Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe mich noch einmal auf den Beitrag der Kollegin Damerow hin zu Wort gemeldet. Wenn Sie mir zugehört haben, werden Sie festgestellt haben, dass ich nicht nur mit Respekt über die gesprochen habe, die zu einer anderen Auffassung kommen, aber ich habe vor allem das Gegenteil dessen gesagt, was Sie mir unterstellt haben. Und das finde ich nicht in Ordnung! Sie sagen: Wir könnten es nicht zulassen, dass Menschen aus pazifistischer Gesinnung sterben. Das war nicht meine Aussage. Ich habe gesagt: Ich bin ausdrücklich dafür, dass in diesem Fall Amerika militärisch hilft, weil die USA durch den Bush-Krieg gegen den Irak mit dafür verantwortlich gewesen sind, dass der Irak es nicht tun kann.
Ich will aber auch deutlich sagen, wir haben damals als rot-grüne Bundesregierung den Irak-Krieg nicht unterstützt, da wir dies falsch gefunden haben. Die damalige Oppositionsführerin Angela Merkel ist in Washington aufgetreten und hat gesagt, dies sei nicht die Position des deutschen Volkes insgesamt. Gerade am Beispiel des Iraks kann man sehen, wo das herkommt. Die Waffen, die jetzt in den Händen der IS-Terroristen sind, sind doch die Waffen, die damals an den Irak gegen Chomeini oder
Das sind die Waffen, die hinterher unschuldige Menschen töten. Die werden produziert, und wir diskutieren über Rüstungsexporte. Dann wird gesagt, wir können uns doch nicht von den Rüstungskonzernen abkoppeln. Ich sage Ihnen, in ganz vielen Fällen ist es so, dass Waffenlieferungen von anderen genutzt werden. In manchen Regionen in der Welt sind es nicht wirklich die zusätzlichen Waffen, die wir zur Lösung des Konfliktes benötigen. Ich fürchte, das gilt auch für den Gazakonflikt und für andere Regionen in dieser Welt. Deswegen sollten Sie das bitte nicht tun.
Ich habe ausdrücklich gesagt, Frau Damerow, dass ich kein Radikalpazifist bin. Bei einer solchen Geschichte wie in Ruanda muss geholfen werden. Wir Deutsche verdanken unsere Freiheit den Alliierten und dass Nazi-Deutschland besiegt worden ist. Das stelle ich alles nicht in Abrede. Aber über Ihre Aussage, es sei moralisch die richtige Position, Waffen zu liefern, weil die Menschen sonst nicht gerettet werden könnten, kann man sehr unterschiedlicher Meinung sein. Man will mit so einer Position nicht unbedingt Recht behalten, aber die Geschichte, selbst die neuere Geschichte, lehrt, was mit den Waffen passiert. Das führt dazu, dass einige sagen, wir sollten den Hauptaspekt anders gewichten, und sie machen sich sogar teilweise darüber lustig. Herr Kollege Harms hat vorhin gesagt, wie wichtig es ist, humanitäre Hilfe zu leisten. Das brauchen die Menschen am dringendsten. Es sind Korridore durch die Luftangriffe der Amerikaner entstanden, sodass viele Flüchtlinge haben flüchten können.
Sie mögen Ihre Position haben, und ich respektiere das, aber Ihr Hinweis, das andere seien Pazifisten, die die Menschen sterben lassen wollten, trifft überhaupt nicht zu.
- Doch, so haben Sie es formuliert. Es trifft überhaupt nicht meine Haltung und auch nicht die der Kolleginnen und Kollegen hier im Haus, die sich anders äußern. Und da bitte ich schon darum, das anders zu Kenntnis zu nehmen.
Wir alle wollen Menschen helfen. Und ich füge hinzu: Wir sind auch verantwortlich dafür, dass wir die Debatte in einem angemessenen Ton führen. Wir merken das gerade. Auch in Deutschland haben wir antisemitische Vorfälle, es gibt Menschen,
die Moscheen anzünden, dort Tierblut hineinkippen, die sich antiislamisch äußern. Ich finde, wir müssen uns gegen all die intoleranten Äußerungen, die gegen andere Menschen gerichtet sind, wenden. Wir müssen dafür sorgen, dass wir alles dafür einsetzen, dass solche Konflikte nicht eskalieren.
Sie haben gesagt, die UN könne momentan nicht handeln. Das stimmt, weil sich die Amerikaner und Russen blockieren. Aber das ist für uns doch nur ein Auftrag, dafür zu sorgen, dass die UN endlich handlungsfähig werden. Es ist nämlich der Traum unserer Menschheitsgeschichte, dass es gelingt, dass die Völkergemeinschaft gemeinsam so etwas verhindert.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin seit 24 Jahren in Parlamenten politisch tätig und bin Anfang der 70-er-Jahre in der FDP sozialisiert worden. Ich bin verblüfft, mit welcher unglaublichen Geschwindigkeit die politische Klasse in Deutschland beginnt, kriegerische Handlungen wieder als die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln zu begreifen.
Ich respektiere jede Meinung. Ich will versuchen, meine Meinung zu erläutern, warum ich glaube, dass die Waffenlieferung in Spannungsgebiete nicht nur rechtlich äußerst zweifelhaft ist, sondern faktisch überhaupt nichts bringt.
Deutschland ist durch die Verfassung verpflichtet, an keinem Angriffskrieg mitzuwirken, auch nicht an der Vorbereitung dazu. Deutschland ist durch die Verfassung verpflichtet, dem friedlichen Zusammenleben der Völker zu dienen. Ich kann nicht erkennen, dass Waffenlieferungen dieses Kriterium erfüllen können. Kollege Klug hat zu Recht darauf hingewiesen, dass wir heute nicht wissen, gegen wen sich die Waffen, die wir heute liefern, morgen richten werden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, mit Waffenlieferungen an die Kurden unterstützen wir Separatisten; denn die Kurden sind nicht angetreten, die nationa
le Einheit des Iraks aufrechtzuerhalten, sondern einen eigenen Staat zu gründen. Ich sage das nur im Hinblick darauf, dass wir in anderen Regionen des Landes die Verhaltensweisen von anderen zu Recht, wie ich finde, denunzieren und an den Pranger stellen, wir uns aber die Frage erlauben müssen, warum auf der einen Seite das Recht gelten soll, das wir uns herausnehmen, und auf der anderen Seite das Recht nicht gelten soll. Recht gilt entweder in gleicher Weise, oder es gilt gar nicht.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Frage ist bereits angesprochen worden. Ich bin angetreten - ich weiß, dass das für viele von uns gilt -, das Gewaltmonopol bei der UNO anzusiedeln. Mittlerweile interessiert sich kein Mensch mehr dafür, was die UNO sagt oder nicht sagt. Die Amerikaner machen, was sie wollen. Einige aus der Koalition der Willigen können sich daran beteiligen und halten das für gerechtfertigt. Ich halte das nicht für gerechtfertigt.
Frau Kollegin Damerow, wenn wir den Menschen helfen wollen, wenn wir das Prinzip der Nothilfe in Anspruch nehmen wollen, warum um alles in der Welt bringt die Bundesregierung keinen Antrag in die Vereinten Nationen ein, ein robustes UNOMandat zu erhalten, an dem wir uns dann auch mit unseren Soldaten beteiligen können. Das wäre rechtens.
Anderen Waffen zu liefern und zu sagen, sie sollen sich einmal gegenseitig erschießen, halte ich nicht für eine Form von Nothilfe. Das halte ich vielmehr für eine Form von Ausflucht.
Wir müssen uns um ein robustes UNO-Mandat bemühen, das die Möglichkeit eröffnet, dass die Weltgemeinschaft mit Waffengewalt und dann auch unter Beteiligung der Faszilitäten der Bundeswehr für Ruhe und Frieden und für die Sicherheit der Menschen sorgt und ihnen eine Perspektive gibt.
Alles andere ist ein Ablenken von den Problemen, vor denen wir stehen. Deshalb ist meine Haltung, und diese Haltung wird sich auch nicht ändern: Keine Waffenlieferungen in Spannungsgebiete. Herzlichen Dank.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich kann an das anknüpfen, was Kollege Kubicki gesagt hat. Ich stehe hier, weil ich kurz begründen will, warum der Antrag der Regierungsfraktionen für mich zielführend und richtig ist, ich dem Änderungsantrag der PIRATEN in dieser Form - anders als meine Fraktion - aber nicht zustimmen kann.
Kollege Kubicki hat richtigerweise darauf hingewiesen, dass die Prinzipien, die wir uns vor vielen Jahrzehnten gesetzt haben, nach wie vor stimmen. Was aber nicht mehr stimmt, ist die Art und Weise, wie Konflikte zu analysieren sind. Wir haben nicht mehr die klassischen Konflikte zwischen Nationalstaaten. Wir haben keine kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen Nationalstaaten mehr. Vielmehr gibt es beispielsweise in Syrien 12, 13 oder 14 verschiedene größere militärische Formationen. Das ist quasi eine Konstellation, in der jeder gegen jeden kämpft. Man kann also nicht mehr auf den Punkt kommen, dass das Gute gegen das Böse kämpft.
Es stellt sich die Frage, wie wir mit dem Massenoder gar Völkermord im Norden des Iraks umgehen. Ich stimme zu, dass es ein großes Problem ist, einige derjenigen, die sich dort im Konflikt befindet, mit Waffen zu beliefern. Ich stimme dem auch zu, dass wir das eigentlich nicht tun dürfen. Wir dürfen eigentlich keine Waffen in Krisen- beziehungsweise Kriegsgebiete liefern, weil - das ist vom Kollegen Stegner vollkommen richtig beschrieben worden - diejenigen, denen wir die Waffen in die Hand geben, nicht wirklich vertrauenswürdig sind, und weil nicht sichergestellt ist, dass sie diese Waffen mittelfristig für den Frieden einsetzen.
Wenn das aber so ist, dann müssen wir doch sagen, wie wir dann Völker- und Massenmord stoppen wollen. Das steht da aber nicht drin. Deswegen können wir uns nicht einfach darauf beschränken, die Finger von Waffenexporten zu lassen. Dann müssen wir gleichzeitig sagen, wie wir agieren wollen. Wenn man Waffen nicht in die Hände von unzuverlässigen Menschen geben will, dann muss man diese selbst in die Hand nehmen oder ein Mandat haben, damit Menschen, die vertrauenswürdig sind, Waffen in die Hand nehmen. Das ist die Mindestvoraussetzung, die hier drin stehen muss. Das
Herr Kollege Weber, würde es Ihnen einfacher fallen, unserem Antrag zuzustimmen, wenn wir diesen ergänzen um den Vorschlag vom Kollegen Kubicki, dass wir die Landesregierung bitten, sich bei der Bundesregierung dafür einzusetzen, dass ein robustes Mandat der Vereinten Nationen erwirkt wird?
Das entspricht meiner Haltung. Ich weiß nicht, wie das von anderen gesehen wird. Ich will jetzt aber auch keine Komplikationen bei der Abstimmung verursachen.
Es ist zu Recht darauf hingewiesen worden, dass diese Fragen in den Grenzbereich von Gewissensfragen gehen. Deshalb wollte ich Ihnen darlegen, dass für mich dazugehört, Konflikte nicht durch nicht akzeptable Waffenlieferungen zu verschärfen. Das ist für mich eine Gewissensfrage. Die Antwort auf die Frage aber, wie man Massen- und Völkermord verhindert, gehört für mich unverzichtbar dazu. Insofern ist das für mich ein wesentlicher Punkt.
Ich will mir aber nicht anmaßen, aufgrund meiner persönlichen Auffassung die Antragslage zu verkomplizieren. Ich stelle das anheim, aber genau dieser Punkt ist für mich von zentraler Bedeutung.
Lieber Herr Kollege Weber, ich habe in meinem Beitrag ja darauf hingewiesen, dass ich der Auffassung
bin, dass die Vereinten Nationen das geeignete Gremium darstellen. Ich würde mich allerdings etwas schwertun, es so konkret zu formulieren, weil die Vereinten Nationen selbst in der Lage sein müssen, das zu formulieren. Ich würde in diesem Zusammenhang aber nicht das Wort „robust“ verwenden. Vielleicht könnte man einfach nur auf ein Mandat der Vereinten Nationen hinwirken. Das ist ja unsere Position. Ich finde, damit wird nicht vorweggenommen, wie das aussieht.
Im Übrigen wissen wir, dass das an dieser Stelle nicht mehr passieren wird. Dass wir aber die Handlungsfähigkeit der Vereinten Nationen stärken und dass den Vereinten Nationen solche Mandate erteilt werden sollen, das finde ich richtig. Wenn man das um diesen Halbsatz, aber ohne das Adjektiv ergänzt, dann könnten die meisten Abgeordneten sicherlich damit leben. Das wäre zumindest mein Vorschlag.