ignoriert die SPD völlig die Tatsache, dass die Metropolregion von insgesamt 36 Trägern getragen und finanziert wird, also außer von den vier erwähnten Bundesländern noch von 20 Kommunen und Landkreisen sowie kreisfreien Städten sowie 12 Wirtschafts- und Sozialpartnern. Sie wird von diesen auch getragen und finanziert. Einen Alleingang des Landes Schleswig-Holstein halten wir deshalb schon aus Gründen der guten Zusammenarbeit mit allen anderen Trägern nicht für sinnvoll.

Auf der Grundlage der Gremienbeschlüsse der Metropolregion Hamburg werden derzeit auf Basis der Empfehlungen des OECD-Gutachtens konkrete organisatorische und gegebenenfalls auch institutionelle Vorschläge für die Vertiefung der Zusammenarbeit in der Metropolregion gemacht sowie Projektskizzen für gemeinsame Projekte erarbeitet.

Die bereits in unserem Ursprungsantrag vom 30. Oktober 2019 genannten Handlungsfelder Innovation, Wohnungsbau, Digitalisierung, erneuerbare Energien, Forschung und Entwicklung, Verkehrsplanung, Naturschutz sowie Tourismus werden dabei in den eingerichteten Arbeitsgruppen bearbeitet. Deren Ergebnisse sollen bereits im Mai dieses Jahres vorgelegt und im Regionsrat der Metropolregion beraten werden.

Wir sollten die mit diesem Prozess einhergehende breite demokratische Beteiligung aller Träger der Metropolregion Hamburg nicht beschädigen, indem wir einseitig inhaltliche Forderungen fixieren, ohne mit unseren Partnern vorher darüber intensiv gesprochen zu haben.

Deshalb beantrage ich für unsere Fraktion die Ausschussüberweisung des SPD-Antrags und schlage vor, dass wir die inhaltliche Diskussion dazu in den zuständigen Fachausschüssen fortsetzen. Dort kann uns die Landesregierung dann auch gemäß unseres Landtagsbeschlusses von November über die Beratungen und die Ergebnisse aus den Arbeitsgruppen der Metropolregion Hamburg berichten. - Vielen Dank.

(Beifall CDU, Burkhard Peters [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Volker Schnurrbusch [AfD])

Das Wort für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat die Abgeordnete Ines Strehlau.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst möchte ich eine Lanze brechen für den gemeinsamen Ausschuss mit der Hamburgischen Bürgerschaft.

(Beifall SPD)

Diese neue Art der Kooperation läuft jetzt seit November 2016. Mit dem Ziel, Themen nicht nur vom eigenen Standpunkt aus zu betrachten, sollen Abgeordnete aus den beiden Ländern in Zusammenarbeit Entscheidungen für ihre Landesparlamente vorbereiten. In den bisher neun Sitzungen haben wir die Standpunkte der Kolleginnen und Kollegen aus Hamburg gut kennengelernt wie umgekehrt auch, und sie haben unseren Blick für die Vorteile einer intensiven Kooperation geschärft.

Aus meiner Sicht ist wichtig, dass wir noch besser darin werden, die Parteibrille abzunehmen und uns auf die Sachthemen zu konzentrieren und dort gemeinsame Entscheidungen zu treffen.

(Beifall CDU)

Was unsere Ministerpräsidenten und unsere Landesregierungen schaffen, müssen wir als Parlamente doch eigentlich auch hinkriegen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

(Peter Lehnert)

Der OECD-Bericht zur Regionalentwicklung der Metropolregion Hamburg, kurz MRH, vom vergangenen September zeigt, dass diese Kooperation genau richtig und enorm wichtig ist, um unsere Kräfte zu bündeln und die MRH, die auf ganz SchleswigHolstein ausstrahlt, zukunftsfest aufzustellen.

Weil eine intensive norddeutsche Zusammenarbeit auch dem nördlichen Landesteil nutzt, freue ich mich, dass auch der SSW im gemeinsamen Ausschuss immer dabei ist, um diese Perspektive mit über den Kanal zu nehmen.

(Beifall SPD, SSW und Dr. Andreas Tietze [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Die zentrale Aussage des Berichts ist folgende - ich zitiere -:

„Allem voran gilt es, in größeren Kategorien, das heißt über Kommunal-, Länder- und auch Staatsgrenzen hinaus zu denken (think big), um die in einem internationalen Kontext erforderliche kritische Masse zu erreichen und den langfristigen Nutzen für die gesamte Region zu maximieren.“

Wir fangen bei der Zusammenarbeit ja nicht bei null an. Unsere Landesregierung und die Metropolregion selbst mit ihren Gremien haben gemeinsam schon viele Projekte vorangebracht. So gibt es zum Beispiel die gemeinsame Wasserstoffstrategie und die Norddeutsche Energiewende 4.0. Es gibt das Leitprojekt der Radschnellwege in der MRH, einzelne gemeinsame Gewerbegebiete und Biotopverbünde. All dies sind gute Projekte, die weitergeführt und ausgebaut werden sollten.

Die OECD bescheinigt der MRH, dass sie im Bereich erneuerbare Energien das Potenzial hat, „eine globale Spitzenposition zu erlangen“. Diese Chance müssen wir nutzen.

Unterstützen könnte dies die vorgeschlagene gemeinsame Innovationsagentur für die Metropolregion Hamburg. Sie könnte ihren zentralen Arbeitsund Förderschwerpunkt zunächst im Bereich erneuerbarer Energien haben. Hier könnten auch die Unis in Kiel und Flensburg einbezogen werden. Eine Ausweitung auf andere Innovationsfelder könnte dann schrittweise erfolgen.

Um die MRH stark zu machen, braucht es gemeinsame strategische Planungen auf verschiedenen Feldern und gemeinsame Institutionen. Das ist nicht einfach, weil bei verbindlichen Vereinbarungen, beispielsweise zum Wohnungsbau, auf eigene hoheitliche Rechte verzichtet werden müsste. Das kann nur gelingen, wenn alle Beteiligten sich in der

Vereinbarung wiederfinden und bei politischen Entscheidungen unter Umständen das lokale Eigeninteresse in den Hintergrund rückt. So kann die Metropolregion auf Dauer als Ganzes konkurrenzfähiger werden.

Die zu den verschiedenen Themen eingerichteten Arbeitsgruppen sollen bis Sommer Ergebnisse erarbeiten, ganz schön sportlich, aber wichtig, um den Schwung des Berichts mitzunehmen.

Schleswig-Holstein hat mit den beiden Staatssekretären - eine Staatssekretärin, ein Staatssekretär - die Leitung der Gruppen „Wohnen“ und „Innovation“ übernommen. Wie ich höre, wird das in der Metropolregion sehr positiv aufgenommen.

Ein weiteres Beispiel für die notwendige enge Abstimmung ist das Feld Forschung und Entwicklung und die Ausbildung von Fachkräften. Der Bericht fordert unter anderem die stärkere Ausschöpfung des Potenzials unserer Forschungseinrichtungen wie XFEL und DESY. In diesem Feld würden wir uns mehr Offenheit von der Stadt Hamburg wünschen, die im Zusammenhang mit DESY in Bahrenfeld die Science City mit vielen Forschungs- und Technologieeinrichtungen baut. Dort entsteht ein ganz neuer Stadtteil.

Auf schleswig-holsteinischer Seite - es geht um den XFEL-Röntgenlaser in Schenefeld - will Hamburg aber mögliche Flächen für Innovationen mit einem Busbahnhof bebauen und klagt gegen die Stadt Schenefeld, die diese Fläche auch für Technologie und Innovationen nutzen möchte. Diese Klage empfinde ich als unfreundlichen Akt. Ich hoffe, dass es unserer Landesregierung gelingt, mit dem Hamburger Senat eine einvernehmliche Lösung zu finden, um gemeinsam Innovationen zu stärken. Ich denke, das ist eine Aufgabe für unseren Ministerpräsidenten.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD, FDP, SSW und vereinzelt CDU)

Es gibt viele weitere Kooperationsfelder, zum Beispiel die Entwicklung von Mobilitätskonzepten und die Etablierung eines gemeinsamen Nordtarifs mit Schleswig-Holstein und der MRH. Wir würden diese Themen - einige sind auch im SPD-Antrag enthalten - gern im Schleswig-Holstein-Teil des Zusammenarbeitsausschusses weiter beraten, um unserer Landesregierung bei der Arbeit in den AGs den Rücken zu stärken. - Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD, FDP, SSW und vereinzelt CDU - Dr. Ralf Stegner [SPD]: Sehr gut!)

(Ines Strehlau)

Das Wort für die FDP-Fraktion hat der Abgeordnete Stephan Holowaty.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nichts von dem, was bisher gesagt wurde, ist falsch; alles ist richtig. Die Metropolregion ist für SchleswigHolstein von besonderer Bedeutung. Mehr als 40 % der Menschen in Schleswig-Holstein leben in den Hamburg-Randkreisen. Ein bedeutender Teil unserer Wirtschaftskraft wird dort generiert. Das Durchschnittseinkommen in den Hamburg-Randkreisen ist deutlich höher als in den anderen Teilen unseres Landes.