Protocol of the Session on September 26, 2019

Frau Kollegin, ich verstehe noch nicht ganz, dass Sie auf der einen Seite sagen, Sie wollten mit der Finanzmacht des Landes Schleswig-Holstein hehre Ziele verfolgen, und auf der anderen Seite, Sie wollten darauf verzichten, steuernd einzugreifen, um Ihre Ziele zu verfolgen. Da ist es egal, was mit dem Geld passiert. - Können

(Ole-Christopher Plambeck)

Sie mir diesen Widerspruch noch einmal erklären?

- Ich sehe keinen Widerspruch. Ich habe zunächst gesagt, dass, um die Bürokratiekosten gering zu halten, ein gewisses Volumen bestehen muss. Der zweite Punkt, den wir angeführt haben, war, dass die IB.SH entsprechende Maßnahmen fördert. Ich kann ein Beispiel nennen. Wir wollen ja auch einmal einen Kredit vergeben. Wir planen in Brunsbüttel ein LNG-Terminal.

(Zuruf: Um Gottes Willen!)

Da kann es ja beispielsweise sein, dass die IB.SH, wenn sie das auf das gesamte Aktivgeschäft ausdehnen würde, und die Restriktionen sagen, dass nicht mehr in fossile Brennstoffe investiert werden darf. Da LNG nun mal eine Übergangstechnologie ist, würden wir gegebenenfalls festlegen, dass es zukünftig nicht mehr mögliche wäre, dass die IB.SH Kredite für solche Investitionen wie in einen LBG-Terminal vergeben dürfe.

Das Aktivgeschäft einer Bank besteht aus der Kreditvergabe und eigenen Anlagen. Über diese Gelder kann man entscheiden. Aber man kann die Kreditgestaltung steuern, die wir für den Mittelstand machen. Was ist mit der Kreditvergabe an die Marine? Wollen Sie wirklich in diesem Bereich das komplette Kreditgeschäft eindämmen? Sehen Sie, da müssen wir aufpassen.

Es geht jetzt nicht darum, dass Sie mit dem Herrn Abgeordneten diskutieren.

Ich wollte es ihm nur erklären.

(Beifall FDP)

Da haben Sie mir genau den Punkt weggenommen, auf den ich gerade eingehen wollte. Wir müssen aufpassen - deswegen wollte ich vorhin ausreden -, dass wir Zukunfts- und Übergangstechnologien in Schleswig-Holstein nicht gefährden. Deshalb muss das aktive Kreditgeschäft weiterhin wie bisher möglich sein.

Drittens. Durch die Beschränkung auf die hundertprozentige Landesbeteiligung - das ist mir besonders wichtig - gewährleisten wir zudem, dass keine Einflussnahme auf unsere im Wettbewerb stehenden Sparkassen erfolgt.

(Beifall Kay Richert [FDP])

Wir oktroyieren keine politisch gewollten Anlagekriterien für im freien Markt agierende Unternehmen. Dass sich Politik bei Finanzstrategien von Kreditinstituten lieber heraushalten sollte - hier sollte auch die Sozialdemokratie einmal zuhören -, hat die Vergangenheit mit der ehemaligen HSH Nordbank hinlänglich bewiesen.

Wir unterstützen nachhaltige Finanzanlagen dort, wo wir es verantworten können und müssen, und zwar ohne dass die Wirtschaftlichkeit leidet. Die Beteiligungen des Landes sind in der Regel langfristig angelegt und können somit die beiden wichtigen Kriterien der Wirtschaftlichkeit und der Nachhaltigkeit zielführend verfolgen, während Kundeneinlagen der verwaltenden Kreditinstitute zeitnah und aktiv auf Marktveränderungen reagieren müssen. Sparkassen als selbstständige Unternehmen in kommunaler Trägerschaft haben die Aufgabe, die öffentliche Hand, den Mittelstand und die Sparerinnen und Sparer flächendeckend mit geld- und kreditwirtschaftlichen Leistungen zu versorgen und den Wettbewerb in ihrem Geschäftsgebiet zu stärken. Wettbewerb erfordert aber gleiche Rahmenbedingungen mit anderen Marktteilnehmern.

Mit dem vorliegenden Antrag gehen wir einen weiteren Schritt und zeigen, dass sich Ökonomie und Ökologie sinnvoll ergänzen können.

Da ich noch einen Moment Zeit habe, möchte ich kurz auf das eingehen, was die Kollegin Raudies gesagt hat, als sie meinte, wir hätten in SchleswigHolstein die sozialen Kriterien abgeschafft. Frau Raudies, das ist nicht richtig. Wir haben das Tariftreue- und Vergabegesetz in ein mittelstandsfreundliches Vergabegesetz ohne vergabefremde Kriterien überführt.

(Beate Raudies [SPD]: Genau!)

Damit sichern wir den Mittelstand ab.

(Beifall Kay Richert [FDP])

Damit betreiben wir aktive Mittelstandspolitik. Gerade unser Mittelstand schafft soziale Arbeitsplätze. Das ist ein großer Beitrag dafür, dass wir weiterhin soziale Arbeitsplätze in unserem Land haben. Daher war es eine gute Sache, und Sie haben es nicht geschafft, uns nachzuweisen, inwiefern dort soziale Kriterien abgeschafft wurden. Es ist auch nicht so. Sie wissen das. Wir stärken Schleswig-Holstein als Arbeitgeberland, und das ist gut so. - Vielen Dank.

(Beifall FDP und vereinzelt CDU)

(Annabell Krämer)

Das Wort für die AfD-Fraktion hat der Fraktionsvorsitzende, der Abgeordnete Jörg Nobis.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Gäste! FINISH, das klingt für mich eher nach einem Haushaltsreiniger oder nach hochwirksamen Geschirrspültabs. Mit FINISH kehrt der Glanz in Ihre Hütte zurück. - Einen solchen Reiniger für den Haushalt hätte die Landesregierung doch bitter nötig. Aber mit dem vorliegenden Antrag möchte Jamaika lediglich die Landesregierung bitten, ein Gesetz zur „Finanzstrategie Nachhaltigkeit in Schleswig-Holstein“ vorzulegen. Ziel des Gesetzes soll es sein, die Finanzpolitik stärker an sozialen und ökologischen Kriterien wie Ressourcenschutz und Vermeidung von CO2-Emissionen auszurichten.

Es dürfte Sie nicht verwundern, wenn wir weder mit Ihren genannten Kriterien noch mit der von Ihnen ins Auge gefassten Priorisierung einverstanden sind. Für uns müssen staatliche Gelder vor allem und ganz besonders dann, wenn es sich um Versorgungsfonds handelt, sicher angelegt sein. Es gilt: Sicherheit vor Ideologie und Ertrag vor Ideologie. Damit fallen schon einmal alle Hochrisikopapiere mit schmucken Renditeversprechen à la Prokon weg. Wir erinnern uns: Der große Einstieg in die Welt der Schiffsbeteiligungen erfolgte auch aus Gier und aus der falschen Annahme heraus, die Gewinne würden zukünftige Haushalte finanzieren. Solche Finanzspielchen sollten doch wohl ein für alle Mal für uns alle hier tabu sein.

(Beifall AfD)

Wir halten es für grundfalsch, derart feste ideologische Kriterien für Finanzanlagen von Landesbeteiligungen durch ein Gesetz vorzuschreiben. Dadurch wird inhaltlich ein derart schmaler Anlagekorridor vorgegeben, der Anlageentscheidungen zukünftig einseitig vorschreibt und grün-ideologisch ausrichtet.

So, wie Sie das hier andenken, Herr Petersdotter, haben Sie reine Öko-Fonds im Hinterkopf. Systemumbau mit der Brechstange, so könnte man meinen. - Nein, meine Damen und Herren, solchen Ansinnen werden wir als AfD nicht zustimmen.

Dabei haben wir nichts dagegen, ethische Mindeststandards bei Finanzanlagen vorzuschreiben. Das könnte man machen, es ginge dann durch Ausschlusskriterien. Man könnte einige wenige Aus

schlusskriterien benennen. Eine Einengung auf ausschließlich grün-ökologische CO2-Vermeidungsinvestments lehnen wir hingegen strikt ab. Anlageentscheidungen mit Sinn und Verstand braucht das Land und keine Öko-Fonds. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall AfD)

Für die Abgeordneten des SSW erteile ich dem Vorsitzenden Lars Harms das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Bürgerinnen und Bürger erwarten von uns zu Recht eine verantwortungsvolle Anlage- und Finanzstrategie für unser Land. Es wird hier wohl kaum jemand etwas dagegen haben, dass auch das Kriterium der Nachhaltigkeit als Gradmesser für politisches Handeln dienen kann und soll. Natürlich ist es erstrebenswert, die Gelder der öffentlichen Hand auch anhand sozialer und nachhaltiger Kriterien anzulegen, ohne natürlich die Kriterien der Sicherheit, Rendite und Liquidität zu vernachlässigen.

Vom Grundsatz her kann man dieses Vorhaben daher ja nicht schlechtreden, dennoch bleiben noch einige Ungereimtheiten zu diskutieren. Denn wenn man sich Nachhaltigkeit und Sozialgerechtigkeit auf die Fahnen schreibt, dann sollte man diese auch in sämtlichen Bereichen als Kriterium zu Rate ziehen, andernfalls wird die eigene Politik inkonsequent und unseriös.

Ich möchte an dieser Stelle noch einmal das Stichwort Tariftreue- und Vergabegesetz in den Raum werfen: Die Küstenkoalition hatte damals mit der Einführung jenes Gesetzes einen völlig neuen Standard in Sachen gute Arbeit und Nachhaltigkeit bei öffentlichen Ausschreibungen eingeführt. Schleswig- Holstein hatte in dieser Hinsicht bereits die im jetzigen Antrag beschworene bundesweite Vorreiterrolle inne.

(Beifall SSW und SPD)

Doch unter fadenscheinigen Vorwänden hat die Jamaika-Koalition dieses Gesetz Anfang dieses Jahres durch eine abgespeckte Version ersetzt, in der die ökologischen und arbeitsrechtlichen Kriterien stark aufgeweicht wurden. Das ist ein Tiefschlag für viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, und für diese wird der vorliegende Antrag wohl reichlich zynisch anmuten.

Da frage ich mich doch: Wie passt dieses ambivalente Vorgehen der Jamaika-Koalition eigentlich zusammen? Im Gesamtbild: Wie soll diese nachhaltige und erfolgreiche Anlagestrategie nach der Einführung überhaupt konkret ausgestaltet werden, das heißt, wie wird entschieden, ob und dass ein Projekt beziehungsweise ein Unternehmen für eine Anlage infrage kommt? - Es ist doch so: Einerseits Geld sparen und nachhaltig anlegen und andererseits Geld ausgeben und nachhaltig investieren, das sind ja zwei Seiten derselben Medaille. Allerdings sollte hier dann nicht mit zweierlei Maß gemessen werden.

Ich skizziere mal ein Beispiel: Brunsbüttel, LNGTerminal, Flüssigerdgas versus Umweltbedenken. Die Diskussionen um diese Terminals bleiben ja weiterhin hitzig. Der Bundesrat hat bereits in einer Verordnung zugestimmt, die Investitionen in den Bau von LNG-Terminals lukrativer zu machen. Interessierte Investoren gibt es auch, gleichzeitig machen zahlreiche Umweltinitiativen gegen das GasTerminal mobil, insbesondere wegen der befürchteten Herkunft des LNG.

Fracking ist ein massiver Eingriff in die Natur und mit Umweltbewusstsein und vor allem Nachhaltigkeit daher kaum in Einklang zu bringen. Dennoch hält die Landesregierung unbeirrt und vehement an ihren Plänen fest. Investoren sollen von günstigen Rahmenbedingungen profitieren, und der Bau dieser Terminals soll sogar durch Landesmittel in Millionenhöhe gefördert werden.

Ganz hart gesprochen dürfen wir unser Geld bei Anwendung von Nachhaltigkeitskriterien eben nicht in Papieren des Betreibers oder der Lieferanten für das Brunsbütteler LNG-Terminal anlegen, andererseits wird dies aber direkt durch die Landesregierung gefördert. Mehr Widersprüchlichkeit geht eigentlich nicht.

Um also den Bogen nun zurückzuschlagen: Die Regierungsfraktionen wollen die Landesregierung auffordern, eine nachhaltige Finanz- und Anlagestrategie zu formulieren, doch gleichzeitig plant eben diese Landesregierung, unter anderem ein Projekt zu bezuschussen, welches einer solchen Prüfung auf Nachhaltigkeit eben nicht standhalten würde. Das ist inkonsequent und wenig zukunftweisend. Wer weiß, bei wie vielen Finanzanlagen wir uns zukünftig möglicherweise ebenfalls in Grauzonen bewegen, weil eben nicht sämtliche Faktoren dem gebotenen Kriterienkatalog entsprechen. Uns allen ist klar, dass wir in puncto Nachhaltigkeit noch reichlich Optimierungspotenzial haben und dass Verän

derungen nicht von heute auf morgen zu bewerkstelligen sind.

Doch das darf keine Ausrede sein. Insgesamt geht der vorliegende Antrag zwar in die richtige Richtung, doch gleichzeitig spielt es für uns eben auch eine Rolle, dass Gelder nicht nur nachhaltig angelegt, sondern zuvor auch nachhaltig und sozialverträglich erwirtschaftet werden und wir Landeszuschüsse auch nur in nachhaltige Unternehmen und Projekte investieren. Genau das fehlt noch. Da ist noch viel mehr zu tun, als eine kleine Anlagestrategie zu entwickeln. Die ist richtig, die haben wir auch früher als Küstenkoalition schon verfolgt, ohne einen Beschluss zu fassen. Aber Nachhaltigkeit muss eben auch beim politischen Handeln der Landesregierung und dieser Koalition eine Rolle spielen. Da fehlt es doch an allen Ecken und Enden.

(Beifall SSW und SPD)

Das Wort für die Landesregierung hat die Finanzministerin Monika Heinold.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Vielen Dank für den Antrag, den ich begrüße. Sie wissen: Es geht bei dem Thema Nachhaltigkeit heute um den Konsum, um die Bereiche Energie, Verkehr, Transport, Wirtschaft. Sie wissen - bei LNG war das jetzt noch einmal ausgebreitet worden -, dass es insbesondere um die Infrastruktur geht - unabhängig vom Energieträger.

Es ist nur konsequent, dass wir Nachhaltigkeit auch bei Finanzprodukten in der Finanzpolitik immer wieder beleuchten. Da ist das Kriterium ESG - Environment-Social-and-Governance-Anforderungen - das, was heute als Standard in der Begrifflichkeit immer wieder genannt wird. An diesen Kriterien orientieren wir uns auch. Es ist bei unseren Versorgungsfonds genannt. Dort sind diese Kriterien zur Grundlage gelegt - und noch mehr.

Sie wissen, dass wir beim Versorgungsfonds mehrere harte Ausschlusskriterien genannt haben. Zum einen werden beispielsweise Anleihen von Staaten ausgeschlossen, die die Todesstrafe anwenden oder die aktuellen Klimaprotokolle nicht ratifizieren. Zum anderen werden Unternehmen ausgeschlossen, die in den Geschäftsfeldern fossile Brennstoffe, Atomenergie, kontroverse Rüstungsgüter aktiv sind oder gegen die Grundsätze verantwortungsvoller Unternehmensführung verstoßen.