Protocol of the Session on January 25, 2019

Klar muss auch sein: Wir haben keinen Planeten B. Boden und Fläche sind endliche Ressourcen, die nicht vermehrbar sind. Deshalb ist es wichtig, dass wir Konzepte entwickeln. Deshalb ist es auch wichtig, dass wir einen Prüfauftrag auf den Weg bringen, um einmal ressortübergreifend aus den jeweiligen Perspektiven aufzuschreiben, wie der Status ist und welche Lösungsansätze es gibt.

Zur Frage Innenentwicklung vor Außenentwicklung: Ja, es ist wohlfeil gesagt. Aber wir wissen, dass wir im Zuge des Klimawechsels in manchen Situationen, insbesondere in Städten, Grünzüge brauchen. Das ist ein ganz winziger Aspekt von dem, worüber wir hier diskutieren. So einfach ist es eben nicht. Da haben Sie völlig Recht. Da gebe ich Ihnen völlig Recht.

(Zuruf SPD)

- Ich unterstütze das. Ich bestätige das. Das ist genau der Punkt. Es ist nicht so einfach, wie man das gemeinhin denken könnte, die grüne Wiese zu schützen, indem wir innen immer mehr verdichten. Das hat seine Endlichkeit. Deshalb finde ich es wichtig, dass wir diesen Prüfauftrag geben, um über den Tellerrand hinauszuschauen, um zu schauen, welche neuen technischen Möglichkeiten es gibt, aber auch, welche vielleicht intelligentere Planungen wir machen können, damit wir in der Tat am

Ende weniger Fläche versiegeln. Das genau ist der Punkt.

(Vereinzelter Beifall CDU und Beifall Bernd Voß [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Ich glaube auch nicht, dass es einfach wird. Ich bin weit entfernt davon, zu glauben, dass wir uns, falls wir Maßnahmenkataloge entwickeln, hier im Haus einigen können. Das meine ich faktionsübergreifend und nicht nur im Rahmen von Jamaika. Das ist nämlich keineswegs trivial.

Wir müssen uns darüber hinaus um Altlasten kümmern. Das ist auch gesagt worden. Man muss auch Steuerungsinstrumente neu anschauen. In Bayern gibt es Ideen dazu, wie ich weiß. Gerade ist schon über die Frage gesprochen worden - ich sehe, ich muss aufhören; ich bitte, diesen letzten Satz noch sagen zu dürfen -, wie man Kommunen in ihrer Planung dazu bekommt, die grüne Wiese zu verschonen. Auch das könnte man zum Beispiel mit einem Instrument, das zunächst einmal gar nicht mit Flächenplanung zu tun hat, aber mit Finanzen, tun, indem man etwa über den kommunalen Finanzausgleich Anreize schafft. Diese Dinge zusammenzubinden, ist die große Aufgabe.

Frau Kollegin!

Es wäre schön, wenn wir diesen Weg erst einmal gemeinsam gingen und dann darüber stritten, welches die besten Maßnahmen sind. - Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP)

Vielen Dank. - Das Wort für die FDP-Fraktion hat der Abgeordnete Dennys Bornhöft.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Boden, Erde oder Grundfläche sind rare Ressourcen, rar, weil man außerhalb von Landgewinnungen an den Küsten kaum Boden mehren kann. Darüber hinaus ist Boden nur begrenzt belastbar. Die Oberfläche hat mehrere, enorm wichtige biologische Funktionen. Der Boden sichert Ernährung, er nimmt Wasser auf, er speichert es, er filtert Verunreinigungen. Er ist vielfältiger Lebensraum sowohl für Flora als auch für Fauna, und Boden beeinflusst auch positiv das Klima. Ferner beherbergt die Ressource Boden selbst noch weitere Ressour

(Marlies Fritzen)

cen. Spätestens bei Starkregenereignissen wird jedem - auch in der Stadt - klar, wie wichtig offene Flächen sind und welche Konsequenzen versiegelte Flächen selbst bei guter Dränage haben:

(Beifall FDP)

Überflutungen, unter Wasser stehende Keller und Tiefgaragen sowie hochgehende Gullydeckel, wie man das in der Kieler Legienstraße häufiger sehen kann. Zwischen wirtschaftlicher Entwicklung, Modernisierung der Infrastruktur und ökologischer Ausgleichsfunktion muss es einen sachgerechten Interessenausgleich geben. Genau dieser Ausgleich zwischen Ökonomie und Ökologie ist es, den wir mit dieser Vorlage erreichen wollen.

(Beifall FDP)

Seit Ende der 90er-Jahre arbeitet das Land mit einem Bodenschutzprogramm, welches wir mit den drei folgenden Tätigkeitsfeldern fortschreiben wollen: Abbau von Altlasten, vorsorgender Bodenschutz und Reduzierung der Inanspruchnahme von Flächen. Mit der Fortschreibung wollen wir die unterschiedlichen Nutzungsansprüche berücksichtigen, sowohl von Menschen als auch Natur. Diverse Maßnahmen, die wir für den Klimaschutz dringend brauchen - das hat Frau Fritzen gerade schon erwähnt -, wie zum Beispiel weitere Windkraftanlagen oder insbesondere der Ausbau von Stromnetzen oder Energiespeicher, nehmen Boden beziehungsweise Flächen in Anspruch.

Wiederkehrend laufen wir hier in Zielkonflikte. So werden wir auch zukünftig Flächen für den Verkehrsausbau und für die Gewerbe- oder Industrieansiedlung dringend benötigen. Eine ämterübergreifende Flächenentwicklung reduziert etwaiges Inseldenken einzelner Kommunen und sorgt dafür, dass der Zuwachs an versiegelten Flächen geringer ausfallen kann.

Die Wohnungsknappheit, die wir beispielsweise in einigen Ballungsräumen, wie den kreisfreien Städten oder am Hamburger Rand, haben, sollten wir in erster Linie über das Recycling bestehender Flächen beheben. Das heißt zum Beispiel: Aufstocken um weitere Etagen, Ausbau von Dachstühlen oder Abriss von Industriebrachen und Ähnliches.

(Zuruf Beate Raudies [SPD])

- Genau, Frau Raudies. - Sand und Kies sind eine enorm wichtige Ressource für die Bauwirtschaft, unter anderem für die Betonherstellung. Da Wüstensand aufgrund seiner Beschaffenheit leider immer noch nicht für den Betonbau nutzbar ist, sind wir weiterhin auf Kiesabbau in Deutschland ange

wiesen. Das ist bei der Landesplanung entsprechend zu berücksichtigen.

Warum hebe ich diese Punkte so hervor? In einer funktionierenden sozialen Marktwirtschaft wird volkswirtschaftlicher Erfolg dauerhaft benötigt, vor allem auch, um soziale Leistungen zu sichern.

(Beifall FDP und vereinzelt CDU)

Ein Nullwachstum lehnen wir als Freie Demokraten ab.

(Beifall FDP)

Die Idee, dass ein Hektar nur dann neu genutzt werden kann, wenn am anderen Ende eins zu eins ein Hektar entsiegelt wird, sehen wir kritisch; denn das käme faktisch einem Infrastrukturmoratorium gleich und nähme uns Zukunftschancen in unserem Land und für die Menschen.

(Beifall FDP - Zuruf Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

- Nein, Frau von Kalben, im Koalitionsvertrag steht es nicht drin. Es steht momentan im Entwurf des Landesentwicklungsplans.

Eine statische Obergrenze ist das, worüber wir weiter diskutieren müssen. Die Flächennutzung muss mit Maß und natürlich reduziert erfolgen. Was die Nachverdichtung und das Brachflächenrecycling angeht, so kennt jeder sicherlich irgendeine Gemeinde, in dem im Innen- oder im Außenbereich alte ungenutzte Höfe stehen. Industriebrachen haben wir auch. Die sollten wir zuerst angehen; denn wir müssen dauerhaft in der Lage sein, Stromleitungen zu ziehen, Mehrfamilienhäuser zu bauen, Schienen zu legen und andere Verkehrswege zu schaffen.

(Beifall FDP)

Generationengerechtigkeit heißt, unseren Kindern und Enkeln eine intakte Umwelt zu übergeben. Generationengerechtigkeit heißt aber auch, ihnen eine funktionierende Infrastruktur und Wohnraum zu bieten.

(Beifall FDP)

Das eröffnet Chancen und ist wesentlich für ein selbstbestimmtes Leben. Das ist das, was wir zueinander bringen müssen. Über die Quadratur des Kreises - das ist das, Frau Fritzen, was Sie schon angesprochen haben - müssen wir weiter reden. Es geht ja darum, dass wir diese beiden Dimensionen zueinander bringen müssen.

(Beifall FDP)

(Dennys Bornhöft)

Ein Aspekt allein, weder der wirtschaftliche noch der Umweltaspekt, wird es sein können. Wir müssen das miteinander in Einklang bringen.

Zu Altlasten wurde schon etwas gesagt. Da sind wir an Land auch nicht schlecht davor. Deutlich mehr Sorgen machen mir die Altlasten, gerade aus dem Zweiten Weltkrieg, auf dem Meeresgrund. Dort gibt es noch einiges zu beheben.

Ich freue mich auf die weitere Diskussion und die Ideenfindung, bei der es darum geht, wie wir das im Koalitionsvertrag festgelegte Ziel der sparsamen Inanspruchnahme des Bodens und der deutlichen Senkung des Flächenverbrauchs - darauf haben wir uns im Koalitionsvertrag geeinigt - unter Berücksichtigung der genannten unterschiedlichen Nutzungsansprüche in diesem Land erreichen können. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall FDP und CDU)

Das Wort für die AfD-Fraktion hat der Abgeordnete Jörg Nobis.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Gäste!

(Unruhe)

Entschuldigen Sie, Herr Nobis; warten Sie mal kurz. - Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, es ist jetzt schon bei einigen Rednerinnen und Rednern in letzter Zeit vorgekommen, dass der Geräuschpegel deutlich angestiegen ist. Das mag am Freitagnachmittag liegen, aber jetzt hat der Abgeordnete Nobis das Wort.

Danke. - Kaum kündigt die Landesregierung an, dass ganz Schleswig-Holstein ein weiteres Jahr auf die wirklich dringend benötigte Regionalplanung warten muss, sitzen wir hier zusammen und beraten über die Erneuerung des Landesprogramms Flächenplanung und Bodenschutz. Es ist doch eine Binsenweisheit, dass Versiegelungen des Bodens am besten vermieden werden können, wenn Bauflächen für Siedlungen und auch Gewerbeflächen mit Bedacht ausgewiesen werden. Der Wildwuchs von Windrädern in den 90er-Jahren hat uns eindrucksvoll vor Augen geführt, wie sich die Landschaft ohne eine bestehende Raumordnungsplanung entwickelt.

Ohne Regionalplanung aber lässt die Landesregierung die Städte und Kommunen im Ungewissen. Der Reformstau der sich gegenseitig blockierenden Jamaika-Koalitionäre bringt unser Land an den Rand des Stillstands. Auch unsere Böden bedürfen dringend nicht nur einer fortgeschriebenen Planung, nein, sie verlangen geradezu auch nach einer Umsetzung der Programminhalte.

Die Verabschiedung des Bodenschutzprogramms in Schleswig-Holstein ist lange her. Dennoch war im Jahre 1993 schon bekannt, dass bei einer Verdichtung von Böden, insbesondere bei landwirtschaftlichen Nutzflächen, eine weniger intensive Bewirtschaftung mit möglichst leichtem Bearbeitungsgerät zu erfolgen habe. In der Zwischenzeit hat dann auch noch die mittlerweile grandios gescheiterte Energiewende ihre Spuren hinterlassen. Die Energiewende wird ja eher selten mit Böden in Verbindung gebracht. Aber es ist eben auch der intensive Anbau von Mais, der die Grünlandflächen in Schleswig-Holstein verdrängt hat und in der Konsequenz die Böden weiter verdichtet.

Was nutzt also die Fortschreibung des Bodenschutzprogramms, wenn Jamaika nicht nach den eigenen Vorsätzen lebt? Das Programm, meine Damen und Herren, wäre das Papier nämlich nicht wert, auf dem es geschrieben steht.

(Marlies Fritzen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: So wie Ihre Rede!)