Meine Damen und Herren Abgeordneten, ich bitte Sie, ruhiger zu sein, damit Herr Vogel fortfahren kann.
Auch wir finden Tariferhöhungen nie gut, sind uns aber bewusst: Wenn wir Beschäftigte für ihre Arbeit angemessen entlohnen wollen, kann die Lohnerhöhung bei einem Verkehrsunternehmen wie dem HVV nur über eine Anpassung der Fahrkartenpreise realisiert werden. Die CDU fordert übrigens bessere und modernere Leistungen für den HVV, ist aber nicht bereit, dafür zusätzliches Geld in die Hand zu nehmen, wenn sie gegen Tariferhöhungen in Hamburg kämpft. Sollte die Tariferhöhung ausbleiben, muss nach der Rahmenvereinbarung der Länder mit dem HVV - auch ich kenne sie - der Ausgleich durch unseren Landeshaushalt beglichen werden.
Es ist schon schräg, wenn sich die Regierung gestern massiv weigert, mehr Geld für Lärmschutz in die Hand zu nehmen, um den Bund zu unterstützen, aber ohne Probleme den HVV zusätzlich querfinanzieren will. Ich bin gespannt, wie Sie das erklären wollen.
Wenn hier von unseren Regierungsfraktionen die geplanten Tarife für den HVV kritisiert werden, dann müssen wir auch unsere eigenen Fahrkartentarife kritisch hinterfragen. Während bundesweit eine kostenfreie Mitnahme für Erwachsene von Kindern im Alter von sechs bis 14 Jahren normal ist, muss man in Schleswig-Holstein immer noch dafür zahlen. Familienfreundlichkeit geht anders.
Wenn Sie zum Beispiel in Bargteheide in den Zug steigen und nach Lübeck fahren, zahlen Sie als Familie 31,40 €. Fahren Sie nach Hamburg, zahlen Sie 10,40 €. Da stimmt doch etwas nicht! Der Schleswig-Holstein-Tarif verlangt für diese Strecke 21 € mehr, als wenn ich nach Hamburg fahre. Wir erwarten, dass Sie sich darum einmal kümmern, statt hier Wahlkampf für Hamburg zu machen. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! 2018 nahm der Hamburger Verkehrsverbund über den Verkauf von Fahrkarten 861 Millionen € ein. Das deckt 74 % der Kosten. Den Rest tragen die Bundesländer und die Kreise. Jedes Jahr prüft der HVV die Kostensteigerung seiner Unternehmen, und es wird diskutiert, was zu tun ist: höhere ÖPNV-Preise oder mehr Haushaltszuschuss beziehungsweise wieviel wovon?
Wir wollen, dass Schleswig-Holstein gegen die geplante Preiserhöhung des HVV stimmt, weil erstens - das ist kein Geheimnis - der Hamburger Tarif ein Innenstadttarif ist. Er ist gemacht worden, um auf Kurzstrecken viele Menschen gut zu transportieren. Das ist die einzige Ausrichtung des HVV.
Meine Damen und Herren, einmal unter uns: Wären wir die Hamburger Bürgerschaft, machten auch wir eine Verkehrspolitik, mit der wir die größte Zahl an
Menschen möglichst kostengünstig im Innenstadtbereich transportierten. Da wären wir strategisch nicht anders aufgestellt als die Hamburger Bürgerschaft. Demgegenüber ist es natürlich kontraproduktiv, dass wir in einem Bundesland leben, in dem wir einen Flächentarif haben. Das passt nicht zu dem Tarif in unserem Bundesland.
Drittens - das ist ein wichtiger Punkt -: Angesichts der Klimakrise und einer echten Verkehrskrise in Deutschland geht ein strategieloses Einfach-weiterso nicht mehr.
Meine Damen und Herren, da möchte ich einfach noch einmal ansetzen. Liebe SPD, Sie werfen uns an der Stelle vor, Parteisolidarität sei uns wichtiger als Landesinteresse.
Das ist schon komisch; das sollten Sie vielleicht Ihrer eigenen Partei gegenüber einmal kommunizieren.
- Einen kleinen Moment, Herr Stegner. - Bei der Beantwortung der Frage: „Was brauchen wir angesichts der Klimakrise für Verkehrsverbindungen?“, müssten wir doch Seite an Seite stehen, uns gemeinsam hinstellen und sagen: Wir brauchen ein neues Tarifsystem.
Übrigens, Herr Dr. Stegner - nur zu Ihrer Information -: In Berlin-Brandenburg hat man das gemacht sehr erfolgreich übrigens.
Sie werden Verständnis dafür haben, dass ich glaube, dass Ihre karikierende Bemerkung, wir seien der Meinung, Parteisolidarität sei wichtiger als das Landesinteresse, grober Unfug ist.
Der Kollege Vogel hat Ihnen zu Recht vorgehalten: Sich hier auf der einen Seite hinzustellen und Volksreden gegen den bösen Hamburger Senat zu halten und selbst bei NAH.SH höhere Erhöhungen vorzunehmen, ist an Scheinheiligkeit nicht zu überbieten. Darum geht es, Herr Kollege.
- Lieber Herr Kollege Stegner, es ist immer so - es war schon gestern in der Debatte so -: Sie stehen auf, weil Sie irgendwie wittern, dass man etwas gegen Parteien sagt, aber Sie sollten sich wirklich einmal mit der fachlichen Frage auseinandersetzen.
Ich will die Retourkutsche von gestern zur intellektuellen Komplexität nicht wiederholen, die Sie hier angebracht haben, aber eines will ich Ihnen sagen: Die Auswirkungen der Preiserhöhungen des HVV betragen im Hamburger Rand ein Vielfaches. Sie zahlen, wenn Hamburg den Preis um 1,9 % erhöht, insgesamt eine sechs- bis siebenfache Erhöhung. Das tragen die schleswig-holsteinischen Bürgerinnen und Bürger in den Landkreisen, und das ist nicht gerecht. Beim Thema Gerechtigkeit sind Sie ja der Erste, der Fragen stellt,
denn das müssen dann alle Bürgerinnen und Bürger - auch die mit niedrigem Einkommen - bezahlen. Nein, Herr Stegner: Lassen Sie uns mit diesem wahllosen Auf und Ab aufhören und endlich gemeinsam eine vernünftige Tarifreform in den nördlichen Bundesländern angehen!
Meine Damen und Herren, seit Jahren kämpfen wir Grünen für einen einfachen, günstigen Nordtarif. Wir alle wissen - Herr Wewers sitzt ja dort oben -, wie schwer es ist, im Verbund mit den Tarifpartnern
zu verhandeln. Es liegt aber auch daran - das habe ich gestern schon über das Semesterticket gesagt; das ist eine Erfahrung, die Sie hier machen -: Sie müssen unendliche Runden drehen und unendliche Gremiensitzungen abhalten; Sie müssen das alles dreifach, vierfach, fünffach besprechen, und wenn dann einer sagt: „Ich bin nicht einverstanden“, ist Ihr ganzer schöner Kompromiss dahin. Das müssen wir wirklich ändern.
Wir, die wir in der politischen Verantwortung stehen, müssen uns die Gestaltungsmacht über die Tarifpolitik zurückholen. Das müssen wir mit Augenmaß machen und dazu intelligente Mittel nutzen. Die Verträge, die wir jetzt machen - von Nettoverträgen auf Bruttoverträge umzustellen -, entsprechen zum Beispiel dem Modell in Berlin-Brandenburg. Die haben einen modernen Wabentarif eingeführt, der sehr gerecht ist. Das sind Themen, die wir mit Hamburg wirklich besprechen sollten. Denn wie soll Hamburg als wachsende Stadt die vielen Menschen aufnehmen? Es gibt keine Wohnungen; Hamburg braucht das Umland. Wir brauchen Hamburg aber auch für unsere Wirtschaftskraft.
Da gibt es kein Gegeneinander und kein gegenseitiges Ausspielen, sondern wir müssen in der Metropolregion gemeinsam einen modernen Metropoltarif gestalten. Das ist die Aufgabe der Tarifpolitik im 21. Jahrhundert. Das ist die Aufgabe für einen guten ÖPNV/SPNV. An dieser Stelle ist das KleinKlein, das Sie dargestellt haben, Herr Kollege Vogel, wirklich etwas rückwärtsgewandt.