Für die Landesregierung hat nun der Minister für Inneres und Bundesratsangelegenheiten, Stefan Studt, das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Der Landtag bittet die Landesregierung, die Umsetzung der Mietpreisbremse in Schleswig-Holstein auf den Weg zu bringen. Die Möglichkeit ist den Ländern durch das Mietrechtsnovellierungsgesetz seit dem 1. Juni 2014 gegeben. Grundlage ist ein Entwurf der Großen Koalition. Herr Lehnert, an der Stelle wundere auch ich mich über Ihre Ausführungen.
Das Kabinett hat zur Umsetzung dieser Möglichkeit an diesem Dienstag einen Verordnungsentwurf beschlossen und in das Beteiligungsverfahren übergeben, um Preissteigerungen auf angespannten Wohnungsmärkten zu begegnen, also dann, wenn die ausreichende Versorgung zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet ist. Wir sind auf dem Weg, aber natürlich noch lange nicht am Ziel.
Einerseits besteht die Notwendigkeit, bezahlbares Wohnen mit allen Mitteln zu sichern, andererseits stellt eine Begrenzung der Mieten eine nicht unerhebliche Beeinträchtigung der Grundrechte auf Eigentum und Vertragsfreiheit dar. Es muss daher in einer strengen Verhältnismäßigkeitsprüfung gecheckt werden, wie diese Dinge zueinander stehen. Erforderlich ist die Festlegung der betroffenen Kommunen durch eine konsequent angewandte und ergebnisoffene Methode sowie eine aktuelle Datenanalyse, die höchstmögliche Rechtssicherheit schafft.
Die Mietpreisbremse muss also dort entschlossen durchgesetzt werden, wo die Wohnungsmärkte durch wachsenden Bedarf und steigende Mieten hinreichend angespannt sind. Gegen den ausdrücklichen Änderungswunsch des Bundesrates hat der Bundestag im weiteren Gesetzgebungsverfahren allerdings nicht auf die Festlegung von Einzelkriterien im Bundesgesetz verzichtet. Diese binden nun gleichermaßen Flächenländer wie Stadtstaaten, obwohl die regionalen Voraussetzungen und Gegebenheiten unterschiedlich sind.
Auf der Basis der bundesgesetzlichen Vorgaben wurden neun Angebots-, Nachfrage- und Marktindikatoren gutachterlich ermittelt, auf der Basis einer kommunalen Selbsteinschätzung werden derzeit in Schleswig-Holstein die Kommunen unterschiedlicher „Anspannungsstufen“ transparent und nachvollziehbar identifiziert. Bei Erreichen eines sich aus dem System ergebenden Grenzwerts gelten die so bestimmten Kommunen als Gebiete mit hinreichend angespannten Wohnungsmärkten und werden in die Verordnung zur Mietpreisbremse aufgenommen.
Festzustellen ist allerdings auch, dass das „Bauchgefühl“, wo in Schleswig-Holstein Wohnungsmärkte vermutlich angespannt sind, nur teilweise mit der Analyse der bundesrechtlich begründeten Indikatoren übereinstimmt. Nach dem jetzigen Entwurf werden - das haben wir schon gehört - zehn Kommunen von der Verordnung zur Mietpreisbremse erfasst, insbesondere im engeren Hamburger Rand und auf der Insel Sylt. Weitere fünf Gemeinden können aufgrund einer kommunalen Stellungnahme noch aufgenommen werden, unter anderem die kreisfreien Städte Kiel und Flensburg sowie Norderstedt. Weitere Kommunen vor allem aus dem Hamburger Rand befinden sich nach Auswertung der Indikatoren und der kommunalen Selbsteinschätzung in einem Gefährdungsbereich, der noch nicht die Ultima Ratio einer Mietpreisbremse rechtfertigt. Allerdings legen die Ergebnisse im Rahmen
der kommunalen Daseinsvorsorge und der Förderung durch das Land wohnungspolitische Maßnahmen in diesem Bereich durchaus nahe.
Die geprüften Kommunen können nach einer sogenannten Gefährdungskaskade in drei Gruppen eingeteilt werden. Erstens. Es herrscht ein angespannter Wohnungsmarkt im Sinne der Mietpreisverordnung mit der Rechtsfolge einer Mietbeschränkung bei Mietbeginn. Wohnungspolitische Maßnahmen müssen gezielt eingesetzt werden. Zweitens. Es herrscht ein Wohnungsmarkt mit Anspannungstendenzen, der einer besonderen Beobachtung bedarf und für den wohnungspolitische Maßnahmen durch Kommune und Land zu prüfen sind. Drittens. Es herrschen - noch - entspannte Wohnungsmärkte.
Eine Nichtaufnahme in den Geltungsbereich der Mietpreisverordnung rechtfertigt kein Sich-Zurücklehnen. Soweit aufgrund der Analyse und der kommunalen Selbsteinschätzung eine Anspannungstendenz erkennbar ist, hat in erster Linie die Kommune den Auftrag, im Rahmen der Daseinsvorsorge eine negative Entwicklung zu stoppen.
Mögliche Maßnahmen dazu sind das Bauplanungsrecht, städtebauliche Anforderungen und insbesondere auch die Vergabe eigener Grundstücke auf der Basis von Konzepten zur Realisierung von bezahlbarem, gefördertem Wohnraum statt einer Abgabe gegen Höchstpreis.
Wir haben auch schon gehört, dass das Land im Rahmen seiner Möglichkeiten, vor allem durch gezielte Hilfen wie das Wohnraumförderungsprogramm 2015 bis 2018, die sogenannte Offensive für bezahlbares Wohnen mit den kommunalen Förderbudgets für die kreisfreien Städte und den Hamburger Rand unterstützt. Wir wissen, dass die Mietpreisbremse allein das Problem fehlender Wohnungen nicht lösen wird. Auch die Landesregierung betrachtet die Mietpreisbremse als Notbremse, die einer strengen Verhältnismäßigkeitsprüfung unterliegt.
An die CDU- und FDP-Fraktion richte ich allerdings die Frage, warum wir diese Notbremse nicht ziehen soll, wenn - wie auf Sylt - bei hoher Nachfrage die Kaltmiete 17 € und mehr beträgt.
Natürlich erschöpfen sich unsere Anstrengungen nicht im Erlass der Mietpreisverordnung, die ohnehin nur für fünf Jahre gilt. Bleiben wir einmal beim Beispiel Sylt: Schon im letzten Jahr haben wir besonders attraktive Förderkonditionen für die Inseln geschaffen und einen Masterplan Sylt aufgelegt, der mit 30 Millionen € Fördermitteln ausge
stattet ist. Landesliegenschaften auf Sylt stehen zu besonders günstigen Erbbauzinsen für das Dauerwohnen zur Verfügung. Vergleichbare Modelle und Szenarien gibt es mit einem weiteren Schwerpunkt im Hamburger Rand.
Uns ist durchaus bewusst, dass es immer wichtig ist, das Gesamtbündel der wohnungspolitischen Maßnahmen in den Blick zu nehmen und auf die Schaffung bezahlbaren Wohnraums hinzuwirken.
Zurück zur Mietpreisbremse, zur Mietpreisverordnung. Bislang haben Berlin, Hamburg und Nordrhein-Westfalen eine solche Verordnung eingeführt. In Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Bremen, Brandenburg, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein wird an dem Erlass gearbeitet. Die Tendenz ist bundesweit aufgrund des stärkeren Eingriffs in Artikel 14 des Grundgesetzes und der dementsprechend höheren Zulässigkeitsanforderungen, dass weniger Gemeinden in die Mietpreisbremse aufgenommen werden als in die Kappungsgrenzenverordnung.
Zu unserem eigenen Verfahren: Wir haben die Beteiligungsphase jetzt eingeleitet; sie läuft bis Ende September. Es folgt die zweite Kabinettsbefassung. Die Verordnung soll im vierten Quartal in Kraft treten.
Herr Abgeordneter Breyer, zum Wohnungsaufsichtsgesetz haben Sie nachgefragt. Ich kann Ihnen mitteilen: Das ist in Bearbeitung, es ist aber noch nicht vorlagereif. - Herzlichen Dank.
Vielen Dank. - Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Ich schließe die Beratung. Soweit ich der Debatte gefolgt bin, ist Abstimmung in der Sache beantragt. Ist das richtig?
Ich lasse zunächst über den Änderungsantrag der Fraktion der CDU, Drucksache 18/3217, abstimmen. Wer diesem Antrag seine Zustimmung erteilen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. Das sind die Fraktionen von FDP und CDU. Wer lehnt diesen Antrag ab? - Das sind die Abgeordneten von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW und PIRATEN. Gibt es Enthaltungen? - Das ist
Ich lasse jetzt über den Antrag der Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abgeordneten des SSW, Drucksache 18/3186, abstimmen. Wer diesem Antrag seine Zustimmung erteilen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind die Abgeordneten von SPD, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN, SSW und PIRATEN. Wer lehnt diesen Antrag ab? - Das sind die Fraktionen von CDU und FDP. Gibt es Enthaltungen? - Das ist nicht der Fall. Damit ist dieser Antrag gegen die Stimmen von FDP und CDU mit den Stimmen von PIRATEN, SSW, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD angenommen.
Antrag der Fraktionen von CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP, PIRATEN und der Abgeordneten des SSW Drucksache 18/3187 (neu) - 3. Fassung
Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich eröffne die Aussprache und erteile dem Abgeordneten Christopher Vogt von der Fraktion der FDP das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Dichter Matthias Claudius sagte einst den berühmten Satz:
Da der gebürtige Reinfelder im 18. und im frühen 19. Jahrhundert lebte, ist davon auszugehen, dass Herr Claudius und seine Zeitgenossen nie das Vergnügen hatten, mit der Bahn von beziehungsweise nach Schleswig-Holstein zu reisen und davon erzählen zu können. Dies sollen nach dem Willen der Bahn schon sehr bald auch weniger unserer Zeitgenossen tun können.
Das neue Fernverkehrskonzept der Bahn sieht nach Auskunft der Landesregierung eine ganze Reihe von Änderungen im Fernverkehr vor. Besonders
eine geplante Änderung sehen wir sehr kritisch: Wenn es nach der Bahn geht, wird man ab Dezember nicht mehr mit dem ICE aus der Landeshauptstadt in die Bundeshauptstadt und andersherum fahren können. Der ICE soll zukünftig auf der Strecke Kiel-Berlin durch EC ersetzt werden und von Berlin aus nur noch bis nach Hamburg fahren und nicht mehr weiter nach Schleswig-Holstein.
Zudem soll der ICE auf der Achse Hamburg-Aarhus und damit die Direktverbindung DänemarkFlensburg-Berlin entfallen.
Meine Damen und Herren, vor knapp zwei Monaten hatte der Wirtschaftsausschuss wieder einmal seinen regelmäßigen Austausch mit der Bahn zu aktuellen Themen. Ich hatte dafür im Vorfeld der Sitzung bei der Bahn auch das neue Fernverkehrskonzept angemeldet, über das in den Medien teilweise berichtet wurde. Mir wurde vonseiten der Bahn mitgeteilt, dass man zu diesem Konzept noch nichts sagen wolle.
Nun mussten wir zwischenzeitlich aus der Zeitung erfahren, welche negativen Folgen dieses Konzept für unser Bundesland hat. Das ist offen gestanden nicht das, was ich als gute Informationspolitik oder als guten Austausch zwischen Parlament und Bahn bezeichnen würde.
Meine Damen und Herren, gerade im Hinblick auf die geplante Olympiabewerbung Kiels ist dieser Plan natürlich ein ganz schlechtes Signal für unsere Landeshauptstadt und für unser Bundesland insgesamt.
Herr Kollege Baasch, dass Sie nicht Bahn fahren und zudem ungern nach Kiel fahren, das wissen wir. Andere Leute wollen das aber vielleicht, und für diese Leute wollen wir uns mit unserem Antrag einsetzen.
Meine Damen und Herren, ich finde, dieser Schritt der Bahn zeugt nicht gerade von hoher Sensibilität. Das Unternehmen muss sich entscheiden, ob es die Olympiabewerbung Kiels unterstützen oder tatsächlich weiter konterkarieren will.
Meine Damen und Herren, ich bin aber auch wieder einmal von der schlechten Lobbyarbeit dieser Landesregierung enttäuscht. Es wird immer deutlicher, dass unser Bundesland im Bereich der Verkehrspolitik leider keine ernst zu nehmende Lobby in Berlin hat. Das schadet uns.
schnell ändert. Vom Hohen Haus sollte nun das deutliche Signal ausgehen, das der Bahn klarmacht: So geht es nicht!