- Gut, dann wende ich mich direkt an den Innenminister. Die Vorbemerkung richtet sich auch eher an die Regierung. Der Antrag „Syrische Flüchtlinge konsequent aufnehmen“ stammt aus einer Zeit, in der wir noch mit Ihrem Vorgänger, Herrn Breitner, zu tun hatten. Ich denke, dass eine Sachdebatte vor allen Dingen auch in den Ausschüssen dazu führen kann, dass wir einander näher kommen. Mein bisheriger Eindruck von dem praktischen Handeln, seitdem Sie im Amt sind - das bezieht sich insbesondere auf die riesigen Herausforderungen, die Sie versuchen, mit Frau Söller-Winkler und selbst in Boostedt, in Neumünster, aber auch in allen anderen Bereichen, die damit zusammenhängen, jetzt versuchen anzugehen -, ist, dass das gute Ansätze sind. Solange wir da d'accord
Dass unsere Ziele weitergehend sind, ist bekannt, aber das mag dann auch die politische Debatte weiter nach vorn bringen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, noch einmal grundsätzlich: Wer über das Meer flieht, wechselt den Ort und hat die Angst immer im Gepäck. Da ist es doch beschämend, dass Flüchtlinge kaum noch die Möglichkeit haben, Europa auf sicherem Weg zu erreichen. Flüchtlinge gehen stattdessen lebensgefährliche Risiken ein, um vor Krieg und Verfolgung zu fliehen und Schutz in Europa zu finden. Mehr als 3.000 Flüchtlinge sind nach Angaben der Internationalen Organisation für Migration bei dem Versuch, in diesem Jahr das Mittelmeer zu überqueren, ertrunken. Bundesinnenminister de Maizière fordert mehr Aufnahmebereitschaft anderer EU-Mitglieder, richtig. Zitat:
„Fünf Länder nehmen rund 70 % der Flüchtlinge und Asylbewerber auf, darunter Deutschland, Deutschland mit Abstand am meisten.“
Er ignoriert, dass Deutschland - in Relation zur Bevölkerung gesetzt - nur im Durchschnitt liegt. Belgien und Österreich beispielsweise nehmen prozentual weit mehr Flüchtlinge auf.
Schleswig-Holstein liegt nach dem Königsteiner Schlüssel mit 3,4 % der aufzunehmenden Flüchtlinge zum Beispiel auf Platz 9 von 16. Ich denke, da ist noch jede Menge Luft nach oben.
Bundesweit werden für dieses Jahr - wir kennen die Zahlen - rund 200.000 neue Asylbewerber erwartet. Auf dem Höhepunkt im Jahr 1992, den Balkan-Krisen und -Kriegen, waren es 450.000. Also ist meine Behauptung: Wir haben heute viel bessere Voraussetzungen, wenn wir es gemeinsam machen, diese 200.000 Menschen menschenwürdig unterzubringen und ihnen eine Perspektive zu bieten.
Liebe Freundinnen und Freunde, zum CDU-Antrag: Es hat schon einen Beigeschmack, wenn so etwas im Vorfeld eines Landesparteitages kommt und sich nach zweieinhalb Jahren die politischen Parteien im Vorwahlkampf neu aufstellen. Ich muss auch sagen: Ich habe große Sorge und bedauere das zutiefst, dass die CDU aktiv einen Schritt zurückgegangen ist. Das kündigt einen Konsens in diesem Haus auf. Ich hoffe, dass wir im Rahmen der sachli
Das ist der Grund, warum ich beantrage, dass unser Antrag zum Änderungsantrag der CDU in fast allen Punkten, die die CDU auch beantragt hat, in den Europaausschuss federführend und in den Innenund Rechtsausschuss mitberatend überwiesen wird.
Es gibt aber auch einen Punkt, liebe Kollegin Eka von Kalben, den wir hier direkt herauslösen und abstimmen möchten, gerade nach Ihren Einlassungen - sie ist jetzt nicht da - zur Situation der Sinti und Roma. Ich erinnere auch an die Delegation im Jahr 2013. Wir erwarten - wie jetzt auch aktuell von Mecklenburg-Vorpommern, einer konservativen Landesregierung, vorgenommen - die Prüfung, ob wir hier in Schleswig-Holstein ein Wintermoratorium für die Roma aus den sogenannten sicheren Herkunftsländern beschließen und ihnen so beim Überleben helfen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, syrische Flüchtlinge aufnehmen - das ist der Widerspruch für uns auch zur Regierungserklärung von Herrn Albig von heute Morgen: Wir können mehr machen. Resettlement? - Ja, gern. Aber in Ihrem Antrag steht noch nicht einmal, wo. Ist es Schleswig-Holstein, ist es Deutschland, sind es andere Länder? - Das ist vollkommen unzureichend. Sie werden immer unkonkreter in den Maßnahmen, die durchgeführt werden müssen.
Deswegen sage ich eben auch zu heute Morgen: Anspruch und Wirklichkeit der Regierungserklärung und reelle Hilfe klaffen weit auseinander. Niedersachen hat Anlauf genommen, den Paragrafen 23 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes zu ändern, um syrischen Flüchtlingen großzügig eine sofortige Ankunft, Arbeit, Verpflegung und die Behandlung von traumatisierten Flüchtlingen zu ermöglichen. Das ist humanitäre Flüchtlingspolitik.
Die Spielräume wollen wir hier ausnutzen. Deswegen stellen wir diesen Antrag heute zur Abstimmung und bitten Sie, der Empfehlung des Innenund Rechtsausschusses nicht zuzustimmen, sondern unserem Antrag. Dann haben wir wieder eine hu
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Tagtäglich werden wir mit den Bildern aus den Krisen- und Kriegsgebieten aus allen Teilen der Welt konfrontiert. Kriegsszenen, flüchtende Menschen und leerstehende, zerstörte Häuser bestimmen diese Bilder. Auch vor unserer eigenen Haustür können wir Auswirkungen dieser Entwicklung jetzt erkennen. Eine Tatsache, die sich nicht retuschieren lässt, ist die der fortbestehenden Unterbringungsknappheit für Flüchtlinge und Asylbewerber. In Schleswig-Holstein müssen wir an dieser Stelle nicht von einer Not sprechen, jedoch verfügt das Land auch nicht über Kapazitäten im Überfluss. Insofern muss präzise vorgegangen werden, um die zur Verfügung stehenden Mittel am effektivsten einzusetzen und letztendlich auch eine Entlastung herbeiführen zu können.
Land und Kommunen arbeiten hier Hand in Hand. Mehr noch: Land und Kommunen haben enorme Leistungen erbracht. Hier wird oft mehr getan als grundsätzlich vorgeschrieben ist. Deshalb möchte ich auch einmal den Kommunen meinen ausdrücklichen Dank aussprechen.
Zudem wurde vom Innenminister angekündigt, die Mittel für die Unterbringung von Flüchtlingen im neuen Haushaltsjahr zu erörtern. Die entsprechenden Vorschläge sind jetzt auch öffentlich gemacht worden. Jedoch zeigen sich in dieser angespannten Kriegs- und Krisensituation, die sich über immer mehr Regionen erstreckt, früher oder später auch Grenzen. Das merken wir natürlich auch bei uns im Land.
Die Aufnahmezentrale in Neumünster hat zum jetzigen Zeitpunkt ihre Grenze erreicht - wobei man auch sagen muss, dass der Bund in dieser Hinsicht bisher lediglich einen kleinen Finger zur Hilfe gereicht hat. Man müsste einmal sämtliche leer stehenden Liegenschaften des Bundes auf Eignung zur Unterbringung prüfen. Hierbei handelt es sich nicht nur um Kasernen - die hat man immer zuerst
im Kopf -, sondern durchaus auch um Wohnungen, um Einzelliegenschaften, die zur Verfügung stehen und auf kommunaler Ebene für Entlastung sorgen könnten. Es reicht nicht, jedes Jahr wieder und wieder Notlösungen aus dem Hut zu zaubern, so toll es ist, dass wir das immer wieder hinbekommen haben. Es muss vielmehr um Beständigkeit gehen, wir brauchen hier eine andere Herangehensweise.
Bund, Länder und Kommunen sollten sich von Kurzsichtigkeit und dem Denken in kurzen Fristen lösen, sofern sie dies noch nicht getan haben. Selbst eine zusätzliche einmalige Finanzspritze aus Berlin würde in diesem Fall nichts anderes sein als ein Tropfen auf den heißen Stein. Wir brauchen vom Bund auch in diesem Bereich dauerhafte Unterstützung.
Aus Sicht des SSW wäre ein nationaler Flüchtlingsgipfel keineswegs eine unnütze Idee, sondern eine dringende Notwendigkeit, um eine gemeinsame Flüchtlingspolitik über alle Landesgrenzen hinweg auf die Beine zu stellen. Immer diese Notlösungen, immer diese Einzelentscheidungen in den einzelnen Bundesländern bringen uns langfristig nicht weiter, so gut jede einzelne Maßnahme ist, die wir hier ins Werk setzen. Wir brauchen bundesweite Regelungen, um hier zu einer vernünftigen Lösung für die Flüchtlinge zu kommen und den Menschen, die zu uns kommen, so gut wie möglich helfen zu können.
Meine Damen und Herren, wir glauben, dass auch die Europäische Union hier eine Verantwortung zu tragen hat. Die europäische Flüchtlingspolitik ist, wenn man ehrlich ist, unterentwickelt, wenn man ganz ehrlich ist, sogar rückständig. Man könnte fast das Gefühl bekommen, dass Brüssel versucht, diese Thematik, soweit es geht, auszuklammern, sich nicht zu äußern und hier nicht koordinierend tätig zu werden. Die Kontrolleure von Frontex einfach an die Außengrenzen zu schicken, um eine Einreise zu verhindern, halten wir als SSW für den falschen Weg.
Im 25. Jahr nach der innerdeutschen Grenzöffnung sollte die Ablehnung solcher Maßnahmen eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein. Was damals innerdeutsch falsch war, ist auch europäisch falsch.
An dieser Stelle sollte auch noch einmal betont werden, dass laut der letzten NDR-Umfrage zu sämtlichen politischen Themen im Land der über
wiegende Teil der Befragten mit der aktuellen Flüchtlingspolitik zufrieden ist. Um die 65 %, 70 % sagten: Was jetzt getan wird, ist gut; am liebsten würde man gern sogar noch mehr tun und noch mehr Menschen bei uns im Land unterbringen. Wir haben bei uns im Land also eine durchaus positive Situation. Wir können etwas für die Menschen tun, und wir können sie unterstützen, auch weil unsere Bevölkerung dahintersteht. Das ist etwas, was man immer wieder sagen muss.
Es ist nicht so, dass die Leute das kritisch sehen, im Gegenteil, der überwiegende Teil der Bevölkerung sagt: Ja, wir wollen die Menschen hier bei uns haben, wir wollen ihnen helfen, und wir wollen auch, dass dafür finanzielle Mittel aufgewendet werden.
Was ist also die Schlussfolgerung, Frau Präsidentin? Wir brauchen nicht Abschottung, sondern Offenheit und eine gemeinsame europäische humane Flüchtlingspolitik, die sich an unseren Standards in der Bundesrepublik orientiert. Hierfür müssen wir gemeinsam arbeiten, auf europäischer Ebene, auf Bundesebene und natürlich auch hier im Land. Vielen Dank.
Vielen Dank. - Zu einem Dreiminutenbeitrag hat Herr Abgeordneter Burkhard Peters von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe in der Debatte heute Morgen und gerade eben häufig die Wörter „Armutsflüchtlinge“ oder gar „Wirtschaftsflüchtlinge“ gehört. Dabei fällt mir immer ein Satz des berühmten Milieumalers Heinrich Zille ein. Der hat in Bezug auf das Berliner Proletarierelend in den Gründerjahren des 19. Jahrhunderts insbesondere auf dem Wohnungssektor gesagt: