Protocol of the Session on September 10, 2014

Grundsätzlich lässt sich heute sagen, dass wir die Weichen mit unserem Schulgesetz und der reformierten Lehrerbildung richtig gestellt haben. Auch wenn noch viele Hausaufgaben zu erledigen sind, sind wir auf einem sehr guten Weg. Mit Blick auf das vorliegende Konzept und die hieraus folgenden Schritte werden wir natürlich immer auf die kom

(Sven Krumbeck)

munale Umsetzbarkeit achten. Denn eines ist klar: Nur gemeinsam werden wir das Ziel erreichen, mehr helfende Hände in die Schulen für eine wirklich inklusive Schulbildung zu bringen; denn jedes Kind ist etwas Besonderes.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. - Meine Damen und Herren, ich sehe keine weiteren Wortmeldungen.

Ich gehe davon aus, dass Ausschussüberweisung beantragt worden war. Wenn ich das richtig im Ohr habe, bitte ich darüber abzustimmen, ob der Bericht der Landesregierung, Drucksache 18/2065, dem Bildungsausschuss zur abschließenden Beratung überwiesen werden soll. Wer dem zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen.

(Wortmeldung Dr. Marret Bohn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

- Wenn ich die Lippenbewegungen der Parlamentarischen Geschäftsführerin der Fraktion der Grünen richtig lese, dann meint sie, er solle auch dem Sozialausschuss mitberatend überwiesen werden. Das macht auch Sinn. Wer also den Bericht der Landesregierung, Drucksache 18/2065, abschließend dem Bildungsausschuss und mitberatend dem Sozialausschuss überweisen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen sehe ich nicht. Damit ist dies einstimmig so beschlossen.

Ich rufe nun Tagesordnungspunkt 39 auf:

Erhebung der Arbeitszeiten an Schulen

Antrag der Fraktion der FDP Drucksache 18/2104

Bericht und Beschlussempfehlung des Bildungsausschusses Drucksache 18/2228

Änderungsantrag der Fraktion der FDP Drucksache 18/2259

Ich erteile das Wort der Frau Berichterstatterin des Bildungsausschusses, der Kollegin Anke Erdmann die ich gerade nicht sehe. Frau Kollegin Raudies, übernehmen Sie das als stellvertretende Ausschussvorsitzende?

Das mache ich dann schnell. Ich verweise auf die Vorlage, Frau Präsidentin.

Ich danke Ihnen für den Bericht, Frau Berichterstatterin. Gibt es Wortmeldungen zu diesem Bericht? Das ist nicht der Fall. Dann kommen wir zur Aussprache. Ich erteile der Frau Kollegin Anita Klahn von der FDP-Fraktion das Wort, die den ursprünglichen Antrag zu diesem Tagesordnungspunkt gestellt hat.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wie ich bereits mehrfach formuliert habe, ist die Arbeitszeit von Lehrern immer wieder - ich sage das einmal vorsichtig - ein heiß diskutiertes Thema. Es gibt zum einen die Vorbehalte gegenüber den Lehrkräften, dass diese über viel zu viel Freizeit verfügten. Zum anderen beklagen die Betroffenen selbst die ständig ansteigenden Aufgaben, ohne dass diese Mehrarbeit entsprechend zeitlich berücksichtigt werde. Insofern haben wir Liberalen interessiert die Pflichtstundenverordnung zur Kenntnis genommen, die von der noch amtierenden Ministerin vor einiger Zeit erlassen wurde. Der kundige Leser wird feststellen, dass diese Verordnung eins zu eins den vorherigen Erlass übernimmt. Da weder die Ministerin, ihre sozialdemokratischen Freunde, noch die Kollegin Erdmann oder die GEW öffentlich erkennbar irgendwelche Einwände gegen diese Verordnung von sich gegeben haben, könnte man daraus schließen, dass hier die späte Erkenntnis herangewachsen ist, dass die seinerzeit vorgenommene Anpassung eine vertretbare Entscheidung zur Einhaltung der Schuldenbremse war.

Ohne Frage - da braucht man auch nicht um den heißen Brei herumzureden - geht eine höhere Unterrichtsverpflichtung immer mit Einschränkung in den anderen Bereichen einher, beziehungsweise werden die Lehrer hier stärker belastet. Aber zusätzlich wurden in den vergangenen Jahren unbestritten - auch in unterschiedlicher politischer Verantwortung - den Lehrerinnen und Lehrern aller Schularten mehr Aufgaben aufgebürdet. Ich nenne einige exemplarisch: binnendifferenzierte sowie inklusive Unterrichtsgestaltung, Erstellen von Lehrplänen, verpflichtende Elterngespräche, Aktivitäten im Ganztagsbereich, ausführliche Berichtsbewertungen anstelle von Noten - all das benötigt einfach Zeit. Auch werden Aufsichten in Pausenzeiten, Ta

(Jette Waldinger-Thiering)

gesausflüge und Klassenfahrten entweder gar nicht oder nur teilweise der Arbeitszeit zugerechnet, genauso Projekte.

Gesellschaftliche Veränderungen führen dazu, dass Lehrer immer Zeit für Erziehungsarbeit - auch wenn dieses Wort jetzt nicht mehr im Schulgesetz steht - aufbringen müssen. Auch der Bereich der Inklusion fordert immer mehr Ressourcen. Es ist leider so, dass Schule und damit den Lehrern immer mehr aufgebürdet wird.

Daher ist zentral die Frage zu klären, welche Zeiten zu der eigentlichen Unterrichtsverpflichtung hinzukommen. Wie zeitlich intensiv muss der Unterricht vor- und nachbereitet werden, und welche weiteren Verpflichtungen sind durch die Lehrer zu leisten? Wie weicht also die tatsächliche Arbeitszeit von der eigentlichen Unterrichtsverpflichtung ab?

Meine Damen und Herren, im Bildungsausschuss bestätigte Staatssekretär Loßack insbesondere die Einschätzung, dass es sogenannte große und kleine Fächer gebe, die unterschiedliche Zeiten benötigten. Ansonsten sagte er aber, dass die Berechnungen vertretbar seien, und mit Verweis auf andere Studien sah das Ministerium keinen Handlungsbedarf. - Schade.

Die Lehrkräfte und die GEW sehen das anders. Wir Liberale beantragen daher, dass der Landtag das Bildungsministerium bittet, eine wissenschaftliche Stelle mit einer entsprechenden Studie zu beauftragen. Ich formuliere das so, weil wir nach der Beratung im Ausschuss einen Änderungsantrag eingebracht haben. Ich weise darauf hin, dass das von uns ursprünglich formulierte Zeitfenster ein sehr ambitioniertes war. Uns ist in den Beratungen deutlich geworden, dass das so nicht haltbar ist. Genauso haben wir akzeptiert, dass man, wenn man eine unabhängige Stelle mit einer Studie beauftragt, eher ungünstigerweise vorschreibt, wen sie einbinden soll. Es hat also an dieser Stelle von uns ebenfalls einen Erkenntnisgewinn in der Sitzung gegeben, daher habe ich Ihnen einen Änderungsantrag vorgelegt.

Ich möchte noch einmal darstellen, dass wir mit dieser Studie eine Grundlage für die zukünftige Diskussion bekommen, einen Überblick über die Arbeitsbelastung in den verschiedenen Schulen erhalten. Und gerade unter dem Aspekt, dass wir darüber reden, dass es zu wenige Lehrkräfte im System gibt, wäre doch eine genaue Analyse sinnvoll. Soweit ich weiß, gibt es eine solche Studie für das Land Schleswig-Holstein bisher nicht. Wir haben

Daten aus Hamburg aus dem Jahr 2003 beziehungsweise noch ergänzt aus dem Jahr 2005.

Auch das Argument der Kosten, was seinerzeit angeführt wurde, ist für mich inzwischen obsolet. Denn wenn sich das Land Schleswig-Holstein 30 Millionen € für Beratungsleistungen im Zusammenhang mit der HSH Nordbank leisten kann, dann sollte auch Geld für diese sicherlich günstigere Lehrerarbeitszeitstudie da sein.

(Beifall FDP)

Wir sind uns doch einig, dass gute Lehrerinnen und Lehrer der zentrale Faktor für den Bildungserfolg der Schülerinnen und Schüler in unserem Land sind. Das Thema Arbeitsbelastung steht in einem engen Zusammenhang mit dem Thema Lehrergesundheit und Gesunderhaltung am Arbeitsplatz.

Stimmen Sie daher bitte unserem Änderungsantrag zu, in dem wir die Kritikpunkte der Antragsberatung aufgenommen haben. - Vielen Dank.

(Beifall FDP und PIRATEN)

Das Wort für die CDU-Fraktion hat Frau Kollegin Heike Franzen.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der nun vorliegende Änderungsantrag der FDP-Fraktion geht in die richtige Richtung. Zahlreiche Aufgaben, die nicht mehr direkt mit Unterrichtsverpflichtung zu tun haben, werden von unseren Lehrkräften erfüllt. Sie engagieren sich über ihre eigentlichen Aufgaben und Arbeitszeiten hinaus. Dafür möchte ich an dieser Stelle einmal all unseren Lehrkräften in unserem Land ein herzliches Dankeschön sagen. - Ich finde, da kann man auch einmal ein bisschen mitmachen!

(Beifall)

Nicht immer ist diese Arbeit nach außen sichtbar, dennoch ist sie nicht unwichtig. Viele Lehrerinnen und Lehrer engagieren sich zum Beispiel in ihrer Freizeit, in den Ferien, in den Computerräumen unserer Schulen, um die IT-Systeme am Laufen zu halten. Auch wenn diese Landesregierung bei der Änderung des Schulgesetzes den Erziehungsauftrag unserer Schulen explizit gestrichen hat, ist der Schulalltag dadurch nicht leichter und die tägliche Erziehungsarbeit unserer Lehrkräfte nicht weniger geworden.

(Anita Klahn)

Eine Erfassung der dadurch benötigten tatsächlichen Arbeitszeit ist sinnvoll und wünschenswert. Es hat in der Vergangenheit immer wieder Versuche gegeben, die tatsächliche Arbeitszeit von Lehrerinnen und Lehrern zu erfassen. Das war allerdings nicht wirklich von Erfolg gekrönt. Daher ist der Ansatz einer unabhängigen wissenschaftlichen Erhebung absolut zu begrüßen.

Ich kann mir gut vorstellen, dass es nicht nur bei den verschiedenen Schularten, sondern auch bei den unterschiedlichen Unterrichtsfächern zu unterschiedlichen Arbeitsbelastungen kommt. Der Arbeitsaufwand einer Fachlehrerin oder eines Fachlehrers ist sicherlich anders zu bewerten als der einer Klassenlehrerin oder der eines Klassenlehrers. Gleiches gilt auch für die Arbeit von Schulleiterinnen und Schulleitern. Hinzu kommen die zusätzlichen Aufgaben, die diese Landesregierung den Schulen und damit den Lehrerinnen und Lehrern aufbürdet. An dieser Stelle seien nur einige Beispiele, wie die Umsetzung der Inklusion, für die immer noch keine Planstellen zur Verfügung stehen, zusätzliche Elterngespräche, Berichtszeugnisse und erhebliche Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen genannt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die neuen Herausforderungen für die Vorbereitung von Unterricht in heterogenen Klassen benötigen eine andere Herangehensweise als in einer homogenen Klasse. Darüber hinaus werden zusätzliche Abstimmungsgespräche nötig, wenn mehr als eine Person die Lehrkraft in der Klasse ist oder zusätzlich noch Schulbegleiter in der Klasse anwesend sind. Es gibt also zahlreiche Aufgaben, die für die Lehrkräfte eine Rolle spielen. Das kann nach Schulart, aber auch Fach sehr unterschiedlich sein.

Einige Fragen, die im Ursprungsantrag der FDP auftauchen, konnten im Bildungsausschuss nicht abschließend beantwortet werden. Wir könnten uns aber auch gut vorstellen, dass die Ergebnisse einer solchen Studie als Grundlage für die Erarbeitung von neuen Arbeitszeitmodellen dienen könnten.

Ich bedanke mich bei der Kollegin Klahn außerordentlich dafür, dass sie diesen Änderungsantrag vorgelegt hat. Er macht deutlich, dass die Argumente, die wir im Bildungsausschuss miteinander ausgetauscht haben, offensichtlich aufgenommen worden sind.

Bevor ich an dieser Stelle zu unserem Fazit komme, möchte ich noch einmal sagen: Es wäre natürlich auch schön, wenn wir einmal gucken könnten, wie sich die Arbeitszeitbelastungen auch auf die ge

sundheitlichen Belastungen unserer Lehrkräfte auswirken. Wir kennen ja die Erhebung der Landesschülervertretung, die deutlich gemacht hat, wie schwierig das sein kann. Es wäre doch auch einmal spannend zu erfassen, wie sich die Be- und Entlastungszeiten im Schulalltag auf die Gesunderhaltung von Schülern und Lehrkräften auswirken können.

Unser Fazit: Der Antrag der FDP ist richtig, und eine ehrliche Erhebung der tatsächlichen Arbeitszeiten ist notwendig und sinnvoll, um über Maßnahmen von Entlastungen von Lehrkräften am Arbeitsplatz entsprechend beraten zu können. Wir werden diesem Antrag zustimmen. - Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall CDU, FDP und PIRATEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin. - Für die SPD-Fraktion hat der Abgeordnete Kai Vogel das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ein früherer Ministerpräsident und Bundeskanzler ließ sich in einem Interview mit einer Schülerzeitung einmal zu der Bemerkung hinreißen: „Ihr wisst doch, was eure Lehrer für faule Säcke sind!“ Es dürfte kaum ein Zitat aus der an flotten Sprüchen reichen Karriere dieses Politikers gegeben haben, das ihm so nachhaltig auf die Füße gefallen ist wie dieses.

Das Thema ist für populistische Ausfälligkeiten offensichtlich unerschöpflich. So ist mir die Aussage „Halbtagsjob mit Ganztagsbezahlung“ und das Lächeln über Ferienzeiten als Lehrer vielfach begegnet und gibt nicht im Ansatz den wirklichen Beschäftigungsumfang von Lehrkräften wider. In dem Fachbuch „Gerüstet für den Schulalltag“ kommt der Beltz-Verlag auf eine wöchentliche Arbeitszeit von 52,9 Stunden. Unabhängig davon kommt eine Studie aus Baden-Württemberg, die mit über 950 Pädagoginnen und Pädagogen durchgeführt wurde, auf eine Arbeitszeit von 51 Stunden pro Woche.

Ein geeigneter Weg scheint das Lehrerarbeitszeitmodell. Dieses hat in Hamburg nach jahrelangen Protesten und vielen Veränderung endlich eine Akzeptanz erlangt. Ob es letztlich der gerechteste Weg ist, wird von vielen sehr unterschiedlich betrachtet.

Die Lehrerarbeitszeit auf dem Papier ist sehr eindeutig geregelt. In Schleswig-Holstein zum Beispiel muss eine Lehrkraft an Gymnasien für eine

(Heike Franzen)