die Großbritannien nicht mehr leisten wird. Das wird Auswirkungen auf den Haushalt der EU haben, und davon ist Schleswig-Holstein kräftig betroffen. Wir müssen uns Gedanken machen, wie wir damit umgehen. Denn wir wissen heute, dass nach dem aktuellen Stand der Diskussion über den Mehrjährigen Finanzrahmen der EU ab 2021 weniger Geld in der EU-Kasse sein wird und neue Prioritäten hinzukommen: Grenzsicherung, Integration, Digitalisierung. Das wird sich auf der Ausgabeseite nicht nur auf die Landwirtschaft, sondern auch auf Fonds wie Interreg oder EFRE auswirken, Projekte in Schleswig-Holstein, auch grenzübergreifend mit unseren Nachbarn, die im Nordsee- und vor allem Ostseeraum finanziert werden. Schon die heutigen Vorschläge der Kommission zeigen, dass Schleswig-Holstein und der Ostseeraum in der Prioritätenliste der künftigen Ausgaben leider nicht ganz oben stehen.
Wir kennen das tatsächliche Ausstiegsszenario noch nicht. Wirtschaftlich gibt es Chancen und Risiken; die Risiken überwiegen die Chancen. Nichtsdestotrotz sollte man immer mit auf die Chancen gucken.
Es gibt einen anderen Punkt, der mich bei dem ungeordneten Prozess beunruhigt. Derzeit gibt es zwischen Hamburg und London jeden Tag sieben Direktflüge. Neben einer Abschwächung der Wirtschaftsbeziehungen gibt es vielleicht - jetzt male ich einmal ein ganz schwarzes Szenario - Einreisebeschränkungen für Privatreisen. Wir wissen nicht, was alles kommen wird, wenn ein ungeregelter Brexit kommt. Es könnte einen Rückgang der Verkehrsangebote geben. Damit werden wir menschliche Kontakte verlieren, damit werden wir als Touristen nicht mal eben nach London fliegen können. Ich weiß nicht, ob das noch gehen wird.
Diese neuen Grenzen am Boden - wenn sie tatsächlich kommen - führen leider auch zu neuen Grenzen im Kopf. Das macht mir - offen gesagt - langfristig viel mehr Sorgen als Verluste von 0,1 oder 0,8 % beim verarbeitenden Gewerbe.
Wir brauchen ein einiges Europa, um den großen strategischen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts zu begegnen. Diese Herausforderungen sind heute global. Da beißt die Maus keinen Faden ab. Ob es um das trumpsche Amerika geht, ob es um Russland geht, ob es um China geht - globalen Herausforderungen können wir nicht durch Zersplitterung begegnen. Ob es der Handel ist, der Umweltschutz oder die Menschenrechte - ein zersplittertes
Deshalb auch von dieser Stelle noch einmal die große Bitte an Großbritannien: Denkt noch einmal darüber nach, think it over! - Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Gäste! Herr Minister, vielen Dank für Ihre Einschätzung; „Bericht“ zu sagen, fällt schwer bei dem schwachen Antrag, der ein bisschen in die Zukunft gucken will. Dazu fehlen uns - wie wir gehört haben - belastbare Fakten. Ich danke Ihnen auf jeden Fall für die Initiative für die schleswig-holsteinische Wirtschaft, indem Sie in London präsent sind.
Mit dem Brexit verliert die EU Ende März nächsten Jahres ihre zweitgrößte Volkswirtschaft und zugleich den Mitgliedstaat mit der drittgrößten Bevölkerung. Dadurch wird der gegenwärtig drittgrößte Nettozahler zur Finanzierung des EU-Haushalts verloren gehen. Der Kostenbeitrag des Vereinigten Königreichs betrug im Jahr 2016 5,7 Milliarden €. Dieser Beitrag wurde nur von Frankreich mit 8,2 Milliarden € und natürlich vom Zahlmeister Deutschland mit stolzen 13,2 Milliarden € übertroffen. Die finanziellen Folgen des Brexit werden damit die größten Nettozahler in der EU zu spüren bekommen. EU-Kommissar Günther Oettinger beziffert den Einnahmeverlust infolge des Brexit auf jährlich etwa 13 Milliarden €; wir haben eben die Spanne 12 Milliarden € bis 14 Milliarden € gehört.
Eine stärkere Belastung der verbleibenden EU-Nettozahler wird damit unvermeidlich sein. Für Deutschland werden in den Jahren 2019 und 2020 zusätzliche EU-Beiträge von jeweils 4,5 Milliarden € einkalkuliert. Nicht zuletzt verliert auch die Europäische Investitionsbank mit Großbritannien einen wichtigen Anteilseigner. Die Beteiligung des Vereinigten Königreichs an der Investitionsbank beträgt derzeit noch 16 %; das sind 3,4 Milliarden €.
des Brexit negativ betroffen sein wird. Dies dokumentiert auch eine Studie des europäischen Ausschusses der Regionen. Als Reaktion auf die Untersuchung forderte der Ausschussvorsitzende ein Handelsabkommen zwischen Großbritannien und den verbleibenden EU-Mitgliedern, damit Zölle weitgehend eingeschränkt und weiter ein freier Warenverkehr ermöglicht wird.
Ob es an dieser Stelle zielführend ist, von der Landesregierung Berichte über die zu erwartenden Folgen des Brexit zu verlangen, wagen wir als AfDFraktion stark zu bezweifeln. Die zu erwartende Folgen sind in ihren volkswirtschaftlichen Dimensionen derzeit abschätzbar, nicht aber in den detaillierten Konsequenzen für einzelne Branchen. Wir dürfen davon ausgehen, dass etwa 850 Millionen € weniger an Fördermitteln ins Land kommen. Wir fürchten, dass davon besonders unsere Landwirtschaft betroffen sein wird; 10 % bis 20 % weniger Mittel sind keine unrealistische Annahme. Die Transportbranche wurde genannt; die Pharmahersteller werden in Zukunft Schwierigkeiten haben, ihre Waren in das Vereinigte Königreich zu exportieren. Das bedeutet große Herausforderungen für unsere Gewerbetreibenden.
Mehr kann man heute aber nicht dazu sagen. Denn es gibt sogar Brexit-Hardliner in Großbritannien, die dafür plädieren, die derzeitigen Verhandlungen mit der EU vollständig platzen zu lassen. Erst dann könnten nach ihrer Auffassung Zugeständnisse der anderen EU-Mitgliedstaaten für den Erhalt ihrer vom Export abhängigen Arbeitsplätze erwartet werden. Es ist alles noch offen, und daher ist ein Bericht der Landesregierung verfrüht.
Anstatt sich jetzt in Spekulationen darüber zu ergehen, welche Auswirkungen der Brexit in Schleswig-Holstein zum Beispiel auf dem Gebiet wissenschaftlicher Kooperationen hat - für die Wissenschaft ist nach meiner Erfahrung keine Grenze gegeben; Forscher unterhalten sich über Grenzen hinweg -, ist die Frage viel wichtiger, ob die EU selbst aus ihren Fehlern gelernt hat. Denn die Ursachen für den Brexit - das wissen wir - liegen nicht allein in der grundsätzlichen EU-Ablehnung einer Mehrheit der Briten. Nein, sie liegen auch in einer verantwortungslosen Politik, mit der einzelne EUStaaten, insbesondere Deutschland, die Europäische Union zunächst überfordert und im Ergebnis politisch gespalten haben.
Migrationspolitik. Dies war eine Steilvorlage für alle diejenigen, die in den letzten Wochen vor dem Referendum die Forderung nach einem EU-Austritt vor allem damit begründeten, dass Großbritannien die Kontrolle über seine Grenzen zurückgewinnen müsse. Dieses Gefühl, nicht mehr Herr im eigenen Land zu sein, zu viele Kompetenzen nach Brüssel abzugeben, hat den Ausschlag für den äußerst knappen Ausgang der Volksabstimmung gegeben.
Dass der Kollege Andresen sagt, das hätte mit Rechtspopulismus oder Nationalismus zu tun, finde ich ein merkwürdiges Demokratieverständnis. Denn wir haben es mit einer Volksabstimmung zu tun,
die mit 52 % ausgegangen ist. Dieses Ergebnis muss man als guter Demokrat akzeptieren, auch wenn es einem vielleicht nicht gefällt.
(Rasmus Andresen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und wenn es ein neues Ergebnis gibt, muss man das auch akzeptieren!)
Wie gesagt, das ist ein spezielles Verständnis von Demokratie, darüber können wir diskutieren. Man sollte den Wählern und Bürgern nicht das Gefühl geben, dass sie auf der falschen Seite stehen.
- Wahlergebnisse sind zu akzeptieren; es gehört zur Demokratie, dass auch der Unterlegene das Wahlergebnis akzeptiert.
Aber von Selbstkritik ist auf EU-Ebene nichts zu spüren. Stattdessen geht es offensichtlich darum, Großbritannien für seine Brexit-Entscheidung zu bestrafen. Dazu wurde erst kürzlich die britische Premierminister May bei EU-Gipfel in Salzburg gedemütigt
hämische Kommentare des EU-Ratspräsidenten eingeschlossen. So geht man eigentlich nicht miteinander um und auch nicht mit Staatsoberhäuptern, wenn man ihre politische Meinung nicht teilt.
Wo eine solche Politik der Arroganz hinführt, konnten wir gerade bei den Wahlen in Schweden beobachten, denn dort gab es die nächste gelbe Karte für eine EU,
in der der französische Staatspräsident und die noch amtierende Bundeskanzlerin noch immer versuchen, den Ton anzugeben, während es überall bröckelt und brodelt.
Aber die Wähler lassen sich von politischen Phrasen, die sich überlebt haben, nicht länger blenden. Dass nicht nur die Popularität von Angela Merkel, sondern auch die von Herrn Macron deutlich abnimmt
- gucken Sie sich einmal die neuesten Umfragen an -, lässt sich nicht bestreiten. Als AfD-Fraktion sind wir sicher: Die Perspektive für einen Neuanfang besteht für die EU erst dann wieder, wenn die Attitüde der Überheblichkeit und des Abstrafens gegenüber Großbritannien beendet wird. Mag der Brexit eine Lektion für Brüssel sein, und mögen die Auswirkungen des Brexit für Schleswig-Holstein zu verschmerzen sein. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Landtagsvizepräsidentin. - Entweder hat die EU schuld oder die Migranten und Flüchtlinge haben schuld. - Ich glaube, die Schuld liegt ganz woanders, nämlich im Populismus und in Unwahrheiten.
Großbritannien - Great Britain, UK - möchte die EU verlassen. Bis spätestens 29. März 2019 muss das Königreich seine Mitgliedschaft in der Europäischen Union aufgeben. Welchen Deal es diesbezüglich geben wird, steht noch nicht fest.
Wir als SSW würden zum jetzigen Zeitpunkt jedenfalls davon ausgehen, dass es keinerlei Sonderregelungen für Großbritannien geben wird. Fest steht jedenfalls schon jetzt, dass UK nur noch weniger als ein halbes Jahr bis zum Austritt bleibt. Aus 28 Mitgliedstaaten werden dann 27 Mitgliedstaaten, ein bisher einmaliger Vorgang in der Geschichte der EU. Dazu stellt sich doch die Frage, welche Auswirkungen der Austritt UKs für die EU haben wird und, was für uns in Schleswig-Holstein besonders
interessant ist: Welche Veränderungen werden diesbezüglich möglicherweise auf Schleswig-Holstein zukommen? Fest steht: Es werden Veränderungen auf Schleswig-Holstein zukommen. Das gilt natürlich besonders für Unternehmen, die eng mit dem Vereinigten Königreich zusammenarbeiten. Dabei fallen mir als erstes die Hochschulen bei uns im Land ein. UK wird dann ab dem 29. März 2019 nicht mehr zu dem Ensemble der EU-Hochschulprogramme wie etwa dem Erasmus+-Programm gehören. Was man dann natürlich anstreben könnte, wäre, eine Neuregelung mit Großbritannien zu treffen, wie es auch für andere Staaten in Europa der Fall ist, die nicht Mitglied der Europäischen Union sind. Das bedeutet erst einmal eine Menge Arbeit, und bis zum Ziel ist es sicherlich ein weiter Weg. Es könnte sicherlich förderlich sein, wenn sich die Landesregierung einmal mit den Hochschulen an einen Tisch setzte, um bei eben solchen Fragestellungen Hilfestellung bieten zu können.
In der tagtäglichen Arbeit der Hochschulen gilt, wie auch in allen anderen Bereichen, die Brücken nicht abbrechen zu lassen, sondern neue Wege der Zusammenarbeit zu finden. Das ist für uns als SSW ein ganz zentrales Anliegen. Ich bin mir sicher, dass sich dieses Vorhaben umsetzen lässt.
Ähnlich sieht die Situation für den Wirtschaftsbereich aus. Im April kommenden Jahres wird das Königreich demnach nicht mehr zum EU-Binnenmarkt gehören. Dann ändern sich zunächst sämtliche Zoll- und Einfuhrbestimmungen. Diese Änderung wird sich auch im schleswig-holsteinischen Import- und Exporthandel bemerkbar machen. Dabei denke ich vor allem an die Hafenwirtschaft. Auch in diesem Fall gilt es, neue Regelungen zu finden.