Protocol of the Session on February 14, 2019

- Ja, ich kann dazu aber nicht länger ausführen, es sei denn -

(Heiterkeit)

Dritter Punkt: Wie ist mit Zahlungsverzügen, zum Beispiel bei Krankenkassen, umzugehen? Auch das scheint ein größeres Problem zu werden. Hierzu ist ein Vorschlag gemacht worden, über den man sicherlich diskutieren kann.

Vierter Punkt: Wichtig ist die Botschaft, dass soziale Probleme möglichst rasch erkannt und angegangen werden; denn je länger es dauert und je komplexer es wird, desto schwieriger ist die Lösung, wenn ein Problem zum anderen kommt.

Fünfter Punkt: Kitas. Wir haben gestern mit der Kita-Datenbank und weiteren Beschlüssen etwas auf den Weg gebracht.

Mir ist besonders aufgefallen - ein Nachtrag zu der Debatte von heute Morgen -, dass die Bürgerbeauftragte in ihren grundsätzlichen Ausführungen fordert, die gesetzliche Rente wirkungsvoll zu stärken. Dazu kann ich nur sagen: Das ist genau der richtige Weg.

(Beifall CDU und FDP)

Herr Kollege, die Redezeit beträgt 5 Minuten. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie jetzt zum letzten Satz kämen.

Der letzte Punkt ist, dass wir uns weiter um die Erwerbsminderungsrente kümmern sollten.

Frau Präsidentin, ich bedanke mich für Ihre Nachsicht. - Bei Ihnen allen bedanke ich mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Werner Kalinka)

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und Martin Habersaat [SPD])

Für die SPD-Fraktion hat die Abgeordnete Birte Pauls das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Im November haben wir die Institution „Bürgerbeauftragte für soziale Angelegenheiten“ für ihre 30-jährige Tätigkeit gefeiert. Ich finde, es war eine sehr kluge Entscheidung des damaligen Ministerpräsidenten Björn Engholm, diese Institution ins Leben zu rufen. Hätten wir sie nicht, müssten wir sie erfinden.

(Beifall SPD und FDP)

Warum? Leider ist es immer noch so, dass Bürgerinnen und Bürger ihren Rechten hinterherlaufen müssen. Positive Bescheide ergehen oft erst im Widerspruchsverfahren oder nach Intervention der Bürgerbeauftragten.

Frau Samiah El Samadoni ist eine echte Anwältin für die Menschen und arbeitet mit ihrem Team gemeinsam für Bürgerinnen und Bürger. Sie hilft schnell und flexibel - und vor allem vollkommen unabhängig. Sie setzt somit Bürgerrechte durch. Das tut sie mit einer sehr kompetenten, deutlichen, klaren, aufrichtigen, unabhängigen, aber immer freundlichen Haltung. Die SPD dankt ihr, aber auch dem ganzen Team für diese wunderbare Arbeit. Herzlichen Dank dafür!

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

Aber eigentlich ist es nicht gut, dass wir sie brauchen. Ich will kein Behördenbashing betreiben, ganz und gar nicht. Sehr viele Mitarbeitende in den Behörden versuchen, das Beste für ihre Klienten zu erzielen. Das ist nicht immer einfach; Kollege Kalinka hat es soeben ausgeführt. Behörden arbeiten zwar in engen Korridoren; trotzdem werden Bemessungs- und Handlungsspielräume oft leider nicht zum Wohle von Bürgerinnen und Bürgern genutzt.

Dem vorliegenden Bericht können wir entnehmen, dass sich im Jahr 2017 3.473 Menschen hilfesuchend an die Bürgerbeauftragte gewandt haben 150 Menschen mehr als im Jahr zuvor. Es sind Menschen, die sich nicht nur ungerecht behandelt gefühlt haben; der größte Teil von ihnen ist tatsächlich ungerecht behandelt worden. Hinter jeder Zahl steckt ein Mensch, steckt eine Familie mit einem

Schicksal in oft schwieriger, belastender Situation. Diese Menschen brauchen Hilfe, Unterstützung, Beratung über ihre Rechte und Möglichkeiten.

Was sie nicht brauchen, ist ein Behördenkrieg, der oft auf unterschiedlicher Augenhöhe stattfindet. Es kann doch nicht sein, dass ein chronisch krankes Kind nicht auf eine Klassenfahrt mitfahren darf, weil sich die Krankenkasse und der zuständige Kreis nicht auf die Zuständigkeit einigen können.

(Beifall SPD und Dr. Marret Bohn [BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN])

Ein Jobcenter verweigert einer neunköpfigen Familie, die endlich - endlich! - angemessenen Wohnraum gefunden hat, die Anmietung, weil der Mietvertrag angeblich die Rechte der Familie eingrenzen würde. Diese war aber froh, endlich etwas gefunden zu haben.

Ein Geschwisterkinderwagen wird nicht genehmigt mit der Begründung, das - Achtung! - einjährige Geschwisterkind müsse eben alle Wege laufen können.

(Heiterkeit Martin Habersaat [SPD])

- Da spricht der junge Vater. Er weiß, wovon er redet.

Eine falsche Bemessungsgrundlage für Krankenkassenbeiträge hätte eine Heilpraktikerin beinahe in den finanziellen Ruin getrieben.

Ein schwerkranker Schmerzpatient bekommt fünf Wochen lang keine notwendigen und lindernden Medikamente, weil sich irgendeine Frist verändert hat.

Das waren nur einige Beispiele aus diesem ansehnlichen Bericht.

Überhaupt ist das Schwarzer-Peter-Spiel, wer welche Kosten trägt, ein immer wiederkehrendes Phänomen, von dem ich denke, dass es einem bürgerfreundlichen, modernen Sozialstaat nicht entspricht. Es ist Aufgabe der Behörden, zu einer bürgerorientierten Lösung zu kommen; da sind wir in Teilen leider noch eine echte Servicewüste. Menschen müssen viel zu oft ihren Rechten hinterherlaufen. Restriktive Entscheidungen, die bei Widerspruch nicht standhalten, können das Gefühl von Obrigkeit - die da oben, wir da unten - produzieren, und das ist nicht gut. Wenn Bescheide dann noch von vielen Menschen nicht verstanden werden, ist das Vertrauen in den Sozialstaat gefährdet, und das, meine Damen und Herren, ist politischer Sprengstoff.

(Werner Kalinka)

Die SPD hat daher eine Anregung der Bürgerbeauftragten bereits aufgenommen. Neben unseren - wie ich finde, ausgesprochen guten - Ideen für einen modernen Sozialstaat wollen wir, dass die Verwaltung ihre gesetzliche Informations- und Beratungspflicht in Zukunft bürgerfreundlicher und in verständlicher Sprache umsetzt.

(Beifall SPD und Jette Waldinger-Thiering [SSW])

Die Stellungnahmen aus der schriftlichen Anhörung liegen uns ja bereits vor und bestätigen allesamt unsere Haltung.

Ich freue mich sehr, Herr Kalinka, dass jetzt von Ihnen das Signal kommt - entgegen der Haltung Ihrer Kollegen im Sozialausschuss im ersten Moment -, einer mündlichen Anhörung doch zuzustimmen.

Ich sehe hier auch das Land in der Pflicht, mit gutem Beispiel voranzugehen. Einen Flyer von Auszubildenden entwerfen zu lassen? Ich weiß nicht, ob das der große Wurf ist. Aber das ist vielleicht eine andere Sache.

Wir bedanken uns nochmals herzlich für den Bericht, aber auch für die politischen Lösungsansätze, die immer mitgeliefert werden; das ist, finde ich, keine Selbstverständlichkeit.

Wie gesagt, es ist gut, dass wir die Institution Bürgerbeauftragte für soziale Angelegenheiten haben. Aber eigentlich ist es nicht gut, dass wir sie brauchen. - Vielen Dank.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Jette Waldinger-Thiering [SSW])

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat die Abgeordnete Dr. Marret Bohn das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist wieder soweit: Der Bericht unserer Bürgerbeauftragten liegt vor. Ich freue mich darüber sehr. Auch im Namen meiner Fraktion ganz herzlichen Dank, liebe Samiah El Samadoni, an Sie und Ihr Team für den vorliegenden Bericht!

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und FDP)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, dieser Bericht ist nicht irgendetwas. Auf 100 Seiten wird mit viel Engagement, viel Empathie und viel Kompetenz genau dargelegt, welche Sorgen und Nöte Menschen in Schleswig-Holstein haben, die sich gesetzeskon

form verhalten, alles richtig machen, aber irgendwann mit einer Behörde aneinandergeraten und denken: Ich verstehe die Welt nicht mehr! Was passiert denn hier gerade? - Deswegen ist es wichtig, dass wir eine Anlaufstelle haben.

Ich teile das, was die Kolleginnen und Kollegen gesagt haben: Es wäre noch besser, wenn es weniger Menschen wären, die sich dort hinwendeten. Aber es ist gut und richtig, dass wir eine Anlaufstelle haben, damit die Menschen nicht verzweifeln. Sie werden dort beraten und erhalten Unterstützung. Es ist wichtig, dass sie ihre Rechte auch durchsetzen können. Das ist ein Aspekt, der mir sehr wichtig ist: Die Menschen haben diese Rechte. Manchmal sind die Gesetze allerdings auch so formuliert, dass selbst die besten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Behörden Probleme damit haben.

Deshalb finde ich es gut, wenn versucht wird, im guten Sinne - zum Beispiel im Rahmen einer Mediation, bevor es vor ein Sozialgericht geht - eine Lösung für die Menschen zu finden. Das machen Sie hervorragend. Ich finde das klasse. Ich bedanke mich ganz herzlich dafür.

Zu den Beispielen, die die Kollegin Birte Pauls gerade vorgetragen hat, möchte ich Folgendes sagen: Was löst es bei einem kleinen Kind aus, wenn sich alle anderen Kinder auf die Klassenfahrt freuen können, sich überlegen, was sie mitnehmen, sich überlegen, wie schön es wird, wie schön man an den Strand kann? Die Eltern des Kindes, das vielleicht nicht mitfahren kann, sind nicht damit beschäftigt, das Kind zu unterstützen, indem sie zum Beispiel sagen: „Ja, da waren wir auch einmal. Dahin haben wir bereits einmal einen Ausflug gemacht!“, sondern sind damit beschäftigt sind, erst einmal dafür zu sorgen, dass ihr Kind mitfahren kann. Was löst es in dieser Familie aus? Was macht das mit diesem Kind?

Deswegen finde ich es richtig, dass wir mit der Bürgerbeauftragten jemanden haben, der sich um solche Fälle kümmert, dass auch dieses Kind mitfahren kann. Teilhabe ist nicht nur etwas für die sozialpolitischen Reden am Sonntagvormittag und -nachmittag, sondern Teilhabe muss auch dann umgesetzt werden, wenn es einmal schwierig wird. Ich finde es richtig, dass das hier umgesetzt worden ist und das betreffende Kind mit auf Klassenfahrt konnte.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist ein schönes Ritual: Alle Fraktionen bedanken sich bei der Bürgerbeauftragten. Dann gehen wir in die Aus