Protocol of the Session on September 10, 2014

Es ist auch irgendwann einmal gut. Manchmal muss man auch ein Gesetz erst einmal wirken lassen, um es dann nach einer gewissen Zeit auch bewerten zu können. Diejenigen, die damals am Prozess beteiligt waren, werden sich noch gut daran erinnern, dass - zugegebenermaßen - die Einführung eines Korruptionsregisters in Schleswig-Holstein insbesondere bei den wirtschaftsnahen Verbänden und Organisationen umstritten war. Es gab sowohl die einen als auch die anderen, die dafür oder dagegen waren. Das war keinesfalls eine einheitliche Linie.

(Christopher Vogt [FDP]: Doch!)

Vielleicht sollte man erst einmal abwarten, wie sich das alles entwickelt, ob die eine oder andere Sichtweise möglicherweise geäußert wird, die dann entsprechend überwiegt.

(Christopher Vogt [FDP]: Ist denn das Lan- deskriminalamt ein Wirtschaftsverband?)

Wir als Koalition weichen natürlich nicht von unserem Ziel ab, den zuverlässigen Betrieben bei uns im Land bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen eine faire Chance zu bieten. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass auf unzuverlässige Betriebe harte Zeiten zukommen, weil sie durch die Eintragung ins Register von Ausschreibungen ausgeschlossen werden und damit Verdienstmöglichkeiten verlieren.

Wir wollen einen fairen Wettbewerb sowie saubere und transparente Vergabeverfahren; denn es geht hierbei um öffentliche Gelder, mit denen verantwortungsvoll umzugehen ist. In diesem Kontext sehen wir auch das Register. Die Ehrlichen dürfen am Ende nicht die Dummen sein. Zudem will ich nicht verhehlen, dass ein solches Register auch eine abschreckende Wirkung haben kann. Es muss also nicht immer jemand im Register stehen, sondern manchmal ist es schon gut, wenn jemand gar nicht erst auf dumme Gedanken kommt, weil er weiß, dass er eine Strafe fürchten muss.

(Beifall SSW und SPD)

Wir haben gesagt, dass das Korruptionsregister nach einem Jahr evaluiert wird. Deswegen braucht man auch keine Zwischenzeitanträge, wie sie von der FDP gestellt worden sind. Was wir brauchen, ist ein fairer Wettbewerb. Diesen gewährleisten

wir durch das Tariftreuegesetz, den Mindestlohn und das Korruptionsregister.

Seien wir einmal ehrlich: Wenn die Justizminister aller Bundesländer - wie wir vom Kollegen Vogt gerade gehört haben, seinerzeit sogar noch unter Einbezug eines FDP-Ministers - unser Gesetz zum Vorbild nehmen wollen, dann kann das, was RotGrün-Blau hier beschlossen hat, nicht so schlecht sein, meine Damen und Herren.

(Beifall SSW und SPD)

Im Gegenteil, unser Gesetzespaket, das aus Mindestlohn, Tariftreue und Korruptionsregister besteht, ist gut für unsere Unternehmen und auch gut für die Beschäftigten. Deswegen ist das wirklich sehr gut, was wir hier hinbekommen haben.

(Beifall SSW und SPD)

Für die Landesregierung hat jetzt Wirtschaftsminister Reinhard Meyer das Wort.

(Wortmeldung Wolfgang Kubicki [FDP])

- Herr Kubicki, wollen Sie noch vor dem Minister sprechen oder danach?

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Vorher wäre viel- leicht gut! Dann kann er darauf eingehen!)

- Das wird ihn sicherlich erfreuen. Sie möchten also gern jetzt sprechen. Dann erteile ich das Wort dem Abgeordneten Kubicki zu einem Dreiminutenbeitrag.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr verehrter Herr Minister, vielen Dank, dass Sie mir den Vortritt gelassen haben. So können Sie vielleicht noch auf einige Punkte klarstellend eingehen.

Zunächst einmal will ich klarstellen, dass es nicht um einen Generalangriff gegen das Tariftreueund Vergabegesetz des Landes Schleswig-Holstein geht. Herr Kollege Dr. Tietze, als Präses der Landessynode sollten Sie sich vielleicht etwas fundierter mit der Sache auseinandersetzen und nicht so einen Popanz aufbauen; denn das hilft im Zweifel nicht weiter.

Vielleicht darf ich auch klarstellen, dass sich die Justizministerkonferenz - das Gesetz wird Auswirkungen nach sich ziehen, die wir uns in Ruhe unter ökonomischen Gesichtspunkten anschauen werden

(Lars Harms)

- in diesem Punkt nicht einig, sondern uneinig war, Herr Kollege Harms. Außerdem hat auch kein FDP-Minister gesagt, das sei ein gutes Modell. Vielmehr war man uneinig in dieser Frage. Ich möchte nicht, dass das hier falsch im Raum stehenbleibt.

Es geht schlicht und ergreifend um die Formulierung, dass auch dann, wenn Verfahren nach § 153 a StPO durch ein Gericht eingestellt worden sind, ein Eintrag ins Korruptionsregister erfolgen kann, ohne dass genau benannt wird, wer die Kompetenz besitzt, nach einer gerichtlichen Entscheidung mit den Verfahrensbeteiligten eine Ermessensentscheidung zu treffen, ob das passieren oder nicht passieren soll. Die Einstellung nach § 153 a StPO setzt keine Schuld voraus. Das ist ein Irrtum. Das steht zwar im Gesetz. Nach verfassungsgerichtlicher Rechtsprechung wird dadurch aber ein Verfahrenshindernis eigener Art geschaffen.

Außerdem gilt unzweideutig die Unschuldsvermutung für diejenigen, die eine Verfahrenseinstellung dieser Art erlangt haben. Wenn die Unschuldsvermutung gilt, dann darf auch keine Eintragung ins Register erfolgen. Wenn wir nun zwei verschiedene Kategorien von Unschuldsvermutungen einführen, also eine für die bösen Unternehmen und eine für Kabinettsmitglieder, dann haben wir rechtsstaatliche Prinzipien auf den Haufen der Geschichte geworfen. Das wollen wir aber nicht.

(Beifall FDP)

Das ist der Grund des Antrags. Wir verlangen schlicht und ergreifend eine Gleichbehandlung von Unternehmen und Kabinettsmitgliedern. Was denn sonst? Entweder sind alle gleich vor dem Gesetz, oder es gibt Ungleichheiten, die wir nicht nachvollziehen können wollen.

Herr Dr. Breyer, Sie haben recht. Es gibt eine Vielzahl von Unzulänglichkeiten in diesem Gesetz. Darüber haben wir debattiert. Das bekommen wir aber nicht von heute auf morgen weg. Wenn aber ein Unternehmen in das Register aufgenommen wird und deshalb keinen öffentlichen Auftrag mehr bekommt, dann kann das dazu führen, dass Arbeitsplätze verloren gehen und das Unternehmen selbst ruiniert wird. Das ist auch dann der Fall, wenn anschließend festgestellt wird, dass die Maßnahme unzulässig oder unbegründet war.

Die Bedenken, die wir hier vortragen, sind keine neuen Bedenken. Das sind Bedenken, die die Generalstaatsanwaltschaft hinsichtlich des Gesetzentwurfs vorgetragen hat. Außerdem hat der Staatsse

kretär aus dem Innenministerium, Herr Küpperbusch, erklärt, das seien Formulierungen

(Beifall FDP - Zuruf Burkhard Peters [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

- selbstverständlich, das können wir dokumentieren, Herr Kollege Peters -, die aus rechtsstaatlichen Gründen so nicht im Gesetz stehen sollten. Deshalb müssen sie aus dem Gesetz herausgenommen werden.

Noch einmal: Wir entlassen Sie nicht aus dieser Verantwortung. Entweder es gilt die Unschuldsvermutung für alle in gleicher Weise, oder sie gilt überhaupt nicht. - Herzlichen Dank.

(Beifall FDP und vereinzelt CDU)

Nun hat für die Landesregierung der Minister für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Technologie, Reinhard Meyer, das Wort.

Lieber Herr Kubicki, vielen Dank, dass ich nach Ihnen reden darf.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Kubicki, Herr Küpperbusch schreibt sich übrigens ohne s. Der Küppersbusch mit s ist ein Hersteller von Haushaltswaren und -maschinen. Der Küpperbusch ohne s ist der Staatssekretär im Innenministerium. Das bekommen wir aber auch noch gemeinsam hin.

Meine Damen und Herren, öffentliche Auftraggeber dürfen Aufträge nur an gesetzestreue und zuverlässige Unternehmen vergeben. Darüber sind wir uns sicher einig. Das landesübergreifende Register, über das wir hier reden und das wir gemeinsam mit Hamburg auf den Weg gebracht haben, sieht notwendigerweise die Prüfung vor, ob der künftige Vertragspartner bislang gesetzestreu und zuverlässig war. Es geht also um die Zuverlässigkeit. Das Register bietet dabei die Möglichkeit, sich gezielt über schwere Verfehlungen eines konkreten Unternehmens zu informieren.

Als Wirtschaftsminister halte ich es geradezu für zwingend erforderlich, dass die Vergabe von öffentlichen Aufträgen an unzuverlässige Unternehmen verhindert wird, meine Damen und Herren.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW - Zuruf Wolfgang Kubicki [FDP])

(Wolfgang Kubicki)

Das Register schützt also Unternehmen, die verantwortungsvoll und korrekt handeln, vor den Unternehmen, die das nicht tun und auf unfaire Weise Wettbewerbsvorteile ergattern wollen. Wenn Sie so wollen, schützt das Register die ehrbaren Kaufleute. Das Register erfüllt damit eine wichtige Funktion.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Jetzt werden Sie sagen, dass Ihnen diese Worte bekannt vorkommen. Das ist in der Tat richtig. Dies habe ich an dieser Stelle schon oft gesagt, weil wir häufig über dieses Thema reden. Alle Aspekte, auch die Aspekte, auf die ich gleich noch zu sprechen kommen werde und die heute schon eine Rolle gespielt haben, insbesondere auch die Unschuldsvermutung, sind in der öffentlichen Anhörung ausgiebig behandelt worden. Alle relevanten Ausschüsse haben sich intensiv mit diesem Thema befasst. Es gibt überhaupt keinen neuen Sachstand und kein neues Problem, das eine Gesetzesänderung notwendig machen würde. Zuletzt in der vergangenen Landtagstagung haben wir wieder darüber diskutiert, Herr Vogt. Ferner sieht man auch Ihrem Antrag an, dass es vielleicht gar nicht um die Sache geht, weil darin noch nicht einmal eine Begründung enthalten ist, sodass wir erfahren könnten - Stichwort: Unschuldsvermutung -, worum es Ihnen konkret geht.

(Christopher Vogt [FDP]: Das ist selbsterklä- rend!)

Mit anderen Worten - Herr Schulze hat das Zitat leider vorweggenommen, aber es ist einfach so gut, dass ich es wiederholen möchte -: Das ist der tägliche Gruß des Murmeltiers von der FDP und der CDU.

(Vereinzelter Beifall SPD, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und SSW)

Das ist und bleibt übrigens einer meiner Lieblingsfilme.

Meine Damen und Herren, seit dem 29. November vergangenen Jahres ist das Register in Kraft. Wir haben nun die letzten Maßnahmen ergriffen, damit das Ganze auch online gehen kann. Ich habe keine großen Proteststürme beispielsweise von der Handelskammer in Hamburg vernommen. Wir machen das ja mit Hamburg gemeinsam. In dieser Hinsicht habe ich aber nichts vernommen.

Herr Breyer, die Eintragenden haben selbstverständlich eine juristische Ausbildung. Das ist die

Voraussetzung dafür, das Ganze juristisch zu behandeln.