Protocol of the Session on June 19, 2019

- Wir schichten das ab. Das eine ist die Auftragsforschung. Da, glaube ich, sind wir uns einig. Wie gesagt, die Formulierung von Fraunhofer halte ich für richtig. Beim Zweiten muss ich sagen - das ist ja das, dass die Bundesregierung, was von mir und auch von Thomas Hölck gesagt wurde, meint, keine Grenzen zu haben, weil es in der Tat eher darum geht, die Qualität von Anträgen zu bewerten. Da können Größere mit Kleineren in gleichem Maße entsprechend konkurrieren. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall SPD)

Für die Landesregierung hat das Wort die Finanzministerin Monika Heinold.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Forschungsförderung ist wichtig für unser Land. Das ist eben auch deutlich geworden. Wir haben auch im Haushalt rund 150 Millionen € in unserem Kapitel für Forschungsförderung. Das ist die direkte Bezuschussung. Heute geht es um die Frage, ob und in welcher Form auch eine steuerliche Förderung stattfinden soll.

Herr Harms, ich teile Ihre Auffassung - das will ich als Finanzministerin ausdrücklich sagen -, dass es schwierig ist, die Dinge immer über die Steuer zu lösen, um sich anschließend darüber zu beklagen, dass es nicht zielgenau ist und dass das Steuerrecht immer komplizierter wird.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW und Birgit Herdejürgen [SPD])

Auf der anderen Seite haben wir hier einen sehr konkreten Vorschlag für eine steuerliche Zulage auf dem Tisch liegen. In der Intention sagen wir als Landesregierung Ja zu diesem Gesetz, weil das der konkrete Vorschlag ist, der im Raum steht, und weil wir bei der Forschungsförderung auch weiterkommen müssen.

Dieses Gesetz ist eine steuerliche Förderung und zugleich eine Zulage. Es hätte auch nur rein als Zulage gemacht werden können, nicht noch über die Steuer. Warum macht der Bund das? Weil er natürlich möchte, dass seine Idee von den Ländern mitbezahlt wird. Deshalb ist es so. Ansonsten hätte man das Geld für die Zulage in den Bundeshaushalt einstellen können. Aber es ist so - wie an so vielen Stellen bei dieser großen Koalition -, dass sie einen Teil der Rechnung immer durchreicht. Ich will an dieser Stelle sagen: Das ist eine teure Veranstaltung, die die Große Koalition uns dort präsentiert.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Lars Harms [SSW])

Zurück zur Forschungsförderung: Wir unterstützen das Gesetz in der Intention, weil wir Forschungsförderung in unserem Land stärken wollen, weil wir sie brauchen. Natürlich muss es unser Interesse sein, Herr Hölck - deshalb habe ich Sie irgendwie gar nicht verstanden -, das Gesetz zielgenau auf unsere Betriebe zu fokussieren. Das muss unser Interesse sein.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU, FDP und SSW)

In Schleswig-Holstein sind kleine und mittelständische Unternehmen unterwegs. Nun ist die Frage:

(Dr. Heiner Dunckel)

Was heißt kleine und mittelständische Unternehmen in der Begrenzung? Da gibt es unterschiedliche Definitionen. Da spricht die EU von 250 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, andere sprechen von 500. Wir als Land Schleswig-Holstein - ich als Finanzministerin - haben in den Finanzausschuss im Bundesrat einen Antrag eingebracht. Ich lese ihn Ihnen einmal vor:

„Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, wie eine Förderung von Forschung und Entwicklung zielgenau auf kleine und mittlere Unternehmen ausgestaltet werden kann.“

Da bin ich mir sehr einig mit dem Wirtschaftsminister, dass wir natürlich ein Gesetz brauchen, was für unsere Unternehmen greift und was auch mit auf unsere Unternehmen zugeschnitten ist. Denn wir wollen unser Steuergeld - ich sage mal - nicht nur dafür bezahlen, dass die Großen profitieren, zumal - das ist ja die Schwierigkeit - die Auftragsforschung, also der zweite Teil, den wir für unseren Mittelstand so notwendig brauchen, diese Möglichkeit der Auftragsforschung, eben nicht mit drin ist. Deshalb werden wir auch weiterhin versuchen, im Bundesrat das Gesetz zielgenauer zu fokussieren.

Wir haben, Herr Hölck, bei der Frage der zielgenauen Steuerung auf KMU mit einer Begrenzung in welcher Form auch immer - der Mitarbeiterinnen- und Mitarbeiterzahl eine gute Mehrheit im Finanzausschuss des Bundesrats gefunden - erfreulicherweise mit Stimmen der SPD. Das freut mich nach Ihren Ausführungen noch einmal ganz besonders. Wir haben im Finanzausschuss des Bundesrats noch keine Mehrheit dafür bekommen, die Auftragsforschung mit reinzunehmen. Aber der Wirtschaftsminister hat dort eine Mehrheit organisiert, sodass wir jetzt von zwei Seiten - Finanzausschuss Bundesrat, Wirtschaftsausschuss Bundesrat - zwei gute Anträge im Bundesratsverfahren haben.

Wenn Sie heute dem Antrag zustimmen, dann ist das für uns noch einmal kräftig Rückenwind, um dementsprechend weiter zu verfahren.

(Beifall CDU, Stephan Holowaty [FDP] und Oliver Kumbartzky [FDP])

Mich wundert schon, Herr Hölck, dass Sie sagen: Wenn eine Finanzministerin die Frage stelle, was das Ganze kostet, sei das nicht legitim, weil es nur um das Wohlbefinden einer Finanzministerin gehe. - Ich sage Ihnen, Herr Hölck: Wenn wir all das bezahlen wollten, was Sie hier fordern, dann ist es das Mindeste, dass eine Finanzministerin darauf schaut, wie denn Steuergesetze gemacht werden und an

welcher Stelle und in welcher Höhe wir bei Steuergesetzen mitzahlen, denn sonst erreichen wir von all dem, was Sie uns hier immer wieder präsentieren, gar nichts.

Es geht also nicht um das Wohlbefinden einer Finanzministerin, sondern es geht um den Gestaltungsspielraum des Parlamentes. Das Parlament hat das Königsrecht der Haushaltsaufstellung.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP)

Nun darf ich Sie leider nicht fragen, sondern nur Sie dürfen mich fragen, sonst würde ich Sie aber gern fragen, in welcher Höhe wir denn mitzahlen für dieses Gesetz. Ich weiß nicht, ob Sie sich das einmal ausgerechnet haben. Das sind in der Perspektive rund 25 Millionen € im Jahr - nicht ab dem nächsten, aber ab dem übernächsten Jahr. Diese 25 Millionen € sind für uns in Schleswig-Holstein eine gewichtige Summe. Das sind keine Peanuts. Das Mindeste, was wir machen, wenn wir diesem Gesetz zustimmen und bereit sind, unseren Beitrag zu leisten, ist doch, dass wir darauf achten, dass es zielgenau unserem Mittelstand, unseren Betrieben hier in Schleswig-Holstein zugutekommt. In dem Sinne werden wir das Gesetz weiter mitbefördern.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung.

Es ist beantragt worden, den Antrag Drucksache 19/1534 dem Wirtschaftsausschuss zu überweisen. Wer so beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Dann ist der Antrag gegen die Stimmen von SPD und SSW nicht in den Ausschuss überwiesen worden.

Dann kommen wir zur Abstimmung in der Sache. Wer dem Antrag Drucksache 19/1534 zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich? - Dann ist der Antrag Drucksache 19/1534 bei Enthaltung der Fraktion von SPD und der Abgeordneten des SSW angenommen worden.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 10 auf und bitte um Aufmerksamkeit:

Erste Lesung des Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes (2. Teilhabestärkungsgesetz)

(Ministerin Monika Heinold)

Gesetzentwurf der Landesregierung Drucksache 19/1498

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall.

Ich eröffne die Grundsatzberatung und erteile dem Minister für Soziales, Gesundheit, Jugend, Familie und Senioren, Dr. Heiner Garg, das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Das Bundesteilhabegesetz war und ist ein zentraler Beitrag zur Gleichbehandlung von Menschen mit Behinderung, ich sage einmal: ein zentraler Beitrag zum normalen Zusammenleben von Menschen mit und ohne Behinderung. Es geht darum, Menschen so anzunehmen, wie sie sind, wie sie in ihrer Vielfalt und in ihrer Unterschiedlichkeit sind, denn genau diese Vielfalt und das Schaffen von Bedingungen, diese Vielfalt auch leben zu können, zeichnet unsere moderne und offene Gesellschaft aus. Diese Vielfalt der Gesellschaft ist die Stärke unserer Gesellschaft, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall FDP, CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das war ja ein bisschen über Allem die Philosophie, die in diesem Bundesteilhabegesetz leben soll.

Inklusion und Vielfalt sollen für Menschen mit Behinderung gestärkt werden, ebenso soll die Verteilung der Mittel, die dafür zur Verfügung gestellt werden, in Zukunft transparenter werden. Sie sollen in Zukunft mehr Wahlfreiheit zwischen den Hilfsangeboten haben. Das Bundesteilhabegesetz ist damit ein wichtiger Beitrag auch zum gesellschaftlichen Fortschritt. Die Länder sind verpflichtet, dieses Bundesteilhabegesetz umzusetzen. Seit Antritt dieser Landesregierung arbeiten wir an der Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes. Mit dem 1. Teilhabestärkungsgesetz haben wir die Trägerschaft landesrechtlich Kreisen und kreisfreien Städten zugeordnet. Das war ein richtiger und notwendiger Schritt, denn die kommunale Zuständigkeit in der Eingliederungshilfe hat sich dem Grunde nach bewährt. Sie sollte beibehalten werden. Das war auch ein wichtiger Beitrag zur Kontinuität und zur Verlässlichkeit. Zur Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes haben wir eine Arbeitsgemeinschaft errichtet, in der Vertreter meines Hauses, der kommunalen Landesverbände, der Wohlfahrtsverbände sowie der Verbände für Menschen mit Behinderung vertreten sind.

Mit dem 2. Teilhabestärkungsgesetz kann nun jede der genannten Gruppen in Zukunft bis zu sechs Vertreterinnen und Vertreter in die Gemeinschaft einbringen.

Mit dem vorliegenden 2. Teilhabestärkungsgesetz wird das zentrale Anliegen des Bundesteilhabegesetzes in Landesrecht übersetzt. Das Recht der Eingliederungshilfe wird ab dem 1. Januar 2020 vollständig aus dem Sozialgesetzbuch XII, also aus der Fürsorge, herausgelöst und vollständig in das Sozialgesetzbuch IX, also das Recht auf Rehabilitation und Teilhabe, integriert.

Was bedeutet denn die Herauslösung der Eingliederungshilfe aus dem Fürsorgesystem? - Die Eingliederungshilfe konzentriert sich in Zukunft auf die reine Fachleistung. Die Leistungen der Eingliederungshilfe werden also konsequent von den existenzsichernden Leistungen getrennt. Dazu gehören zum Beispiel die Hilfe zum Lebensunterhalt sowie die Grundsicherung im Alter oder bei Erwerbsminderung.

Die Leistungen bestimmen sich in Zukunft nicht mehr nach der Form der Leistungserbringung - ob ambulant oder stationär. Das heißt, für Menschen mit Behinderung wird nicht nur die Wahlfreiheit größer, sondern auch durch Verteilung der Mittel deutlich transparenter. Leistungen werden jetzt auf den behinderungsbedingten Bedarf der leistungsberechtigten Personen abgestimmt. Die betreffende Person kann diese Leistung im Wesentlichen mitbestimmen, sodass ihre Wünsche und Bedürfnisse viel mehr berücksichtigt werden. Zugleich soll für alle Leistungen nur noch ein Träger verantwortlich sein, an den sich der Leistungsberechtigte beziehungsweise die Leistungsberechtigte wenden kann.

Das System ist somit für den einzelnen Menschen, der einen Rechtsanspruch auf diese Leistung hat, weniger kompliziert und damit auch in Zukunft leichter zu verstehen. Er kann in Zukunft Leistungen von verschiedenen Anbietern in einem unterschiedlichen Umfang nutzen. Die Inanspruchnahme und Erbringung von Leistungen wird damit flexibler. Menschen mit Behinderung erhalten damit endlich größere Wahlfreiheit. Das Land unterstützt Kreise und kreisfreie Städte zur Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes mit rund 7,5 Millionen €. Zur pauschalen Finanzierung von Sach- und Personalkosten werden den Kreisen und kreisfreien Städten als Träger der Eingliederungshilfe jährlich 3,5 Millionen € zur Verfügung gestellt.

(Vizepräsidentin Kirsten Eickhoff-Weber)

Zur strukturellen Verbesserung der Gesamtplanung bei der Eingliederungshilfe stellt das Land weiterhin zusätzlich 9 Millionen € bereit.

Vieles ist in diesem Bereich im Umbruch, meine sehr geehrten Damen und Herren, und nicht alles ist Gegenstand dieser Gesetzgebung. So haben wir gemeinsam mit Kommunen, Wohlfahrtsverbänden und Betroffenenvertretern einen neuen Landesrahmenvertrag erarbeitet. Auch dieser ist eine Folge der neuen Regelung aus dem Bundesteilhabegesetz. Wir sind zuversichtlich, dass ein Vertragsabschluss noch vor den Sommerferien eingeleitet werden kann. Das Kabinett wird sich hiermit noch in der ersten Juliwoche beschäftigen. Ebenso bedarf es einer neuen Ausgleichssystematik zwischen Land und Kommunen. Die Landesregierung wird hierzu einen ergänzenden Vorschlag zum Gesetzentwurf im Rahmen der Haushaltsberatungen vorlegen, auch wenn die Gespräche über die Umsetzung noch weitergeführt werden sollen.

Das Bundesteilhabegesetz ist ein echtes Mammutprojekt, das nicht mit seiner formalen Umsetzung endet, sondern die große Herausforderung besteht darin, die enthaltenen Veränderungen auch tatsächlich mit Leben erfüllen zu können - im Sinne der Menschen mit Behinderung.

Das hat bisher größte Anstrengungen von Kommunen und Wohlfahrtsverbänden erfordert. Das wird auch noch eine ganze Weile so weitergehen. Ich will daher von dieser Stelle aus allen für das unglaubliche Engagement und das Verantwortungsbewusstsein, das immer wieder zum Ausdruck gekommen ist, herzlich danken.

(Vereinzelter Beifall CDU und Beifall Jette Waldinger-Thiering [SSW])

Ich will noch einmal den Blick darauf lenken, dass auch bei allen selbstverständlich gelegentlich aufkommenden Meinungsverschiedenheiten immer und stets die Teilhabe von Menschen mit Behinderung am ganz normalen Leben im Mittelpunkt aller Bemühungen steht. Dafür sage ich Danke, und Ihnen sage ich Danke fürs Zuhören - und zwar 1 Minute und 34 Sekunden länger.

(Beifall FDP, CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)