Protocol of the Session on September 26, 2019

Die Ausschussvorsitzende steht bereits am Mikrofon. Ich erteile ihr das Wort für den Bericht.

Vielen Dank, Frau Präsidentin! - Der Landtag hat den Gesetzentwurf der Volksinitiative am 19. Juni 2019 federführend an den Innen- und Rechtsausschuss sowie mitberatend an den Sozialausschuss und an den Petitionsausschuss überwiesen. Der Petitionsausschuss hat in seiner Sitzung am 20. August 2019 gemäß Artikel 48 der Landesverfassung in Verbindung mit § 10 des Volksabstimmungsgesetzes eine Anhörung der Vertrauenspersonen der Volksinitiative durchgeführt. Der mitberatende Sozialausschuss hat sich in seiner Sitzung am 12. September 2019 mit der Vorlage abschließend befasst. Der federführende Innen- und Rechtsausschuss hat sich in zwei Sitzungen, abschließend am 11. September 2019, ebenfalls mit dem Gesetzentwurf befasst.

In Übereinstimmung mit dem mitberatenden Sozialausschuss empfiehlt der Innen- und Rechtsausschuss mit den Stimmen von CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und AfD gegen die Stimmen von SPD und SSW dem Landtag, den Gesetzentwurf der Volksinitiative abzulehnen. Ich verwei

se in dem Zusammenhang auf die Begründung in der Drucksache.

Ich danke der Frau Berichterstatterin. Gibt es Wortmeldungen zum Bericht? - Ich sehe, das ist nicht der Fall. Somit eröffne ich die Aussprache.

Das Wort für die CDU-Fraktion hat der Abgeordnete Peter Lehnert.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die CDU-Landtagsfraktion unterstützt alle sinnvollen und effektiven Maßnahmen gegen übermäßige Mietpreissteigerungen. Wir erkennen die schwierige Situation in einigen Bereichen des Wohnungsmarkts in Schleswig-Holstein. Diese Situation nachhaltig zu verbessern, ist das gemeinsame Ziel unserer Jamaika-Koalition. Wir nehmen die Ängste und Sorgen des Sozialverbands und des Mieterbundes als Initiatoren der Volksinitiative für mehr bezahlbaren Wohnraum und die dabei gesammelten 32.500 gültigen Unterschriften sehr ernst. Ihre wichtigen Anliegen sind ein Ansporn für uns, unsere Initiative für mehr bezahlbaren Wohnraum in Schleswig-Holstein weiter zügig umzusetzen. Wir wollen durch den ausreichenden Neubau und die Aufstockung von Wohngebäuden die Mietpreise begrenzen. Wir wollen außerdem zusätzliche Flächen für den Wohnungsbau durch einen weiterentwickelten Landesentwicklungsplan ausweisen.

Wir haben gerade ein bisher in diesem Umfang einzigartiges Gesetz zur Änderung der Landesbauordnung beschlossen. Damit ermöglichen wir bereits kurzfristig die Nachverdichtung und den Bau zahlreicher zusätzlicher Wohnungen. Damit können wir auch auf die hohe Wohnraumnachfrage in den großen Städten und auf den Inseln sowie im Hamburger Umland noch aktiver als bisher reagieren und Abhilfe schaffen.

Die Eigentumsbildung, insbesondere für junge Familien, wird von uns gefördert, um durch deren Umzug in die eigengenutzte Wohnimmobilie Mietwohnraum frei zu machen. Für uns als CDU-Landtagsfraktion ist dabei die angekündigte und bereits durch den Bund beschlossene deutliche Erhöhung des Wohngelds ein zentraler Punkt. Das ist eine unserer wichtigsten Forderungen gewesen, weil wir damit erreichen, dass vor allen Dingen Mitbürgerinnen und Mitbürger mit mittleren und niedrigen Einkommen in ihrem angestammten Wohnumfeld in ihren Wohnquartieren wohnen bleiben können und

es keine Verdrängung gibt. Das ist für uns eine ganz elementare staatliche Aufgabe, um die Wohnsituation und die soziale Durchmischung in diesen Quartieren zu erhalten.

Außerdem ist für uns die Förderung des sozialen und bezahlbaren Wohnraums ganz wichtig. Sie ist ein zentraler Punkt unseres Forderungskatalogs, den wir im Frühjahr mit den Stimmen der Sozialdemokraten und des SSW beschlossen haben. Insgesamt werden wir mit diesem Programm in den nächsten Jahren in Schleswig-Holstein fast 800 Millionen € für den sozialen und bezahlbaren Wohnraum zusätzlich zur Verfügung stellen.

(Beifall CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Weitere Programme wie das Sonderwohnprogramm „Erleichtertes Bauen“ und das Programm „Neue Perspektiven Wohnen“ zeigen, dass zusätzlich neue, innovative Wege durch das Ministerium gegangen werden. Wir erhalten für diese Schwerpunktsetzung breite Zustimmung der Akteure im Bereich des Wohnungsbaus. Viele andere Bundesländer beneiden unser Land um unsere Dynamik im Wohnungsbau.

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Na, na, na!)

Es handelt sich um ein in diesem Umfang einzigartiges Programm zur aktiven und vor allem effektiven Bekämpfung von Wohnraummangel in unseren Ballungsräumen. Damit wird der Anstieg der Mieten nachhaltig begrenzt.

(Zuruf Dr. Ralf Stegner [SPD])

- Ich komme jetzt zu Ihnen, Herr Kollege Stegner:

Die von der SPD geforderten zusätzlichen staatlichen und bürokratischen Eingriffe in den Wohnungsmarkt halten wir weder für zielführend noch für besonders glaubwürdig.

Wir haben uns als Jamaika-Koalition selbstverständlich intensiv mit den Initiatoren der Volksinitiative unterhalten, mit ihnen diskutiert und dabei die Argumente sehr sachlich ausgetauscht. Trotz großen gegenseitigen Verständnisses für die jeweilige Position des anderen sind wir allerdings bei der Frage der Aufnahme in die Landesverfassung nicht zu einer Einigung gelangt, weil wir die übergreifende Position vertreten, dass durch die Aufnahme in die Landesverfassung nicht eine einzige zusätzliche Wohnung gebaut wird.

(Beifall CDU und FDP)

Ich will allerdings auch deutlich sagen, dass uns dies nicht daran hindert, unsere bisherige nachhaltige und dauerhafte Förderung des Baus zusätzlicher Wohnungen im bezahlbaren und sozial geförderten Wohnungsbau weiter voranzutreiben und mit großem Einsatz voranzubringen, um den dringend benötigten bezahlbaren Wohnraum in Schleswig-Holstein zu schaffen. - Vielen Dank.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Für die SPD-Fraktion hat die Frau Abgeordnete Özlem Ünsal das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Gäste! Insbesondere möchte ich die Vertreterinnen und Vertreter der Volksinitiative, des Sozialverbandes und des Mieterbundes, begrüßen. Herzlich willkommen!

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt FDP)

Liebe Gäste, in Deutschland gehen inzwischen Zehntausende gegen die Spekulation mit Wohnraum auf die Straße. Bundesweit fühlen sich Mieterinnen und Mieter durch Wohnungsknappheit und steigende Mietpreise in ihrem Grundrecht des Wohnens bedroht. Viele von ihnen erfahren die Folgen von Verkauf, Spekulation oder Modernisierung bitter am eigenen Leib. Mieten und Immobilienpreise steigen weiter an. Menschen werden immer mehr durch Wohnkosten überlastet, zum Teil aus ihren Quartieren verdrängt, im schlimmsten Fall sogar wohnungslos.

Die Hilferufe aus der Bevölkerung an uns Politikerinnen und Politiker nehmen stetig zu, und das zu Recht, denn Wohnen wächst in dramatischer Weise zu einem Armutsrisiko in unserem Land heran.

Genau in diese Zeit fällt die Volksinitiative in Schleswig-Holstein. Es sind knapp 40.000 Unterschriften gesammelt und am 13. Februar 2019 von den Initiatoren an den Landtag übergeben worden. Damit ist das notwendige Quorum von 20.000 Unterschriften weit übertroffen und sogar zu 200 % erfüllt. Die hohe Beteiligung zeigt uns einmal mehr, dass bezahlbares Wohnen auch in Schleswig-Holstein eine der drängendsten sozialen Fragen bleibt.

(Beifall SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

(Peter Lehnert)

Und was macht Jamaika? Das ist doch die spannende Frage. Sie erteilt der Volksinitiative eine ernüchternd klare Absage, ohne jegliches Gespür für die Nöte der Menschen.

(Beifall SPD - Dr. Ralf Stegner [SPD]: So ist es! - Zurufe CDU)

Nachdem Sie erst kürzlich stolz die Abschaffung der Mietpreisbremse und der Kappungsgrenze verkündet haben, setzen Sie Ihre Ignoranz auch hier weiter fort. Daran ändert auch die Entscheidung zur LBO nichts, das habe ich vorhin schon deutlich ausgeführt.

Verehrter Kollege, Sie sagen, Sie haben mit der Volksinitiative gesprochen. Daher werden Sie auch wissen, welche Fassungslosigkeit Sie mit Ihrer Ablehnung in den Ausschüssen bei den Initiatoren ausgelöst haben. Zu Recht ist die Geschäftsführerin des Mieterbundes, Frau Mainitz, fassungslos über diese kurzsichtige Entscheidung, und zu Recht ist der Sozialverband, namentlich Jutta Kühl, die sich als Vorsitzende dazu geäußert hat, mit der Frage an die Jamaikaner herangetreten, ob sie überhaupt realisiert haben, welche Folgen das Ganze hat.

In der Jamaika-Koalition - das beobachten wir - setzen sich offenbar weiterhin die liberale Ideologie und der sture Glaube an die alleinigen Regelungskräfte des Marktes durch. Der Markt alleine regelt es nicht, liebe Kollegen.

(Beifall SPD - Zurufe SPD: So ist es! - Zuru- fe FDP)

- Das müssen Sie sich jetzt anhören. Im sozialen Wohnungsbau beschränkt sich die Koalition leider nur noch darauf, mit Ach und Krach den Bestand zu erhalten. Wie armselig ist das, bitte?

(Peter Lehnert [CDU]: Sie, die die ganzen Wohnungen verkauft haben, müssen das ge- rade sagen!)

- Das ist so. - Mit sozialer Marktwirtschaft, wie sie unser Grundgesetz vorsieht, liebe Kolleginnen und Kollegen, hat Ihre Politik der Ablehnung längst nichts mehr zu tun. Was heißt denn bitte Ihre Aussage - ich zitiere -:

„Bezahlbarer Wohnraum hat weiterhin für uns oberste Priorität.“

- Ich bitte Sie! Wo ist denn hier Ihre Prioritätensetzung?

(Beifall SPD - Peter Lehnert [CDU]: 800 Millionen € sind nichts, oder was?)

Wir als SPD haben von Anbeginn an die Volksinitiative des Sozialverbandes und des Deutschen Mieterbundes unterstützt. Eine entsprechende Gesetzesinitiative - das wissen Sie - haben wir auch schon im vergangenen Jahr eingereicht.

(Beifall SPD)

Sowohl die unterzeichnenden und betroffenen Schleswig-Holsteinerinnen und Schleswig-Holsteiner als auch wir erwarten jetzt endlich einen klaren Kurswechsel von dieser Landesregierung, wenn es um bezahlbaren Wohnraum geht.

Selbstverständlich wird durch die Änderung der Verfassung allein keine einzige Wohnung geschaffen und keine Miete gesenkt.

(Beifall CDU und FDP)

Aber wenn Sie hier - die Kollegen von den Grünen oder Sie -, großartig Konzepte vorstellen, dann frage ich mich: Warum unternehmen Sie nicht den elementaren Schritt und senden ein ganz klares Signal an die Betroffenen, von denen 40.000 ihre Unterschrift geleistet haben? Sie sollten sagen: Wir nehmen das ernst und bekennen uns dazu, sodass es für uns auch kein Problem ist, es in die Landesverfassung aufzunehmen. Diese Chance verpassen Sie gerade.

(Beifall SPD)

Wie glaubwürdig ist die Politik einer Koalition, wenn sie nicht einmal bereit ist, sich mit einem solchen Bekenntnis zu den 40.000 Unterzeichnerinnen und Unterzeichnern zu gesellen?

Frau Abgeordnete, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Tobias von der Heide?