Protocol of the Session on September 11, 2014

Ich habe auch vom eigentlich zuständigen Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier - denn wir reden ja jetzt über ein UN-Mandat - nichts in diese Richtung gehört.

Es geht in der Tat um eine schwierige Abwägung, nämlich um die Abwägung, wie man den Opfern im Irak hilft. Frau Kollegin Damerow hat die Verhältnisse dort beschrieben. Ich bin Lars Harms ausgesprochen dankbar dafür, dass er das eben noch einmal unterstützt hat. Die Hilfe für die Opfer, ganz aktuell und möglichst schnell, steht für mich im Moment an vorderer Stelle. Natürlich muss auch sichergestellt werden, wie mit diesen Waffen vor Ort umgegangen wird, damit sie nicht in falsche Hände geraten. Das ist völlig klar.

Ich will gern noch einmal auf die Worte von Bischof Ulrich hinweisen. Er hat neulich in einem Interview gesagt - ich darf zitieren -:

(Dr. Kai Dolgner)

„Die Bundeskanzlerin hat recht, wenn sie sagt: Es müssen alle Optionen geprüft werden. … Als Kirche können wir uns … niemals mit dem Einsatz von Gewalt zufrieden geben, aber die Weltgemeinschaft darf dem Morden auch nicht tatenlos zuschauen.“

Er fügt hinzu, als letztes Mittel müsse Gewalt eingesetzt werden können, wenn ein Völkermord anders nicht zu beenden ist. Vor genau dieser Abwägung steht die Politik. Es geht um die Hilfe für die Menschen, um ein Einschreiten gegen Völkermord. Deswegen unterstützen wir die Entscheidung der Bundesregierung. - Herzlichen Dank.

(Beifall CDU)

Nun hat für die Landesregierung Innenminister Andreas Breitner das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! 50 Millionen Menschen sind weltweit auf der Flucht. Der UNHCR-Bericht aus dem Juni 2014 zeigt, dass Ende 2013 6 Millionen Menschen mehr auf der Flucht waren als ein Jahr zuvor. Die Brennpunkte vor allem in Syrien, Afrika, der Ukraine sowie im Irak werden zu einem weiteren Anstieg führen.

Der Vorstoß der menschenverachtenden Terrormiliz Islamischer Staat und das barbarische Vorgehen gegen die verfolgten Muslime, Christen und Jesiden haben die Lage im Irak dramatisch verändert. Bedroht ist das Leben von Millionen von Menschen, die Stabilität des Irak und der ganzen Region und angesichts der Vielzahl ausländischer Kämpfer nicht zuletzt auch unsere Sicherheit in Deutschland und Europa.

Das Bundesministerium der Verteidigung und der Bundesminister des Auswärtigen haben die Vorsitzenden der Bundestagsfraktionen am 1. September 2014 über die aktuelle Situation und die Hilfsmaßnahmen Deutschlands informiert. Der Kernaussage können wir sicherlich alle zustimmen. Es ist unsere humanitäre Verantwortung und unser sicherheitspolitisches Interesse, den Leidenden zu helfen und den IS zu stoppen.

Das Hilfsprogramm Nordirak beinhaltet aktuell folgende Bausteine:

Erstens. Die Bundesregierung hat mit der Bereitstellung von Hilfsleistungen in einer Höhe von bis

lang rund 50 Millionen € begonnen. Seit dem 15. August 2014 sind mehr als 150 t lebenswichtiger Nahrungsmittel und Güter sowie medizinisches Material bereitgestellt und in das sichere Gebiet der kurdischen Regionalregierung transportiert worden.

Zweitens. Zugleich unterstützt die Bundesregierung diejenigen, die dem IS Einhalt gebieten. Hier stehen die Kräfte der kurdischen Regionalregierung im Fokus.

Drittens. Sechs Soldaten wurden zur Koordinierung vor Ort an das Generalkonsulat in Erbil entsandt.

Viertens. Schließlich wird Deutschland nun auch Waffen, Munition und weitere militärische Ausrüstung zur Unterstützung der kurdischen Regionalregierung in den Irak liefern.

Dieses Gesamtpaket ist bereits von einigem Gewicht. Ich zitiere an dieser Stelle aber Bundespräsident Gauck, der bereits im Rahmen seiner Weihnachtsansprache und erneut im Juni 2014 beim Berliner Symposium zum Flüchtlingsschutz fragte: Tun wir wirklich alles, was wir tun können?

Die Entscheidung der Bundesregierung und des Bundestages - Sie haben eben darüber debattiert, auch darüber, ob Waffenlieferungen aus Deutschland einen Beitrag zu einer weiteren Eskalation des Terrors leisten - ist vielen nicht leicht gefallen. Noch vor einem Jahr wäre eine solche Entscheidung nicht denkbar gewesen.

Zum Ergänzungsantrag. Ich bin sehr überzeugt davon, dass solche Waffenlieferungen in Krisengebiete kritisch zu bewerten sind und nicht zur Regel werden dürfen. Darüber hinaus ist es zweifelhaft, ob sie Probleme lösen oder nicht neue Probleme schaffen. Insofern setzt sich die Landesregierung sehr gern für ein UN-Mandat in Berlin ein.

Uns stellen sich Fragen. Müssen wir auch an anderen Stellen unsere bisherigen Positionen überdenken? Können die Länder und die Kommunen noch mehr leisten, oder sind sie bereits an der Grenze des Leistbaren angelangt? Muss angesichts der immer wieder auftauchenden Krisenherde in der Welt humanitäre Hilfe insgesamt anders, strukturierter und nachhaltiger aufgestellt werden? Wie kann eine weitergehende Hilfe praktisch organisiert werden?

Meine Damen und Herren, als nächstes müssen wir als Land uns für eine umgehende Aufnahmeaktion für Flüchtlinge aus dem Irak - unabhängig von einer bestimmten Religionszugehörigkeit einsetzen.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Dr. Ekkehard Klug [FDP])

(Johannes Callsen)

Wir haben mit solchen Aktionen schon sehr gute Erfahrungen gemacht. Ich erinnere an die Aufnahme der irakischen Flüchtlinge aus Syrien. Übrigens, Herr Abgeordneter Klug, war die schleswig-holsteinische Landesregierung die erste, die auf einer Innenministerkonferenz ein solches Kontingent vom Bund gefordert hat.

Die Bundeskanzlerin hat Anfang der Woche betont, dass die Not Hunderttausender Flüchtlinge in der Region gelindert werden müsse. Sie versicherte zugleich, dass Deutschland neben den laufenden Hilfsgüterlieferungen auch - ich zitiere - durch die zusätzliche Aufnahme von Flüchtlingen helfen werde. Das lässt auch uns hoffen. Die schleswig-holsteinische Landesregierung wird sich mit allen Mitteln für eine humanitäre Hilfestellung einsetzen. Vielen Dank.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Torge Schmidt [PIRATEN], Anita Klahn [FDP] und Dr. Ekkehard Klug [FDP])

Vielen Dank, Herr Minister.

Wir kommen nun zur Abstimmung. Ich bitte um Konzentration, damit wir gut durchkommen. Denn einige Änderungen und Veränderungen wurden angekündigt. - Jetzt kommt noch eine Veränderung. Bitte schön, Herr Callsen.

Frau Präsidentin, Sie brauchen nicht die Augen zu verdrehen.

Herr Callsen, ich habe die Augen nicht verdreht, sondern ich bitte darum, dass wir jetzt konzentriert durch diese Abstimmung kommen. Ich bitte Sie, diese Bemerkung in diesem Zusammenhang und in dieser Runde nicht zu machen. Ich finde sie unangemessen.

(Dr. Ekkehard Klug [FDP]: Her majesty is not amused!)

Dann nehme ich sie zurück, Frau Präsidentin. - Ich bitte darum, über die Anträge als selbstständige Anträge abstimmen zu lassen.

Jetzt hat zu einer weiteren Bemerkung zur Geschäftsordnung die Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Fraktion, Frau Herdejürgen, das Wort.

Wir haben kein Problem damit, den CDU-Antrag als eigenständigen Antrag zu betrachten, aber wir bitten darum, dass der Piratenantrag als Änderungsantrag zu unserem Antrag abgestimmt wird.

Findet das Ihre Zustimmung? - Die CDU-Fraktion ist auch einverstanden, dann wollen wir das so tun.

Ich lasse also zunächst über den Antrag der CDUFraktion, Drucksache 18/2269, als eigenständigen Antrag abstimmen. Wer diesem Antrag seine Zustimmung erteilen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind die Kolleginnen und Kollegen der CDU-Fraktion. Wer lehnt diesen Antrag ab? Das sind die Abgeordneten von FDP, PIRATEN, SSW, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD. Gibt es Enthaltungen? - Das ist nicht der Fall. Damit ist dieser Antrag der CDU-Fraktion abgelehnt.

Ich lasse jetzt über den Änderungsantrag der Fraktion der PIRATEN, Drucksache 18/2266, abstimmen. Hier haben wir Einzelabstimmung verabredet. Wer dem ersten Absatz dieses Antrags seine Zustimmung erteilen will, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. - Das sind die Fraktionen von FDP, PIRATEN, die Abgeordneten des SSW, die Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD. Wer lehnt diesen ersten Absatz ab? - Das sind die Kolleginnen und Kollegen der CDU-Fraktion. Gibt es Enthaltungen? - Das ist nicht der Fall. Damit ist dieser erste Absatz mehrheitlich angenommen.

Wir kommen jetzt zu dem zweiten Absatz, der auf Antrag des Abgeordneten Dr. Stegner - beziehungsweise formal des Abgeordneten Jürgen Weber - wie folgt geändert wurde.

(Heiterkeit)

- Ich glaube, dass es notwendig ist, das so zu formulieren.

Ich lese Ihnen den jetzt geänderten Absatz des Antrags einmal vor. Er lautet:

„Die Landesregierung wird darüber hinaus aufgefordert, sich auf Bundesebene dafür einzusetzen, keine Waffenlieferungen in den

(Minister Andreas Breitner)

Irak, in Krisengebiete und Diktaturen durchzuführen, sowie auf eine Stärkung der Vereinten Nationen mit einem entsprechenden Mandat hinzuwirken.“

Das wäre jetzt die geänderte Nummer 2 des Piratenantrags, über die ich jetzt abstimmen lasse. Wer dieser Nummer 2 seine Zustimmung erteilen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind einige Mitglieder der FDP-Fraktion, die PIRATEN, einige Mitglieder der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, wenn ich es richtig sehe, und die Mitglieder der SPD-Fraktion. Wer lehnt diese Nummer 2 ab? - Das sind geschlossen alle Mitglieder der CDU-Fraktion. Ist das richtig? - Entschuldigung, ich bitte Sie, jetzt tatsächlich aufmerksam zu sein und aufzuzeigen, wenn Sie dies ablehnen. Das ist ein Kollege aus der FDP-Fraktion, die geschlossene CDU-Fraktion, es sind Mitglieder der Gruppe des SSW. Es geht darum, die Nummer 2 abzulehnen.

(Unruhe)

Wer enthält sich? - Das sind zwei Abgeordnete der Grünen-Fraktion. Damit ist die Nummer 2 des Antrags in der Mehrheit angenommen worden, wenn ich richtig mitgezählt habe.

(Beifall PIRATEN und vereinzelt SPD)

Wir kommen jetzt zur Endabstimmung des Hauptantrags in der Drucksache 18/2215 in der soeben geänderten Fassung. Wer diesem Antrag seine Zustimmung erteilen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind die Mitglieder der FDPFraktion, der Piratenfraktion, einige Mitglieder von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und die Mitglieder der SPD-Fraktion. Wer lehnt diesen Antrag ab? Das sind die Kolleginnen und Kollegen der CDUFraktion und niemand sonst. Wer enthält sich? Das sind die Kolleginnen und Kollegen der Gruppe des SSW sowie ein Abgeordneter der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Damit ist dieser Antrag mehrheitlich angenommen.

Ich danke Ihnen für die Konzentration bei dieser Abstimmung.