Protocol of the Session on January 23, 2015

Ja. Das ist reale Politik vor Ort. Das wird ja immer gefordert.

Herr Kollege, ich wollte anmerken, dass die These, die Sie mir eben in den Mund gelegt haben, nicht meine ist, sondern dass meine These die ist, dass die Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger in Schleswig-Holstein genauso verantwortungsvoll über diese Fragen entscheiden kann wie dieser Landtag.

- Stopp, Ihre These an der Stelle war, dass man den Bürgern an der Stelle nicht vertrauen würde - dafür sind Sie Herrn Stegner angegangen - und dass die Bürger auch schwierige Entscheidungen akzeptieren würden wie etwa ein Atommülllager bei ihnen vor Ort.

Herr Breyer, Sie akzeptieren ja noch nicht einmal einen anderen Wahlkreiszuschnitt in Dithmarschen, obwohl Sie ganz genau wissen, dass die Einwohnerzahlen keine zwei Wahlkreise mehr hergeben. An der Stelle machen Sie Zeitungsartikel.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Für einen lokalen Abgeordneten, der für die Westküste kämpft, mag das ja richtig sein.

- Es wäre übrigens nett, wenn die Zeit angehalten würde, während ich antworte.

Es ist immer schwierig zu entscheiden, wo Ihre Antwort endet und wo Sie weitermachen, Herr Abgeordneter.

(Heiterkeit)

Ehrlich gesagt, fand ich das nicht, Herr Präsident. Denn es ging um die konkreten Beispiele, wo man glauben würde, alles mit einer Bürgerbeteiligung erledigen zu können und Akzeptanz für Belastungen zu schaffen.

Sinn der repräsentativen Demokratie ist es, dass wir, die wir von den Wählerinnen und Wählern die Verantwortung übertragen bekommen haben, diese

Verantwortung tragen und auch unpopuläre Entscheidungen treffen, und zwar aus der Gesamtschau heraus. Das, was Sie wollen, ist außer in einer direkten Demokratie nicht zu leisten. Ich habe überhaupt kein Problem damit, wenn Experten fünf Endlager auswählen und sie dann im Sinne der direkten Demokratie eine Volksabstimmung darüber in ganz Deutschland durchführen. Ich habe nichts gegen Volksabstimmungen in ganz Deutschland. Ich wette aber, dass die Entscheidung, die auf diesem Weg fällt, von den Betroffenen vor Ort genauso wenig akzeptiert wird, wie das Ergebnis der Volksabstimmung zu Stuttgart 21 von den Stuttgart-21-Gegnern akzeptiert wurde. Die Stuttgart21-Gegner haben gesagt: Wir finden das trotzdem nicht richtig, und wir kämpfen trotzdem weiter.

Ich habe den Eindruck, dass das jetzt die Antwort war. Jetzt gibt es den Wunsch nach einer weiteren Zwischenfrage. Wollen Sie die auch beantworten?

Herr Kollege Dr. Dolgner, ich möchte darauf hinweisen, dass in Stuttgart, Baden-Württemberg, eine sehr verantwortungsvolle Entscheidung gefallen ist. Abgesehen davon möchte ich dementieren, dass ich mich einem Neuzuschnitt von Wahlkreisen an der Westküste versperrt hätte, dass ich ihn abgelehnt hätte. Das stimmt nicht.

- Sie können noch einmal in die „DLZ“ schauen. Sie haben gesagt, dass es auch andere Möglichkeiten gibt, die Wahlkreise zu erhalten. Das würde bedeuten, dass Sie in Dithmarschen, wo es entsprechend der Einwohnerzahl nur noch 1,5 Wahlkreise geben dürfte, sehr stark an den unteren Korridor gehen müssten. Das würden Sie ansonsten, abstrakt betrachtet, sicherlich verdammen, weil Sie normalerweise der Meinung sind, dass alle Wahlkreis gleich groß sein müssen. Abstrakt betrachtet könnten Sie auf regionale Befindlichkeiten nicht Bezug nehmen. Sie haben an dieser Stelle aber vor dem Hintergrund Ihres Regionalbezugs argumentiert. Das ist ja auch die Aufgabe des regionalen Abgeordneten. Das ist repräsentative Demokratie. Die Aufgabe der übrigen Abgeordneten ist es, zwischen regionalen Interessen und Allgemeininteresse abzuwägen. Das ist ein Abwägungsprozess.

(Präsident Klaus Schlie)

(Beifall SPD und Lars Harms [SSW] - Zuruf Wolfgang Kubicki [FDP])

- Nein, es ging um die Frage des Demokratieprinzips. Das haben übrigens auch Sie angesprochen, Herr Kollege Kubicki.

Jetzt geht es aber nicht um Antworten auf Zwischenrufe von Herrn Kubicki. Da sich der Kollege Breyer hingesetzt hat, gehe ich davon aus, dass die Frage damit beantwortet ist.

An einem Freitag, um 16 Uhr, sollte man aufhören zu reden, sonst kommt es zu gruppendynamischen Prozessen, die sehr repräsentativ sind. - Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall SPD, SSW und vereinzelt BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir danken Ihnen. - Ich stelle fest, dass weitere Wortmeldungen nicht vorliegen. Ich schließe die Beratung.

Ich stelle zunächst fest, dass die Berichtsanträge, Drucksachen 18/2650 und 18/2655, durch die Berichterstattung der Landesregierung ihre Erledigung gefunden haben.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Fraktion der FDP, Drucksache 18/2661. Beantragt wurde die Ausschussüberweisung. Ich gehe davon aus, dass die Federführung beim Umwelt- und Agrarausschuss beantragt wird. - Der Abgeordnete Magnussen hatte vorhin gesagt, dass Mitberatung durch den Wirtschaftsausschuss beantragt wird. Habe ich das richtig verstanden? - Das ist so. Wer so beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Das ist dann einstimmig so beschlossen. - Vielen Dank.

Jetzt folgt eine geschäftsführende Bemerkung: Die Parlamentarischen Geschäftsführer haben mir mitgeteilt, dass sie sich darauf verständigt haben, dass der Tagesordnungspunkt 40 in der Februar-Tagung behandelt werden soll.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 23 und 27 auf:

Gemeinsame Beratung

a) Schulnoten sind fester Bestandteil der Leistungsbewertung

Antrag der Fraktion der CDU Drucksache 18/2629

b) Keine reformpädagogischen Experimente an unseren Schulen

Antrag der Fraktion der CDU Drucksache 18/1128

c) Keine Experimente bei Schriftspracherwerb und Rechtschreibung an den Grundschulen Schleswig-Holstein

Antrag der Fraktion der FDP Drucksache 18/1149

Das Wort zur Begründung wird nicht gewünscht. Ich erteile das Wort der Frau Berichterstatterin des Bildungsausschusses, der Frau Abgeordneten Anke Erdmann.

Herr Präsident, ich verweise auf die Vorlage.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich danke Ihnen, Frau Berichterstatterin.

Ich eröffne die Aussprache. - Das Wort hat zunächst die Abgeordnete Heike Franzen von der CDU-Fraktion.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Aus aktuellem Anlass debattieren wir heute zum wiederholten Mal über die Leistungsbewertung von Schülerinnen und Schülern. Meine Kleine Anfrage zu der Entscheidung der Grundschulen über die Vergabe von Noten in den dritten und vierten Klassen ist eindeutig ausgefallen: 87 % der Grundschulen in Schleswig-Holstein haben sich für Noten ausgesprochen. Das ist eine eindeutige Absage an das Ansinnen der Regierungsfraktionen und der PIRATEN, Noten aus dem Alltag der Schulen zu verbannen.

Mit unserem Antrag zielen wir auf einen pragmatischen Umgang mit der Leistungsbewertung unserer Kinder: Zum einen wollen wir die Rückmeldung über die Noten und zum anderen einen Bericht oder auch ein Kompetenzraster, der beziehungsweise das über die individuellen Entwicklungen des einzelnen Schülers informiert - und das durchgängig an allen Schulen, damit es nicht wieder zu der Situation kommt, die wir im Augenblick haben. Im

(Dr. Kai Dolgner)

Augenblick erstellt jede Schule ein eigenes Zeugnis. Das führt mehr zur Verwirrung als zur Aufklärung von Eltern und Kindern.

Frau Ministerin Ernst, Ihnen eilt ja der Ruf voraus, pragmatisch zu sein. Daher sage ich: Wir unterbreiten Ihnen hier einen pragmatischen Vorschlag, nach dem die Schulen sich nicht für Noten oder Berichte entscheiden müssen. Wir sehen eine sinnvolle Kombination aus beiden Elementen vor. Ich hoffe auf Ihren Pragmatismus und Ihre Zustimmung zu unserem Antrag.

(Beifall CDU und FDP)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Vorschlag stößt sowohl in unseren Schulen als auch bei den Eltern auf große Akzeptanz. Ich erinnere gern noch einmal an die Stellungnahme des Landeselternbeirats für Grundschulen und Förderzentren, in der genau dies eingefordert wurde.

Ich finde es gut, dass wir anlässlich dieses Antrags noch einmal über das Thema „Lesen durch Schreiben“ an unseren Schulen diskutieren. Bei dieser Methode schreiben die Kinder zunächst einmal so, wie sie wollen, und erst später werden ihre Fehler korrigiert. Inzwischen ist durch Studien eindeutig belegt, dass sich diese Methode, insbesondere bei Schülerinnen und Schülern, denen das Lernen ohnehin schwerfällt, negativ auswirkt.

Der SPD-Bildungssenator in Hamburg, in unserem Nachbarland, hat sich bereits entschieden, sich klar dazu geäußert und diese Methode aus den Hamburger Grundschulen verbannt. Er ist wie wir der Auffassung, dass es bessere Methoden gibt, unseren Kindern die Rechtschreibung zu vermitteln. Ich finde, er hat damit recht.

Bereits in der Ausschussberatung ist klar geworden, dass wir hier in diesem Haus bei diesem Thema zu keiner Verständigung kommen. In Schleswig-Holstein werden die Schulen auch zukünftig - so ist die Ausschussberatung ausgegangen - so verfahren dürfen. Wir dürfen uns daher in Zukunft nicht darüber wundern, wenn die Schüler in den weiterführenden Schulen Probleme mit der Rechtschreibung haben.

(Beifall CDU und FDP)

Ich appelliere hier noch einmal an Sie, sich von diesem Irrweg zu verabschieden - im Sinne der Bildung unserer Kinder.