Konkreter als von der SPD, aber auch nicht wirklich zielführend, ist der Vorschlag des SSW zum Klimaschutz im Straßenverkehr. Der Vorschlag einer Kraftstoffverbrauchsgrenze, wie Herr Kollege Harms vorgetragen hat, übersieht nämlich, dass sich Ende letzten Jahres - vielleicht habt ihr das während der Feiertage nicht mitbekommen - auf europäischer Ebene bereits darüber verständigt wurde, verschärfte CO2-Grenzwerte für Pkws einzuführen. Bereits ab diesem Jahr müssen Pkws einen Grenzwert von 95 g CO2/km erfüllen. Bis zum Jahr 2030 sollen die CO2-Emissionen von Neuwagen um 37,5 % gegenüber 2021 sinken.
Das ist ein Innovationsanreiz wie der, den ihr eben eingefordert habt. Einer zusätzlichen Kraftstoffverbrauchsgrenze bedarf es deshalb nicht. Für das Klima ist nicht entscheidend, was vorne in den Tank reinkommt, sondern was hinten aus dem Auspuff rauskommt. Das ist bereits auf europäischer Ebene geregelt.
Genauso wenig zielführend ist auch ein Tempolimit von 130 km/h auf Autobahnen. Das Umweltbundesamt geht davon aus, dass dadurch gerade einmal
2 bis 3 Millionen t CO2 eingespart würden, allerdings auch nur dann, lieber Herr Harms, wenn das Tempo noch weiter gesenkt würde, nämlich auf 120 km/h. Wenn überhaupt, reden wir hier also über eine Einsparung 0,2 bis 0,3 % des bundesdeutschen CO2-Ausstoßes.
Sehr gerne. Das ist sehr freundlich. Ich habe noch eine Frage: Wie sieht es mit Verkehrsunfällen bei Tempo 130 auf Autobahnen aus?
- Wir diskutieren über Tempo 130 gerade unter Klimaschutzgesichtspunkten. Aber Ihr Argument ist natürlich nicht neu. Das ist in der Vergangenheit auch immer wieder vorgetragen worden. Ich glaube, die Antworten sind aber auch bekannt: Im Vergleich zu anderen Ländern, in denen es Tempolimits auf Autobahnen gibt, sind in Deutschland die wenigsten Verkehrstoten zu verzeichnen. Wir weisen auch insgesamt weniger Verkehrstote auf. Insofern scheint mir auch das kein Argument für ein Tempolimit zu sein.
Meine Damen und Herren, wenn wir zum Klimaschutz überwiegend Verbotsdebatten führen, wird das nicht für die erforderliche Akzeptanz in der Bevölkerung sorgen. Was wir brauchen, ist eine kluge Klimapolitik, die sich durch konkrete, wirksame Maßnahmen auszeichnet anstatt durch Scheinlösungen. Zu einer klugen Klimapolitik gehört selbstverständlich auch, dass wir Klimaschutz mit den Menschen betreiben und nicht gegen sie.
Wie das gelingen kann, dafür ist der Jamaika-Antrag zum biologischen Klimaschutz geradezu ein Paradebeispiel. Wir wollen unsere Natur, die Moore und Wälder in Schleswig-Holstein, noch stärker als bisher für den Klimaschutz nutzen. Bis wir im Jahr
2050 in Europa CO2-neutral leben werden, sind Moore und Wälder perfekte Kohlenstoffsenken, die CO2 binden und damit dem Klimawandel entgegenwirken. Hier können wir konkret ansetzen, indem wir unser Moore schützen, ehemalige Moorflächen renaturieren, Wiesen vernässen, neue Wälder aufforsten und bestehende Wälder klimaangepasst umbauen.
Solche Maßnahmen sind wirksam, sie leisten einen effektiven Beitrag zum Klimaschutz und sind zudem positiv belegt. Das hat der große Zuspruch beim Einheitsbuddeln im letzten Jahr bewiesen.
Beim Waldgipfel der CDU-Landtagsfraktion im vergangenen Jahr hat sich sehr schnell herauskristallisiert, dass für umfangreiche Neuwaldbildung zwei Faktoren entscheidend sind, nämlich die erforderlichen Flächen und die notwendige Finanzierung.
Während die Lage der aktuellen und ehemaligen Moore bekannt ist, stellt sich für Aufforstungsmaßnahmen zuallererst die Frage: Woher sollen die 15.000 ha kommen, die wir brauchen, um den Waldanteil in Schleswig-Holstein, dem waldärmsten Bundesland, von 11 % auf 12 % zu erhöhen?
Das Beispiel der Freien und Hansestadt Lübeck zeigt, dass es gelingen kann. Allein auf öffentlichen, städtischen Flächen sind mehrere Hundert Hektar identifiziert worden, die für eine Neuwaldbildung in Betracht kommen.
Eine solche Flächenaufstellung wollen wir für ganz Schleswig-Holstein, damit fehlende Flächen nicht länger ein Hinderungsgrund für neue Wälder sind.
Die Finanzierung für den Wald haben wir uns in der Tat beim Moorschutzprogramm abgeguckt. Die Finanzierung im Moorschutz beruht auf drei Säulen: auf öffentlichen Geldern, auf privaten Spenden und auf Einnahmen aus dem Verkauf von CO2-Zertifikaten von Unternehmen, die damit den CO2-Ausstoß ihrer Produktion ausgleichen können. Letzteres nicht irgendwo auf der Welt, sondern bei uns in Schleswig-Holstein, für alle sichtbar und erlebbar. Genau das schafft positive Identifikation mit Klimaschutzmaßnahmen.
Was die Stiftung Naturschutz heute mit dem Verkauf von Moor-Futures möglich macht und damit auf 68 ha das Königsmoor im Kreis RendsburgEckernförde renaturiert, das könnten zukünftig auch die Schleswig-Holsteinischen Landesforsten mit dem Verkauf von Waldzertifikaten anbieten.
- Frau Redmann, das ist ein guter Vorschlag. - Daneben gibt es noch die Spendenplattform „Wir bewegen Schleswig-Holstein“ bei der Investitionsbank. Auch hier lässt sich ansetzen, indem für Moorschutz und Neuwaldbildung um private Geldgeber geworben wird. Wir wollen deswegen die Spendenplattform zur zentralen Anlaufstelle für Klimaschutzprojekte in Schleswig-Holstein ausbauen.
Meine Damen und Herren, Jamaika zeigt, wie es geht. Lassen Sie uns gleich zu Beginn dieses Jahres damit einen weiteren, echten Schritt für mehr Klimaschutz in Schleswig-Holstein machen! Ich bitte um Zustimmung zu unserem Antrag. - Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Klimawandel ist menschengemacht und nicht mehr zu stoppen. Die Brände in Australien sind ein aufrüttelnder Start in das neue Jahr beziehungsweise neue Jahrzehnt. Die Mehrheit der Forscher sagt uns: Wir müssen etwas ändern. Der Blick nach Australien zeigt, dass sich die Argumente der Klimaskeptiker überall gleichen: Selbst wenn der Mensch verantwortlich sei, könne man nichts ändern. - Das ist entlarvend und sachlich falsch. Es ist ein beklemmendes Zeichen der Verwirrung dieser Zeiten, dass in Davos die 17-jährige Greta Thunberg der Welt sagt, was zu tun ist, und sich der Präsident der USA als Einfallspinsel darstellt und immer neue Peinlichkeitsrekorde erzielt.
Beim Kampf gegen den Klimawandel wird am Ende jedes Zehntelgrad Erwärmung mehr oder weniger darüber entscheiden, wie dramatisch die Folgen werden. Unsere Generation hat die Verantwortung gegenüber Kindern und Enkeln, diesen Planeten zu erhalten. Darum gibt es keine Ausrede für echten und wirksamen Klimaschutz, es muss um beides gehen: Einsatz für globalen Klimaschutz, aber auch Engagement vor Ort, denn Klimaschutz beginnt in Schleswig-Holstein. Deswegen ist es gut, dass wir heute darüber diskutieren.
Im vergangenen Frühjahr haben wir im Plenum über unseren Antrag diskutiert, den Klimaschutz in die Verfassung aufzunehmen. Ja, es ist richtig: Wenn wir Klimaschutz wirklich ernst nehmen wollen, wird er für unzählige landespolitische Entscheidungen in den kommenden Jahren Dreh- und Angelpunkt sein. Es mag auch Symbolpolitik sein, den Klimaschutz in die Verfassung zu schreiben. Denn allein dadurch retten wir nicht das Klima, Herr Kollege Koch. Aber wenn wir es mit konsequentem Klimaschutz ernst meinen, müssen wir ihn überall mitdenken. Egal, woher wir kommen: Entweder ist der Klimaschutz ohnehin selbstverständlich, dann kann man es festhalten und in die Verfassung schreiben, oder er ist es noch nicht, dann müssen wir es erst recht in die Verfassung schreiben.
In Hamburg kommt der Klimaschutz jetzt in die Verfassung. Die haben eine ähnliche Ausgangslage wie wir. Dort sind es nicht nur Sozialdemokraten, sondern auch Linke, Grüne und die CDU, die sich dafür einsetzen. Andernorts scheinen Christdemokraten beim Thema Bewahrung der Schöpfung im Konfirmationsunterricht besser aufgepasst zu haben als hier.
„Aus unserer Sicht muss die Koalition 2020 beim Klimaschutz mehr erreichen … Dafür wäre der Verfassungsrang ein guter Anfang.“
Die Kollegin von Kalben hat es gestern ähnlich formuliert. - Was sagt das eigentlich über eine Koalition aus, die nicht einmal in einer solchen Frage einigungsfähig ist?
Minister Albrecht hat in einem Interview konkretisiert, wie er sich das mit dem Klimaschutz vorstellt. Für alle, die das nicht gelesen haben, fasse ich es noch einmal zusammen - das geht schnell, keine
Angst -: Im Kern geht es um Zuschüsse für Lastenfahrräder und Unterstützung bei der Anschaffung von Ladeboxen für Tesla-Fahrer. - Bravo! - Unbürokratisch und schnell - das kennen wir von den Tierheimen, darüber werden wir in dieser Woche noch sprechen. Dass die Vorschläge noch nicht der Weisheit letzter Schluss sind, weiß der Umweltminister wohl auch selbst, denn er sagt im Interview wörtlich:
„Wir müssen auch im Kleinen etwas tun und für den Klimaschutz begeistern. Das bedeutet ja nicht, dass wir bei den großen Themen wie dem Ausbau der erneuerbaren Energien, dem Kohleausstieg oder der Agrarwende nachlassen.“
Der Kohleausstieg ist ein richtig gutes Beispiel für das, was ich schon bei den Haushaltsberatungen gesagt habe: Bei Jamaika läuft die PR auf Hochtouren, aber die Ergebnisse sind dürftig. Bei der GroKo ist es umgekehrt.