Protocol of the Session on June 29, 2017

Die AfD-Fraktion freut sich sehr darüber, dass es einige der AfD-Themen aus unserem Wahlprogramm in den Koalitionsvertrag geschafft haben.

(Christopher Vogt [FDP]: Bitte?)

Zum Teil wurde sogar wortwörtlich die Überschrift der AfD kopiert. Als Beispiel sei genannt: „kurze Beine, kurze Wege“ in Bezug auf die Grundschulen.

(Lachen CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Auch das klare Bekenntnis zur dualen Ausbildung und zum Meisterbrief scheint direkt dem AfDWahlprogramm entnommen worden zu sein. Ich weiß genau, wer hier von wem kopiert hat. Denn wir hatten unseren Parteitag Anfang September 2016 und die CDU im November 2016. Bei uns war ein CDU-Mann zu Gast, der fleißig mitgeschrieben hat. Nehmen Sie das zur Kenntnis!

(Zurufe CDU)

- Bei uns war ein CDU-Mann zu Gast; der hat fleißig mitgeschrieben.

AfD wirkt, stelle ich fest. Wir haben es in den Koalitionsvertrag geschafft.

(Lars Harms [SSW]: Ich glaube, Cannabis ist schon freigegeben! - Unruhe - Glocke Präsi- dentin)

- Nee, das überlasse ich den Grünen.

(Christopher Vogt [FDP]: Homo-Ehe, Can- nabis, Zuwanderungsgesetz - wunderbar!)

Ihre angestrebte MINT-Offensive finden auch wir gut, die klare Stärkung des mathematisch-naturwissenschaftlichen Bereichs in allen Schularten. Denn die Regierung unter Ministerpräsident Albig hat Schleswig-Holstein den letzten Platz beim Beitrag des Bildungssystems zur Ausbildung des akademischen Nachwuchses in den sogenannten MINT-Fächern beschert. Das können Sie im Bildungsbericht 2016 dezidiert nachlesen. Schleswig-Holstein hat im bundesdeutschen Vergleich die rote Laterne und ist Schlusslicht. Deswegen begrüßen wir diese Initiative der Regierungskoalition.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Das ist ja schön!)

- Das ist toll, ja.

(Christopher Vogt [FDP]: Auch das Fach Deutsch! - Heiterkeit und anhaltende Unru- he)

Meine Damen und Herren, der vorliegende Koalitionsvertrag ist trotzdem der kleinste gemeinsame Nenner, den CDU, FDP und Grüne aushandeln konnten. Der Vertrag ist ein karibisches, buntes Sammelsurium unterschiedlichster Parteiprogramme und parteipolitischer Überzeugungen. Er ist besonders stark geprägt von einer karibischen Ausgabenmentalität. Ich habe bereits gestern ausgeführt, dass die am schleswig-holsteinischen Bruttoinlandsprodukt gemessene gesamtstaatliche Schuldenquote aus Kapitalmarktschulden und sonstigen Verpflichtungen des Landes insgesamt rund 120 % des BIP beträgt und damit schon jetzt über der Schuldenquote des Staates Jamaika liegt. Zur Information: Jamaika hatte Ende 2016 eine Schuldenquote von 118,9 %.

Wenn dieser Koalitionsvertrag mit seinen vielschichtigen Ausgabenwünschen ohne Gegenfinanzierung so an den Start geht, bekommen wir ohne jeden Zweifel ein karibisches Laissez-faire in der Haushaltspolitik. Denn auf fast jeder Seite des Vertrags finden sich hier und dort Millionensummen, Mittelerhöhungen, finanzielle Stärkungen und Zuweisungen, die im Einzelfall durchaus sinnig sind, aber es fehlt einfach eine konkrete Gegenfinanzierung. Kein Wort darüber im Vertrag, wo diese Ausgabenmillionen an anderer Stelle eingespart werden können und sollen. - Herr Ministerpräsident, so

(Wolfgang Kubicki)

wird es nichts mit Ihren karibischen Sommernachtsträumereien in Kiel.

Nichts anderes sind die aufgeschriebenen schwarzgelb-grünen Ausgabenphantasien im Koalitionsvertrag. Einerseits wollen Sie Haushalte ohne Neuverschuldung aufstellen und Haushaltsüberschüsse zur Schuldentilgung und Sanierung der Infrastruktur einsetzen - was wir als AfD-Fraktion ausdrücklich begrüßen -, andererseits wollen Sie hier und dort zig Millionen Euro mehr ausgeben. Sie wollen die Polizei aufstocken und den Lehrermangel beseitigen, um die innere Sicherheit und die Bildung zu stärken. Auch das begrüßen wir als AfD-Fraktion ausdrücklich.

Aber all diese schwarz-gelb-grünen Wünsche kosten nun einmal Steuergeld. Sie müssen uns schon genau erklären, woher diese zusätzlichen Mittel für Polizei und Bildung kommen sollen, woher die 15 Millionen € zusätzlich für Sportstätten kommen sollen, die Erhöhung der Planungskapazitäten, die Mittel für den öffentlichen Nahverkehr, woher die 170 Millionen € für die Kita-Finanzierung kommen sollen, die 10 Millionen € zusätzliche Landesmittel für das Sondervermögen MOIN.SH, die 10 Millionen € für die zusätzlichen Investitionen im Bereich der Elektromobilität, die 10 Millionen € für den Ausbau von Radwegen, die 120 Millionen € für eine Mobilitätsoffensive sowie die zusätzlichen 10 Millionen € für die Hafeninfrastruktur, wenn Sie nicht auch irgendwo Einsparungen vorsehen und nicht einmal beim sogenannten „Gender-Budgeting“ Einsparungen vornehmen wollen.

(Wolfgang Baasch [SPD]: Nicht einmal da! - Unruhe)

Mir ist überhaupt nicht klar, wie Sie das alles finanzieren wollen und dann auch noch einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen möchten. Da bin ich wirklich gespannt.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Das können Sie ja sehen!)

Mit dem Gender-Budgeting und der Stärkung des sogenannten Diversity-Managements - vielleicht kann mir einmal jemand erzählen, was das überhaupt ist

(Zurufe)

haben Sie sich ein dickes grünes Ei ins Koalitionskörbchen legen lassen, Herr Ministerpräsident. Es ist leider nicht das einzige grüne Überraschungsei in Ihrem bunten Korb. Gespannt bin ich auf die altersgerechte Thematisierung von sexueller Vielfalt im Unterricht. Ich bin davon überzeugt, dass wir

dieses Thema mit den verwendeten Unterrichtsmaterialien im Hohen Haus noch besprechen werden.

(Unruhe SPD)

Dass jeder Mensch nach seinen Vorstellungen leben soll, ohne diskriminiert zu werden, dass man gegen gesellschaftliche Diskriminierung von Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung ist, ist für mich selbstverständlich.

(Unruhe)

Aber dass die zivile Ehe auch für gleichgeschlechtliche Paare geöffnet werden soll, wie im Koalitionsvertrag als Ehe für alle mit Adoptionsrecht gefordert, hat damit nichts zu tun. Aber wir sind ja die Partei des gesunden Menschenverstandes, Herr Kubicki,

(Widerspruch SPD)

und haben uns von den guten Argumenten der Grünen überzeugen lassen: Wir sind jetzt für eine Frauenquote und auch für die Ehe für alle; wir fordern die Ehe für alle mit einer Frauenquote von 50 %.

(Vereinzelter Beifall AfD)

Die Tatsache, dass die CDU jetzt bereitwillig, die Ehe für alle fordert, auch Frau Merkel, zeigt, wie weit Sie mittlerweile nach links gerückt sind. Sie haben Ihre konservativen Wähler verraten und verkauft.

(Zuruf Hans-Jörn Arp [CDU])

Ich stelle fest: Die AfD ist die letzte konservative Kraft in diesem Haus.

(Vereinzelter Beifall AfD)

Auch bei der Windenergie haben sich klar die Grünen durchgesetzt. Windkraftanlagen sollen weiterhin ohne Rücksicht auf den Willen betroffener Bürger oder der Gemeinden gebaut werden können.

Interessant fand ich im Koalitionsvertrag auch, dass für die Asylsuchenden der Zugang zu „therapeutischen Leistungen über das bisherige Maß hinaus ermöglicht werden soll“. Was heißt denn das? Privatärztliche Leistungen für Asylsuchende? - Auch hierzu wird sich die AfD-Fraktion klar und deutlich positionieren.

Das Einzige, was sich wirklich wie ein roter Faden durch diesen gesamten Koalitionsvertrag zieht, ist das Ziel, parteipolitische Gräben mit zig Steuermillionen zuschütten zu wollen. Somit wird der zarte, bunte Schmetterling ganz schnell zum dicken „Haushaltsbrummer“. Spätestens, wenn im nächsten Jahr die HSH Nordbank abgewickelt werden

(Jörg Nobis)

soll, wird der Schmetterling zum fetten flugunfähigen Vogel.

Wir als AfD-Fraktion sind wirklich gespannt, welche parteipolitischen Gräben sich dann schnell wieder auftun werden, wenn man feststellt, dass die Geldsäcke nicht annähernd ausreichen werden, um die tiefen politischen Gräben zuzuschütten.

So, wie ich das sehe, sind wir gekommen, um zu bleiben. Wenn Sie solche Politik machen, dann sind wir noch sehr, sehr, sehr lange in diesem Haus vertreten. - Vielen Dank.

(Beifall AfD - Wolfgang Kubicki [FDP]: Mit Sicherheit nicht!)

Das Wort für die Abgeordneten des SSW hat der Abgeordnete Lars Harms.

Vielen Dank, Frau Präsidentin! - Meine sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte, bevor ich auf den Koalitionsvertrag und die Regierungserklärung eingehe, noch etwas Allgemeines sagen, was mir sehr, sehr wichtig ist. In der letzten Wahlperiode waren wir als SSW zum ersten Mal an einer Regierung beteiligt. Wie es das Schicksal manchmal so will, stehe ich jetzt hier und muss sagen, wir sind jetzt zum ersten Mal aus der Regierungsverantwortung herausgewählt worden. Auch das nehme ich zur Kenntnis.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Das lag nicht an euch!)

- Das lag auch am SSW, definitiv. Das nehmen wir auch selbstkritisch zur Kenntnis. Das ist so.