Protocol of the Session on September 28, 2012

Heute greifen Sie dieses Gutachten auf, das zu dem Schluss kommt: Am besten sollte es mit Hamburg unter dem Rahmenstaatsvertrag ein gemischtes Abkommen geben, und die Ebenen Regierung, Verwaltung und Parlament sollten zusammenarbeiten. Das finde ich alles nachvollziehbar und in Ordnung.

Zu klären wäre aus meiner Sicht, ob ein solcher Grundlagenstaatsvertrag zuerst auf Regierungsseite ausgehandelt werden oder nicht zuerst einmal der Dialog zwischen den Parlamenten gesucht werden sollte.

(Beifall SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Ich fände es gut, wenn wir auf parlamentarischer Ebene zu Kooperationen kämen, vielleicht sogar zu einer Vision, die längerfristig funktioniert, und nicht, dass ich das wollte - falls es wieder einmal einen Regierungswechsel gibt, sollte die Kooperation diesen auch überdauern.

Ich kann auch Menschen verstehen - ich ahne, dass der Kollege Harms möglicherweise in diese Richtung argumentiert -, die sagen: Wir wollen erst einmal konkrete Vorhaben und Dinge vor Ort, die funktionieren, und dann soll das von unten wachsen, und man soll auf mehrere kleine Staatsverträge setzen statt auf einen großen Staatsvertrag.

Zusammenarbeit, die von unten wächst, haben wir in der Metropolregion schon. Da gibt es Zusammenarbeit der unterschiedlichen politischen Ebenen, Zusammenarbeit von Stadt und Land, Zusammenarbeit über Ländergrenzen hinweg. All das funktioniert in der Metropolregion heute schon, und das sollten wir sicherlich auf Landesebene mit den Hamburgern fortführen. Wir halten es immer noch für eine gute Idee, bisher unregelmäßig stattfindende parlamentarische Beratungen zu institutionalisieren, und wir halten es für eine gute Idee, nach dauerhaften Wegen zu suchen. Wir sollten uns darüber verständigen, auf welche Regelungen, die wir haben, wir aufbauen können. Im Parlamentsinformationsgesetz gibt es Paragrafen, die vorsehen, dass die Regierung zur Zusammenarbeit mit anderen Ländern berichtet. Dieser Bericht könnte in einem gemeinsamen Ausschuss gehalten werden, und prompt hätte man die Diskussionen von Abgeordneten zweier Länder zu diesem Thema. Da ist viel möglich. Eine Verbesserung der Kooperation mit Hamburg sollte unser Ziel sein. Wie genau wir das machen, sollten wir noch klären.

Deswegen beantrage ich zunächst die Überweisung in den Innen- und Rechtsausschuss. Dass Hamburg eine bedeutsame Stadt ist und bleiben wird, wissen wir spätestens seit heute, seitdem uns klar ist, dass der nächste Kanzler auf jeden Fall in Hamburg geboren ist. - Vielen Dank.

(Beifall SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erteile ich Frau Abgeordneter Ines Strehlau das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! „Rosenkrieg im Norden“, so beschreibt ein Journalist im „Hamburger Abendblatt“ das momentane Verhältnis zwischen Schleswig-Holstein und Hamburg. Um die Kooperation zwischen unserem südlichen Nachbarn und uns ist es im Moment wirklich nicht gut bestellt. Bereits seit dem Jahr 2009 gibt es

(Martin Habersaat)

immer wieder offene Auseinandersetzungen mit Hamburg über verschiedene Themen.

Politische Interessen und Wirtschaftsinteressen sind in vielen Fällen nicht wirklich zu trennen. Deshalb ist es auch Aufgabe der Politik - und damit meine ich ausdrücklich die parlamentarische Ebene, nicht nur die Landesregierungen -, einen Weg aus dieser verfahrenen Situation zu finden.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Es bringt nichts, mit der verbalen Keule auf Hamburg einzuschlagen und zu hoffen, dass sich etwas bewegt. Schläge sind weder in der Kindererziehung noch in der Politik ein probates Mittel.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Ja, Herr Matthies- sen!)

Die Sackgasse, in der die Verhandlungen über die HUSUM Wind zu stecken scheinen, zeigt, dass es an einem Instrumentarium fehlt, politisch mit Konfliktsituationen umzugehen.

In der vergangenen Wahlperiode hat eine Enquetekommission die Chance einer vertieften norddeutschen Kooperation von vielen Seiten beleuchtet. Die Bewertungen der Fraktionen waren durchaus unterschiedlich. Einig war man sich jedoch in dem Punkt, Kooperationen in vielen Themenfeldern zu vertiefen, zum Beispiel bei Verkehr, Wirtschaft, Schule, Hochschule und Gesundheitswirtschaft. Es gab diverse Anträge aller Fraktionen zur norddeutschen Zusammenarbeit, von der Einrichtung einer Parlamentarierkonferenz bis hin zu der Einsetzung eines gemeinsamen Ausschusses des SchleswigHolsteinischen Landtags und der Hamburgischen Bürgerschaft.

Nun der Antrag der CDU, einen Grundlagenstaatsvertrag mit Hamburg auszuhandeln. Für uns Grüne ist klar: Wir müssen endlich ernst machen mit der Entwicklung einer Kooperationsstrategie zwischen Hamburg und Schleswig-Holstein.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es gibt viele enge Vernetzungen im norddeutschen Raum, sowohl in der Gesellschaft als auch in der Wirtschaft. Die Politik muss dieser Entwicklung endlich Rechnung tragen, Kooperationen weiter voranbringen und institutionalisieren. Wir brauchen eine Strategie, die festlegt, bei welchen Themen wir wie kooperieren und wie in Konfliktsituationen ein fairer Interessenausgleich zwischen beiden Ländern gefunden werden kann. Dabei wäre es ein guter Weg, mehrere Projekte zu bündeln, um so ein

Geben und ein Nehmen zu ermöglichen, sodass kein Land das Gefühl hat, über den Tisch gezogen zu werden.

Wir müssen entscheiden, welche Gremien oder Vertragskonstruktionen wir dazu brauchen. Wir Grüne sind offen für gute Lösungen. Voraussetzung ist für uns nur, dass die Parlamente beteiligt werden und eine kontinuierliche Zusammenarbeit auf Augenhöhe verankert wird.

Für einen gemeinsamen Ausschuss mit Hamburg, den wir bereits in der vergangenen Legislaturperiode unterstützt hatten, haben wir weiterhin Sympathie. Es wären formal zwei Ausschüsse, die gemeinsam tagen, einer besetzt mit Hamburger Parlamentariern, der andere mit schleswig-holsteinischen Abgeordneten. Die Einsetzung eines solchen Ausschusses wäre - so haben wir gelernt - problemlos möglich.

Ein gemeinsamer Ausschuss würde nicht die Aufgabe der Parlamente übernehmen. Wir würden damit lediglich ein parlamentarisches Arbeitsgremium schaffen, das legitimiert ist, länderübergreifend konkrete Maßnahmen und Schritte für eine verstärkte Kooperation zu entwickeln. Diese würden die Grundlage für die Entscheidungen bilden, die nach wie vor im Parlament zu treffen sind.

Der gemeinsame Ausschuss macht gemeinsame Sitzungen verbindlich und zeigt, dass es uns ernst ist mit dem Kooperationsgedanken. Er überlässt Entscheidungen über Länderkooperationen nicht Verwaltungen und Regierungen, sondern unterstellt sie der parlamentarischen Kontrolle. Das finden wir gut und richtig.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Auch einen Grundlagenstaatsvertrag, in dem Rahmenbedingungen für künftige Kooperationen festgeschrieben werden, sind wir bereit zu diskutieren, auch eine Kombination aus beidem.

Der Zeitpunkt für eine Intensivierung der Kooperation ist gut. Gerade jetzt, wo die Kooperation überhaupt nicht läuft, ist es richtig und wichtig, eine Strategie zu entwickeln, wie wir die Kooperation auf solide Füße stellen. Gerade jetzt ist es richtig und wichtig, dass die Parlamente enger zusammenrücken, ihre Vorstellungen einbringen und wir unsere Landesregierung bei der Zusammenarbeit unterstützen. Dabei müssen wir weg von Schaufensteranträgen und auch von Schaufensterreden. Die Opposition stellt immer Anträge, um die Regierung

(Ines Strehlau)

zu treiben, aber wirklich ernst meint sie es selber nicht. Das müssen wir ändern!

Im Moment, so habe ich das Gefühl, sind wir diesbezüglich auf einem guten Weg. Denn wir wissen doch: In Schleswig-Holstein wie in Hamburg kann nur durch die Bündelung der Kräfte der Norden gestärkt werden, um im globalen Wettbewerb seine Potenziale voll auszuschöpfen.

Lassen Sie uns im Ausschuss gründlich beraten, gern auch mit den Kolleginnen und Kollegen aus Hamburg. - Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Für die FDP-Fraktion hat Herr Abgeordneter Wolfgang Kubicki das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ein Ergebnis der teuren, personal- und zeitintensiven Enquetekommission zur norddeutschen Zusammenarbeit aus der 17. Wahlperiode liegt diesem Antrag zugrunde.

Die Entwicklung eines Grundlagenstaatsvertrages war ein gemeinsames, von FDP und CDU gefordertes Ziel zur Verbesserung der norddeutschen Kooperation. Allerdings forderten beide Fraktionen in dem Abschlussbericht, einen solchen Vertrag zwischen allen norddeutschen Bundesländern und nicht nur zwischen Hamburg und Schleswig-Holstein. Dennoch, lieber Kollege Callsen, sind wir der Auffassung, dass zumindest mit Hamburg ein Anfang gemacht werden könnte. Deshalb - kann ich vorwegnehmen - beantragen wir für diesen Punkt, wie auch die anderen Kollegen, Ausschussüberweisung.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, viele dachten sicherlich, mit einer sozialdemokratischen Führung in beiden Bundesländern wäre ein gemeinsames politisches Vorgehen ein Selbstläufer - so auch der heutige Ministerpräsident. Auf Ihrer Homepage, Herr Ministerpräsident, können wir nämlich einen Beitrag - der wohl noch aus der Zeit des Wahlkampfes stammt - lesen, in dem Sie sich als Garant für eine neue Stufe der Zusammenarbeit neben Olaf Scholz zeigen. Dort heißt es selbstbewusst, ich zitiere:

„2012 wird ein Jahr des Aufbruchs im Norden mit einem überzeugenden sozialdemo

kratischen Senat in Hamburg und einer neuen sozialdemokratisch geführten Landesregierung in Schleswig-Holstein.“

(Beifall SPD)

Ein Jahr des Aufbruchs. - Ich höre schon das leise Klatschen von einigen Sozialdemokraten.

Etwas später lesen wir, ich zitiere:

„Derzeit wird die Freie und Hansestadt Hamburg vielfach als Konkurrent der Interessen unseres Landes verstanden. Dies ist in der jüngsten Vergangenheit mehrmals deutlich geworden: politisch inszenierte Konflikte statt Verständigung prägten das Bild.“

Und dann formulieren Sie ein konkretes politisches Ziel für Ihre Amtszeit:

„Eine von mir geführte Landesregierung wird diese Konfrontation Schleswig-Holsteins mit Hamburg beenden. Wir werden uns nicht gegenseitig im Weg stehen. Wir werden Seite an Seite sein.“

(Beifall FDP)

- Ja, die Wirklichkeit, das haben wir jetzt erfahren müssen, ist nicht so, wie Sie sich das vorher erträumt haben. Es ist auch nicht so, dass Ihr großes Vorbild, Olaf Scholz, nur darauf gewartet hat, dass Sie zum Ministerpräsidenten gewählt werden. Und zu glauben, dass Hamburg aufhört, eigene Interessen zu haben, und dass Hamburg darauf verzichtet, diese im Zweifel auch durchzusetzen, nur weil Parteifreunde auf der anderen Seite sitzen, scheint offenbar ein verschrobenes Verständnis von Politik zu sein.

(Beifall FDP)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, gerade von jemandem, den ich nicht als politischen Neuling bezeichnen möchte, hätte ich wirklich mehr Realismus und Ehrlichkeit erwartet. Das gilt im Übrigen auch für die Interessen Schleswig-Holsteins.

(Beifall FDP)