Protocol of the Session on March 18, 2015

(Wolfgang Kubicki [FDP]: So ist es!)

Frauen haben das Problem, dass sie dann auch an Weiterbildungsmaßnahmen nicht mehr teilnehmen, weil ein Arbeitgeber natürlich zunächst einmal seine Investitionen in einen Vollzeitbeschäftigten tätigt. Das führt bei Einstufungen automatisch dazu, dass diese Frauen, die die gleiche Arbeit machen, dann aber weniger Chancen haben, ein höheres Gehalt zu bekommen. Das ist das große Problem. Da glaube ich schon, dass ein Entgeltgleichheitsgesetz dazu beitragen kann, Arbeitgeber dazu zu verpflichten, Weiterbildungsmaßnahmen allen Geschlechtern in gleicher Art und Weise zukommen zu lassen.

Ich glaube auch, dass es richtig ist - wie es bisher geplant ist -, dass Gehaltsstrukturen, nicht einzelne Gehälter einzelner Personen - das ist die Idee, die dahintersteckt -, offengelegt werden müssen, um deutlich zu machen, ob es in einem Betrieb strukturell Unterschiede zwischen Frauen und Männern gibt. Dann ist das richtig, was die Kollegin Jette Waldinger-Thiering gesagt hat. Dann ist es Aufgabe der Arbeitgeber und der Betriebsräte, dafür Sorge zu tragen, dies zu betrachten und eine Lösung zu finden. Für all die Prozesse, die da laufen, können wir eine gesetzliche Grundlage gut gebrauchen. Deshalb macht ein Entgeltgleichheitsgesetz Sinn.

Es geht aber darum, dass wir die eigentlichen Ursachen bekämpfen. Dazu gehört, dass immer noch Frauen hauptsächlich für die Kinderbetreuung zuständig sind. Das bedeutet, dass wir Kindergartenplätze brauchen und dass diese zumindest erschwinglich, eigentlich sogar kostenlos sein müssen. Das bedeutet, dass wir in den Schulen nachmittags eine Betreuung brauchen, und zwar auch für die höheren Jahrgänge. Das bedeutet selbstverständlich auch, dass ein Betreuungsgeld der völlig verkehrte Anreiz ist, denn dieses Betreuungsgeld führt dazu, dass Frauen von Arbeitsplätzen ferngehalten werden.

(Beifall SSW und Rasmus Andresen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Ähnlich sieht es bei der Pflege Kranker aus. Hier gilt im Prinzip das Gleiche.

Wir haben noch ein weiteres strukturelles Defizit. Das ist dadurch bedingt, dass es tatsächlich immer noch klassische Frauen- und klassische Männerberufe gibt. Es geht in der Tat darum, dafür Sorge zu tragen beziehungsweise zumindest dafür zu werben, dass diese Schranken aufgehoben werden und dass Frauen in Männerberufe kommen, dass aber auch Männer beispielsweise Kindergärtner werden.

(Daniel Günther)

Das können die nämlich auch gut. Ich glaube, hier gibt es einen großen Bedarf.

Herr Abgeordneter, Ihre Redezeit ist abgelaufen.

Herr Präsident, ich komme zum Schluss. - Es geht also nicht darum, Einzelfälle aufzurechnen, sondern wir brauchen einen Mix aus verschiedenen Maßnahmen: Bessere Kindergärten und eine bessere Kinderbetreuung in Kindergärten und Schulen. Wir brauchen gleiche Erwerbsbiografien, und wir brauchen ein Entgeltgleichheitsgesetz, das die Grundlagen dafür schafft, dass wir in den Betrieben diese Ungleichbehandlung beenden können. Daher glaube ich, dass unser Antrag der richtige Antrag ist.

(Beifall SSW und vereinzelt SPD)

Zu einem weiteren Dreiminutenbeitrag hat Herr Abgeordneter Wolfgang Baasch das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wie absurd eine solche Diskussion ausarten kann, zeigen die Beispiele, die genannt werden, um die jeweilige Argumentation zu unterlegen. Wenn Chirurgen mit Postzustellern verglichen werden, dann merkt man, wie fern dies von jeglicher Realität ist. Man muss nicht die qualitative Arbeit eines Chirurgen mit der qualitativen Arbeit eines Postboten oder eines Briefträgers vergleichen. Herr Kubicki, man könnte aber die Tätigkeit eines Postzustellers, der zum Beispiel im Rahmen der Deutschen Post einen Brief austrägt, mit der Tätigkeit eines Postzustellers vergleichen, der von einem privaten Postzustelldienst angestellt wird. Beide tragen Post aus, man könnte sie also vergleichen.

Schauen wir uns einmal an, wie die Löhne sich unterscheiden: Der eine hat Schwierigkeiten, den Mindestlohn zu bekommen, der andere hat einen Tarifvertrag. Daher lautet die klare Ansage: Wir brauchen Tarifverträge, die das regeln. Wir wissen, dass der Lohnunterschied für Frauen heute 12 % ausmacht, und zwar auch in Bereichen, in denen es Tarifverträge gibt. Man kann lange darüber nachdenken, warum das so ist, aber ohne Tarifverträge liegt dieser Wert bei über 20 %.

Daher glaube ich: Der sicherste Schutz für die Rechte von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ist, dass es tarifvertragliche Regelungen gibt, die von starken Gewerkschaften mit hoffentlich vernünftigen und sozialverantwortlichen Arbeitgebern ausgehandelt werden.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Herr Abgeordneter Baasch, gestatten Sie eine Zwischenfrage oder -bemerkung des Herrn Abgeordneten Dr. Garg?

Lieber Kollege Baasch, ich will gar nicht mit Ihnen darüber streiten, wie sinnvoll solche Durchschnittswerte sind. Ich möchte nur darauf hinweisen, dass der gezogene Vergleich zwischen Briefzustellergehältern und Chirurgengehältern den Durchschnitt abbildet, der zum sogenannten unbereinigten Gender Pay Gap von 22 % führt, was hier immer als Argument angeführt wird. Daher haben Sie gerade eben den besten Beweis dafür geliefert, dass eine Argumentation jedenfalls auf der Basis dieser Maßzahl relativ brüchig ist.

- Ich weiß nicht genau, ob dies brüchig ist oder nicht. Ich behaupte nur, dass die Begründung, warum Tarifverträge sinnvoll sind, erheblich sinnvoller ist, als darüber zu philosophieren, ob ein Chirurg oder die vielen Chirurgen in Deutschland dazu beitragen, dass die vielen Postboten schlecht behandelt werden. Das leuchtet mir nicht so ganz ein. Wie gesagt, ich glaube, man sollte sehr vorsichtig mit Beispielen sein. Die Schlussfolgerung, in Richtung von Tarifverträgen zu gehen, ist richtig.

Ich will mich noch kurz mit dem Antrag auseinandersetzen, weil der Kollege Günther eben auf den Antrag der CDU-Fraktion verwiesen hat. Warum werden wir dem nicht zustimmen? - Wir werden nicht zustimmen, weil zum Beispiel im ersten Absatz festgestellt wird - was richtig ist -, dass es Lohndifferenzen zwischen Männern und Frauen gibt. Warum aber sagen Sie nicht, dass dies ungerecht und diskriminierend ist? Vor solchen Vokabeln drücken Sie sich.

(Beifall SPD)

(Lars Harms)

Was sagen Sie? - Sie sagen „nicht akzeptabel“. Wunderbar, aber sagen Sie doch, wie es ist: Es ist ungerecht, und es ist diskriminierend, dass Frauen schlechter behandelt werden.

Weiter behaupten Sie, dass dies in vielen Bereichen individuelle Anliegen seien. Wir haben es eben gehört, dass Frauen nur schlechter verhandeln, wenn sie mit Arbeitgebern zusammensitzen. Nein, es ist nicht, wie Sie behaupten, eine individuelle Situation, wenn es darum geht, Kindererziehung, beruflichen Wiedereinstieg und Erwerbsunterbrechnung zu bewältigen. Sie fokussieren all dies auf die Frauen, die nicht in der Lage sind, sich so zu organisieren, dass sie einen gerechten Lohn bekommen, statt zu formulieren, was für Arbeitgeber Verantwortung bedeutet, und dass es dann, wenn es nicht möglich ist, von Arbeitgebern soziale Verantwortung einzufordern, gesetzliche Regelungen braucht; zum Beispiel eine gesetzliche Regelung dafür, dass es möglich ist, von einer Teilzeitstelle in eine Vollzeitbeschäftigung zu kommen. Das umgehen Sie, dazu sagen Sie kein Wort.

Wenn es um Tarife geht, das habe ich eben schon angeführt, sagen Sie auch dazu nichts. Sie reden von Tarifautonomie, aber Sie sagen nicht, dass es notwendig ist, bestimmte Sachen gesetzlich festzuschreiben, und zwar in den Bereichen, in denen es eben keine Tarifautonomie gibt, weil sich Arbeitgeber, die nicht tarifgebunden sind, zum Beispiel einfach einer Tarifauseinandersetzung entziehen. Dazu äußern Sie nichts.

Daher glaube ich, Ihr Antrag ist das, was Sie in solchen Bereichen immer machen, nämlich weiße Salbe. Weiße Salbe brauchen wir nicht. Deshalb werden wir Ihrem Antrag nicht zustimmen.

(Beifall SPD und vereinzelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zu einem weiteren Dreiminutenbeitrag hat Frau Abgeordnete Eka von Kalben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte zwei oder drei Sachen klarstellen, die offensichtlich missverstanden wurden. Liebe Frau Klahn, Sie haben zum Beispiel darauf hingewiesen, dass Sie in meiner Vita keine Tätigkeit in der privaten Wirtschaft festgestellt haben. Ich habe mich, ehrlich gesagt, im Handbuch auf eine etwas komprimierte Darstellung meiner Vita konzentriert. Ich

habe aber, um meine Ausbildung zu finanzieren, als 18-jährige alleinerziehende Mutter arbeiten müssen. Ich habe dabei die unterschiedliche und diskriminierende Bezahlung von Menschen am gleichen Arbeitsplatz - zum Beispiel in der Kneipenwirtschaft, in der ich tätig war - erlebt. In diesem Alter bekamen Jungs 1 DM mehr, und zwar deshalb, weil sie körperlich in der Lage waren, beim Ausladen von Bierfässern zu helfen. Die Mädchen haben gesagt, dies sei ihnen zu schwer. Daher haben sie 1 DM weniger in der Stunde erhalten.

Man kann sagen, wie Herr Kubicki dies unter Umständen darstellen würde, dass es hier einen objektiven Unterschied gebe. Man kann aber auch sagen, das ist kein objektiver Unterschied, sondern einer, der sich rein auf die Muskelkraft konzentriert und nicht darauf, wer vielleicht besser mit den Gästen kommunizieren kann. Das ist genau der Punkt in unserem Antrag: Bei der Bewertung von Tätigkeiten haben wir den Eindruck, dass männliche Kriterien eine größere Rolle spielen als vermeintlich weibliche Kriterien.

(Unruhe)

Frau Abgeordnete! - Meine Damen und Herren, wir haben - auch auf der Regierungsbank - einen relativ hohen Lärmpegel. Ich bitte um mehr Aufmerksamkeit für die Rednerin.

Ein zweiter Punkt: Natürlich gibt es tausend Ursachen dafür, warum Unterschiede in der Bezahlung strukturell so sind, wie sie sind. Herr Kubicki, Sie haben hier schon dreimal gesagt, wir würden mit unserem Antrag die Welt retten wollen, oder wir wüssten nicht, dass es ein AGG gebe. Es wäre nett, wenn Sie an dieser Stelle zuhören würden. Wir wissen, dass es ein Antidiskriminierungsgesetz gibt. Wir finden das auch richtig so. Trotzdem bleibt für mich die Frage unbeantwortet, wie ich mich gegen eine Diskriminierung wehren soll, wenn ich nichts von einer Diskriminierung weiß.

Ich komme zu meinem letzten Punkt - weil meine Zeit wegläuft - und möchte zum CDU-Antrag noch Folgendes sagen: Sie sagen ganz viel Richtiges zum Thema Entgeltungleichheit. Aber unser Antrag steht unter der Überschrift: „Mit offenen Karten spielen“ - Entgeltgleichheit verwirklichen. Ihr Änderungsantrag hat damit nichts zu tun.

(Wolfgang Baasch)

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Insofern können wir gern über Vereinbarkeit von Beruf und Familie sprechen. Natürlich, Herr Garg, ist das einer der wichtigsten Punkte. Dazu gehört übrigens nicht nur die Kita, sondern dazu gehört auch eine Veränderung in der Arbeitswelt; Vereinbarkeit von Beruf und Familie hat ja auch etwas mit Beruf zu tun. Natürlich ist das einer der wichtigsten Punkte für eine strukturelle Ungleichheit. Aber das, was wir in unserem Antrag ansprechen, ist eben auch ein wichtiger Punkt. Der löst nicht alle Probleme, aber er ist wichtig und richtig. Deswegen finde ich es super, dass wir unseren Antrag heute verabschieden werden.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Das Wort zu einem weiteren Dreiminutenbeitrag hat der Herr Abgeordnete Martin Habersaat.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Qualität der Ausbildung muss ein wesentliches Kriterium für die Bezahlung von Menschen sein. Insoweit stimme ich mit Herrn Kubicki überein. Die Art der Tätigkeit muss auch ein wesentliches Kriterium für die Bezahlung von Menschen sein, wahrscheinlich sogar mehr, sagt Herr Rother.

Wenn ich mir jetzt angucke, welche Situation wir an den Schulen in Schleswig-Holstein haben, dann stelle ich fest: 2007 hat eine Große Koalition eine Schulgesetzänderung beschlossen, in deren Folge es in Schleswig-Holstein Gemeinschaftsschulen gab. An diesen Gemeinschaftsschulen haben wir nun Lehrerinnen und Lehrer mit unterschiedlichen Ausbildungen, die exakt die gleichen Klassen in exakt den gleichen Fächern unterrichten. Insoweit sagen wir: Wir verringern die Ungleichbehandlung an unseren Schulen, indem wir einen großen Schritt in Richtung Gerechtigkeit gehen und eine einheitliche Besoldung für diese Lehrerinnen und Lehrer einführen.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Es ist eine interessante CDU-Logik, wenn Sie sagen: „Wir wollen das nicht, weil das dann in irgendeiner Form ungerecht wäre, und deswegen halten wir lieber alle niedrig.“ Das deckt sich ein bisschen mit der FDP-Konzeption für die Lehrerbil

dung - wozu Herr Kubicki jetzt vielleicht in einer Zwischenfrage etwas sagen möchte.

Daraus schlussfolgere ich, dass Sie diese Zwischenfrage zulassen. - Bitte, Herr Kubicki.

Herr Kollege Habersaat, wenn ich es richtig im Kopf habe, wird die Ausbildungsdauer für Grundschullehrer um drei Semester angehoben, sodass die Frage der Differenzierung bei der Bezahlung von Ihnen anders beantwortet werden müsste, finde ich.

Das ist ein schöner Punkt, Herr Kubicki, weil die Verlängerung der Ausbildung von Grundschullehrerinnen und -lehrern gar nicht in unsere Verantwortung fällt, sondern in Ihrer Regierungszeit beschlossen worden ist.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW - Zuruf Christopher Vogt [FDP])