Protocol of the Session on April 25, 2018

Was wir deshalb brauchen, ist ein gesellschaftlicher Konsens zur Energiewende, der sich nicht bloß in dem allgemeinen Ziel erschöpft, sondern auch die konkreten Auswirkungen vor Ort beinhaltet. Als Jamaika-Koalition haben wir uns genau dieser Herausforderung gestellt. Wir haben Energieziele und Abstände zur Wohnbebauung gemeinsam gedacht.

Wir haben in der Tat miteinander gerungen und am Ende eine Lösung gefunden, die den unterschiedlichen Interessen bestmöglich gerecht wird. Genau das ist es, was Jamaika in Schleswig-Holstein auszeichnet und weshalb die Arbeit der Landesregierung von den Schleswig-Holsteinern auch derart positiv beurteilt wird.

(Tobias Koch)

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Das Schöne daran ist ja: Die Umfrage der letzten Woche erfolgte in Kenntnis der aktuellen Windkraftpläne der Landesregierung, und es kam trotzdem zu dieser guten Beurteilung, Herr Dr. Stegner.

Wenn jetzt Windkraftbauer und Windkraftgegner gleichermaßen mit dem Ergebnis nicht vollständig zufrieden sind, dann ist das in aller Regel ein guter Indikator dafür, dass hier ein fairer Kompromiss gefunden worden ist.

(Vereinzelter Beifall CDU - Lachen Birte Pauls [SPD] und Dr. Ralf Stegner [SPD])

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, Ihr Genörgel darüber, dass entweder die Grünen die Klimaziele verraten würden, wenn sie jetzt größeren Abständen zur Wohnbebauung zustimmen, oder anders herum darüber, dass die CDU ihre Wahlversprechen brechen würde, weil wir unsere Wunschvorstellungen nicht vollständig durchsetzen können, all das bringt unser Land überhaupt nicht weiter voran.

Im Übrigen zerstören wir mit unseren Windkraftplänen auch keine Arbeitsplätze - wie Sie uns das vorgeworfen haben, Herr Dr. Stegner -,

(Thomas Hölck [SPD]: Was denn sonst!)

sondern wir machen die Arbeitsplätze zukunftsfähig, indem wir die Interessen der Branche und das Allgemeinwohl in Einklang miteinander bringen.

(Beifall CDU, vereinzelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Liebe Kollegen von der SPD, Sie haben nicht einmal ernsthaft versucht, einen solchen Interessenausgleich überhaupt hinzubekommen. Wir als Jamaika-Koalition haben diese Arbeit gemacht. Wir zeigen, dass sich unterschiedliche Vorstellungen mit gutem Willen und einer vertrauensvollen Zusammenarbeit unter einen Hut bringen lassen. Deshalb können wir stolz und zufrieden über das Ergebnis sein. - Herzlichen Dank.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Das Wort für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat deren Fraktionsvorsitzende, die Abgeordnete Eka von Kalben.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Niemand hat gesagt, dass es einfach wäre, aus der Atomenergie auszusteigen. Und niemand hat behauptet, dass es einfach sei, CO2-frei und ohne fossile Energien zu leben. Aber es gibt wirklich nur noch wenige, die daran zweifeln, dass wir es tun müssen und auch können.

(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und verein- zelt CDU)

Denn wir wissen, dass es schon jetzt national und international sehr schwer wird, die Klimaziele zu erreichen. Aber ich bin davon überzeugt, dass wir diese Zukunftsfrage nicht nach der Vogel-StraußPolitik ad acta legen und sagen dürfen: Das klappt ja eh nicht mit dem Klimaziel, also lassen wir es! Das ist nicht unsere Haltung. Wir werden weiter daran arbeiten, die Klimaziele zu erreichen.

Meine Damen und Herren, wenn es verschiedene Interessen gibt, eignen sich in der Regel der Dialog und die Suche nach einem Kompromiss, um diese Ziele zu erreichen. Ohne Kompromisse kommen wir in der Umsetzung der Politik nicht voran. Denn wenn in einer Diskussion alle Parteien stur auf ihrem eigenen Standpunkt verharren, kann keine Einigung erreicht werden. Das hilft dann niemandem, übrigens auch nicht den beiden Parteien, die gegenseitige Standpunkte haben. Vor allem dient es aber überhaupt nicht der Sache. Wir in Jamaika haben die Verantwortung übernommen, gemeinsam eine gute Politik für unser Land zu machen. Bei manchen Themen waren wir uns schnell einig, wie diese gute Politik aussehen soll, bei Themen wie der Windplanung haben wir unser Bestes gegeben, die zum Teil unterschiedlichen Meinungen und Ausgangslagen aus dem Landtagswahlkampf zusammenzubringen. Dieses Ergebnis ist ein gutes Beispiel dafür, wie konstruktiv wir in der Regierung zusammenarbeiten. Darüber bin ich sehr froh.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP)

Ja, aus grüner Sicht wäre es vielleicht nicht nötig gewesen, die Kriterien für die Landesplanung noch einmal zu überprüfen. Wir sind ja bereits in der Küstenkoalition mit SSW und SPD zu Ergebnissen gekommen. Aber eines möchte ich noch einmal klar sagen: Wahlen verändern etwas. Das ist fast zwangsläufig so, denn sonst wären sie überflüssig.

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Haltungen und Standpunkte auch?)

(Tobias Koch)

- Nicht Haltungen und Standpunkte, aber Mehrheiten in Parlamenten. Deshalb darf eine neue Regierung natürlich die Kriterien überprüfen, wenn Teile der Koalition das wünschen.

Nun mag die Windplanung vielleicht etwas länger gedauert haben, weil wir die Kriterien noch einmal überprüft haben. Diese Zeit war aber vor allem dem schriftlichen Beteiligungsverfahren geschuldet, das 6.000 Bürgerinnen und Bürger genutzt haben - wofür wir dankbar sind -, und der gründlichen Auswertung der Eingänge, die natürlich auch ihre Zeit gebraucht hat. Für uns ist diese Zeit für die umfangreiche Bürgerbeteiligung eine Investition in die Akzeptanz und die sichere Umsetzung der Energiewende. Herzlichen Dank dafür an das Innenministerium!

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP)

Die jetzt vorliegenden Kriterien und die damit zu erstellende Planung sind ein gutes Ergebnis. Die endgültige Berechnung der Flächen liegt noch nicht vor. Und ja, das ist ein sehr aufwändiges Verfahren. Ich habe mir das einmal zeigen lassen.

(Zurufe Serpil Midyatli [SPD] und Dr. Ralf Stegner [SPD])

Das ist eben nicht etwas, was man einmal so von heute auf morgen macht.

(Serpil Midyatli [SPD]: Das haben wir nie behauptet!)

Sie können gern meinen, das wäre alles strategische Planung - liebes Innenministerium, dass ihr das hinbekommen habt, das genau auf die Kommunalwahl hin zu bearbeiten: Herzlichen Glückwunsch! -, ich glaube das nicht.

Aber wir bleiben unserem Ziel von 10 GW installierter Leistung Windenergie onshore und dem dafür benötigten Raum von circa 2 % der Landesfläche treu. Wir brauchen diese Menge, vor allen Dingen deshalb, damit das Ziel erreicht wird, genügend Fläche für den Windausbau zu erhalten. Das ist unsere oberste Priorität.

Denn noch einmal: Der Ausbau der erneuerbaren Energie ist ja kein Selbstzweck. Wir machen das nicht, um Menschen zu quälen und zu sagen: Wir wollen hier vor eurer Haustür Windräder bauen, obwohl ihr das nicht wollt. - Das Ganze hat einen Sinn, und das hat einen sehr ernsten und schwerwiegenden Hintergrund, nämlich dass wir dabei sind, unsere natürlichen Ressourcen kaputt zu machen, dass wir einen Klimawandel nicht stoppen,

der ganz verheerende Auswirkungen international, aber auch auf unser Land, auf Schleswig-Holstein, haben wird.

(Zuruf Dr. Ralf Stegner [SPD])

Deshalb ist es wichtig, dass wir das machen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, ver- einzelt CDU und FDP)

Meine Damen und Herren, ich bedanke mich ganz ausdrücklich bei unseren Koalitionspartnern, die sich hier wirklich trotz schwieriger Ausgangslage immer koalitionstreu verhalten haben, und zwar insbesondere auch hinsichtlich unseres Ziels, das 2-%-Ziel einzuhalten. Das war gut, vielen Dank dafür.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, ver- einzelt CDU und FDP)

Wir gehen insgesamt davon aus, dass es nach Beschluss des neuen Planentwurfes auf unstrittigen Flächen wieder möglich sein wird, den Ausbau über Ausnahmegenehmigungen nach und nach fortzusetzen. Das ist wichtig für die Branche, gut für die Wirtschaft und für die Arbeitsplätze in unserem Land.

Jamaika in Schleswig-Holstein steht also dazu, die neuen Klimaziele wie das Ausbauziel für 2025 zu erreichen - im Gegensatz zur Bundesregierung: Die Klimapolitik der GroKo ist krachend gescheitert. Das Klimaziel 2020 wird verfehlt. Wenn nun wenigstens das 2030er Ziel erreicht werden soll und 65 % erneuerbare Energien bis 2030 angestrebt werden, dann muss geliefert werden. Aus Sicht Schleswig-Holsteins kann das nur heißen: hoch mit den Ausbaumengen für die Windenergie an Land und auf See,

(Zuruf Beate Raudies [SPD])

hoch mit den Ausbauzielen der Solarenergie, weg mit dem Netzausbaugebiet und stattdessen endlich mal politisches Engagement des Bundes beim Netzausbau.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Lukas Kilian [CDU])

Außerdem muss der Bund endlich die regulatorische Innovationsbremse lösen. Sie entsteht durch die vielen Steuern und Abgaben, die auf erneuerbaren Strom an der falschen Stelle fällig werden, die oft verhindern statt lenken. Wir waren gerade - einige waren dabei - auf Helgoland zur Feuerwehrfeier: Da ist das zum Beispiel ein großes Thema, weil die

(Eka von Kalben)

CO2-frei werden wollen und durch diese Steuerpolitik daran gehindert werden.

(Beifall FDP, vereinzelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und CDU)

Meine Damen und Herren, es fehlt eine CO2-Bepreisung, damit die Verwendung fossiler Kraftstoffe oder Heizstoffe auch ihren wahren Preis kostet. Wir brauchen eine zweite ökologische Steuerreform, um die Technologien in den Markt zu bringen, die wir für die nächste Phase der Energiewende benötigen. Die Technologien sind da; Unternehmen, Verbraucherinnen und Verbraucher würden investieren.

(Beate Raudies [SPD]: Aber Subventionen wollen wir abbauen, nicht?)

- Liebe SPD, wenn Sie sich im Bund an dieser Stelle genauso ereiferten wie hier im Land in der heutigen Debatte, dann wäre das sehr hilfreich. Ich freue mich, wenn Sie sich dort für diese Ziele mit einsetzen werden.