Auch die Landwirtinnen und Landwirte wissen ganz genau: Sie können nur dann gemeinsam mit uns das erreichen, was wir von ihnen erwarten, wenn sie auch die Möglichkeit annehmen, in den Dialog einzutreten, neue Wege zu gehen und bereit sind, sich für die Anliegen der Verbraucherinnen und Verbraucher und der Gesellschaft zu öffnen. Und die sind hoch, ja, weil sie sich in den letzten Jahren aufgestaut haben und weil wir durchaus große Umwälzungen haben.
Der Klimawandel ist etwas, was uns derzeit sehr beschäftigt und bei dem die Landwirtschaft eine wichtige Rolle spielt. Das Artensterben ist in den letzten beiden Jahren in seiner Dramatik viel deutlicher geworden. Wir müssen etwas tun.
Deswegen ist es gut, dass im Bund nicht alles falsch läuft, sondern das zum Beispiel mit den Programmen, die jetzt aufgelegt werden, ein erster Vorschlag auf den Tisch gelegt worden ist, über den man reden muss und auf dessen Grundlage wir zusammen mit der Landwirtschaft Investitionen für die Zukunft tätigen können. Wir werden als Landesregierung dabei konstruktiv mitarbeiten und eigene Maßnahmen und Programme in diesem Rahmen auf den Weg bringen. - Herzlichen Dank.
Der Herr Minister hat die vorgesehene Redezeit um 5 Minuten erweitert. Diese Redezeit steht jetzt auch allen Fraktionen zusätzlich zur Verfügung.
Aus gegebenem Anlass möchte ich noch einmal darauf hinweisen, dass die Sitzung morgens um 10 Uhr beginnt. Sollte es begründete Argumente geben, dass einzelne Fraktionen nicht um 10 Uhr anwesend sein können, dann bitte ich um kurze Nachricht. In diesem Fall bin ich gegebenenfalls bereit, die Sitzung 5 Minuten später zu eröffnen.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Minister Albrecht! Zunächst möchte ich mich dafür bedanken, dass Sie hier dargestellt haben, wie wir in der Jamaika-Koalition arbeiten. Auch dann, wenn es mal ruckelt oder wenn ein Herr Rickers einmal eine andere Meinung hat, muss das nicht heißen, dass Sie die teilen. Es muss auch nicht heißen, dass alle anderen diese Meinung teilen. Aber es muss auch nicht heißen, dass diese Meinung falsch war und dass das, was an Aussage getroffen war, falsch war.
Ich werde versuchen, innerhalb der nächsten Minuten zu erklären, wie denn so eine Bauernseele in Schleswig-Holstein tickt.
Wir haben in Schleswig-Holstein nach wie vor einen stark geprägten ländlichen Raum. Deshalb kann es doch nicht in unserem Interesse sein, dass wir in der Gesellschaft eine Spaltung erleben, wie wir sie im Moment ein Stück weit spüren. Der Minister und andere, die in Rendsburg anwesend waren, wissen sehr genau, wie die Stimmung dort war. Sie war nicht aggressiv, sondern das war eher ein Auf-sich
aufmerksam-machen-Wollen; das war eher eine Art Hilflosigkeit, und es war eher ein Anprangern der Politik, der CDU und ein Hinweis zu sagen: Das, was ihr uns in den letzten zehn Jahren mit auf den Weg gegeben habt, haben wir abgearbeitet. Nun kommt ihr wieder mit irgendetwas, was wir nicht verstehen können. Erklärt uns doch bitte mal, ob das immer so weitergehen soll, ob wir nicht mehr schlafen können, weil wir Angst haben müssen, dass es morgen wieder etwas Neues gibt, oder ob irgendwann einmal Schluss mit euren Forderungen ist.
Wir sind uns doch einig. Unsere Bauern füllen uns jeden Tag die Regale. Wir laufen alle rein in diese Lebensmitteleinzelhandelsgeschäfte, auch zu den großen Discountern. Wir konsumieren, finden die Produkte gut; der Lebensmitteleinzelhandel findet sie auch gut, sonst würde er sie im Laden doch nicht auflisten und auch gar nicht verkaufen wollen. Alle verdienen Geld an der Produktion, wie sie heute läuft. Diese Produkte sind in der Spitze weltweit und in der Qualität als Made in Germany anerkannt und nicht billig-billig. Wir überschwemmen irgendwelche Märkte. Und mit einem Male kommen wir aus der Gesellschaft oder der Politik und sagen: Alles, was ihr macht, macht ihr falsch, obwohl eigentlich alle von euch profitieren! - Das kann doch wirklich kein Bauer verstehen.
Ich werde gefragt, und ich habe mich ein Stück weit quasi geoutet, dass wir als CDU dazugehören. Auch wir haben ja Fehler gemacht. Der Berufsstand fragt mich, ob das, was sich in den letzten Jahren auch aus deren Sicht positiv mit Zielvorstellung und dann Umsetzung verbessert hat, denn überhaupt nicht zu einer Wertschätzung geführt hat. Man macht heute grünen Strom. Da schließe ich einmal die Windenergie ein Stück aus und vielleicht auch die Photovoltaik-Anlagen. Aber Biogas, das sollte doch das Highlight werden im ländlichen Raum, grüner Strom und nachhaltig - heute alles falsch. Die Trecker sind zu groß, es gibt zu viel Gülle, die Belastung ist zu groß, es gibt zu viel Gebäude. Guter Ansatz, aber alles falsch gelaufen!
Die Leute fragen mich im ländlichen Raum: Sind die Gänse denn nun wirklich wichtiger als das, was wir auf den Weiden halten wollen? Sind also Gänse wichtiger als Schafe oder Rinder? Warum gibt es so viel Geld im Ausgleich für das Erdulden dieser Gänsepopulationen an der Westküste, dass wir da
Das trägt doch nicht zur Wertschätzung eines Berufsstandes bei, der Lebensmittel produzieren will. Das mag aus ökologischer Sicht berechtigt sein. Trotzdem trägt es nicht zur Wertschätzung eines Berufsstandes bei.
Es wird natürlich auch immer wieder gefragt: Ist denn nun der Wolf mehr oder weniger wert als mein Schaf, mein Rind oder mein Pferd? - Diese Frage ist am Ende nicht geklärt. Natürlich muss er unter Schutz stehen. Ich will nur das Gefühl der Menschen wiedergeben. Das ist nicht meine persönliche Meinung.
Das Gefühl kommt aus dem Berufsstand. Ist der Wolf tatsächlich mehr wert, als dass, was ich an Lebensmitteln produzieren will oder auf der Weide halte? - Das führt zur Verunsicherung des Berufsstandes.
Ich will noch einige Beispiele nennen. Wir haben eine Wasserrahmenrichtlinie und in dem System der Wasser- und Bodenverbände durchaus Verbesserungen herbeiführen können - mit Zielvereinbarungen, mit Gewässerpflege, mit der Düngeverordnung, mit dem Ausbringen und dem Lagern von Gülle und mit der Verteilung. Das sind Verbesserungen, die aber in der Politik und in der Öffentlichkeit als Verbesserung überhaupt nicht positiv bewertet werden, sondern im Gegenteil. Aus Sicht des Berufsstandes wird jetzt noch mal wieder draufgesetzt, auch aus Berlin, auch wenn ich dabei gewesen bin. Das kann doch in dem Berufsstand wirklich keiner verstehen.
Es gibt seit zehn Jahren ein Greening. Es gibt ein neues Arzneimittelgesetz. Die Verwendung von Antibiotika in der Gesamtmenge und auch die Verwendung von Reserveantibiotika ist rückläufig. Wird das irgendwo positiv beschieden oder irgendwo einmal gewertschätzt? - Nein, es wird hingenommen und gesagt: Das reicht noch nicht! Wir müssen noch einmal nachschärfen. Es soll eine Apothekenverordnung geben, und, und, und.
Wir haben am Runden Tisch - jetzt komme ich auf Schleswig-Holstein zu sprechen - Tierschutz, Tierwohl durchaus geeint sehr gute Ergebnisse erzielen können. Es werden keine tragenden Rinder geschlachtet. Dafür gibt es sofort eine rote Karte. Es
werden keine lahmen Tiere verladen - sofort eine rote Karte. Es werden keine Kälber enthornt, wenn sie nicht betäubt werden und nicht auch noch Schmerzmittel dazubekommen. Das muss der Tierarzt machen. Das ist teuer und aufwendig. Wer das nicht macht, bekommt sofort eine rote Karte. Wer seine Ferkel zukünftig ohne Betäubung kastriert sofort eine rote Karte. Daran arbeiten alle im System.
Es ist unwahrscheinlich viel passiert. Es wird aber nicht lobend dargestellt, nicht einmal von mir. Es wird in der Öffentlichkeit überhaupt nicht wahrgenommen. Es ist doch schade um den Berufsstand, weil er dadurch das Gefühl hat, keiner steht ihm bei, obwohl er bemüht ist, Veränderungen herbeizuführen. Herr Minister, Sie sagen zu Recht: Veränderungen herbeiführen, weil die Branche weiß, dass es irgendwann anders und noch besser werden muss. Das allein, finde ich, kann man so nicht hinnehmen.
Ich will mich nicht nur auf die Landwirtschaft und die Landbewirtschaftung beschränken, sondern denken Sie einmal an die Fischer. Was haben wir mit denen gemacht? - Quote rauf, Quote runter, Kormorane selbst vergrämen. Ich fand das durchaus sehr sympathisch. Das wurde zehn Jahre erfolgreich so gemacht: stabiler Kormoranbestand. Heute bekommen die Geld, weil sie die Kormorane nicht mehr vergrämen sollen und dürfen. Das können die nicht so richtig nachvollziehen, auch wenn sie dem zugestimmt haben.
Wir haben in anderen Bereichen auch strenge Vorgaben. Auch das kann man nicht so ganz nachvollziehen. Wir haben jeden Tag die Gefahr, dass eine Kontrolle auf dem Hof steht. Zu Recht. Die Kontrolle kann ja auch kommen, aber bei der Vielfalt der Verordnungen haben die Landwirte Angst, irgendetwas falsch zu machen - Herr Neve nickt. Sie ist im Moment im Berufsstand so groß, dass es Bauern gibt, die schlaflose Nächte haben, insbesondere dann, wenn sie Vieh halten.
Entweder wird etwas gefilmt, diffamiert, angezeigt oder kontrolliert - und ich habe vergessen, die Ohrmarke einzukneifen. Vielleicht bin ich auch noch denunziert und noch nicht so weit gekommen, heute Morgen meine Kälber zu streuen. Das wollte ich heute Mittag machen, aber die Kontrolle kommt nun morgens um acht und nicht um elf. Das ist dann also schiefgelaufen.
Jetzt komme ich zu den Kernpunkten. Wenn es zur Umschichtung kommen sollte - Bundespolitik: aus der ersten in die zweite Säule, Direktzahlung vom Landwirt weg zu mehr ländlichen Räumen, Klima und Umweltschutz -, dann ist das in Ordnung. Aber dann muss das Geld trotzdem wieder in der Landwirtschaft ankommen. Dann sollen die Bauern dieses Geld bekommen und Klima- und Umweltschutz- und Tierschutzstandards gewährleisten.
Dazu müssen wir uns auch verpflichten. Wenn es Berichte gibt, die positiv laufen - ich hatte das Arzneimittelgesetz nur als Beispiel genannt -, dann müssen wir das auch mal veröffentlichen und sagen: Die haben dort Großes geleistet! Warum nicht? Wenn wir bei der Wasserrahmenrichtlinie einmal eine Halbzeitbilanz haben sollten, warum nicht? Das können wir doch auch einmal veröffentlichen.
Ich komme zu einem anderen Kern. Wenn wir dann die Chance haben - jetzt komme ich zu dem, bei dem wir uns nicht ganz so einig sind, Herr Minister -, über eine Länderöffnungsklausel im Düngemittelrecht etwas zu machen, dann geht es nicht darum, dass wir anerkannte Werte irgendwie anzweifeln wollen, sondern wir wollen den Bauern erklären, dass die Werte Aktualität haben. Die dürfen nicht fünf Jahre alt sein. Sie müssen aktuell sein, sie müssen nachvollziehbar sein, und der Berufsstand muss die Möglichkeit haben, Gegenbeweise anzustellen. Wir können sie dazu auffordern. Schickt uns die Werte vom Wasserwerk. Wenn sie besser sind, und ihr belegt uns, dass das rote Gebiet eigentlich nicht rot sein müsste, dann reden wir noch einmal drüber. Das würde zu einer Riesenbefriedung im ländlichen Raum führen. - Das sind meine Ideen.
Da müssen wir uns gemeinsam Mühe geben. Wir wollen keine Spaltung. Wir wollen unsere deutsche und schleswig-holsteinische Landwirtschaft. - Vielen Dank, dass Sie mir zugehört haben.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich danke für diesen Antrag. Ich danke dem Minister für seine Rede - insbesondere für die 5 Minuten zusätzlich.