Protocol of the Session on June 18, 2015

- Das wissen wir, und das alles nehmen wir zur Kenntnis. Das diskutieren wir hier jetzt nicht.

Gerade wir in der Union diskutieren nämlich mit unseren Mitgliedern und mit der Bevölkerung intensiv und unaufhörlich. Das können Sie mir glauben. Ich stelle fest, dass es einer großen Partei sehr gut tut, wenn ihre Mitglieder miteinander diskutieren, wenn sie miteinander reden, argumentieren und wenn sie auch streiten. Das tut der Demokratie gut. Dann findet eine Meinungsbildung statt.

Wir wissen, dass es immer noch Menschen gibt, die erhebliche Bedenken dagegen haben. Das können wir hier auch nicht wegdiskutieren, bei aller großen neuen Einigkeit, die wir hier haben. Bei einigen Menschen gibt es Schwierigkeiten, dies nachzuvollziehen. Ich finde, das müssen wir auch akzeptieren. Mit diesen Menschen müssen wir reden. Dazu gehört auch die katholische Kirche.

(Beifall Uli König [PIRATEN] - Zuruf Dr. Kai Dolgner [SPD])

Dass die Ehe immer das Ziel hat, so wie es die katholische Kirche sagt, Kinder zu zeugen, stimmt ja so nicht, meine Damen und Herren. Es gibt viele Gründe, warum Ehen kinderlos bleiben. Manchmal hat es medizinische Gründe.

(Unruhe)

- Frau Präsidentin, dort hinten ist es so laut! Manchmal hat es Altersgründe. Es gibt auch viele andere Gründe. Trotzdem werden diese Menschen, diese Partner, nicht diskriminiert. Warum also Menschen diskriminieren, die gleichen Geschlechts sind und die auch dieses Ziel verfolgen?

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und PIRATEN)

Ich halte es für schwierig, immer darauf zu warten, was das Bundesverfassungsgericht gerade tut, und dann erst zu reagieren. In der Bevölkerung ist man schon viel weiter. In der Bevölkerung versteht man nicht, warum es nicht das volle Adoptionsrecht bei gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften gibt. Den logischen Unterschied zwischen einer normalen Adoption und einer Sukzessivadoption muss man einigen Leuten immer wieder erklären. Bei dem einen gibt es eine Schleife mehr, aber das Ergebnis ist bei beiden dasselbe: Das Kind hat nachher zwei Elternteile. Mal ist es ein Vater mehr, mal eine Mutter mehr. Wo ist also der Unterschied? Ich sehe keinen.

Ich denke, da sind wir alle in diesem Haus heute einen großen Schritt weiter. Ich finde, das ist das

Positive, was nach außen gehen sollte. Es gibt Trennendes, aber ich denke, das ist das Signal, das wir in die Welt, nach ganz Deutschland senden: Wir wollen, dass Eltern, die das gleiche Geschlecht haben, auch Kinder adoptieren können.

(Beifall CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Frau Kollegin, entschuldigen Sie bitte. Sie müssen auf die Uhr vor Ihnen achten und bitte zum Schluss kommen.

Ja, Frau Präsidentin. Das will ich gern tun. Ich will den Schluss jetzt einleiten. - Ich will keine unnötigen Verfahren für Adoptionseltern. Ich möchte da die Gleichstellung haben. Ich denke, bei Adoptionen werden Eltern sowieso auf Herz und Nieren geprüft. Da kann es nur richtig sein, dass es immer im Sinne der Kinder geschieht. Kinder haben keine Probleme damit, wenn sie Vater und Vater haben oder Mutter und Mutter. - Herzlichen Dank.

(Lebhafter Beifall CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und PIRATEN)

Vielen Dank. - Für die Landesregierung erteile ich das Wort der Ministerin für Soziales, Gesundheit, Wissenschaft und Gleichstellung, Kristin Alheit.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Die Zivilehe ist gleichgeschlechtlichen Paaren bis heute verwehrt. Das bedeutet eine Ungleichbehandlung aufgrund der sexuellen Identität, für die es nach Auffassung der Landesregierung keinerlei Legitimation gibt.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Von den Gegnern der Gleichstellung schwuler und lesbischer Paare wird gern die These vertreten, es sei das Wesen der Ehe, die Verbindung eines Mannes mit einer Frau zu sein. Wer das sagt, der ignoriert allerdings, dass die Zivilehe in unserer Rechtsordnung im BGB institutionalisiert und dem Wandel zugänglich ist, in gesellschaftlicher und auch in rechtlicher Hinsicht. Teil des Wesens der Ehe war nämlich einmal, dass der Mann weitreichende Ent

(Katja Rathje-Hoffmann)

scheidungsrechte über seine Ehefrau hatte, dass der Ehemann das Recht hatte, von der Frau geschlossene Verträge zu kündigen, dass die Berufstätigkeit der Frau von der Zustimmung des Ehemannes abhängig war und - was heute gern vergessen wird dass bis Ende der 1980er-Jahre Ehe auch Straflosigkeit der Vergewaltigung der Ehefrau durch ihren Mann bedeutete.

(Beate Raudies [SPD]: Genau!)

Als Frau und Gleichstellungsministerin sage ich Ihnen ganz deutlich: Dass dies heute nicht mehr so ist, sehe ich als wesentlich weitreichendere Veränderung des Wesens der Ehe an, als die Öffnung für Paare gleichen Geschlechts es je sein könnte.

(Lebhafter Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Für unsere Gesellschaft und für die Vollendung der Gleichstellung schwuler und lesbischer Bürgerinnen und Bürger ist die Öffnung allerdings ein ganz wichtiger und bedeutender Schritt. In etlichen Ländern Europas und der Welt wurde dieser Schritt längst gegangen, zuletzt, wie wir eben gehört haben, in Irland durch einen Volksentscheid.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Landesregierung hat erklärt, rechtliche und gesellschaftliche Initiativen zu ergreifen und zu unterstützen, um die rechtliche und auch faktische Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung zu beenden. Nicht zuletzt deshalb haben wir in Kooperation mit dem Lesbenund Schwulenverband Schleswig-Holstein den Aktionsplan „Echte Vielfalt“ erstellt. Ziel ist es, gesellschaftliche Felder, auf denen Homophobie und Diskriminierung besonders gravierend sind, zu identifizieren, damit Unterstützungsmöglichkeiten und Stärkung für Betroffene angeboten und gesellschaftliche Veränderungsprozesse initialisiert werden können.

Schleswig-Holstein ist der Koalition gegen Diskriminierung beigetreten, die Teil einer bundesweiten Offensive für eine diskriminierungsfreie Gesellschaft ist. Bei der Bürgerbeauftragten für soziale Angelegenheiten wurde eine Antidiskriminierungsstelle eingerichtet, die von Diskriminierung betroffene Bürgerinnen und Bürger berät. Auch auf Bundesebene - um diese geht es ja auch in den vorliegenden Anträgen - setzt sich Schleswig-Holstein für gleiche Rechte für sexuelle Vielfalt ein.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben im Jahr 2013 eine Bundesratsinitiative für ein Gesetz zur Gleichstellung der Lebenspartnerschaften mit der Ehe im Einkommensteuerrecht als mitan

tragstellendes Land unterstützt. Ebenfalls im Jahr 2013 haben wir den Entwurf eines Gesetzes zur Einführung des Rechtes auf Ehe für gleichgeschlechtliche Personen beim Bundesrat eingebracht, und zwar gemeinsam mit Rheinland-Pfalz, Hamburg, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen.

Im Jahr 2014 - Sie erinnern sich vielleicht noch an die Debatte in diesem Haus - haben wir uns im Bundesrat für gleiche Rechte für gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften bei Adoption eingesetzt, federführend gemeinsam mit dem Land SachsenAnhalt.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Ganz aktuell beabsichtigen wir, uns im Bundesrat einem Entschließungsantrag aus Rheinland-Pfalz anzuschließen.

Bundesregierung und Bundesrat sind gefordert, die verfassungswidrige Diskriminierung eingetragener Lebenspartnerschaften zu beenden. Sie sind gefordert, eine vollständige Gleichbehandlung der Ehe von gleich- und verschiedengeschlechtlichen Paaren im gesamten Bundesrecht herzustellen. Dies umfasst insbesondere die Öffnung der Ehe und die Schaffung eines vollen gemeinschaftlichen Adoptionsrechtes für gleichgeschlechtliche Paare.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Es darf keine unterschiedlichen Regelungen für die gleiche Situation geben; denn zwei Menschen bekennen sich zueinander. Diese Maxime, meine sehr geehrten Damen und Herren, wird diese Landesregierung immer vehement vertreten.

(Anhaltender Beifall SPD, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und SSW)

Vielen Dank. - Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Ich schließe die Beratung. Wir kommen zur Abstimmung. Ich teile Ihnen zunächst mit, dass sich die Fraktionen darauf verständigt haben, dass beide Anträge abgestimmt werden sollen. Ich schlage Ihnen daher vor, die beiden zu eigenständigen Anträgen zu erklären. - Dazu sehe ich keinen Widerspruch.

Die SPD-Fraktion hat namentliche Abstimmung über den Antrag der Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP, PIRATEN und der Abgeordneten des SSW beantragt. Hierbei handelt es sich um Drucksache 18/3076 (neu). Sie kennen

(Ministerin Kristin Alheit)

1 Das Ergebnis der namentlichen Abstimmung liegt als Anlage bei

die Regelungen nach § 23 Absatz 2 unserer Geschäftsordnung, wonach die namentliche Abstimmung durchgeführt wird, wenn mindestens 18 Abgeordnete diese verlangen. 18 Abgeordnete hat die SPD-Fraktion, deshalb werden wir jetzt zur namentlichen Abstimmung kommen. Ich lasse zunächst über diesen Antrag Drucksache 18/3076 (neu) , abstimmen und bitte die Schriftführer mit der namentlichen Abstimmung zu beginnen.

(Namentliche Abstimmung) 1 Meine Damen und Herren, wir haben ein Abstimmungsergebnis. Es sind 68 Abgeordnete anwesend, davon haben 46 Abgeordnete mit Ja gestimmt, und 22 Abgeordnete haben sich der Stimme enthalten. Damit ist der Antrag Drucksache 18/3076 (neu) angenommen.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP, PIRATEN und SSW)

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der CDU, Drucksache 18/3113. Wer diesem Antrag seine Zustimmung erteilen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe? Enthaltungen? - Damit ist dieser Antrag einstimmig angenommen. - Ich danke Ihnen.

(Beifall CDU)

Meine Damen und Herren, ich rufe nun die Tagesordnungspunkte 39 und 40 auf:

Gemeinsame Beratung

a) Tätigkeitsbericht 2014 der Bürgerbeauftragten für soziale Angelegenheiten des Landes Schleswig-Holstein bei dem Präsidenten des Schleswig-Holsteinischen Landtages

Drucksache 18/2911

b) Tätigkeitsbericht 2013/2014 der Antidiskriminierungsstelle des Landes Schleswig-Holstein

Drucksache 18/2912