Protocol of the Session on April 27, 2018

(Unruhe)

Es war also überfällig, dass die Landesregierung nun die Besoldung der Grundschulleitung anhebt. Auch die Priorisierung ist gut: Wenn Schulleitungen motiviert arbeiten, hat dies Auswirkungen auf den gesamten Schulalltag, auf die Kolleginnen und Kollegen, auf die Schüler, letztlich aber auch auf den gesamten Schulstandort.

Für den einfachen Lehrer - in Anführungszeichen ist eine Besoldungsanhebung erst in einem zweiten Schritt geplant. Es ist aber wichtig: Es gibt eine klare Perspektive für diese Lehrerinnen und Lehrer. Wenn sich ein Grundschullehrer nämlich Gedanken darüber macht, wie er Karriere machen könnte, blieben ihm bis jetzt in der Regel nur zwei Möglichkeiten: Zum einen der Wechsel an die Gemeinschaftsschule mit mehr als 50 % seiner Unterrichtsverpflichtung, das haben in den letzten zwei bis drei Jahren sehr viele Lehrer gemacht. Sie haben dann statt 28 Stunden nur noch 27 Stunden unterrichten müssen und A 13 statt A 12 bekommen. Diese Lehrer fehlen dann. Meine Damen und Herren, beurteilen Sie bitte selbst, ob das fair und zukunftsgewandt ist.

(Anhaltende Unruhe)

Liebe Kollegen, ich bitte Sie, den Geräuschpegel etwas zu senken. Auch Herr Dr. Brodehl hat das Recht, heute hier zu reden.

Vielen Dank, Frau Präsidentin.

(Beifall AfD)

Die andere Möglichkeit bestand darin, sich auf eine Schulleiterstelle oder auf eine Stellvertretung zu bewerben. Da hat man sehr genau geguckt, an welchen Ort man sich bewirbt. Es macht schon einen Unterschied, ob man sich bei einer Dorfgrundschule in einer schönen heilen Welt oder bei einer Stadtteilschule, die in einem Problemstadtteil liegt, bewirbt.

Wenn eine Lehrkraft allerdings eine leitende Funktion anstrebt, wurde und wird erwartet, dass sie zunächst als Assistenz der Schulleitung fungiert. Sie übernimmt zusätzlich diverse zeitlich aufwändige Aufgaben, vor allem aus dem Verwaltungsbereich. Sie erraten es: Das tut sie als soziale Person natür

lich selbstredend ehrenamtlich. Es gibt nicht einmal eine Abminderungsstunde.

Dass dies alles die Attraktivität einer Schulleitungskarriere nicht fördert, liegt auf der Hand. Letztlich ist dieses Modell sogar als Mogelpackung und als Ausnutzung der Beteiligten zu bezeichnen. Damit kann auf Dauer keiner zufrieden sein.

A 13 für Grundschulleiter sofort und für Grundschullehrkräfte in Sichtweite - das findet unsere vollste Zustimmung. Die Besoldung ist fair, entspricht den vielen neuen Verantwortungsbereichen und schafft Perspektive. Wer jetzt noch rummotzt, agiert scheinheilig, besonders dann, wenn er daran beteiligt war, dieses eben von mir skizzierte System mit zu unterstützen. Das sage ich auch in Richtung der sozialdemokratischen Männer in diesem Raum.

(Beifall AfD)

Meine Damen und Herren, die geplanten Besoldungsanhebungen stellen einen wichtigen Schritt dar in Richtung, den Lehrerberuf und Schulleitung wieder attraktiv zu machen. Neben der nicht monetären Seite - ich hatte es eben schon angedeutet gibt es aber noch weitere Baustellen, die wir angehen müssen. Es muss eine spürbare Entlastung der Lehrkräfte und Schulleitungen erfolgen.

Weil Geld allein nicht glücklich macht, brauchen wir weitergehende Maßnahmen: vier Punkte.

Wir brauchen Verwaltungsassistenten, um Schulleitungen von Verwaltungsarbeit entlasten zu können. Wir brauchen in I-Klassen eine durchgehende Doppelbesetzung. Wir brauchen angemessene Anrechnungsstunden für zusätzliche Aufgaben wie die Klassenleitung. Wir brauchen kleinere Klassen, damit Lehrer wieder mehr Zeit für die individuelle Zuwendung zu jedem Kind in jeder Familie haben.

Wer jetzt sagt, dass seien viele Forderungen, die seien nicht realisierbar: Die Perspektive dahin ist richtig. Das hat der Ausflug - in Anführungszeichen - des Bildungsausschusses nach Hamburg gezeigt. Dort wird so etwas schon realisiert, in einem rotgrün regierten Bundesland. Ich möchte nicht deren PISA-Ergebnisse haben, aber dieses Land schafft damit die Grundlagen für die Zukunft. Das sollten wir in Schleswig-Holstein auch tun. - Vielen Dank.

(Beifall AfD)

Für die Abgeordneten des SSW hat die Abgeordnete Jette Waldinger-Thiering das Wort.

(Dr. Frank Brodehl)

(Jette Waldinger-Thiering [SSW]: Hej, super, hat geklappt!)

Liebe Landtagspräsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhörer oben auf der Tribüne! Die Besoldung von Grundschullehrkräften hat uns hier schon oft beschäftigt, genau wie die insgesamt zu geringe Wertschätzung für diese wichtige Berufsgruppe. Doch dafür, dass diese Themen immer wieder aufkommen, gibt es gute Gründe. Bekanntlich ist es der Landespolitik bis heute nicht gelungen, die über 7.000 Lehrerinnen und Lehrer an den Grundschulen in Besoldungsfragen mit den übrigen Lehrkräften gleichzustellen, auch der Küstenkoalition nicht. Unterm Strich ist damit eine zentrale Gerechtigkeitsfrage noch immer ungeklärt. Diese Tatsache ist aus Sicht des SSW wirklich bedauerlich, denn nach unserer Einschätzung hat das Land in den vergangenen Jahren durchaus die nötigen finanziellen Spielräume gewonnen.

Natürlich sehen auch wir das Problem, dass dieser Schritt in Zeiten von Schuldenbremse und Konsolidierungshilfe schwierig ist. Längst haben sich aber auch andere ärmere Bundesländer auf den Weg gemacht, diese Gerechtigkeitslücke zu schließen, und Steuereinnahmen und Steuerschätzungen weisen immer wieder auf eine unverändert positive Finanzlage hin. Für mich ist die Frage, ob man Grundschullehrkräfte besserstellen will oder nicht, damit schon länger zu einer Frage der Prioritätensetzung geworden.

Ich möchte hier nicht missverstanden werden: Natürlich ist es gut, wenn Jamaika nach fast einem Jahr Regierungszeit einen Plan hat, wie die Besoldungsfrage gelöst werden soll. Der SSW begrüßt es grundsätzlich sehr, wenn es hier Bewegung gibt. Vor allem die Tatsache, dass die Arbeit im Grundschulbereich damit endlich als gleichwertig anerkannt wird, ist uns wichtig. Aber ob man sich nun noch für diese Vorhaben feiern lassen muss, bezweifle ich; denn das, was Jamaika plant, ist dafür dann doch etwas zu unambitioniert. Natürlich wird diese Reform am Ende einige Millionen € kosten. Ich möchte mich einmal zur Rede der Bildungsministerin äußern, die sagte, es werde in Zukunft aufwachsend jedes Jahr 33 Millionen € kosten.

Ich glaube, wenn Sie anfangen, wird es keine 33 Millionen € pro Jahr kosten, sondern ab 2025 40 Millionen €; denn aufwachsend wird jede Grundschullehrkraft beziehungsweise Schulleitung

80 € mehr bekommen. Das ergibt noch keine 33 Millionen € per annum.

(Zuruf)

(Thomas Hölck [SPD]: Steht da nicht!)

Aber es ist wirklich schwer zu vermitteln, dass sich manche Lehrkraft noch acht Jahre lang

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: In Worten: acht!)

gedulden soll, bis sie dann auch tatsächlich den gleichen Lohn für die gleiche Arbeit bekommt.

(Beifall SSW, Thomas Hölck [SPD] und Dr. Ralf Stegner [SPD])

Viele Experten weisen in diesem Zusammenhang aber noch auf einen ganz anderen Punkt hin. Die viel zu lange Übergangsphase bis zur vollständigen Umstellung auf A 13 ist nämlich auch strategisch äußerst unklug. Hier wird eine große Chance vertan, den Beruf der Grundschullehrkraft schnellstmöglich attraktiver zu gestalten. Dabei müssen wir dringend junge Leute für genau diesen Bereich gewinnen; denn schon heute zeichnet sich ein Lehrkräftemangel an den Grundschulen ab. Fakt ist, dass Berlin, Brandenburg und Sachsen schon ab dem kommenden Jahr A 13 zahlen. Mit der Entscheidung, hier zumindest Teile der Lehrerschaft noch Jahre warten zu lassen, schafft sich unser Land einen enormen Wettbewerbsnachteil. Auch das ist aus meiner Sicht nicht nachvollziehbar.

Noch einmal: Der SSW begrüßt es ausdrücklich, dass sich die Jamaika-Koalition in dieser wichtigen Frage auf den Weg macht. Das war irgendwie zu erwarten, aber wenn ich mich recht erinnere, waren wir die Einzigen, die vor der Landtagswahl ganz konkret A 13 als Einstiegsgehalt für alle Lehrkräfte gefordert haben.

(Beifall SSW)

Aber wir freuen uns, dass man jetzt neben der Besoldung auch die Arbeitsbedingungen verbessern will; denn auch hierüber lässt sich natürlich die Attraktivität des Berufs steigern. Doch wir sind nun einmal der klaren Auffassung, dass die Landesregierung das Tempo bei der Umsetzung deutlich erhöhen kann und auch erhöhen muss.

(Beifall SSW und Martin Habersaat [SPD])

Das Wort zu einem Kurzbeitrag hat Frau Abgeordnete Eka von Kalben.

(Vizepräsidentin Annabell Krämer)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ja, auch wir würden wahnsinnig gern allen Grundschulkräften ab sofort A 13 plus Weihnachtsgeld bezahlen. Wir würden gern Erzieherinnen und Erzieher und Pflegekräfte besser bezahlen.

(Zuruf Birte Pauls [SPD])

Das kann man alles fordern, wenn man sagt, was wir stattdessen nicht machen sollen. Das ist etwas, was oft nicht mitgebracht wird. An welcher Stelle sollen wir welche Maßnahme im Haushalt nicht umsetzen? - Wenn Sie das dazusagen und zum Beispiel sagen: „Wir lassen das mit dem Bildungsbonus! Dann werden eben die Schulen an prekären Standorten ab 2019 nicht besser ausgestattet!“, werden Sie dafür mit uns keine Mehrheit bekommen. Aber Sie müssen zumindest ein Angebot machen. Oder sagen Sie: „Wir machen weniger bei Kitas, dann gibt es eben keine 180 Millionen € für eine Kita-Reform“?

(Zuruf Jörg Nobis [AfD])

Okay, dann können wir auch ab sofort allen Grundschullehrerinnen und allen Grundschullehrern A 13 bezahlen.

Wir haben uns für diesen anderen Weg entschieden. Es ist ein langer Weg, und ich finde es schade, dass wir es nicht schneller schaffen.

(Zuruf Wolfgang Baasch [SPD])

Sorgen Sie für eine vernünftige Steuerpolitik, und wir haben mehr Einnahmen. Dann können wir auch das Tempo beschleunigen, herzlichen Glückwunsch. Das, liebe Serpil, geht an die gesamte Große Koalition, selbstverständlich.

Ein Punkt noch: Die Attraktivität des Berufes der Lehrenden und auch der Menschen in der Kita hängt nicht nur mit der Besoldung zusammen. Das ist ein wichtiger Punkt, aber es gibt auch Untersuchungen und Befragungen, bei denen die Menschen sagen: Die Arbeitsbedingungen sind mir noch viel wichtiger als die höhere Besoldungsstufe. - Deswegen sind die 100 % Unterrichtsversorgung, die bessere Ausstattung der Schulen, aber auch gerade der Bildungsbonus, durch den wir dann zu kleineren Klassen kommen können, extrem wichtige Punkte. Deshalb finde ich unsere Priorisierung genau richtig zu sagen: Wir machen etwas für die Besoldung, wir machen etwas für die Arbeitsbedingungen, und wir machen etwas für die Unterrichtsversorgung. Vielen Dank, Frau Prien, so machen wir das weiter.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP)

Das Wort zu einem weiteren Kurzbeitrag hat der Abgeordnete Dr. Ralf Stegner.