Protocol of the Session on June 19, 2014

Die viel sinnvollere Tätigkeit bei den Sportpiraten war aber auch nur möglich, weil im Zuge des Konjunkturpakets II sehr viel Geld dorthin geflossen ist. Ohne dieses Konjunkturpaket sähe es noch übler bei diesen Sportstätten aus.

(Wolfgang Kubicki)

(Beifall PIRATEN, CDU und Anita Klahn [FDP])

Herr Innenminister, Sie haben recht, wenn Sie sagen, dass der Trend weggeht von den Klassikern wie Fußball, Handball oder Leichtathletik. Das hat zur Folge, dass wir einerseits - da hat Herr Kollege Peters insofern ein wenig recht - auch künftig normierte Sportstätten für normierte Wettkampfgeschehen brauchen. Allerdings brauchen wir auch andere Anforderungen an einen sich immer mehr ausdifferenzierenden Sport, der wettkampfungebunden ist.

Beides - das zeigt die Antwort der Landesregierung klar - ist nicht zu leisten und nicht zu gestalten, ohne dass ein Mehraufwand finanzieller Art zu leisten ist, und der kann den Kommunen so allein nicht zugemutet werden. Da hat der Kollege Kubicki völlig recht. Denn aus der Antwort der Landesregierung ergibt sich, dass 78 % der Ausgaben der Sportstätten von den Kommunen getragen werden, und deren desolate Finanzlage ist allgemein bekannt. Wenn ich dann aber sehe, dass das Land und die Sportvereine selbst mit nur 4,7 % mit im Boot sind, denke ich, dass da noch erheblich Luft nach oben ist

(Beifall PIRATEN)

und sich diese Investitionen - wie die Kollegin Ostmeier völlig richtig sagt - gesellschaftlich mehrfach rechnen, sowohl durch Einsparung und geringere Kosten im Gesundheitswesen. Wie auch im Sozialen und bei der Integration ein bisschen zur Sprache kommt, ist gelebte Toleranz über den Sport sehr wohl möglich.

(Beifall PIRATEN)

Die geforderte Sanierungsoffensive von Ihnen sehe ich ein wenig anders. Es würde nach meiner Auffassung genügen, wenn ein tatsächlich schlüssiges Konzept vom Innenminister entwickelt würde, das alle Akteure ins Boot holt.

(Beifall PIRATEN)

Doch dann bin ich wieder beim Kollegen Kubicki, der sagt, dass man das nicht allein leisten kann. Ich habe die Idee des guten alten Sportgroschens, den der DFB einmal hatte, oder, was man in Österreich macht, dass man 10 % auf alle sportgebundenen oder beim Sport angesiedelten Veranstaltungen ein Eintrittsgeld erhebt und auch abführt. Auch darüber müssen wir nachdenken. Das tun wir am besten im Ausschuss.- Vielen Dank.

(Beifall PIRATEN)

Nun erteile ich dem Kollegen Lars Harms für den SSW das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sport ist durch Sportartikel, Bau von Sportstätten und Vermarktung ein bedeutsamer Wirtschaftsbereich. Derzeit allerdings kann der wirtschaftliche Beitrag des Sports nur geschätzt werden, sodass immer noch vielerorts der Fehler gemacht wird, Sport nur als eines von vielen Hobbys zu verstehen. Wer aber den Sport vernachlässigt, der nutzt das Potenzial des Wirtschaftsfaktors Sport eben nicht aus.

Um ein Beispiel zu nennen: Viele Touristen - darüber haben wir gestern auch debattiert - erwarten am Urlaubsort abwechslungsreiche, moderne und ansprechende Sportstätten. Ihre Ausstattung ist ein entscheidender Faktor bei der Wahl des Reiseziels. Das betrifft nicht nur Schwimmbäder und Radwege, sondern auch die Sporthallen. Da gibt es gute Beispiele im Land, aber auch sanierungsbedürftige Sportstätten. Sportplätze, Hallen und Schwimmbäder teilen im Großen und Ganzen das Schicksal unserer gesamten Infrastruktur: mit viel Enthusiasmus gebaut, bei der Instandhaltung gespart und zum Schluss kaputtgenutzt. Wir leben in Sachen Sportstätten von der Substanz. Jede dritte Sportstätte in Schleswig-Holstein hat laut Bericht einen Sanierungs- oder Modernisierungsbedarf. Das hat die Landesregierung jetzt auch erkannt.

Die Daten dazu wurden allerdings erst jetzt erstmals landesweit erhoben. Weder Zahl noch Größe noch baulicher Zustand der Sportstätten waren vorher bekannt. Die Kommunen haben teilweise gar keine eigene Sportstättenplanung oder stecken mitten in einer entsprechenden Erhebung. Dementsprechend müssen wir auch die Daten lesen und können sie nur vorsichtig interpretieren. Fast jede sechste Sportstätte fehlt noch in der Statistik, weil wir derzeit einen Rücklauf von 83 % haben. Es liegt also keine Vollerhebung vor, und darüber hinaus haben nicht alle Sportstätten einen Förderbedarf angemeldet. Allein in Nordfriesland fehlen deshalb in den entsprechenden Tabellen einzelne Standorte, so zum Beispiel, wenn man sich die Schwimmbäder ansieht, das Wellenbad in Wyk oder die Freibäder in Stadum, Neukirchen und Risum-Lindholm.

Der Sport befindet sich im Umbruch, und die Zukunftsfähigkeit der Vereine steht zur Debatte, wie

(Wolfgang Dudda)

der Landessportbund ausführt. Die Nachfrage ändert sich. Wo früher noch Faustball gespielt wurde, suchen heute Freeclimber eine Übungswand. Die Nachfrage nach Sportangeboten speziell für Menschen mit Behinderung wächst, und gleichzeitig sieht sich der Jugendsport durch Ganztagsschule, sinkende Schülerzahlen und neue Sportarten vor ganz neue Herausforderungen gestellt.

(Beifall SSW)

Der Landessportbund weist in diesem Zusammenhang auf den Bedarf an multifunktionalen, kleinteiligen Hallen hin. Den Bedarf an diesen Sportanlagen muss man zum Sanierungsbedarf deshalb noch hinzurechnen. Im Sportbereich ist also eine Menge in Bewegung, im wahrsten Sinne des Wortes.

In dem Bericht wird auch darauf hingewiesen, wie stark Sportstätten auf Platzwarte und Hausmeister angewiesen sind. Ohne deren Einsatz würden die Sportstätten im Handumdrehen einen erheblich größeren Sanierungsbedarf entwickeln, was vor allem in größeren Städten der Fall sei. Auch an dieser Stelle sehe ich eine klare Unterfinanzierung und dementsprechend einen eindeutigen Nachholbedarf. Die personelle Struktur im Sport des Landes Schleswig-Holstein ist sicherlich ein weiteres Thema für eine andere Debatte.

Der Bericht macht noch einmal deutlich, was man im Land schon lange weiß: Den Schulen kommt eine zentrale Bedeutung im Breitensport zu. In den Schulen sind zahlenmäßig die meisten Sportlerinnen und Sportler konzentriert. Es ist daher zu überlegen, wie die Schulen besser in die Sportstättenentwicklung integriert werden können. Das könnte in Arbeitsgruppen passieren oder gleich auf kommunaler Ebene, im Rathaus.

Von einer solchen Einbindung würden auch die Sportvereine profitieren, die sowohl eine bessere Auslastung ihrer Sportstätten erreichen als auch die Rekrutierung für ihre Vereine verbessern könnten. In kleineren Gemeinden ist die gute Zusammenarbeit schon gang und gäbe, sodass Schulsport und Vereinssport dort Hand in Hand arbeiten. Das wäre sicherlich auch für die größeren Städte ein Modell. Es stellt sich dann aber noch die Gretchenfrage, wie hier eine bessere Finanzierung der Sportstätten geleistet werden kann. Wir wissen alle, dass es immer gern ein bisschen mehr sein kann. Doch natürlich werden wir den Bedarf, der sich zum Beispiel bei der Sportstättenerhebung 2006 ergeben hat, nicht im Handumdrehen befriedigen können. 2006 ging man von einem Bedarf von 70 Millio

nen € für die Sportstätten aus; weniger sind es sicherlich nicht geworden.

Nach unserer Auffassung müssen wir jedoch mindestens den Einstieg in eine verstärkte Förderung schaffen. Da gibt es viele Möglichkeiten. Da erscheint es zum Beispiel logisch, doch die Einnahmen zu berücksichtigen, die aus Sportwetten generiert werden. Somit würden mit Sportwetten auch Sportstätten finanziert werden können.

Doch auch Herr Kollege Dudda hat eben einen Vorschlag gemacht, wie man mit Aufschlägen auf Eintrittspreise möglicherweise Finanzierungsmöglichkeiten schaffen kann. Ob dieses gangbare Wege sind - Herr Kollege Kubicki sagte schon, das geht alles gar nicht -, das müssen wir noch sehen. Wir müssen uns in den Haushaltsberatungen genau ansehen, ob das geht. Aber auf jeden Fall, meine Damen und Herren, wissen wir, dass wir etwas tun müssen - daran führt kein Weg vorbei -, und wir werden deshalb auch etwas tun.

(Beifall SSW, SPD und Barbara Ostmeier [CDU])

Vielen Dank. - Zu einem Dreiminutenbeitrag erteile ich der Abgeordneten Katja Rathje-Hoffmann von der CDU-Fraktion das Wort.

Meine Damen und Herren! Sehr geehrtes Präsidium! Ich möchte neben den Investitionskosten in Höhe von 4,2 Milliarden € bundesweit - wie wir alle gehört haben - auch erwähnen, dass es 55 Millionen € im Land Schleswig-Holstein sind, dem auch ein Wirtschaftsfaktor gegenübersteht, den wir heute an dieser Stelle einmal genauer beleuchten sollten. Denn die Untersuchung der Universität Mainz 2012 hat ergeben - diese wurde vom Bundeswirtschaftsministerium bestätigt -, dass wir die Bruttowirtschaft des Sports als Wirtschaftsfaktor in Höhe von 90 Milliarden € jährlich hier wirklich einmal genauer beleuchten sollten. Es ist eine solche große Summe, die der Sport jährlich erwirtschaftet.

Der aktive Sportkonsum beträgt rund 80 Milliarden €, der passive Sportkonsum, also das Ticketing und so weiter, umfasst knapp 10 Milliarden € im Jahr.

(Zuruf Wolfgang Baasch [SPD])

(Lars Harms)

Jedes dritte Unternehmen unterstützt den Sport vor Ort, national sowie international, meine Damen und Herren.

(Beifall CDU)

Ich könnte diese Liste für Sie noch weiter erläutern, aber eins ist jetzt schon klar.

(Serpil Midyatli [SPD]: Sehr gern!)

- Ich mache mal weiter.

Zum Vergleich: Diese Kennzahl 90 Milliarden € bundesweit ist vergleichbar mit der Wirtschaft und der gesamten chemischen Industrie in Deutschland. Ich finde, dass dieses Untersuchungsergebnis viel zum Beitrag des Sports allein in seiner ökonomischen Bedeutung aussagt.

(Beifall CDU - Zuruf Wolfgang Baasch [SPD])

Wenn wir die Entwicklung des Sports auch mit allen seinen positiven gesundheitlichen und sozialen Effekten nicht über kurz oder lang gefährden wollen, dann dürfen wir den Sanierungsstau auf Landesebene nicht länger ignorieren, im Gegenteil: Wir müssen dafür sorgen, dass der Sport weiterhin viel erwirtschaftet. Wir müssen ihm das zurückgeben, was er als Grundlage benötigt, gute und funktionierende Sportstätten für unsere Kinder, für unsere Jugendlichen und für unsere Sportlerinnen und Sportler. - Herzlichen Dank.

(Beifall CDU)

Vielen Dank. - Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Deshalb schließe ich die Beratung. Es ist beantragt worden, die Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage, Drucksache 18/1951, federführend dem Innen- und Rechtsausschuss sowie mitberatend dem Sozialausschuss zu überweisen. Wer dieser Überweisung zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Damit ist dieses einstimmig so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 8 auf:

Erste Lesung des Entwurfs eines Gesetzes zur Abschaffung von Anhalte- und Sichtkontrollen in Grenz- und „Gefahrengebieten“

Gesetzentwurf der Fraktion der PIRATEN Drucksache 18/1995 (neu)

Das Wort zur Begründung wird offenbar nicht gewünscht. Dann eröffne ich die Grundsatzberatung und erteile Herrn Abgeordneten Patrick Breyer das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir PIRATEN wollen die Ermächtigung zu verdachtslosen Jedermannkontrollen in Grenzund Gefahrengebieten aus dem Gesetzbuch streichen, um unbescholtene und rechtstreue Bürger vor Kontrollen zu schützen, zu denen sie keinerlei Veranlassung gegeben haben.

(Beifall PIRATEN)

Seit jeher darf die Polizei dort einschreiten, wo eine Gefahr droht, natürlich auch anhalten und durchsuchen, wenn es zum Beispiel um die Entwaffnung gefährlicher Rockerbanden geht. Das ist gut und richtig. Aber kontrolliert werden dürfen nur Personen, die zumindest verdächtig sind, dass von ihnen eine Gefahr ausgeht. Nur an Orten, an denen die Begehung von Straftaten konkret zu erwarten ist, erlaubt das Gesetz herkömmlich die Kontrolle und Durchsuchung auch anderer, beliebiger Personen. Daran würde auch unser Gesetzentwurf nichts ändern.

(Beifall PIRATEN)