Protocol of the Session on January 23, 2015

(Beifall SSW, SPD und Volker Dornquast [CDU])

Deutschland hat sich zu dem Ausbau der Hinterlandanbindung verpflichtet. Eine einseitige Kündigung darf es nicht geben, dies sieht der Vertrag nicht vor. Die Trassenführung der Hinterlandanbin

(Dr. Patrick Breyer)

dung war von vornherein ein Knackpunkt. Hier gab es massive Widerstände aus der Region Ostholstein; denn würde der gesamte Schienenverkehr entlang der sogenannten Bäderbahn fahren, hätte dies erhebliche negative Auswirkungen für die Bäderorte und den Tourismus dort. Diese Befürchtungen sind nicht von der Hand zu weisen, und sie müssen sehr ernst genommen werden.

(Beifall SSW, vereinzelt SPD und Beifall Dr. Marret Bohn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN])

Natürlich sind derartige Großprojekte immer mit Einschränkungen für Teile der Bevölkerung verbunden. Das ist unvermeidbar, aber dort, wo es sich vermeiden lässt, und dort, wo es auf breiten Widerstand stößt, muss die Politik dies entsprechend berücksichtigen. Dies hat Schleswig-Holstein getan. Es wurde das Dialogforum eingerichtet, das zusätzlich als neue Form der Bürgerbeteiligung ins Leben gerufen wurde, um einen transparenten Meinungs- und Informationsaustausch zu ermöglichen. Es hat ein Raumordnungsverfahren gegeben, in dem die Bedenken und Einwendungen entsprechend berücksichtigt wurden, sei es von Bürgern, Umweltverbänden oder anderen Organisationen. Dabei ist klar, dass das Beteiligungsverfahren bei so großen, umfassenden Projekten wie der Hinterlandanbindung entsprechend Zeit in Anspruch nimmt. Diese Zeit haben wir uns genommen. Das ist auch richtig so.

(Beifall SSW, SPD und Dr. Marret Bohn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Die Bevölkerung vor Ort muss bei diesem Projekt mitgenommen werden. Es hat den Anschein, dass diese Vorgehensweise und diese Verfahren mit Dänemark nicht so kommuniziert wurden. Das soll heißen, die Planungen hätten besser miteinander koordiniert und synchronisiert werden müssen. Dies hätten Herr Dobrindt oder auch seine Vorgänger längst tun müssen. Wichtig ist nun, dass es mit Dänemark ausgeräumt wird und dass die Planungen gründlich und auch sauber abgearbeitet werden. Jo tak.

(Beifall SSW, SPD und Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Wir kommen jetzt zu den Dreiminutenbeiträgen. Zunächst hat Herr Abgeordneter Dr. Ralf Stegner das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn die Mikrofone wieder funktionieren, wird das mit größeren Projekten vielleicht auch funktionieren.

Ich will hier drei Anmerkungen machen. Erstens. Mich irritiert doch sehr, dass hier gesagt wird, dass es, wenn es Meinungsverschiedenheiten gibt, zum Beispiel, weil regionale Abgeordnete Dinge anders sehen, in Dänemark irgendjemanden erschrecken würde. Ich muss Ihnen ehrlich sagen: Da das immer sehr öffentlich vorgetragen wird, hält sich das Erschrecken - so glaube ich - sehr in Grenzen. Was ist das auch für eine Haltung? - Bei uns ist es nicht so, dass Mutti sagt, was geschieht, und alle müssen das Gleiche tun. Das ist bei uns noch nicht einmal bei Vati so,

(Heiterkeit)

sondern wir diskutieren das wirklich so, dass auch andere Meinungen erlaubt sind. Ich finde es ein bisschen schwierig, sich darüber aufzuregen, dass Menschen unterschiedliche Auffassungen haben. Ich bin sehr für diesen Geist der Freiheit.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, PIRATEN und SSW)

Wir haben Mehrheitsbeschlüsse. Da darf man auch seine Einschätzung äußern. Das passiert hier auch.

Das Zweite ist: Herr Kollege Hamerich, Ihre Rede hat mich doch sehr verwirrt. Ich frage Sie von der Union einmal: Wo ist eigentlich Ihr Patriotismus für die Region, dass Sie nicht einmal einem Antrag zustimmen können, in dem die Synchronisierung gefordert wird? - Das ist doch das Minimum für die Region.

(Beifall SPD, SSW und vereinzelt BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

Es war sehr klug, was der Kollege Vogt gesagt hat, ich muss ihn wirklich loben, ich will ihm nicht schaden, aber es war doch viel klüger, dass die FDP sagt, sie stimme dem zu, es sei gar nichts Neues, das hätten sie immer schon gefordert. Haben Sie das jetzt immer schon gefordert, oder ist das alles Unsinn? - Es geht immer nur eines. Oder ist das, was Sie immer gefordert haben, Unsinn gewesen? Das wäre die dritte Möglichkeit, aber das kann ich bei der Union gar nicht glauben.

Wir sind also ein wenig verwirrt, dass wir es gemeinsam mit der Union auf Bundesebene umsetzen wollen - das fordern wir hier ein - und die Union dagegenstimmt. Das ist eine sehr merkwürdige Hal

(Flemming Meyer)

tung. Ein bisschen mehr Patriotismus für Ostholstein, Herr Kollege Hamerich, wäre - so glaube ich - gut in dieser Frage; denn es ist doch völlig schnurz, welche Einschätzung man hat, ob es kommt oder nicht. Herr Kubicki gibt hier ständig Einschätzungen ab, wie die Wahl für die FDP ausgeht. Das ist doch auch nicht schlimm, wir sehen doch am Ende, wie es kommt. Aber zu sagen, wenn es kommt, muss es koordiniert werden, weil alles andere eine Katastrophe wäre, das muss man doch loben und unterstützen und nicht hier herumnörgeln und sagen, das sei alles falsch.

(Beifall SPD, SSW und vereinzelt BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage oder -bemerkung des Herrn Abgeordneten Hamerich?

Aber mit ungeheuer großem Vergnügen.

Sehr verehrter Herr Kollege Dr. Stegner, ich glaube, am lokalen Patriotismus fehlt es mir nicht. Mir fehlt nur manchmal ein Stück weit der Glaube daran, dass Sie sich an das Tempo der Dänen anpassen wollen. Ich glaube eher, dass Sie dafür sorgen wollen, dass sich die Dänen an das Tempo der rot-grün-blauen Koalition anpassen sollen. Davor habe ich ein Stück weit Angst.

Mit der Tatsache, dass der eine oder andere vor Ort das sagen darf, was er möchte, habe ich überhaupt kein Problem. Aber es fängt einer Region möglicherweise irgendwann an zu schaden, wenn wir nicht gemeinsam versuchen, eine sozialverträgliche Trasse hinzukriegen.

(Beifall Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Das hätten wir schon viel länger tun können. Das habe ich jahrelang bei der ganzen Geschichte vermisst. Ich glaube, damit habe ich ein Problem.

- Lieber Herr Kollege Hamerich, zum Ersten will ich Ihnen sagen: Vor mir muss wirklich niemand Angst haben. Ich bin ein ganz verträglicher Mensch. Ich kann Ihnen insofern diese Sorge nehmen.

(Beifall SSW und vereinzelt SPD)

Das ist alles ganz harmlos. Er ist viel gefährlicher im Fußball als politisch, muss ich sagen. Aber was das Zweite angeht: Wenn Sie den Antrag einmal lesen und Sie betrachten einfach nur den Text - ich finde, es ist eine gute Grundlage, wenn man hier etwas beschließt, dann stellen Sie fest, dass darin nicht steht, die Koalition möchte gern die Planungen verzögern, davon steht da kein Satz, sondern es steht darin, dass, unabhängig davon, ob man es richtig oder falsch findet, wenn es kommt, die Planungen so sein müssen, dass es auf jeden Fall gleichzeitig stattfindet. Das ist der Kern dieses Antrags. Dem muss man in der Union doch zustimmen können.

(Beifall SPD, SSW und Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Etwas anderes kann doch gar nicht richtig sein. Dazu ermuntere ich Sie: Springen Sie über Ihren Schatten, der zwar schwarz ist, aber springen Sie hinüber, und machen Sie mit. Ich glaube, es ist besser für dieses Land, ein klares Signal zu geben.

Das Dritte, das ich sagen möchte, Herr Kollege Dr. Breyer: Die Fassungslosigkeit und Lautlosigkeit nach Ihrem Beitrag hat gezeigt, dass das mit der repräsentativen Demokratie von Ihnen immer noch nicht verstanden worden ist. Herr Kollege Dr. Breyer, ich habe manchmal das Gefühl, dass die Kernkompetenz der PIRATEN immer noch auf dem Wasser ist, auch wenn das fragwürdig ist, zu Lande haben Sie offenbar keine. Das muss man doch sagen, wenn man sich anhört, was Sie zu diesem Thema zu sagen haben.

(Vereinzelter Beifall SPD, SSW und Beifall Dr. Heiner Garg [FDP])

Sie können doch nicht allen Ernstes hingehen und hier wirre Formen der Bürgerbeteiligung fordern.

(Uli König [PIRATEN]: Langweilig!)

Natürlich sind wir für Bürgerbeteiligung. Aber wir sind hier in einem Parlament, reden über Planungsprozesse, und da darf man auch erwarten, dass man sich nach zweieinhalb Jahren so eingearbeitet hat, dass man davon ein bisschen was versteht, Herr Kollege, und nicht solchen Unsinn daherredet, dass selbst die eigenen Leute nicht applaudieren mögen.

(Vereinzelter Beifall SPD, SSW und Beifall Dr. Marret Bohn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN])

Mehr Bürgerbeteiligung, ja, das heißt übrigens auch, wenn ich das zum Schluss sagen darf, dass

(Dr. Ralf Stegner)

man nicht gleichzeitig die Raumordnungsverfahren kritisieren darf, die die Landesregierung gemacht hat; denn das ist eine Form der Bürgerbeteiligung. Das führt übrigens dazu, dass die Trasse eine andere wird und diese Züge eben nicht durch die Kurorte fahren und unsere Tourismuswirtschaft beschädigen. Das ist ein großes Interesse. Der Kollege Lars Winter hat übrigens auch völlig unbeschadet seiner Haltung zum Projekt insgesamt zum Ausdruck gebracht, dass es unsere Aufgabe ist, dafür zu sorgen, dass Bürgerbeteiligung so ausfällt, dass gravierende Nachteile verhindert werden.

Kommen Sie bitte zum Ende.

Das ist mein letzter Satz, Herr Präsident. - Ich ermuntere Sie alle: Springen Sie über Ihren Schatten, unterstützen Sie diesen guten Antrag. Kollege Vogt hat gesagt, warum - alles wunderbar. - Vielen herzlichen Dank.

(Beifall SPD, SSW, Dr. Marret Bohn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Der nächste Dreiminutenbeitrag stammt von Frau Abgeordneter Marlies Fritzen.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir Grüne haben - das ist sozusagen unser grünes ceterum censeo - auf allen Ebenen, vom Ortsverband Fehmarn bis zur Europafraktion, die feste Fehmarnbelt-Querung immer abgelehnt. Vorhin ist die Rede davon gewesen, dass die Kosten und der Nutzen gegeneinander schöngerechnet wurden, das ist immer auch unsere Argumentation gewesen. Je teurer dieses Projekt wird, desto mehr fällt dieses Kosten-Nutzen-Verhältnis auseinander. Deswegen lehnen wir es ab. Wir sehen, dass es eine ökonomische und ökologische Katastrophe, insbesondere für den Kreis Ostholstein, wäre.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Lars Winter [SPD])

Wenn uns jetzt der Kollege Arp in einer Pressemitteilung Scheinheiligkeit vorwirft,

(Hans-Jörn Arp [CDU]: Das stimmt!)