Mit dem Antrag in der Drucksache 18/3051 wird ein Bericht in dieser Tagung erbeten. Ich lasse zunächst darüber abstimmen, ob der Bericht in dieser Tagung gegeben werden soll. Wer so beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Damit ist dies einstimmig so beschlossen.
Ich erteile sodann das Wort für die Landesregierung dem Herrn Minister für Inneres und Bundesangelegenheiten, Stefan Studt.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich mit der Frage nach den Gipfeln beginnen. Diese Ereignisse sind in diesen Tage ja in aller Munde. G-7-Außenministertreffen in Lübeck, G-7-Staatschefs in Elmau - und dazwischen der vermeintliche Polizeigipfel in SchleswigHolstein. Was medial als solcher beschrieben wurde, war tatsächlich die verabredungsgemäße Übergabe der polizeilichen Arbeitsgruppenergebnisse zur Wasserschutzpolizei und Verkehrsüberwachung von unserem Landespolizeidirektor Höhs an unseren Polizei-Abteilungsleiter Muhlack. Meine Staatssekretärin war während dieser Tage in Berlin. Ich selber war mit dem Kabinett in Brüssel. Es konnte an diesen Tagen also gar keinen Polizeigipfel geben. Demzufolge gibt es auch zu diesem Termin nichts zu berichten.
Gern will ich aber die echten Gipfel in diesem Jahr zum Anlass nehmen, um auf die aktuelle Belastungssituation unserer Landespolizei einzugehen. Die alle sieben oder acht Jahre wiederkehrenden Ereignisse eines weltpolitischen Gipfels in Deutschland haben allein durch das Ereignis, das wir in Lübeck ausrichten durften, sehr viele unserer Kräfte und unendlich viele Stunden gebunden.
Dass dazu in diesem Jahr auch noch die Einweihung der EZB in Frankfurt und der große Gipfel in Elmau kamen, sei nur noch am Rande erwähnt. Wir haben über alle diese Aspekte schon in den vergangenen Sitzungen mehrfach diskutiert.
Dass all dies aber in einer geschlossenen Polizeipersonalstruktur nicht einfach wegzustecken ist und natürlich bis ins letzte Glied wirkt, haben unsere Direktionsleiter zu Recht angemerkt und auf die besonderen Belastungen hingewiesen. Hierüber sind wir miteinander in einem sehr intensiven Diskurs. Gerade gestern haben wir in einer Runde mit allen Direktionsleitern und den Spitzen der Landespolizei noch einmal herausgearbeitet, dass es in diesen Fragen überhaupt keinen Dissens gibt.
Im Gegenteil gibt es Einvernehmen über den Weg zur Umsetzung des Stellenabbaus, aber auch über die Ideen zur Regulierung zusätzlicher Bedarfe. Denn die Belastungssituation bei der Landespolizei wird schon seit jeher geprägt durch die Personalstärke auf der einen und die Aufgabenlage auf der anderen Seite.
Von Beginn meiner Verantwortung an war mir wichtig, bei all dem immer beide Seiten zu betrachten. So darf es bei der sowieso schon angespannten Lage keine Stellenreduzierung ohne Aufgabenwegfall oder zumindest entsprechende Aufgabenreduzierung geben. Genau in diesem Sinne ist auch das von mir im Dezember 2014 vorgelegte Eckpunktepapier aufgebaut: Erst kommt die Aufgabenkritik, und nur nachlaufend kann die Personalstärke angepasst werden.
Die Steuerung der Personalstärke erfolgt - das ist bei der Polizei ganz normal - über die Einstellung von Nachwuchskräften. Ursprünglich war vorgesehen, schon 2015 die Einstellungszahlen von Nachwuchskräften im Verhältnis zu den voraussichtlichen Personalabgangszahlen um 30 zu reduzieren. Im Februar 2015 habe ich im Lichte der zusätzlichen Personalbedarfe unter anderem bei der Sicherung von Flüchtlingseinrichtungen und im Einvernehmen mit der Landesregierung entschieden, davon Abstand zu nehmen. Damit schaffen wir auch eine Kontinuität in der Auslastung unserer Ausbildungseinrichtungen.
Für die Nachwuchseinstellung 2016 steht sogar in Aussicht, dass wegen des doppelten Abiturjahrgangs allein bei der Landespolizei im Vorgriff auf die kommenden Jahre 45 Stellen mehr besetzt werden, als nach den voraussichtlichen Altersabgängen 2018/2019 notwendig wäre.
Über die weiteren Nachwuchseinstellungszahlen 2017 wird, wie es ganz normal ist, jeweils einige Monate vor dem jeweiligen Einstellungsverfahren zu entscheiden sein.
Nun ein Blick auf die andere Seite, die Aufgabenlage. Voraussichtlich in den kommenden Wochen wird über das Konzept zur Neuausrichtung der Wasserschutzpolizei und der Verkehrsüberwachung befunden werden. Ziel ist die Herbeiführung eines Belastungsausgleichs zwischen Wasserschutzpolizei und der allgemeinen Schutzpolizei. Relativ zeitnah - so kann man es auch in meinem Bericht aus dem Dezember 2014 nachlesen - sollen aus dem Bereich der Wasserschutzpolizei rund 60 Stellen in die defizitär hinterlegten Einsatzbereiche der Schutzpolizei umgesteuert werden. Diese Maßnahme hat mit dem allgemeinen Stellenabbau also gar nichts zu tun.
Einschränkungen im Bereich der Kernaufgaben unserer Wasserschutzpolizei, also beim Bootspräsenzdienst auf Nord- und Ostsee, bei Schiffs- und Gefahrgutkontrollen oder den schifffahrtspolizeilichen Aufgaben wird es dabei aber nach den überzeugenden Ausführungen der innerpolizeilichen Arbeitsgruppe nicht geben.
Im Dezember 2014 habe ich darüber hinaus beschrieben, wie die bis 2020 wegfallenden maximal 122 budgetrelevanten Stellen mit zum Teil deutlich vorlaufendem Aufgabenwegfall unterlegt werden sollen. Hierbei handelt es sich zum Beispiel um den klassischen IT-Service aus dem Landespolizeiamt, der auf den landeseigenen ITDienstleister Dataport zu übertragen ist. Nach Einschätzung des CIO unserer Landesregierung wird es möglich sein, dass Dataport wegen der Synergien mit anderen Fachbereichen im Land, aber auch mit anderen Ländern mit vergleichbaren Strukturen, diese Aufgaben mit spürbar weniger Personal wird wahrnehmen können. 30 budgetrelevante Stellen könnten damit im System der Landespolizei verbleiben und zunächst auch für die Stärkung defizitärer Bereiche und allenfalls zum Ende des Jahr
Weitere Bereiche sind mit der Big Band und der Verkehrsüberwachung benannt. Hier werden die Aufgaben künftig ganz entfallen oder konzentriert werden. Das Personal - zum Beispiel aus der Verkehrsüberwachung - kann dann zunächst auch in andere Bereiche umgesteuert werden.
Diesen Prozess, den die Landespolizei nach den politischen Entscheidungen zum Stellenabbau im Jahr 2013 und zu den Rahmenbedingungen einer Umsetzung im Dezember 2014 aufgesetzt hat, nehme ich als konstruktiv, loyal und sehr zielführend wahr. Dafür bin ich den Behördenleitern, aber insbesondere den Arbeitsgruppenmitgliedern, ausgesprochen dankbar.
Die beschriebenen Maßnahmen skizzieren auch, dass es selbst bei einem Stellenabbau am Ende des Jahrzehnts in den relevanten schutzpolizeilichen Kernbereichen in keinem Fall zu Personalreduzierungen kommen wird. Das war für mich persönlich immer meine oberste Prämisse: trotz Personalabbauvorgabe keine Schwächung in den Bereichen Einsatz, Ermittlung und Prävention.
Deshalb gilt - wie oben bereits skizziert -, dass ganz neue Aufgaben nicht ohne adäquaten Aufgabenwegfall an anderer Stelle oder nur durch zusätzliches Personal realisierbar sind.
Die positiven Einstellungszahlen in 2015 und 2016 in Verbindung mit einer schon sehr zeitnahen Reduzierung von Aufgabenwahrnehmungen sowie dem zeitnahen Umsteuerungsprozess bei der Wasserschutzpolizei bieten der Polizeiführung relevante Personalsteuerungsmöglichkeiten an. Diese gilt es jetzt zeitnah auszufüllen. Denn die Aufgabenkonzentration kommt jetzt, der tatsächliche Stellenabbau wirkt sich aber tatsächlich erst am Ende der Dekade aus. Sollte dieses Umsteuerungspotential im System nicht reichen, muss künftig vielleicht auch die eine oder andere Unterstützungsleistung für andere Landespolizeien etwas geringer ausfallen als bislang. Sicher gilt es auch, gemeinsam mit den großen Fußballvereinen im Land nach Lösungen zu suchen, dass nicht bis zu 900 Einsatzkräfte manches Heimspiel sichern müssen.
Lassen Sie mich zusammenfassen und einige mir darüber hinaus wichtige Punkte ansprechen: Die Belastungssituation unserer Landespolizei ist bedingt durch die geschilderten Ereignisse in diesem
ersten Halbjahr besonders hoch. Aber auch ohne diese Ereignisse - das ist wichtig zu sagen - sind für die Zukunft immer wieder einzelne Aufgabenbereiche kritisch zu hinterfragen, neue Aufgaben zu bewerten und unterschiedliche Belastungen weiter auszugleichen. Mit dem Behördenleiterkreis bin ich insofern fest verabredet, hierzu in einem engen Dialog zu bleiben.
Bereits im Sommer 2014 hat die Landespolizei gemeinsam mit meinem Haus die Regelsituation analysiert, personelle Mehrbedarfe herausgearbeitet und Umsteuerungsmöglichkeiten aufgezeigt. Im Dezember 2014 habe ich wenige Monate nach der Amtsübernahme in einem Eckpunktepapier zur Zukunft der Landespolizei meine Vorstellungen skizziert, wie Personalentwicklung auf der einen und Aufgabengestaltung auf der anderen Seite so fortentwickelt werden können, dass es in den polizeilichen Kernbereichen Einsatz, Ermittlung und Prävention tatsächlich keine Einschränkungen geben wird.
Zum Jahreswechsel haben wir gemeinsam - Regierung und Landtag - die Verbesserungen beim Dienst zu ungünstigen Zeiten auf den Weg gebracht. Ich setze sehr auf Sie hier im Landtag, dass wir den nächsten Schritt zum kommenden Jahr auch gemeinsam hinbekommen.
Im Februar 2015 habe ich im Lichte absehbarer neuer Aufgaben wie der Sicherung weiterer Erstaufnahmeeinrichtungen entschieden, die ursprünglich für dieses Jahr vorgesehene Reduzierung der Nachwuchskräfte zurückzunehmen.
Alsbald werden wir gemeinsam mit der Polizeiführung das Konzept zur Umstrukturierung der Wasserschutzpolizei und der Verkehrsüberwachung sowie die damit einhergehende Umsteuerung finalisieren.
Die neuen Organisationsleitlinien sind bearbeitet. Es wird keine Mindestgrößenvorgabe geben und entgegen auch heute wiederholter falscher Medienberichterstattung definitiv auch keinen Auftrag, alle kleineren Dienststellen noch einmal zu überprüfen.
Vielmehr ist die unter der Vorgängerregierung initiierte Organisationsveränderung in weiten Teilen des Landes abgeschlossen. Den dann dem Erlass beizufügenden Übersichten von jeder Polizeidirektion wird zu entnehmen sein, dass damit die Prä
senz in der Fläche nachhaltig und langfristig gewährleistet bleibt. Wo diese Reform abgeschlossen ist, wie im überwiegenden Teil im Land, wird es in den kommenden Jahren eine Erfahrungsphase geben - für die Bürger, aber auch für die Kollegen. Eine neue Welle von Zusammenlegungen oder Schließungen wird es mit mir nicht geben.
Für 2016 planen wir gemeinsam mit der Staatskanzlei, die besondere Situation des doppelten Abiturjahrganges mit erhöhten Einstellungszahlen zu flankieren. Bis 2018 oder gar 2019 wird es also real keine Polizistin und keinen Polizisten weniger in diesem Land geben als heute oder auch in 2010.
Die skizzierte Personalentwicklung auf der einen und die geplanten Aufgabenänderungen auf der anderen Seite geben der Polizeiführung damit jetzt eine Reihe von Umsteuerungsmöglichkeiten an die Hand.
Nichtstun oder gar Verrat, wie ich es lesen konnte, an unserer Landespolizei sehen für mich anders aus. Gemeinsam mit meinem Haus gilt mein ganzes Bemühen, den von Ihnen hier im Parlament beschlossenen Haushalts-, Stellen- und Personalrahmen so auszuschöpfen, dass unsere Landespolizei auch in schwierigen Zeiten mit Wirkung nach außen und Gefühl nach innen bestmöglich aufgestellt ist.
Vielleicht ist es falsch, dass ich nicht jede meiner Entscheidungen offen zu Markte trage. Das Arbeiten für die Galerie ist sicherlich noch ausbaufähig. Das nehme ich aus diesen Tagen gern mit.
Trotzdem werde ich aber an meinen Besuchen vor Ort festhalten, und zwar nicht, um schöne Medienbilder zu produzieren, sondern um in der Dienstgruppe, nachts auf dem Streifenwagen oder auch auf einem unserer Boote im echten Dienstalltag über die jeweiligen Situationen und Befindlichkeiten informiert zu werden und Eindrücke mitzunehmen. Diese Gespräche sind wahrlich nicht belanglos, sondern offen, ehrlich und finden stets in einem konstruktiven Klima statt.
Dieser Austausch auf allen Ebenen und ein tiefer Einblick in die tägliche Praxis der Landespolizei sind und bleiben mir wichtig. Ich weiß nicht, wer von Ihnen schon einmal morgens um fünf Uhr einen großen Polizeieinsatz auf der Bergstraße oder nachts um drei einen Hotelbrand in Rendsburg mit