Seit sieben Jahren wird nun also über eine Fusion der beiden öffentlichen Versicherer verhandelt. Trotz mehrerer Anläufe ist die größte Hürde, nämlich die Bewertung der beiden Unternehmen, nach wie vor nicht gelöst. Ob es am Ende dieses Mal tatsächlich zu einer Fusion kommt, ist deshalb nach wie vor offen.
Der Blick auf den Flickenteppich der öffentlichen Versicherer in Deutschland veranschaulicht allerdings den Handlungsbedarf: Insgesamt elf öffentliche Versicherer sollen im Wettbewerb mit privaten Anbietern bestehen, von der Ostfriesischen Landschaftlichen Brandkasse bis hin zur Versicherungskammer Bayern - und das in einem Marktumfeld, das durch Digitalisierung und Niedrigzinsphase ähnlichen Verwerfungen ausgesetzt ist, wie wir sie derzeit im Bankensektor erleben.
Vorhandene Strukturen zu überdenken, Parallelstrukturen abzubauen und dadurch Effizienzpotenziale zu realisieren, all das sind verständliche Überlegungen der Eigentümer in einer derartigen Situation. Ebenso wie von Arbeitnehmerseite hat deshalb auch der Schleswig-Holsteinische Landtag in der Vergangenheit zum Ausdruck gebracht, dass er einer solchen Fusion zweier öffentlicher Versicherer nicht grundsätzlich ablehnend gegenübersteht.
Ehrlicherweise muss man einräumen, dass unsere direkten Einflussmöglichkeiten dabei ohnehin äußerst begrenzt sind. Das Land Schleswig-Holstein hat aber als ehemaliger Eigentümer der Provinzial Nord eine besondere Verantwortung für den Standort Kiel und die hier beschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Neben dieser moralischen Verpflichtung ist es auch im ureigensten Landesinteresse, für die hier vorhandenen Arbeitsplätze und die damit verbundenen Steuereinnahmen zu kämpfen. Eine Fusion der Provinzial in Nordrhein-Westfalen darf nicht einseitig auf dem Rücken der Beschäftigten in Schleswig-Holstein ausgetragen werden.
Mit dem gemeinsamen Antrag von CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW bringen wir zum Ausdruck, dass uns diese Zielsetzung über Parteigrenzen hinweg verbindet. Mein Dank gilt deshalb allen Fraktionen für die gute Zusammenarbeit.
Allerdings will ich auch davor warnen, hier den Eindruck zu erwecken, als ob der Standort Kiel im Falle einer Fusion vollkommen unberührt bliebe. Wie der Presseberichterstattung im Laufe der Fusionsverhandlungen zu entnehmen war, ist ein Stellenabbau von rund 10 % der gegenwärtig über 5.000 Beschäftigen geplant. Dass dies im Rahmen der natürlichen Fluktuation geschehen soll, macht den Personalabbau zwar weniger schmerzhaft, sichert aber noch nicht die Existenz des Standorts Kiel und der hier vorhandenen Arbeitsplätze. Es wird deshalb darauf ankommen, dass wir eine faire Lastenverteilung zwischen den Standorten erreichen. Das gilt nicht nur für die Anzahl der Arbeitsplätze. Wir haben - wie in unserem Antrag beschrieben - auch auf die Qualität der Arbeitsplätze zu achten.
Deshalb wäre es wünschenswert, dass der Standort Kiel eine eigene Zuständigkeit innerhalb des fusionierten Provinzial-Konzerns behält, zum Beispiel für das Lebensversicherungsgeschäft, wie es im Verlauf der Fusionsverhandlungen schon angedacht war.
Unsere Hoffnungen ruhen dabei auf dem Schleswig-Holsteinischen Sparkassen- und Giroverband, der als Miteigentümer der Provinzial NordWest direkten Einfluss auf die Fusionsverhandlungen nehmen kann. Dafür ist es wichtig, dass wir heute das klare Signal aussenden: Schleswig-Holstein steht hinter der Provinzial!
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Für die Sozialdemokratie ist klar: Daseinsfürsorge gehört in öffentliche Hand. Das gilt generell, es gilt aber auch für Versicherungsleistungen. Es ist wichtig, dass die Menschen auch bei Versicherungen ein
Angebot haben, bei dem sie durch die öffentliche Trägerschaft auf Krisenfestigkeit vertrauen können und bei dem sie sich darauf verlassen können, dass ihnen nichts untergejubelt wird, bei dem es am Ende einzig und allein darum geht, dem Anbieter einen möglichst hohen Gewinn zu bescheren. Das ist die Grundidee hinter Versicherungen in öffentlicher Trägerschaft, und sie ist nach wie vor uneingeschränkt richtig.
Darum ist es gut, dass wir mit der Provinzial NordWest in Schleswig-Holstein einen starken Versicherungsanbieter in öffentlicher Trägerschaft haben, und ich freue mich, dass Beschäftigte der Provinzial heute auf der Tribüne der Debatte folgen.
Unabhängig von allen anderen Überlegungen: Die öffentliche Trägerschaft ist unverzichtbar und darf an keiner Stelle zur Debatte stehen. Die Provinzial gehört zu Schleswig-Holstein, sie engagiert sich im Land, und Schleswig- Holstein steht hinter ihr. Ich bin bis heute stolz, dass es Ende 2012 nicht nur durch den großartigen Einsatz der Beschäftigten und politischen Druck, sondern vor allem auch durch die breite Unterstützung in der Öffentlichkeit gelungen ist, den Ausverkauf der Provinzial zu verhindern. Der Stopp der Privatisierungspläne war ein großer Erfolg, und er hat gezeigt, was im Schulterschluss erreicht werden kann.
Schon damals stand als Alternative zur Privatisierung der Gedanke einer Fusion mit anderen öffentlichen Versicherern im Raum. Heute ist der Zusammenschluss von Provinzial NordWest und Rheinland sehr viel näher gerückt, und deswegen ist es gut, das wir heute im Landtag darüber sprechen. Wir haben keine grundsätzlichen Bedenken gegen diese Fusion, aber klar ist, dass die Rahmenbedingungen stimmen müssen. Wo heute Provinzial draufsteht, muss auch in Zukunft Provinzial drin sein, und weder die Beschäftigten, noch die Versicherten, noch der Standort Kiel dürfen am Ende die Zeche dafür zahlen.
Es gab in diesem Haus in der Vergangenheit kontroverse Diskussionen über die Frage des öffentlichen Auftrags der Provinzial. Ich will das an dieser Stelle weder fortsetzen noch aufarbeiten, weil unsere Position in der Sache ja klar ist. Die Provinzial muss auch in Zukunft im Sinne des öffentlichen Auftrags geführt werden. Das bedeutet eine besondere Verantwortung in Bezug auf Aufstellung und Abläufe, aber es bietet auch große Chancen, weil es den Unterschied zu den renditeorientierten Mitbewerbern deutlich macht.
Wenn ich zum Beispiel an die Versicherung von Hebammen denke, wenn ich an Versicherungen im Zusammenhang mit Flüchtlingspolitik denke, wenn ich an präventiven Klimaschutz denke - es gibt viele Themen, die private Versicherer gar nicht machen wollen, weil da keine Renditen zu erzielen sind. Öffentliche Versicherer sind dafür da; die Provinzial könnte das großartig, und deswegen sollten wir das bewahren.
Deswegen wünschen wir uns, dass der öffentliche Auftrag auch für die fusionierte Provinzial verlässlich verankert wird. Wenn die verschiedenen Unternehmen zusammengeführt werden, wollen wir, dass sich an der besten Lösung orientiert wird und nicht umgekehrt.
Die rund 1.000 Beschäftigten der Provinzial in Schleswig-Holstein sind hochqualifiziert, sie machen einen richtig guten Job, und sie identifizieren sich mit ihrer Provinzial. Das wird niemand bestreiten können. Darum fordern wir, den Standort Kiel mit allen Betrieben, vor allem aber auch mit den heutigen hochwertigen Arbeitsplätzen zu erhalten. Das geht nur bei klarer Kompetenzzuweisung und wenn man nicht von vornherein davon ausgeht, dass man am nördlichsten Standort etwas kürzen kann. Das kann man nicht. Das ist der beste Standort der Provinzial, wenn ich das im Schleswig-Holsteinischen Landtag einmal so sagen darf.
Für uns ist auch wichtig, dass die Arbeitnehmervertretungen Teil der Gestaltung der neuen Gesellschaft sein müssen. Auch hier hat die Provinzial eine besondere Verantwortung.
Ich freue mich, dass es gelungen ist, einen gemeinsamen Antrag der demokratischen Fraktionen vorzulegen. Der Schleswig-Holsteinische Landtag kann heute ein starkes Signal setzen, das an die Beschäftigten geht, an die Verantwortlichen, aber auch als Auftrag an die Landesregierung verstanden werden kann. Der Schleswig-Holsteinische Landtag steht hinter der Provinzial, hinter Ihren Beschäftigten, hinter dem öffentlich-rechtlichen Auftrag. - Ich bedanke mich herzlich für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Fusion der Provinzial NordWest und der Provinzial Rheinland ist in der Tat keine Überraschung. Sie steht seit Jahren im Raum, und es wurden schon mehrere Anläufe unternommen, die Fusion zu realisieren. Nun scheint sie tatsächlich Realität zu werden. Ich möchte an dieser Stelle keine betriebswirtschaftliche Bewertung der Pläne vornehmen und sie mir auch nicht anmaßen. Dazu fehlen uns die notwendigen Zahlen aus dem Datenraum der Fusionskandidaten.
Grundsätzlich und politisch - das ist unsere Aufgabe in diesem Haus - sei jedoch gesagt: Die Fusion großer Betriebe betrifft immer auch die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Synergieeffekte meinen oft Wirtschaftlichkeit, und das hat Auswirkungen auf die Belegschaft, sei es in Form von Stellenkürzungen oder - das ist in diesem Fall noch wahrscheinlicher - in Form von Stellenverlagerungen, was Zuständigkeit und Einsatzort anbetrifft.
Der Standort Kiel - das wurde schon gesagt - hat in den letzten Jahren sehr erfolgreich gearbeitet, als einer der erfolgreichsten Standorte der Provinzial, weshalb wir stolz und froh sind, diesen Standort in Schleswig-Holstein zu haben.
Der Standort hat mit einer großen Bandbreite an Aufgabengebieten gut gearbeitet. Insofern sollte dringend darauf hingewirkt werden, dass die Arbeitsplätze hier im Land erhalten bleiben.
Daran, dass gute Arbeitsplätze bei uns im Land erhalten bleiben, hat insbesondere das Land ein Interesse.
Die Provinzial als Teil der Sparkassen-Finanzgruppe ist dem Verband der öffentlichen Versicherer angeschlossen. Dieser Historie ist es geschuldet, dass sich die Provinzial-Versicherung besonders zu dem öffentlichen Auftrag der Schadensverhütung, der Schadensforschung und der Förderung und Unterstützung der Feuerwehren verpflichtet sieht. Das ist ein wichtiger Punkt. Diesen präventiven Aspekt aus dem Gründungsauftrag der Provinzial betone ich, denn gerade ihn halten wir als Grüne insgesamt für wichtig. Gerade wegen dieses ursprünglichen öffentlichen Auftrages sollten wir ein Interesse daran haben, dass die Provinzial mit einem starken Standort im Land erhalten bleibt.
Ich betone abschließend, wie sehr es mich freut, dass wir als demokratische Fraktionen in diesem Haus heute und auch jetzt gemeinsam ein starkes Signal an die Beschäftigten der Provinzial im Norden senden. Sie wissen: Wir haben den offenen Austausch, wir führen ihn gern fort und unterstützen Sie bei Ihren Anliegen. - Vielen Dank, dass Sie da sind.
Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Es sieht gut aus mit der Fusion von Provinzial NordWest und Provinzial Rheinland. Nach der Hochzeit werden wir einen großen, soliden Versicherer in öffentlicher Trägerschaft haben. Diese Fusion erscheint sowohl im Interesse der Eigentümer als auch im Interesse der Kunden wirtschaftlich sinnvoll.
Nun kann man zu Unternehmen in öffentlicher Trägerschaft verschiedene Meinungen haben. Es wird Sie nicht erstaunen, dass gerade wir in der FDP über die Vorteile und Nachteile kontrovers diskutieren. Es geht heute aber nicht um die akademische Diskussion über ordnungspolitische Grundsätze, es geht um die Provinzial und die vielen fleißigen Menschen, die dort arbeiten, um anderen in Notlagen zu helfen.
Der größte Vorteil der kleinteiligen öffentlichen Trägerschaft ist mit Sicherheit die Nähe zu den Menschen. Das ist historisch gewachsen; das hat der Kollege Joschka Knuth schon angesprochen. Die meisten öffentlichen Versicherer wurden als kommunale oder staatliche Feuerversicherungen im 18. Jahrhundert gegründet. Genau wie die Sparkassen konzentrieren sie sich auf eine Region. Das unterscheidet sie von den beiden anderen Arten von Versicherungen, den privaten Versicherungsunternehmen und den Versicherungsvereinen auf Gegenseitigkeit. Anliegen jedes öffentlichen Versicherers ist es, die eigene Region zu stärken. Das macht öffentliche Versicherer so besonders. Nicht das Inte
resse der Eigentümer, sondern der langfristige Erfolg der eigenen Region ist festgeschriebenes Ziel.
Im konkreten Fall - wie bei jeder Fusion - waren im wesentlichen drei Fragen zu klären: Wer wird zukünftig wie viele Anteile am neuen Unternehmen haben? Welche Personen werden das neue Unternehmen an welcher Stelle führen? Wo werden die neuen Standorte des Unternehmens sein?
Die Personal- und Standortfragen wurden nach einschlägigen Presseberichten bereits Anfang September 2018 geregelt, als die beiden Partner ein sogenanntes Memorandum of Understanding unterzeichnet haben. Unser Vorteil dabei ist, dass wir bei dem anderen Eigentümer, der Provinzial NordWest, auf eine ähnliche Interessenlage treffen. Auch für das eher ländlich strukturierte Münster mit vergleichsweise wenigen großen Arbeitgebern ist die Standortfrage ein wesentlicher, ganz intensiv bearbeiteter Punkt in den Verhandlungen gewesen. Nach den Presseberichten soll nachher die Holding des fusionierten Instituts in Münster angesiedelt werden, Düsseldorf wird der Sitz der gemeinsamen Kompositversicherung mit Vertriebsgeschäft und Kiel - das ist die wichtige Nachricht für uns - bleibt Sitz einer Lebensversicherung und der Provinzial Nord Brandkasse AG.
Schleswig-Holstein braucht qualifizierte Arbeitskräfte, auch und gerade in der Finanz- und Versicherungsbranche. Wir haben viele engagierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor Ort, die Tag für Tag für ihre Kunden da sind und ihnen helfen, wenn sie Hilfe brauchen. Nun sieht es so aus, als ob diese Menschen selbst unsere Hilfe brauchen könnten. Liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Provinzial, da stehen wir natürlich hinter Ihnen!