Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. - Das Wort für die Landesregierung erhält die Ministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur, Karin Prien.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich gleich zu Anfang eine Bemerkung zum Anlass für diese Reformdebatte ma
chen: Natürlich war es der Koalitionsvertrag, aber darüber hinaus sicherlich auch der Umstand, dass gleich zu Anfang meiner Amtszeit viele Schulleiter auf mich zugekommen sind und den dringlichen Wunsch geäußert haben, über die Profiloberstufe und deren Neujustierung nicht nur zu sprechen das hatten sie schon seit einigen Jahren getan -, sondern auch in eine Umsetzung zu gelangen. Schulleitungen sind ja eher zurückhaltend, wenn es darum geht, Reformvorhaben von neuen Regierungen ins Leben zu rufen. An dieser Stelle war es tatsächlich so, dass der Impuls auch sehr stark aus den Schulen selbst - von Schulleitungen, von Lehrkräften, von Eltern - gekommen ist. Insofern freue ich mich darüber, dass es gelungen ist, diesen Prozess relativ schnell auf den Weg zu bringen. Seit September - es ist erwähnt worden - sind wir in diesem Diskussionsprozess in einer Vielzahl von Formaten im Land unterwegs.
Ich selbst spreche nicht von „Reform“, sondern von „Neujustierung“. In der Zeitung standen auch schon andere Dinge, zum Beispiel: „Prien will zu den Leistungskursen zurück“. Sie wissen, ich rede sehr gern von Leistung, immer wieder. Aber ich glaube, in dieser Debatte kommt es weniger auf das Etikett an, sondern darauf an, was am Ende, nach der Neujustierung, drin ist.
In diesem Sinne bin ich auch sehr froh - unabhängig davon, wie ich die einzelnen heute vorgetragenen Reformvorschläge bewerte -, dass wir diesen Prozess nicht nur mit den Beteiligten draußen im Land führen, sondern auch hier im Parlament. Ich glaube, das wird der Qualität der Neujustierung am Ende wirklich guttun.
Ich will ein paar Bemerkungen dazu machen, wohin der Weg geht. Meine Damen und Herren, Sie wissen, dass der Bildungsföderalismus im Augenblick durchaus unter Druck steht. Die Menschen haben immer weniger Verständnis dafür, dass Transparenz und Vergleichbarkeit von Ausbildungsgängen und Abschlüssen nicht immer so gegeben sind, wie sie sich das wünschen. Wir stehen also unter Druck - nicht zuletzt wegen der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Vergleichbarkeit der Abiturnoten.
Da ist es dann eben doch so, Herr Habersaat, dass es darauf ankommt, bei den Prüfungen eine Vergleichbarkeit zu gewährleisten. Deshalb kann man nicht einfach sagen, man könne das nach zwei Jahren oder nach vier Jahren machen. So einfach wird das nicht gehen. Das wäre mit den KMK-Vorgaben nicht vereinbar. Es wäre im Übrigen auch nicht vereinbar mit den Erwartungen der Eltern, die von ei
nem Bundesland in ein anderes umziehen müssen; das soll ja heutzutage aufgrund der Mobilitätsanforderungen in unserer Gesellschaft häufiger vorkommen. Insofern müssen wir bei allen Überlegungen zur Oberstufenreform darauf achten, dass wir dem Anspruch an eine stärkere Vergleichbarkeit der Ausbildungsgänge, aber auch der Abiturnoten tatsächlich gerecht werden.
Diese Bemerkung erlauben Sie mir an dieser Stelle: Es hat schon Gründe, warum das Abitur im eigenen Tempo auch von SPD-geführten Landesregierungen an keiner Stelle in der Republik so angeboten wird. Mir sind aus anderen Ländern keine Reformbemühungen bekannt - auch nicht aus SPD-geführten -, die in diese Richtung gehen. Im Gegenteil! Es ist gut so - das will ich an dieser Stelle ausdrücklich sagen -, dass sich die Länder insoweit im Sinne eines kooperativeren Föderalismus aufeinander zubewegen, damit die Bedingungen sowohl für die Ausbildungsgänge als auch für die Abiturprüfungen näher aneinanderrücken. Das ist auch der Anspruch an diese Reform.
Was müssen wir ändern, um Anspruch und Wirklichkeit besser in Übereinstimmung zu bringen? Die große Linie ist in vielen Gesprächen deutlich geworden. Es wird bei der Ausgestaltung der Oberstufe vor allem darum gehen, Schülerinnen und Schülern mehr Möglichkeiten zur Vertiefung zu geben, und zwar sowohl in den Kernfächern als auch im Profilfach, das heißt im Neigungsfach. Was das Profilfach und die sonstigen Fächer auf erhöhtem Niveau angeht: Ja, da werden wir uns den Leistungskursen sicherlich annähern, unabhängig davon, ob wir sie am Ende so nennen werden. Trotzdem wollen wir dabei bleiben, die Kernfächer Deutsch, Mathematik und eine Fremdsprache stark zu halten. Diesen Anspruch hat die KMK nach wie vor.
Wir müssen uns auch weiterhin Gedanken darüber machen, wie wir das fächerübergreifende, das interdisziplinäre Arbeiten besser gestalten können. Für Anregungen bin ich dankbar. Unter dem vielen, was im Bundesgebiet ausprobiert wird, sind gute Ansätze.
Wichtig ist mir, noch einmal darauf hinzuweisen, dass wir in Schleswig-Holstein schon heute eine dreijährige Oberstufe haben. Auch in G 8 haben wir eine dreijährige, keine zweijährige Oberstufe. Wir werden in Zukunft mit der Rückkehr zu G 9 in der
dreijährigen Oberstufe deutlich mehr Möglichkeiten haben, auch und insbesondere für Auslandsaufenthalte - sicherlich ein positiver Nebeneffekt, den G 9 mit sich bringen wird.
Hinauslaufen wird es aus meiner Sicht auf eine Vertiefungsmöglichkeit im fünfstündigen Unterricht auf erhöhtem Niveau. In wie vielen Kernfächern wir das am Ende machen werden, ist eine Frage, über die wir miteinander intensiv diskutieren müssen.
Wenn ich zusammenfassen müsste, worum es bei dieser Reform geht, dann würde ich sagen: Es geht letztlich darum, das Beste aus den Reformen der Oberstufe in den letzten 40 Jahren herauszufiltern und genau zu schauen, was sich bewährt hat und was sich nicht bewährt hat. Das ist kein Schnellschuss. Wir reagieren jetzt nicht auf die PISA-Studie oder ähnliche Dinge, sondern wir prüfen wirklich: Was hat sich bewährt? Was hat sich nicht bewährt? Wie können wir eine Synthese der Reformen der letzten 40 Jahre schaffen? - Das ist unser Anspruch, neben der Vergleichbarkeit mit den Prüfungen beziehungsweise deren Ausgestaltung in den anderen Bundesländern.
Wie geht es weiter? Es ist bereits erwähnt worden: Wir werden uns morgen, nach monatelanger intensiver Diskussion, zu einer großen Fachtagung treffen. Wir haben über 180 Anmeldungen aus dem Land; ich finde, das ist für einen Samstag, an dem man sich auch etwas anderes vorstellen könnte, eine sehr positive Anmeldelage.
Wir werden uns übrigens in einigen Input-Vorträgen auch noch einmal mit der Geschichte der Oberstufenreformen in unserem Land beschäftigen, um die Frage, was sich bewährt hat, auch aus wissenschaftlicher Sicht, aus der Sicht der Bildungsforschung zu betrachten.
Die Idee ist, dass wir in den nächsten Wochen die Gespräche der letzten Monate, unsere Beratungen hier im Haus und den Tag morgen auswerten, sodass wir im Frühjahr zu einem Entwurf der neuen Oberstufenverordnung kommen können. Diese könnte dann im Sommer in Kraft treten, aber erst mit Wirkung zum darauffolgenden Schuljahr, also zum Schuljahr 2021.
Ich freue mich darauf, mit Ihnen im Ausschuss im Detail über die Ausgestaltung sprechen zu können, und bedanke mich für diese schöne, intensive bildungspolitische Debatte zum Schluss. - Vielen Dank.
Die Ministerin hat die vorgesehene Redezeit um 2 Minuten 30 Sekunden erweitert. Gibt es eine Fraktion, die von der Erweiterungsoption Gebrauch machen möchte? - Gern. Ich erteile das Wort dem Abgeordneten Martin Habersaat für die SPD-Fraktion.
Auch ich fand die Debatte gut. Dass sie stattgefunden hat, ist ja einzig und allein diesem Antrag zu verdanken; sonst hätten wir das Thema nicht im Landtag gehabt.
An mir nagt, ehrlich gesagt, noch ein Vorwurf der AfD: Die SPD wolle, dass viele Leute Abitur machen. Ich verstehe überhaupt nicht, wie das ein Vorwurf sein kann. Natürlich kann man ohne Abitur ein glücklicher, zufriedener, erfolgreicher, guter Mensch sein.
Aber natürlich ist es ein naheliegender Gedanke, möglichst vielen jungen Menschen möglichst viel Bildung zuteilwerden zu lassen.
Ich will Ihnen ganz ehrlich sagen: Ich habe an einem Gymnasium unterrichtet. Mein Ziel war es, möglichst alle meine Schülerinnen und Schüler bis zum Abitur zu bringen. Natürlich! Nicht indem ich die Hürden senke, sondern indem ich den jungen Leuten die Möglichkeiten eröffne, ihre Potenziale auszuschöpfen. Ich verstehe nicht, wie man das diffamieren kann.
zu überweisen. Wer so beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! Damit ist das einstimmig so beschlossen.
Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Ich sehe, das ist nicht der Fall. Eine Aussprache ist nicht vorgesehen.
Ich schlage vor, den Antrag Drucksache 19/1157 sowie den Alternativantrag Drucksache 19/1197 an den Sozialausschuss zu überweisen. Wer so beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Das ist damit einstimmig so beschlossen.
Stellungnahme in dem Verfahren vor dem Landesverfassungsgericht betreffend die Teilablehnung der Volksinitiative zum Schutz des Wassers (Verbot von Fracking) wegen Unzulässigkeit AZ: LVerfG 2/18