Protocol of the Session on March 22, 2018

Der Herr Minister hat die Redezeit um 4 Minuten erweitert. Das heißt, den Fraktionen stehen nun jeweils 9 Minuten Redezeit zur Verfügung.

(Zurufe - Unruhe)

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort für die AfDFraktion hat der Abgeordnete Dr. Frank Brodehl.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Gäste! Herzlichen Dank, Herr Buchholz, dass Sie für den Sozialminister eingesprungen sind. Haben Sie herzlichen Dank für den ausführlichen Bericht.

Sie haben es erwähnt: Ja, es gab Kritik und Beschwerden von Schülern - so stand es in der Zeitung; jetzt stellt sich heraus, es war nur ein Schüler - aus Flintbek. An der Schule dieses Schülers hatte der Kieler Verein ODYSSEE ein Drogenpräventionsprojekt durchgeführt, das den Titel „Partyprojekt“ trägt. Nach Auskunft des Schülers - Lehrkräfte waren laut Presse nicht anwesend - sind dort folgende Sätze gefallen: „Nimm keine Drogen, wenn du schlecht drauf bist ….“ „Besorge dir dein Dope nur bei guten Bekannten oder im Coffee-Shop.“ „Minimiere das Risiko eines Strafverfahrens, indem du nur geringe Mengen besitzt.“

(Zuruf: Das ist schlau!)

- Ja, wenn Eltern hören, dass in der Schule das Thema Drogenprävention ansteht, denken viele von ihnen natürlich an ein Antidrogenprojekt, etwa ein Projekt wie „Keine Macht den Drogen“. Oder sie denken an die Sportler, die als Vorbild für diese Kampagne arbeiten und deren Botschaft stets eindeutig ist: Drogenkonsum ist gesundheitsschädlich, Drogenkonsum kann juristische Folgen haben, und

(Minister Dr. Bernd Buchholz)

vor allem: Du brauchst überhaupt gar keine Drogen.

(Zuruf BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Unru- he)

Die Intention ist, dass Jugendliche den Verharmlosungsstrategien von Drogenanbietern ein klares Nein entgegensetzen können. Der Ansatz, den das Partyprojekt verfolgt, ist jedoch ein vollkommen anderer. Lassen Sie mich dies einmal gegenüberstellen: Bisher hieß es - oder allgemein heißt es -: Schüler aufklären, warnen, stärken und sie dadurch resistent machen. Das Partyprojekt hingegen informiert über Partydrogen akzeptanzorientiert, und der Konsum von Drogen selbst wird dabei nicht bewertet.

(Zuruf: Hört, hört!)

Das widerspricht dem Ansatz vollkommen. Was dies nach sich zieht, kann man dann auch auf der Internetseite des Vereins unter „Safer-Use-Regeln“ nachlesen. - Bevor ich zitiere: Natürlich lesen die Schüler - - Ich weiß, dass sich die Seite nicht direkt an Schüler richtet, sondern an Volljährige. Aber selbstverständlich lesen die Schüler nachmittags die Seiten von den Leuten, die sie morgens in der Schule besucht haben.

(Zurufe: Richtig! Das ist ja soweit auch klar!)

- Hören Sie erst doch einmal zu! Wahrscheinlich haben Sie es ja selbst gelesen. Ich zitiere von dieser Webseite unter der Rubrik „Safer-Use-Regeln“:

„Wenn du bewusstseinsverändernde Substanzen konsumierst, solltest du dies in einer für dich angenehmen Atmosphäre … tun. … Der Konsum von illegalen Substanzen sollte ein Ausnahmeerlebnis sein. … Konsumiere nicht allein, habe möglichst eine nüchterne Person dabei.“

Können Sie sich eine solche Szene unter Neuntoder Zehntklässlern vorstellen? „Mischt ihr euch mal was Schönes, und ich bleibe heute nüchtern und bringe euch sicher heim?“ Nein, natürlich kann man das nicht. Aber die Tipps machen eines deutlich: Sie decken sich eben inhaltlich völlig mit der Aussage des Schülers.

Die Internetseite zeigt aber noch etwas - auch das haben Sie erwähnt -: Die eigentliche Zielgruppe des Vereins sind Personen, die bereits mit Drogen in Kontakt gekommen sind. Ich möchte die Kompetenz des Vereins überhaupt nicht infrage stellen. Aber hören Sie einmal zu, wie es weitergeht. - Das,

was ursprünglich für Volljährige konzipiert wurde, hat nun an der Schule stattgefunden, zumindest partiell. Auf die Problematik angesprochen, erklärt der ODYSSEE-Projektleiter, dass er eine andere Art der Prävention vermittle, und zwar ganz bewusst im Hinblick auf die Ereignisse an der Flintbeker Schule.

Ein Blick in die wissenschaftliche Diskussion in diesem Bereich macht deutlich, was damit gemeint ist: Prävention soll ersetzt werden durch Drogenmündigkeit. Einige Experten sprechen dann auch nicht von illegalen Drogen, sondern von illegalisierten Drogen, von einer Emanzipation der Konsumenten gegenüber dem Staat und von einem längst überfälligen, notwendigen Paradigmenwechsel.

(Jörg Nobis AfD: Die Grünen weinen schon!)

Dieser lautet: Akzeptanz statt Abstinenz. Da verwundert es dann schon, dass man aus Kreisen der FDP hört, dass das Projekt eine sinnvolle Ergänzung zur schulischen Präventionsarbeit sein könne. Ja, das könnte es sein - aber doch nicht in der Schule! Das gehört doch deswegen nicht in die Schule - und zwar aus einem guten Grund: Weil das dem Drogenkonsum den Anstrich des Normalen gibt.

Da nützt es auch wenig, wenn auf der Internetseite fettgedruckt der Hinweis steht: „Diese Informationen sind nicht als Motivation zum Drogenkonsum gedacht.“

Stellen Sie sich bitte vor, das lesen Ihre Kinder, Neun- und Zehntklässler. Dann sagen die: Oh, das ist gar nicht so gedacht, Entschuldigung, dann bin ich verbotenerweise auf diese Internetseite gegangen.

Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Mit der Koordinationsstelle „Schulische Suchtvorbeugung“, der Landesstelle für Suchtfragen, und den Angeboten vieler weiterer Beratungsstellen in Schleswig-Holstein sind wir in Sachen Suchtvorbeugung insgesamt gesehen mit Sicherheit gut aufgestellt. Aber die Vorkommnisse in Flintbek haben unabhängig davon gezeigt, dass Vorsicht geboten ist.

Die Gefahr des propagierten Paradigmenwechsels besteht real. Noch einmal: Was bisher galt - Aufklärung, warnen, Jugendliche starkmachen gegen Drogen -, soll jetzt ersetzt werden durch Drogenmündigkeit und Akzeptanz. Gut, dass der Flintbeker Schüler kritisch war und reagiert hat. Wir sollten den Vorfall zumindest als Warnsignal sehen

(Dr. Frank Brodehl)

und in Zukunft genauer hinsehen, welche Art von Drogenprävention durch wen an der Schule mit welcher Zielgruppe und Intention durchgeführt wird.

Meine Damen und Herren, wir sollten uns in unserer Auffassung, was gute Präventionsarbeit ausmacht, nicht verunsichern lassen. „Keine Macht den Drogen“ hat hierfür klare Worte gefunden: „Präventive Maßnahmen vermitteln „Kindern und Jugendlichen, dass das Leben auf andere Weise als durch Suchtmittelkonsum interessant und lebenswert zu gestalten ist“.

(Beifall Jörg Nobis [AfD])

Dem ist nichts hinzuzufügen.

Sie haben gesehen, dass mir das Thema sehr wichtig ist. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall AfD)

Das Wort für die CDU-Fraktion hat die Abgeordnete Andrea Tschacher.

Sehr geehrter Herr Landtagspräsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete! Wofür steht eigentlich der Begriff Drogen? Drogen bezeichnen rauscherzeugende Substanzen, die im zentralen Nervensystem eine bewusstseins- und wahrnehmungsverändernde Wirkung hervorrufen können. Drogen können schädliche Folgen bis hin zur Sucht und zum Tod haben. Um auf solche Schäden und Wirkungen hinzuweisen, gibt es Präventionsprojekte, die gerade junge Menschen über die Gefahren aufklären.

Um so einen Verein handelt es sich auch bei dem Partyprojekt ODYSSEE aus Kiel. Dieser Verein ist massiv in die Schlagzeilen geraten, weil er genau diese Beratungen gibt. Es wurde in den Medien über eine Präventionsaktion an der Grund- und Gemeinschaftsschule am Eiderwald in Flintbek berichtet, in der der Verein an mehreren Tagen in den neunten und zehnten Klassen der Schule zu Gast war und über Partydrogen Aufklärung betrieben hat. Es wurde derart negativ berichtet, dass der Schulleiter Anlass sah, eine gesonderte Stellungnahme abzugeben, die ganz und gar nicht das Bild der ersten Presseberichte widerspiegelt. Es heißt dort, dass in der Schule am Eiderwald eine pädagogisch aufbereitete, zielgruppenorientierte, gewertete

Drogenaufklärung betrieben wurde. Weiter heißt es: Alle Lehrkräfte der Sekundarstufe sowie die Schulleitung wurden im Vorfeld der Maßnahme von dem verantwortlichen Referenten über die Inhalte und den Ablauf des Unterrichts informiert.

Der Rektor führt abschließend aus, dass er mit einer Ausnahme, die sich möglicherweise an die „Kieler Nachrichten“ gewandt hat, keine Nachfrage oder kritische Rückmeldung von betroffenen Schülerinnen und Schülern, Eltern oder Lehrkräften erhalten habe. Im Gegenteil, er erhielt Zuspruch, genauso wie auch der Verein selbst. Auch das Gästebuch schreibt eine andere Geschichte.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, eine vorurteilsfreie Aufklärung über die tatsächlichen Geschehnisse halten wir für wichtig,

(Beifall)

um auch die wichtige Arbeit an den Schulen nicht zu gefährden. Liebe AfD, selbstverständlich gehört das an die Schulen.

(Dr. Frank Brodehl [AfD]: Nee, in dieser Form nicht!)

Diese Aufklärung hat uns die Landesregierung umfassend und zufriedenstellend gegeben; ich habe dazu keine weiteren Fragen, für mich ist die Sache völlig klar.

Speziell das Partyprojekt ODYSSEE, das seit 2013 vom Land finanziell gefördert wird, bietet in seinem Schulungsspektrum diese umfangreichen Informationen. Es geht im Wesentlichen um folgende Punkte.

Erstens geht es darum, die Reflexion zum Thema Drogen bei jungen Menschen anzuregen, zweitens die mit dem Konsum von illegalen, aber auch legalen Substanzen verbundenen Risiken und Auswirkungen bewusst zu machen, drittens geht es um einen offenen und vorurteilsfreien Umgang mit der Thematik Drogen, und zwar in seiner gesamten Bandbreite. Viertens soll keine Stigmatisierung der Konsumenten erfolgen. Fünftens ist wichtig, Überdosierungen zu verhindern, sprich Aufklärung über den richtigen Konsum von Drogen. Auch das gehört zur Wahrheit dazu.

Liebe Kolleginnen und Kollegen der AfD, Sie führen in der Begründung Ihres Antrags aus - das ist bereits von Ihnen erwähnt worden -, das Partyprojekt ODYSSEE verharmlose Drogen und sei daher bei Eltern, Schülerinnen und Schülern auf heftige Kritik gestoßen. Sie führen sinngemäß weiter aus, dass unter den Tipps Aussagen getroffen worden

(Dr. Frank Brodehl)

seien wie: Nimm keine Drogen, wenn du schlecht drauf bist oder Angst davor hast. - Dazu kann ich nur sagen: Wer lesen kann, ist klar im Vorteil, und wer Zusammenhänge verstehen kann, auch.

(Beifall CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

Betrachtet man die Homepage des Vereins, stellt man fest, dass es sich hierbei die sogenannten Safer-Use-Regeln handelt. Safer-Use - ich möchte es gern erwähnen, damit es haften bleibt - beschreibt die Anwendung von Regeln für einen weniger riskanten Konsum von Drogen. Die Safer-Use-Informationen dienen dazu, die Risiken des Konsums, wenn also schon konsumiert wird, zu minimieren.

(Jörg Nobis [AfD]: Zu verharmlosen! - Vol- ker Schnurrbusch [AfD]: Verbrauchertipps!)