Infektionszahlen in Schleswig-Holstein niedrig zu halten, dann hat das nicht nur etwas mit Glück zu tun, finde ich.
Wir hatten im Sommer bei uns im Land Millionen von Touristen zu Gast - ohne jegliche Auswirkungen auf das Infektionsgeschehen. Als man bundesweit anfing, sich über Reiserückkehrer Gedanken zu machen und darüber, eine Testpflicht für Urlauber aus Risikogebieten einzuführen, da waren am 8. August 2020 die Ferien bei uns im Land schon längst wieder zu Ende, und zwar ohne irgendwelche Auffälligkeiten bei Reiserückkehrern.
Deshalb sage ich, meine Damen und Herren: Nein, das hat nicht nur etwas mit Glück zu tun, sondern das haben wir uns auch selbst erarbeitet, und das haben wir uns auch selbst zu verdanken.
Wir haben uns das selbst erarbeitet, weil wir uns das ganze Jahr über strengere Regeln gegeben haben als der Rest der Bundesrepublik. Wir haben es uns auch selbst zu verdanken, weil wir Norddeutschen offensichtlich disziplinierter und verantwortungsbewusster mit dieser Pandemie umgehen. Wir halten uns an die Regeln, wir bleiben im Urlaub zuhause und wir feiern keine unerlaubten Partys.
Zu keinem Zeitpunkt waren bei uns in SchleswigHolstein Familienfeiern in privaten Räumlichkeiten mit mehr als 50 Personen zugelassen. Das Singen im Gottesdienst war trotz des damit verbundenen Eingriffs in die Ausübung der Religionsfreiheit durchgängig untersagt. Das Tragen von Masken an Schulen gehört bei uns in Schleswig-Holstein seit den Sommerferien mit dazu, auch im Unterricht und das sogar - bei hohen Infektionszahlen - an den Grundschulen.
Meine Damen und Herren, dass wir jetzt besser dastehen als andere Bundesländer, hat seinen Grund. Das ist unser aller Erfolg und darauf, finde ich, können wir stolz sein.
Weil wir besser dastehen, weil die Infektionszahlen bei uns niedriger sind und weil wir es geschafft haben, den Wert wieder unter 50 zu drücken, ist es auch nur folgerichtig, dass die Maßnahmen zukünftig inzidenzabhängig ausgestaltet werden. Eine Verschärfung von Maßnahmen kommt deshalb für Schleswig-Holstein überhaupt nicht in Betracht.
Strengere Kontaktbeschränkungen und Einschränkungen für den Einzelhandel sind dort richtig, wo die Infektionszahlen landesweit deutlich über 50 liegen, aber eben nicht bei uns in Schleswig-Holstein.
Stattdessen sind wir bei uns im Land in der Lage, körpernahe Dienstleistungen wieder zuzulassen sowie Tierparks und Zoos wieder zu öffnen. Das sind kleine Erleichterungen, die am strengen SchleswigHolsteiner Kurs nicht viel ändern, aber die Beschränkungen doch etwas erträglicher gestalten.
Bei einer infektionsabhängigen Ausgestaltung der Coronamaßnahmen muss es zuallererst darum gehen, für die Regionen mit besonders hohen Infektionszahlen verschärfte Regeln zu definieren. Das hatten sich die Bundesländer Mitte November bei der Halbzeitanalyse eigentlich auch schon vorgenommen.
Jetzt geht bundesweit durch die Medien, dass es im Thüringischen Landkreis Hildburghausen eine Inzidenz von sage und schreibe 600 gebe, deshalb habe in dieser Woche der CDU-Landrat die Schließung aller Schulen und Kitas für fünf Tage sowie erste Ausgangsbeschränkungen angeordnet. In anderen Bundesländern ist davon nach meiner Wahrnehmung bislang wenig zu sehen. Das darf nicht so weitergehen.
Man hat eher das Gefühl, meine Damen und Herren, dass sich alle Länderregierungen, egal ob Aoder B-Seite, vor diesen unangenehmen Entscheidungen ein Stück weit drücken wollen und sich lieber hinter bundesweit einheitlichen Regelungen verstecken. Es ist deshalb sehr gut, dass im MPKBeschluss jetzt endlich eine inzidenzabhängige Unterscheidung zwischen Regionen mit einer Inzidenz von mehr als 200 Fällen je sieben Tage pro 100.000 Einwohnern und solchen Regionen vorgenommen wurde, die eine Inzidenz von weniger als 50 innerhalb von sieben Tagen aufweisen.
Worin diese verschärften Maßnahmen bei Inzidenzen von mehr als 200 bestehen sollen, ist aber nach wie vor offengeblieben. Meine klare Erwartungshaltung wäre gewesen, in Abhängigkeit vom jeweiligen Infektionsgeschehen verbindliche Maßnahmen für solche Hotspots zu vereinbaren.
Verschärfte Regeln in diesen Regionen hätten die anderen Bundesländer allerdings auch schon vorher ergreifen können.
Man muss nicht auf eine bundesweite Vereinbarung warten, um zu erkennen, dass bei Inzidenzen von über 250, 300 oder sogar 400 ein schärferes Eingreifen erforderlich ist. Das kann man auch schon in Eigenverantwortung machen, das hätte jedes Bundesland in eigener Verantwortung bereits tun können.
Immerhin soll jetzt die Anzahl der Kontakte bei Zusammenkünften im privaten Bereich beschränkt werden. Die war in Schleswig-Holstein schon die ganze Zeit auf zehn Personen begrenzt. Fassungslos mussten wir erleben, dass während der Sommermonate und selbst während des Lockdowns im November in den allermeisten Bundesländern dafür keine Regelungen bestanden und sogar Feiern mit bis zu 100 Personen im privaten Bereich nach wie vor möglich waren.
Jetzt haben die Ministerpräsidenten und die Bundesregierung vereinbart, dass in den nächsten drei Wochen die Kontaktbeschränkungen etwas strenger ausfallen sollen als in Schleswig-Holstein, um die Regeln dann zu Weihnachten gleich wieder zu lockern. - Ob das der richtige Weg ist, da habe ich gewisse Zweifel. Deswegen bleibt es bei uns in Schleswig-Holstein bei der bewährten und erprobten Regelung von zehn Personen exklusive Kindern. Damit sind wir auch für die Weihnachtsfeiertage gut aufgestellt.
Meine Damen und Herren, auch an einer anderen Stelle lösen die bundesweit geplanten Verschärfungen keinen Änderungsbedarf in Schleswig-Holstein aus, nämlich bei den Regelungen zur Maskenpflicht an Schulen. Die jetzt vorgesehenen Verschärfungen bleiben immer noch hinter dem zurück, was bei uns im Land schon seit den Herbstferien gilt: Maskenpflicht auf dem Schulgelände und im Unterricht ab Klasse 5 sowie in Grundschulen ab einer 50er-Inzidenz. Das ist die klare Regelung bei uns in Schleswig-Holstein. Im Unterschied dazu sieht der MPKBeschluss für Grundschulen sowie für 5. und 6. Klassen nur eine Kann-Regelung vor.
Ich finde es unbegreiflich, dass Bundesländer mit deutlich höheren Infektionszahlen als SchleswigHolstein nach wie vor nicht bereit sind, ebenso strenge Regelungen anzulegen, wie wir es bei uns in Schleswig-Holstein tun.
Sinnvollerweise ist jetzt immerhin vereinbart worden, dass bei einer Inzidenz von über 200 weitergehende Maßnahmen zur Unterrichtsgestaltung schulspezifisch umgesetzt werden sollen. Auch mit der Einführung von Wechsel- oder Hybridunterricht muss man aber nicht warten, bis die Zahl von 200 Neuinfektionen überschritten wird. Auch da darf man gern vorher tätig werden. Ich finde, bei uns in Schleswig-Holstein sollten wir das auch tun. Wenn es einzelne Kreise oder Städte gibt, bei denen sich diese Entwicklung dynamisch in die Richtung von 200 bewegt, ist ein früheres Eingreifen aus meiner Sicht durchaus geboten.
Meine Damen und Herren, wir waren das ganze Jahr über vorsichtig, wir haben strenge Regeln, und das ist auch gut so. Da haben die anderen Bundesländer noch erheblichen Nachholbedarf, und genau darauf wird es in der Zukunft umso mehr ankommen.
Wir alle haben die Hoffnung, dass wir im Januar 2021 weitere Öffnungsschritte vornehmen können. Sollte es den anderen Bundesländern aber im Laufe des Dezembers 2020 nicht gelingen, das Infektionsgeschehen wieder auf eine Inzidenz unter 50 zu drücken, dann sind auch im Januar weitere Beschränkungen zu befürchten.
Mit unserem heutigen Antrag bringen wir deshalb die klare Erwartungshaltung zum Ausdruck, dass der Bund in einem solchen Fall weiter die Wirtschaftshilfen gewährt, wie das jetzt für November und Dezember der Fall ist. Nun mehren sich auf Bundesebene die Stimmen, die die finanzielle Belastung des Bundes mit den Ländern teilen wollen. Sollte es dazu kommen, würde Schleswig-Holstein doppelt und dreifach bestraft werden: Bei den Ausgleichszahlungen für das Bereithalten freier Krankenhausbetten gehen wir schon jetzt weitgehend leer aus, obwohl die anderen Bundesländer diese freien Kapazitäten bei Bedarf gern in Anspruch nehmen würden. Deshalb fordern wir hier weitere Nachverhandlungen.
Fortgesetzt hohe Infektionszahlen in anderen Bundesländern würden auch uns im nächsten Jahr weiterhin Beschränkungen auferlegen. Für die Finanzierung der erforderlichen Wirtschaftshilfen würden wir dann auch noch zur Kasse gebeten werden.
Wir können doch nicht dafür bezahlen, dass andere Bundesländer mit ihren Coronaregeln die zweite Welle mit begünstigt haben, während wir hier strengere Regeln praktiziert haben!
Mit den Notkrediten in diesem Jahr und den konjunkturell bedingten Steuerausfällen ist SchleswigHolstein bereits jetzt an der Grenze seiner finanziellen Leistungsfähigkeit angelangt. So sehr auch ich mir Sorgen um die ausufernde Staatsverschuldung im Bundeshaushalt mache, so klar und deutlich muss ich aber auch sagen: Die Lösung kann nicht darin bestehen, Schleswig-Holstein noch weitere finanzielle Lasten aufzubürden.
Meine Damen und Herren, zum Abschluss noch ein paar Worte zu den vor uns liegenden Feiertagen. Auch im Coronajahr 2020 fallen Weihnachten und Silvester nicht aus, sondern eine Feier im Kreis der Familie wird im Rahmen unserer Kontaktbeschränkungen selbstverständlich möglich sein.
Ich bin mir sehr sicher, dass sich die SchleswigHolsteinerinnen und Schleswig-Holsteiner auch an diesen besonderen Tagen so verantwortungsvoll verhalten werden, wie sie es das ganze Jahr über getan haben.
Meine abschließende Bitte richtet sich deshalb an die Kirchen und Religionsgemeinschaften: So sehr Weihnachtsgottesdienste und Christmetten zu Weihnachten gehören, so sehr müssen wir darauf achten, dass nicht gerade diese Veranstaltungen die dritte Coronawelle auslösen.
Deshalb braucht es auch hier Regeln zur Kontaktvermeidung und kreative und neue Veranstaltungsformen, um am Heiligabend Gottesdienste durchführen zu können.
Auch diesen Aspekt haben wir deshalb in unseren heutigen Antrag aufgenommen, der hoffentlich gleich verteilt werden wird.