Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Zeitpunkt Freitagnachmittag ist nicht so richtig günstig, der Zeitpunkt Jahresbeginn 2019 insgesamt dagegen schon. Es ist ein günstiger Zeitpunkt, um über die Neugestaltung der Oberstufe in Schleswig-Holstein zu sprechen, weil seit einiger Zeit der doppelte Abiturjahrgang unsere Schulen verlassen hat, weil G 9 wieder eingeführt worden ist, aber noch nicht bis zur Oberstufe hochgelaufen ist und weil es, wie wir alle erkannt haben, Verbesserungsmöglichkeiten an unseren Profiloberstufen gibt.
Das Bildungsministerium hat nun ein Diskussionspapier vorgelegt. Die heutige Debatte und die künftigen Diskussion werden zeigen, ob zeitgleich mit diesem Diskussionspapier auch schon die dazugehörigen Verordnungen und Erlasse geschrieben worden sind oder ob es tatsächlich eine offene Diskussion ist. Wir wollen diese Diskussion tatsächlich öffnen. Wir wollen möglicherweise auch Wasser ins Schwimmbad tragen. Das wollen wir in dem Sinne tun, dass wir ein bisschen mehr als nur den Nichtschwimmerbereich fluten, Herr Loose.
Das wäre übrigens auch eine gute Möglichkeit, über die Neuordnung in der Mittelstufe zu sprechen, die ja durch die Rückkehr zu G 9 wieder
mehr Zeit bekommt. Aber das nur am Rande. Heute geht es uns darum, dass wir hier im Landtag einmal über die Oberstufe sprechen, damit das Ganze nicht am Landtag vorbei diskutiert wird.
Die SPD wünscht sich mehr Wahlmöglichkeiten für die Schülerinnen und Schüler. Wir wünschen uns mehr individuelle Schwerpunktsetzungen. Wir wünschen uns mehr Eigenverantwortung, und wir wünschen uns mehr Praktika, mehr Auslandsaufenthalte, mehr fächerübergreifenden Unterricht, mehr Welterfahrung in der Oberstufe. Ich habe schon wahrgenommen, dass die Begeisterung über unsere Vorschläge auf Regierungsseite nicht besonders groß ist. Aber ich will es noch einmal versuchen. Es ist auch mitnichten so, dass das irgendwelche abgehangenen GEW-Forderungen sind, wie ich gelesen habe.
Beispielsweise gibt es da die Evangelische Schule Berlin-Zentrum. Die erarbeiten seit einigen Jahren neue, alternative Modelle für die Arbeit in ihrer Oberstufe. Da gibt es sogenannte Pulsare. Das ist so etwas Ähnliches wie Projektwochen, von mehreren Lehrkräften begleitet, jahrgangsübergreifend, fächerübergreifend, von vielen Bildungswissenschaftlern hochgelobt. Da gibt es Lernexpeditionen, bei denen Schülerinnen und Schüler ein bestimmtes Vorhaben auswählen und dieses Vorhaben dann begleitet durch Tutoren umsetzen. Da gibt es in Klasse 11 das Projekt „Alle ins Ausland“. Was ist für die Persönlichkeitsentwicklung besser als eine längerfristige Erfahrung im Ausland? Da gibt es viele spannende Ansätze mehr, die sich lohnen, diskutiert zu werden.
Es gibt das Sportgymnasium in Potsdam. Das erprobt seit einigen Jahren für die KMK das sogenannte Additive Abitur. Das ist gar nicht so viel anders als das Abitur im eigenen Takt, über das ich auch schon Negatives gelesen habe. In BadenWürttemberg gibt es eine Reihe von Schulen, die mit den Füßen scharren, um das Abitur im eigenen Takt erproben zu dürfen. So abwegig ist der Gedanke auch gar nicht. Wer heute in G 9 die Klasse 11 überspringt, ist ein Jahr schneller. Wer den 13. Jahrgang wiederholt, macht ein Jahr mehr. Das ist nicht ganz weit vom eigenen Takt entfernt und schon durchaus möglich.
Die Deutsche Schulakademie - das sind die, die jährlich den Deutschen Schulpreis ausloben - hat zwei Innovationslabore eingerichtet. Das eine Innovationslabor befasst sich mit „G-Flex“, wie sie das nennen. Das ist so etwas Ähnliches wie das Abitur im eigenen Takt. Das andere Innovationslabor befasst sich mit Lernarrangements. Da geht es um sol
Spannend wird es, wenn man sich anguckt, wer denn zum Forum „Oberstufe neu gestalten“ eingeladen war und einen hervorragenden Vortrag zur Neugestaltung der Oberstufe gehalten hat. Das war Professor Dr. Anne Sliwka. Sie ist vielen von uns bekannt, weil Frau Prien sie zum Thema Bildungsbonus eingeladen hatte. Frau Prien, ich würde mir wünschen, dass Sie Frau Sliwka auch noch einmal zum Thema Oberstufe einladen. Sie hat faszinierende Ideen zur Neugestaltung derselben.
Wir haben in unseren Antrag auch Punkte der GEW aufgenommen; das ist richtig, allerdings auch Punkte der Philologen; denn wenn man schon diskutiert, dann durchaus einmal etwas breiter. Ich will mit einem Zitat schließen:
Das schreibt das Ministerium in seinem Papier zur Neuordnung der Oberstufe. Ich bin gespannt, wie ernst Sie das meinen. - Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kollegen! Aus unserer Sicht ist es der richtige Zeitpunkt, die Profiloberstufe auf den Prüfstand zu stellen und Veränderungen zu diskutieren. Ich möchte unterstreichen, dass ich den Weg der Einbindung von Schulleitungen, Lehrern, Eltern, Schülern und Verbänden bemerkenswert gut finde. Dafür möchte ich der Bildungsministerin Karin Prien herzlich danken. Das ist nicht selbstverständlich, und das hat es auch nicht immer so gegeben.
Das Ministerium hat bereits vor den Herbstferien ein Diskussionspapier veröffentlicht und mögliche Änderungen an der Oberstufenverordnung skizziert. Viele Gespräche wurden schon geführt, und am Wochenende folgt eine sehr große Informationsund Diskussionsveranstaltung. Ich glaube, das ist ein gutes Beispiel dafür, wie eine komplizierte Reform mit vielen Details - das ist wirklich kompliziert - in der Breite diskutiert werden kann und so hoffentlich am Ende Lösungen gefunden werden,
Für mich ist das Thema auch persönlich sehr spannend, weil ich seinerzeit über eine Oberstufenreform politisiert wurde und gesagt habe: Mensch, ich fange an, mich für Politik zu interessieren.
- Ja, so ist es gewesen. Damals ging es auch um die Frage des Kurssystems. Allerdings wurde das Kurssystem seinerzeit abgeschafft. Es ist eine gewisse Genugtuung festzustellen, dass wir jetzt eine Diskussion haben, bei der es eher wieder in Richtung Kurssystem geht. Ich weiß aber auch, dass meine Genugtuung nicht der Grund dafür ist, dass wir daran arbeiten.
Uns geht es darum, die Studierfähigkeit von Abiturienten von Gemeinschaftsschulen und Gymnasien zu verbessern, übrigens ein Vorhaben, das die Vorgängerregierung auch schon ins Auge gefasst hatte. Kern der Reform ist aus meiner Sicht die Differenzierung in den Kernfächern Mathematik, Deutsch und einer Fremdsprache in ein erhöhtes und grundlegendes Niveau. Zukünftig wird das erhöhte Niveau wahrscheinlich fünfstündig unterrichtet werden. Aus meiner Erfahrung heraus sind das am Ende wieder Leistungskurse, die wir einführen werden. Das ist eine gute Nachricht für unsere Oberstufen im Land.
Ich finde es richtig, dass wir dadurch eine stärkere Spezialisierung von Schülern zulassen. Wir haben da insbesondere mit den Hochschulen eine große Debatte. Gerade aus naturwissenschaftlichen Bereichen wird uns immer wieder rückgemeldet, dass die Mathematikkenntnisse der Schüler nicht ausreichend seien. Ich glaube schon, wenn es eine Lerngruppe auf erhöhtem Niveau und eine auf grundlegendem Niveau gibt, dann werden diejenigen, die sich für eine naturwissenschaftliche beziehungsweise mathematische Spezialisierung entscheiden, über diese Kurse besser auf ein Studium vorbereitet. Ich finde, das ist ein ganz wichtiger Aspekt und aus meiner Sicht eben auch ein Kern.
Ich freue mich sehr, dass wir auch das Thema Informatik in diesem Diskussionspapier wiederfinden. Wir haben bereits hier im Landtag darüber diskutiert. Wenn wir Informatik als Profilfach an den
Gymnasien und auch an den Gemeinschaftsschulen haben, dann ist dies am Ende auch ein Fingerzeig dahin gehend: Uns ist Informatik wichtig. Ich glaube, viele Studenten würden sich dann eher für ein Lehramt Informatik entscheiden, und das ist am Ende, wenn wir über die Digitalisierung sprechen, wichtig, um irgendwann einmal ein Fach Informatik zu etablieren. Das ist aus unserer Sicht ein wichtiger Punkt.
Eine Herausforderung der Reform wird sein, wie wir die neuen Wahlmöglichkeinen in der Fläche umsetzen. Das ist nämlich nicht ganz einfach. Gerade kleine Schulstandorte werden das nicht einfach können. Deshalb schlägt das Positionspapier Kooperationen zwischen Schulen und Zweiwegekurse vor. Ich war am Anfang äußerst skeptisch, was diese Vorschläge angeht, bin aber überzeugt, dass die Spezialisierungsmöglichkeiten so oder so eine Verbesserung der Studierfähigkeit mit sich bringen und dass das, was wir machen, besser ist als das, was wir vorher hatten. Es wird aber herausfordernd, diese Reform in der Fläche umzusetzen. Das ist heute schon klar.
Da sind wir dann bei den Vorschlägen der SPD. Ihre Forderungen zum Beispiel nach der Wiederholung von Kursen sind am Ende, wenn man dies durchdenkt, nur an großen Oberstufen zu realisieren. Das führt in der Konsequenz eigentlich dazu, dass wir irgendwann über Oberstufenzentren sprechen. Oft werden kleine Oberstufen, die es häufig an den Gemeinschaftsschulen gibt, nicht in der Lage sein, das, was Sie vorschlagen, umzusetzen. Da stellt sich schon die Frage: Sind Sie am Ende dafür, dass sich diese Oberstufen verändern, dass sie womöglich schließen oder anders zusammengelegt werden? Das muss dann in einem solchen Diskussionsprozess klar benannt werden. Die Forderung allein hilft nicht. Ich glaube, das ist ein schlechter Vorschlag, denn wir wollen ja gerade keine Schulstrukturreform, sondern allein an der Verbesserung der Profiloberstufe arbeiten. Das sollte uns bei unseren Überlegungen auch leiten.
Weiter schlagen Sie das Abitur im eigenen Takt vor, also dass Abiturklausuren sukzessive in unterschiedlichen Halbjahren abgelegt werden sollen. Einmal abgesehen davon, dass das nach KMK-Regelungen nicht möglich ist, ist das auch ein anderer Ansatz an ein Abitur, denn es geht aus unserer - aus meiner - Sicht nicht darum, irgendwann einmal irgendetwas zu wissen, sondern es ist auch Teil des Abiturs, viel Wissen zu einem bestimmten Zeitpunkt abrufbar zu haben. Das ist am Ende Qualität,
- Es geht nicht um Bulimielernen, es geht um eine Kompetenz, am Ende mit viel und auch mit unterschiedlichem Wissen umzugehen. Das ist am Ende des Studiums nachgefragt. Sie haben nichts davon, wenn ein Student im zweiten Semester feststellt, dass er einem Studium nicht gewachsen ist, und darauf müssen wir achten.
Meine Redezeit ist abgelaufen. Ich freue mich auf diesen Diskussionsprozess. Es wird ja auch eifrig diskutiert. Ich bin gespannt auf die Oberstufenverordnung. Auch diese geht noch einmal in eine Anhörung, und ich glaube, wir sind mit dieser Reform auf einem sehr guten Weg. Am Ende werden die Oberstufen davon profitieren. - Danke.
Lieber Kollege Tobias Loose, ich möchte mich entschuldigen, dass ich eben bei der Artikelwahl scheinbar nicht auf der richtigen Höhe war. Ich selbst habe es nicht gehört.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben es gehört. Der Diskussionsprozess zur Neuorganisation der Oberstufe läuft. Er läuft öffentlich seit dem 28. September 2018, als die Bildungsministerin ein Diskussionspapier veröffentlicht hat. Natürlich werden die Verordnungen nicht geschrieben, bevor der Diskussionsprozess zu Ende ist. Wir haben morgen eine Fachtagung dazu, auf die ich schon ganz gespannt bin.
Die Bildungsministerin setzt mit der Neujustierung der Oberstufe eine Vereinbarung aus unserem Koalitionsvertrag um. Dort haben wir verankert, dass wir prüfen wollen, wie wir wieder mehr Wahlfreiheit in der Oberstufe einführen können, um die fachlichen Vertiefungsmöglichkeiten der Schülerinnen und Schüler ihren Neigungen entsprechend zu stärken. Dies entspricht einem Wunsch der schuli
Ich habe dazu viele Gespräche geführt, um mit Lehrkräften, Schülerinnen und Schülern und Eltern zu diskutieren, wie sie sich die Neugestaltung vorstellen. Einig waren sich alle darin, dass die Fächer auf erhöhtem Niveau fünfstündig zu unterrichten sind und die auf grundlegendem Niveau dreistündig.
Eine breite Mehrheit war auch dafür, in Zukunft nicht mehr alle drei Kernfächer, also Deutsch, Mathe und erste Fremdsprache, auf erhöhtem Niveau anzubieten, sondern nur noch zwei. Auch dass bei einem sprachlichen Profil nicht mehr drei, sondern zukünftig zwei Sprachen für das Profil ausreichen, fand eine Mehrheit.