Protocol of the Session on September 20, 2017

Diese Koalition hat es sich wie kaum eine andere auf die Fahnen geschrieben, den über Jahre und Jahrzehnte entstandenen Sanierungsstau abzubauen. Verkehrswege, Schulen und Landesbauten sind in einem teilweise desolaten Zustand. Wir alle kennen die Klagen über marode Schultoiletten und undichte Dächer. Wir erleben täglich kilometerlange Staus

(Lasse Petersdotter)

auf unseren holprigen und zum Teil schlecht ausgebauten Straßen.

(Birgit Herdejürgen [SPD]: Und an den Bau- stellen!)

Diese Zustände gefährden mittel- und langfristig die wirtschaftliche Entwicklung unseres Landes. Schleswig-Holstein steht im Vergleich der Bundesländer ganz besonders schlecht dar. Mit der historisch niedrigen Investitionsquote im Jahr 2016 von nur 6,6 % ist es schlicht unmöglich, unsere Infrastruktur dauerhaft zu erhalten, geschweige denn an neue Mobilitätserfordernisse oder energetische Standards anzupassen.

(Beifall FDP, CDU und Dr. Marret Bohn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Nun liegt es an uns, das Feld von hinten aufzurollen. Deshalb wollen wir Haushaltsüberschüsse weiterhin konsequent nutzen, um nicht nur die immense Landesverschuldung zurückzufahren, sondern auch wichtige Investitionen in die Zukunftsfähigkeit des Landes zu tätigen. Der von der Landesregierung vorgelegte Gesetzentwurf trägt diesem Ziel jetzt auch Rechnung. Wir entfernen beim Landesprogramm IMPULS den Deckel von 450 Millionen €, um auch zukünftig zu erwartende Steuermehreinnahmen gezielt für sinnvolle und rentierliche Zukunftsprojekte verwenden zu können. Frau Raudies, da haben Sie recht, ja. Aber das Problem ist: Warum haben wir IMPULS kritisiert? Was ist denn in den letzten Jahren passiert? - Sie haben das Geld gehortet und nicht verwendet. Das war es, wogegen wir uns ausgesprochen haben.

(Zurufe Thomas Rother [SPD] und Jette Waldinger-Thiering [SSW])

Das ist der Grund, warum wir diese Taskforce einrichten.

(Zuruf Wolfgang Baasch [SPD])

Wir wollen es anders machen, und wir werden es besser machen, das verspreche ich Ihnen.

(Beifall FDP und CDU)

Sie haben, wie Sie gesagt haben, 270 Millionen € gehortet und suggeriert, dass es investiv verwendet wird. - Nein, das sind keine Investitionen, das ist einfach nur stumpfes Geldhorten. Deshalb ist es meiner Fraktion ganz besonders wichtig, dass parallel zu einer Aufstockung des Programms die Taskforce eingerichtet wird,

(Zurufe Wolfgang Baasch [SPD] und Dr. Ralf Stegner [SPD])

die auf Grundlage konkreter Kriterien - Herr Dr. Stegner, auch für Sie noch einmal: die auf Grundlage konkreter Kriterien - die anstehenden Maßnahmen überwacht und bewertet.

Mit der Einführung eines wirksamen Controllings wollen wir dafür Sorge tragen, dass diese Mittel noch besser und vor allen Dingen zügig eingesetzt werden. Ein weiterer Bestandteil des Gesetzentwurfs ist es, dass künftig auch wichtige Belange wie die Kollegen bereits sagten - wie der Küstenschutz, die Wasserwirtschaft oder unsere Schulen das ist uns auch sehr wichtig: unabhängig von der Trägerschaft - von IMPULS-Mitteln profitieren können. Wir wollen dort investieren, wo die Hütte brennt und wo konkrete Bedarfe identifiziert werden, und nicht in das, was Sie politisch festgelegt haben. Denn die Investitionsplanung unseres Landes wird damit erheblich flexibler und somit auch besser.

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Vernichtende Kritik an Monika Heinold!)

Die Koalition zeigt mit diesem Gesetzentwurf, dass sie zum Wohle des Volkes handelt und nicht aus billigen wahltaktischen Erwägungen heraus bundespolitische Themen in dieses Haus hineinträgt.

(Beifall FDP und vereinzelt CDU)

Mit der Fortentwicklung des IMPULS-Programms setzen wir schon früh wichtige Aspekte des Koalitionsvertrages um.

(Zuruf SPD)

- Sie können gern eine Zwischenfrage stellen, aber lassen Sie mich bitte fertig werden. Denn die öffentliche Infrastruktur auf Vordermann zu bringen, ist ein zentraler Baustein für unsere Landesregierung

Frau Abgeordnete, achten Sie bitte auf Ihre Zeit!

- und nicht zuletzt eine Frage der Generationengerechtigkeit. Deshalb wird die FDP auch weiterhin alles daran setzen, dass genügend finanzielle Mittel für Investitionen zur Verfügung gestellt werden, denn daran haperte es in den letzten Jahren eklatant. - Ich danke Ihnen, meine Damen und Herren.

(Beifall FDP, CDU und Aminata Touré [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

(Annabell Krämer)

Für die Fraktion der AfD hat Herr Abgeordneter Jörg Nobis das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Mit dem heute hier vorgelegten Entwurf strebt die Landesregierung im Bereich des Sondervermögens IMPULS die Änderung eines Gesetzes an, das vor noch nicht einmal zwei Jahren in Kraft getreten ist. Zwangsläufig stellt sich daher die Frage, ob die geplanten Änderungen zu einer Verbesserung der bisherigen Rechtslage führen oder ob hier stattdessen im Eilverfahren versucht wird, ein Gesetzesvorhaben durchzubringen, obwohl es vielleicht auch kritische Einwände geben könnte. - Gewiss: Zusätzliche Investitionen in weiteren Infrastrukturbereichen und die Hinzufügung von Haushaltsüberschüssen und nicht verbrauchten Regionalisierungsmitteln in das Sondervermögen könnten zunächst im Grundsatz durchaus begrüßt werden.

Aber bei näherem Hinsehen wirft der Gesetzentwurf der Landesregierung doch erhebliche Fragen auf. Mit der Errichtung des Sondervermögens im Dezember 2015 verfolgte die damalige Landesregierung das konkrete Ziel, zunächst eine nach dem Infrastrukturbericht 2014 bestehende Finanzierungslücke zu schließen und neu geplante Investitionsbereiche zu fördern. Das auf dieser Grundlage in Kraft getretene Gesetz enthält entsprechende Prioritäten im Straßen- und Schienenbau, bei Krankenhäusern, Sportund Bildungsstätten, Forschungs- und Kultureinrichtungen sowie im IT-Bereich. Nach dem Willen der neuen Landesregierung soll dieser Katalog von Fördermaßnahmen nun erweitert werden. Der bisher abschließende Gesetzeskatalog wird dabei zugunsten einer Neuregelung aufgegeben, die einzeln aufgeführten Infrastrukturmaßnahmen nur noch als Regelbeispiele benannt. Die Regierungskoalition sieht darin einen Vorteil, zukünftig auch Infrastrukturmaßnahmen außerhalb der explizit genannten Maßnahmen des IMPULSProgramms fördern zu wollen.

Diese Auffassung teilen wir als AfD-Fraktion nicht. Wir vertreten vielmehr den Standpunkt, dass es zur notwendigen Transparenz und rechtlichen Klarheit des Programms gehören sollte, dass die zu fördernden Maßnahmen wie bisher auch ganz konkret und abschließend benannt werden. Ein Änderungsgesetz, das sich darauf beschränkt, bereits an der zentralen Stelle seines Anwendungsbereichs nur noch

Beispiele zu nennen, betrachten wir nicht als Fortschritt, schon gar nicht im Bereich der Infrastrukturpolitik, wo es klarer Prioritäten bedarf, die über die jeweilige Legislaturperiode hinaus Gültigkeit haben.

Damit sind wir beim entscheidenden Problem angelangt: Mit dem ursprünglichen Programm wurde vor zwei Jahren ein Maßnahmepaket beschlossen, das in zwei Phasen den Zeitraum bis zum Jahr 2030 umfassen sollte. Mit diesem mittel- und langfristigen Abbau des Sanierungsstaus im Bereich der Infrastruktur verträgt es sich nicht, wenn sich nun ein offensichtlicher Förderaktionismus der neuen Koalition im Rahmen des vorgelegten Änderungsgesetzes breitmacht. Aber genau dies ist der Fall. Gerade bei den ergänzend zu finanzierenden Maßnahmen erkennen wir, wie offensichtlich jeder Koalitionspartner und vor allem die Grünen hier seine eigenen Prioritäten eingebracht und durchgesetzt hat. Welche Prioritäten die Landesregierung aber insgesamt mit ihrem Gesetzesvorhaben verfolgt - außer der offensichtlichen Ausweitung von Fördermaßnahmen und dafür benötigter Verwaltungsstrukturen -, wird leider nicht erkennbar. Die dauerhafte Sanierung der Infrastruktur unseres Landes muss aber über die aktuelle tagespolitische Debatte hinausgehen.

Es reicht deshalb nicht, wenn nun Themenfelder aus dem derzeitigen Bundestagswahlkampf hastig in Gesetzesform gegossen werden. So aber praktiziert es die Landesregierung, wenn im vorliegenden Gesetzentwurf von geplanten Investitionen in neue Mobilitätsformen die Rede ist. Sie wollen damit den Eindruck erwecken, auf der Höhe der Zeit zu sein, und bleiben doch so allgemein, dass man nur darüber spekulieren kann, was die Landesregierung hier wirklich meint und wo sie ihre wirklichen Schwerpunkte sieht.

Als AfD befürworten wir klare Prioritäten zur Erhaltung der Infrastruktur unseres Landes, besonders zur Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur. Die Stärkung des ländlichen Raumes ist uns dabei ein wichtiges Anliegen, ebenso eine Energiepolitik, die den Mut hat, Verfehlungen der sogenannten Energiewende kritisch zu hinterfragen. Wir fordern daher klare Prioritäten statt bloßer Vermehrung von Fördermaßnahmen.

Ganz ehrlich: Ich bin nicht gegen die Sanierung von Frauenhäusern, mir ist aber überhaupt nicht klar, was Frauenhäuser mit Infrastruktur zu tun haben. Auch investiver Naturschutz mag durchaus sinnvoll sein. Aber auch das hat nichts mit Infra

struktur zu tun. Deswegen lehnt die AfD-Fraktion den vorliegenden Gesetzentwurf ab. - Vielen Dank.

(Beifall AfD)

Für die Abgeordneten des SSW hat der Abgeordnete Lars Harms das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Küstenkoalition hat sich seinerzeit zum ersten Mal in der Geschichte des Landes einen ressortübergreifenden Überblick über die Sanierungsbedarfe der Infrastruktur im Land verschafft. Mit dem Infrastrukturbericht wurde uns quasi ein Kassensturz vorgelegt, der deutlich macht, wo und wie hoch die Defizite sind. Zugegebenermaßen waren die nackten Zahlen damals erschreckend. Danach haben wir allein für den Zeitraum bis 2024 in Schleswig-Holstein einen notwendigen Sanierungsund Investitionsbedarf der Infrastruktur in Höhe von 4,85 Milliarden € festgestellt. Inzwischen haben wir gehört: Das ist wahrscheinlich zu kurz gesprungen, es sind wahrscheinlich eher 5 Milliarden €.

Dieser Mittelbedarf setzt sich aus allen Bereichen zusammen: Küstenschutz, Verkehrssysteme, Wasserbau, Bildungswesen, Digitalfunk, Landesliegenschaften - man hat die Gebäude verfallen lassen -, Gesundheitswesen - gerade im Krankenhauswesen -, Kultur. Es geht wirklich querbeet durch alle Politikbereiche. Man muss sagen: Es war richtig, erst einmal eine solche Bilanz aufzustellen, um zu wissen, was man zu tun hat.

Wir haben dann das „InfrastrukturModernisierungsProgramm für unser Land Schleswig-Holstein“, kurz IMPULS, auf den Weg gebracht. Damit wurde von der damaligen Küstenkoalition ein milliardenschweres Programm geschaffen, das seinesgleichen sucht. So ein Programm gibt es nirgendwo in den anderen Bundesländern. Das Programm hilft flankierend zu den bereits bestehenden Investitionsmitteln oder Programmen des Landes, aber auch des Bundes. Da unterscheiden wir uns in der Tat, Herr Nobis: Wenn Bundesmittel zu kurz greifen, wir aber Infrastrukturprobleme haben, müssen wir sie eben selbst lösen. Das ist der Anspruch an Politik, den zumindest wir als SSW haben. Ich finde es gut, dass die Jamaika-Koalition den gleichen Anspruch hat.

Bei der Errichtung von IMPULS hatten wir für den Zeitraum von 2018 bis 2030 in der Vergangenheit schon 2,2 Milliarden € bereitgestellt. Man kann also sagen, dass wir in der Küstenkoalition hier etwas auf die Beine gestellt haben. Das Programm war da. Das Geld kommt jetzt nach und nach rein. Derzeit sind 256 Millionen € da, die man verwenden kann. Wir haben bereits gehört, dass im Frühjahr ein relativ hoher Überschuss zustande gekommen ist und man damit rechnen kann, dass noch mehr Geld kommt, sodass wir dann richtig gut investieren können. Somit lagen wir in der Küstenkoalition mit der Entscheidung richtig.

Ich muss ganz ehrlich sagen: Ich finde es gut, dass die neue Regierung genau diesen Weg weitergeht und nicht sagt: Wir müssen hier irgendeinen Schlenker machen und alles wieder umbauen, weil alles verkehrt war, was vorher gemacht wurde. - Ich finde es gut, dass man sagt: Wir arbeiten kontinuierlich für das Land weiter. Ich glaube, dass dies der richtige Weg ist. Auf diesen einzelnen Bereichen auf Grundlage verschiedener Ideen aus verschiedenen Koalitionen aufzubauen, zeigt, dass Politik durchaus handlungsfähig ist und nicht völlig ideologisch verbrämt.

(Beifall SSW - Zuruf Birgit Herdejürgen [SPD])

Meine Damen und Herren, es ist deshalb auch richtig, dass wir die Mittel in bestimmten Bereichen noch verstärken. Ich sehe dies insbesondere im Bereich des Küstenschutzes - klar, wenn man von der Westküste kommt. Wir haben alle Gespräche mit den Wasser- und Bodenverbänden geführt und wissen, dass sowohl beim Küstenschutz als auch beim Hochwasserschutz im Binnenland große Schwierigkeiten bestehen, weil deren Anlagen, insbesondere Schöpfwerke, wirklich schon alt und marode sind und man dort etwas tun muss. Es ist ein wichtiger Fortschritt, dass dies tatsächlich in das Programm aufgenommen worden ist. Ich glaube, dass die Wasser- und Bodenverbände dies entsprechend danken werden.

Ein weiterer wichtiger Punkt: Wir müssen jetzt gucken, ob es Küstenschutzmaßnahmen gibt, die schon durchgeplant sind und die man vorziehen kann. Ich möchte Ihnen einmal ein Beispiel aus meinem eigenen Wahlkreis nennen. Wir haben bei uns am Dockkoog Deichbaumaßnahmen, die gemacht werden müssen. Der Kollege Jensen weiß dies auch. Dort will man die Region aber auch touristisch weiterentwickeln. Das geht aber nur, wenn die Deichbaumaßnahmen fertig sind. Nun sind sie um acht Jahre verschoben worden. Das bedeutet:

(Jörg Nobis)

Der Deich wird nicht gebaut, Tourismus und Wirtschaft können sich nicht entwickeln. - Das wäre schade: Wenn man in diesem Bereich diese Mittel nutzen könnte, um an diesem Standort sowohl Küstenschutz als auch wirtschaftliche Entwicklung zu ermöglichen, wäre man auf dem richtigen Weg.

Als Nächstes ist für uns wichtig: Wir müssen auf ein ganz konkretes Problem eingehen, nämlich die Frauenhäuser, die saniert werden müssen. Wir müssen dort mehr machen, sie platzen aus allen Nähten. Wir müssen dort etwas tun. Es ist eine soziale, aber auch eine infrastrukturelle Verantwortung.

Das Gleiche gilt für die Schulen im Land. Dort sehen wir es sehr positiv, dass die Landesregierung ganz deutlich macht, dass eben nicht nur die öffentlichen Schulen, sondern auch die Schulen in freier Trägerschaft - einschließlich der Schulen der dänischen Minderheit - aus diesem Programm gefördert werden können.

Sie merken: Wir haben ein sehr offenes Ohr für dieses Programm und glauben immer noch, dass es gut und richtig ist. Wir glauben, dass die Landesregierung hier neue und gute Schwerpunkte einbaut. Deswegen werden wir dies positiv begleiten. - Vielen Dank.