Protocol of the Session on March 8, 2019

Lukas Kilian, ich möchte noch eines klarstellen: Egal ob man direkt gewählt oder über die Liste ins Parlament gekommen ist - jeder von uns, der hier im Landtag sitzt, hat seine Qualifikation. Der nächste Punkt -

Frau Kollegin, der nächste Punkt wird zeitlich ein bisschen schwierig.

(Unruhe)

Wir haben noch nicht über die Partizipation von Menschen mit Handicap gesprochen. Auch solche Themen müssen wir beraten.

Ich freue mich an so einem großartigen Tag, diese Themen mit Ihnen diskutiert zu haben.

(Christopher Vogt)

(Beifall SSW, vereinzelt SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Beifall Katja Rathje- Hoffmann [CDU])

Vielen Dank. - Jetzt erteile ich für die Landesregierung der Ministerin für Justiz, Europa, Verbraucherschutz und Gleichstellung, Frau Dr. SütterlinWaack, das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wer hätte gedacht, dass wir heute im Landtag so leidenschaftlich und in weiten Teilen doch sachlich über ein Thema debattieren, dessen Verwirklichung schon längst Normalität sein sollte.

(Beifall im ganzen Haus)

Ich habe mit größtem Interesse die Für- und Widerworte meiner Vorrednerinnen und Vorredner gehört. Diese Debatte macht deutlich, warum wir uns bei der Frage der Geschlechterparität in Parlamenten in einem laufenden Prozess befinden. Dessen Ende ist für mich noch nicht absehbar. Allein dass wir hier heute in aller gedanklichen Offenheit diskutieren, halte ich für einen großen Fortschritt - und das auch noch am Weltfrauentag.

Ich habe im Januar - das ist schon erwähnt worden einen Vorschlag zur Wahlrechtsdiskussion gemacht; den will ich hier nicht wiederholen, Sie kennen ihn alle. Die Reaktionen darauf waren durchaus vielfältig. Daher möchte ich an dieser Stelle noch einmal darauf hinweisen: Ich bin für alles zu haben, was die Chancengleichheit der Geschlechter erhöht. Das ist durch Sie eben noch einmal wunderbar zum Ausdruck gebracht worden. Ich bin aber nicht für Lösungen zu gewinnen, die einer Quote nahekommen.

(Beifall CDU, FDP und AfD)

Da alle weiteren Modelle schon angesprochen und diskutiert worden sind, ich zu ihnen tatsächlich auch verfassungsrechtliche Fragen habe, werde ich Ihnen ersparen, das alles vorzutragen. Wir haben schon alle Modelle angerissen, die diskutiert werden.

Es stellen sich aber noch weitere Fragen: Wollen wir das Leitbild des Grundgesetzes, wonach die Abgeordneten „Vertreter des ganzen Volkes“ sind, aufgeben? Sind „die Frauen“ und „die Männer“ tatsächlich homogene Interessengruppen ohne Möglichkeit einer gegenseitigen Interessenvertretung?

Wir haben von Jette Waldinger-Thiering gehört, über welche Themen wir noch reden müssen; für diese Fragen, finde ich, gilt das auch. Wollen wir die Gruppenzugehörigkeit zum entscheidenden Kriterium machen, das wichtiger ist als politische Ideen, Werte oder Überzeugungen? - Das sind alles Fragen, die in die Diskussion einfließen müssen. Ich persönlich möchte den Wählerinnen und Wählern die Entscheidung überlassen.

(Beifall CDU - Werner Kalinka [CDU]: So ist es gut!)

Noch ein ganz kurzer Blick zurück, meine sehr geehrten Damen und Herren, Marie Juchacz, die heute schon so oft erwähnt worden ist, eine Sozialdemokratin - darauf ist gleich zu Anfang hingewiesen worden - trat vor 100 Jahren als erste Frau in der Weimarer Nationalversammlung mit den Worten an das Rednerpult:

„Meine Herren und Damen, es ist das erste Mal, daß in Deutschland die Frau als Freie und Gleiche zum Volke sprechen darf …“

„Heiterkeit“, vermerkte das Protokoll zur Reaktion im Hohen Haus.

Meine Damen und Herren, zur spöttischen Heiterkeit besteht heute kein Anlass. 100 Jahre Frauenwahlrecht, 70 Jahre Grundgesetz und 25 Jahre Artikel 3 Absatz 2 Satz 2 des Grundgesetzes bieten uns mehr als die Gelegenheit, nur in Erinnerungen zu schwelgen. Sie beleben - das haben wir heute gehört - die notwendige Diskussion und verpflichten uns, weiterzumachen. Es gilt also - auch das haben wir heute oft gehört -, Möglichkeiten zu finden, um den Frauenanteil in den Parlamenten zu erhöhen. Es ist gut, dass wir dabei sind, den Weg dorthin auszuloten. - Vielen Dank.

(Beifall im ganzen Haus)

Vielen Dank, Frau Ministerin. - Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung.

Es ist beantragt worden, den Antrag mit der Drucksachennummer 19/1305 dem Innen- und Rechtsausschuss und mitberatend dem Sozialausschuss zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Vielen Dank. Die Gegenprobe! - Dann ist dies mit übergroßer Mehrheit gegen die Stimmen der AfD-Fraktion so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 19 auf:

(Jette Waldinger-Thiering)

Keine Rolle rückwärts beim Mieterschutz! Mieterinnen und Mieter im Land auch weiterhin vor Wucher und Mietpreisüberhöhungen schützen!

Antrag der Fraktion der SPD Drucksache 19/1304

Instrumente zur Entlastung der Wohnungssituation

Alternativantrag der Fraktionen von CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP Drucksache 19/1337

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat für die SPD-Fraktion die Abgeordnete Özlem Ünsal.

Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Gäste! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mehr als die Hälfte aller Deutschen, und zwar etwa 55 %, sind Mieterinnen und Mieter. Das ist ein Spitzenwert in Europa und entsprechend viele Menschen leiden darunter, dass die Mietpreise seit Jahren stetig ansteigen. Vor allem in Ballungsräumen haben Mieterinnen und Mieter nach wie vor mit Ängsten und hohen Wohnkosten zu kämpfen. Bezahlbare Wohnungen in nachgefragten Lagen sind weiterhin Mangelware. Wohnungssuche kann auch in Schleswig-Holstein zu einem echten Horrortrip werden.

(Christopher Vogt [FDP]: Ja!)

- Das ist so.

(Christopher Vogt [FDP]: Ja, sage ich ja!)

Die gute Nachricht für Mieterinnen und Mieter ist: Die Bundesregierung hat bei der Mietpreisbremse und beim Mieterschutz insgesamt nachgebessert. Die neuen Regelungen sind seit Beginn des Jahres in Kraft und sollen vor allem den Mieterschutz stärken.

(Beifall SPD und Flemming Meyer [SSW])

Die schlechte Nachricht ist, meine lieben Kolleginnen und Kollegen: Genau diesen Vorstoß des Bundes zugunsten der Betroffenen wollen Sie hierzulande gerade, nach 8 bis 10 Wochen, wieder einkassieren. Die Landesregierung will die Mietpreisbremse bereits Ende November abschaffen und die Kappungsgrenzenverordnung obendrein.

Wer die Wirkung der erst seit Jahresbeginn in Kraft getretenen Regelung noch nicht einmal abwarten will, diskreditiert sich aus unserer Sicht selbst.

(Beifall SPD und Flemming Meyer [SSW] - Zuruf SPD: Ja!)

Ich bin fest davon überzeugt, dass diese Pläne der Landesregierung alle Mieterinnen und Mieter im Lande aufhorchen lassen müssten.

Die 2015 eingeführte Mietpreisbremse hat unter anderem deshalb nicht zu der erhofften Wirkung geführt, weil Mieterinnen und Mieter nicht beurteilen konnten, ob die vom Vermieter verlangte Miete angemessen und den Vorgaben der Mietpreisbremse entsprechend war. Das ist jetzt anders; das hat der Bund uns nun deutlich vorgelegt. Als Rechtsfolgen sind Geldbußen und Schadensersatzansprüche vorgesehen.

Übrigens betreffen beide Verordnungen, lieber Herr Innenminister, derzeit zwar nur 12 von 1.106 Orten in Schleswig-Holstein, aber immerhin 14 % der Einwohnerinnen und Einwohner unseres Landes.

(Beifall SPD - Zuruf Beate Raudies [SPD])

Das ist in Ballungsräumen in Hamburg, Kiel und auf den Nordfriesischen Inseln der Fall.

(Zuruf Lukas Kilian [CDU])

Wenn Sie behaupten, dass das nur ein ganz kleiner, winziger Teil der Bevölkerung ist, muss ich dem deutlich widersprechen, weil wir von etwa 410.000 Menschen in ganz Schleswig-Holstein sprechen. Das ist kein unbedeutender Teil.

(Beifall SPD - Zuruf Dr. Kai Dolgner [SPD])

Nach Meinung von Innenminister Hans-Joachim Grote hemmt die Mietpreisbremse Investitionen. Deshalb soll sie durch ein neues Bündel von Maßnahmen ersetzt werden. Das Ganze liegt mal eben schnell als Alternativantrag auf dem Tisch.

Selbstverständlich sperren wir uns nicht gegen sinnvolle Vorschläge, die zur Dämpfung der Mietsteigerung in Schleswig-Holstein führen. Es ist aber nicht nachvollziehbar, warum deshalb die Mietpreisbremse und die Kappungsgrenzenverordnung abgeschafft werden sollten. Das eine und das andere gehen doch zusammen, oder?

(Vereinzelter Beifall SPD)