Protocol of the Session on May 16, 2014

wurden nicht neu geschaffen. Aufgaben oder Personal zu reduzieren, sehe ich schon vor dem Hintergrund nicht, den Sie selbst dargestellt haben, nämlich dass die Gewalt im Alltagseinsatz der Polizei zugenommen hat und vielfältig geworden ist.

(Beifall FDP, vereinzelt PIRATEN und CDU)

Diese Straftaten brauchen eine Nach- und Sachbearbeitung. Dies bedeutet das Dokumentieren eines Sachverhaltes auf eine andere Art als durch das Aufschreiben in ein Notizbuch, in das ich schreibe, wer beteiligt war. Dies setzt voraus, dass man für die Staatsanwaltschaft eine ordentliche Arbeit leistet und diese abliefert. Dies umfasst einen Einsatzbericht und Zeugenbefragungen. All dies dauert länger. Die dazugehörige Sacharbeit kostet weitere Ressourcen. Das sind Ressourcen, die auf der Straße fehlen. Wir PIRATEN haben immer gesagt, dass wir uns die Polizei auf der Straße und nicht am Schreibtisch wünschen. Dort gehört sie hin.

Die von Ihnen bemühte Einbruchstatistik ist vor diesem Hintergrund eher zu vernachlässigen, Frau Damerow. Vor etwa einem Monat war ich bei meiner Gewerkschaft in Potsdam. Das Motto des Gewerkschaftstags lautete: Zukunft gestalten und Klartext reden. Das ist ein Motto, das ich mir vom Innenminister wünschen würde. Allerdings hätte ich mir von Ihnen, Frau Damerow, gewünscht, dass Sie sagen, wo das Geld für das, was wir tun müssen, herkommt. Das müssen wir wissen. Darüber hätte ich gern im Ausschuss diskutiert. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall PIRATEN und FDP)

Vielen Dank. - Für die Kolleginnen und Kollegen des SSW hat Herr Abgeordneter Lars Harms das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eine Sparpolitik, die die Landesbeamten und somit auch die Polizeibeamten vollständig umschifft, ist illusorisch. Sparen kann ohne Entbehrungen nicht funktionieren. Jeder, der schon einmal Monat für Monat einen bestimmten Betrag zur Seite legen wollte oder musste, kann davon ein Lied singen. Ja, wir werden in Zukunft und schon jetzt Personalstellen einsparen müssen. Das ist mit Sicherheit kein Grund zum Jubeln. Es ist jedoch auch kein Anlass zur Verzweiflung.

Wir alle müssen sparen, und dies wird uns alle in der einen oder anderen Form betreffen. Die finanziellen Spielräume verändern sich definitiv, doch ob das nur Schlechtes mit sich bringen muss, darüber kann man streiten. Dass die Polizei gänzlich kaputtgespart wird, kann ich jedenfalls nicht erkennen. Kaputtsparen sieht meiner Meinung nach anders aus.

Die Landespolizei bildet den zweitgrößten Personalkörper in unserem Land und ist von den Einsparungen im Vergleich mit anderen Bereichen nur marginal betroffen. Das haben die Kollegin Lange und der Kollege Peters entsprechend beschrieben. Dass die Sicherheit in Schleswig-Holstein jetzt zusammenbricht, wage ich ebenfalls zu bezweifeln. Doch natürlich wollen wir alle hier im Haus die möglichen belastenden Effekte dieser Veränderungen so gering wie möglich halten, falls diese überhaupt eintreten werden.

Damit dieser Prozess gelingen kann, muss und wird diese Erneuerung nach dem Prinzip der Partizipation ausgerichtet. Schließlich arbeiten die Beamten selbst mit an den neuen Strukturen. Minister Breitner ist in regelmäßigen Abständen vor Ort. So hat er erst in der vergangenen Woche die Wasserschutzpolizei in Husum besucht. Der enge Kontakt ist wichtig, und er funktioniert. Er findet nämlich auf Augenhöhe statt.

Im Übrigen ist dies keine neue Vorgehensweise. Schon in der vergangenen Legislaturperiode gab es Konzepte dafür, wie der Personalabbau bewältigt werden kann. Schon damals hat man die Polizeidirektionen mit in die Beratung einbezogen. Man hat sie sogar so stark einbezogen, dass sie für die Ausgestaltung der konkreten Maßnahmen selbst zuständig waren. Dabei spielten nicht nur die Notwendigkeiten des Personalabbaus eine Rolle, sondern auch strukturelle Herausforderungen. So hat man vor Ort intensiv darüber diskutiert, ob kleine Polizeistationen im ländlichen Raum oder doch eher eine Zentralisierung der Kräfte an zentralen Orten, jedoch auch im ländlichen Raum Sinn machen. Die zweite Lösung ist - zumindest was den Rund-um-die-UhrDienst und die Möglichkeiten zur Spezialisierung angeht - nicht von vornherein die schlechteste Variante. Durch Spezialisierung und durch das Setzen von Schwerpunkten könnte man etwas dafür tun, dass sich die Aufklärungsquoten etwas verbessern. Ich glaube, hier ist die Landespolizei auf einem guten Weg.

Diese Koalition gestaltet die Personalabbauanforderungen so, dass die Polizei nicht so stark betroffen

(Wolfgang Dudda)

sein wird wie andere Bereiche. Auch das ist ein positives Signal an die Polizei.

(Beifall Dr. Ralf Stegner [SPD])

Der Minister steht auf allen Ebenen in einem engen Dialog mit der Polizei. Dies zeigt, dass wir die Bedenken der Polizei ernst nehmen und gemeinsam mit der Polizei nach Lösungen suchen. Ich glaube, bei der Polizei sieht man dies. Wenn ich auf Veranstaltungen der Gewerkschaft der Polizei bin, dann nehme ich wahr, dass man durchaus sieht, dass wir die Menschen ernst nehmen und dass wir uns gemeinsam mit ihnen Gedanken darüber machen, wie wir die Haushaltslage so hinbekommen können, dass es dem Land Schleswig-Holstein gut geht. Man sieht, dass dies nicht zum Schaden der Polizei ist. Man ist sehr gesprächsbereit; gesprächsbereiter, als es die FDP hier suggerieren will.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich erteile dem Herrn Innenminister Andreas Breitner das Wort für die Landesregierung.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In dem uns vorliegenden Antrag wird gesagt, die Belastung der Landespolizei habe in den letzten Jahren stetig zugenommen. Das ist ohne Frage richtig.

Gleichzeitig gilt aber auch: Wir als Land haben uns dazu verpflichtet, die Schuldenbremse einzuhalten, und werden ab 2020 keine neuen Schulden mehr machen - das alles übrigens mit einer früheren Parlamentsmehrheit und einer anderen Regierung beschlossen. Der Bund gewährt uns, wie Sie wissen, die notwendige jährliche Konsolidierungshilfe in Höhe von 80 Millionen € nicht ohne eigene Anstrengungen des Landes. Das wissen Sie nur zu genau. Um dieses Ziel erreichen zu können, hat sich die Vorgängerregierung verpflichtet, von 2011 bis 2020 insgesamt 10 % der Beschäftigten der Landesverwaltung abzubauen - allerdings nur planerisch und leider ohne selbst etwas zur Umsetzung beizutragen.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Wir waren nun gezwungen, um gegenüber dem Bund vertragstreu zu sein, unseren Stellenabbaupfad festzulegen. Die Landesverwaltung hat - die Abgeordnete Lange hat es bereits gesagt

53.000 Beschäftigte. Ein Abbau von 10 % bedeutet 5.300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ab 2020 weniger.

Drei Bereiche haben wir aufgrund der besonderen Belastungssituation von hohen Einsparquoten ausgenommen. Diese müssen weniger zum Stellenabbau beitragen. Das sind die Finanzverwaltung mit dem Steuerwesen, der Justizvollzug und die Landespolizei. Für sie gelten zunächst nicht 10 %, sondern nur 3,5 %, also eine Sonderstellung. Das wären bis 2020 für die Landespolizei 282 Planstellen weniger gewesen. Um der erwähnten und anerkannten Belastungssituation gerecht zu werden, wurde diese Zahl auf dann tatsächlich 122 Stellen, also echte Köpfe, reduziert. Damit liegt die Einsparquote im Bereich der Landespolizei nochmals zwei Prozentpunkte unter der Vorgabe. Das ist der einzige Bereich der Landesverwaltung, in dem das so geregelt ist.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Innerhalb der Landesregierung besteht Einvernehmen darüber, dass bei aller notwendigen Konsolidierung der Polizeivollzug seinen bedeutenden Stellenwert für die öffentliche Sicherheit im Lande behalten muss. Deshalb ist wichtig, dass der heute tatsächlich vorhandene Personalbedarf innerhalb der Polizei berücksichtigt wird. Er soll durch geeignete Maßnahmen in der Organisation der Aufgaben gedeckt werden.

Das Innenministerium ist aufgefordert, seinen insgesamt notwendigen Konsolidierungsbeitrag unter Beachtung der Bedeutung der Polizeivollzugsbeamten durch geeignete Maßnahmen bis 2020 zu erbringen. Das ist nicht leicht und fällt auch nicht leicht. Die Landespolizei aber als zweitgrößten Personalkörper komplett - wie gefordert wird - vom Personalabbau auszunehmen und damit auch andere Bereiche der Landesverwaltung wie etwa den besonders personalstarken Bildungsbereich noch stärker zu belasten, ist nicht möglich.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Das Kunststück, für den Bildungsbereich in einer Plenartagung mehr Lehrer und in der Innenpolitik mehr Polizisten zu fordern und gleichzeitig keine Neuverschuldung zu wollen, gelingt nur der Opposition.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW - Zuruf Dr. Ralf Stegner [SPD]: So ist das!)

(Lars Harms)

Wie Sie alle wissen, steht bereits jetzt fest, dass in anderen Bereichen der Landesverwaltung jede zehnte Stelle wegfällt, in den Schulen des Landes sogar jede siebte Stelle und bei mir im Ministerium jede fünfte Stelle.

Meine Damen und Herren, darüber, dass es über das Ob keine weitere Debatte geben kann, sollten wir uns einig sein. Jetzt steht die Frage, wie wir es machen. Tatsächliche Einsparungen werden in den Jahren 2018 bis 2020 erfolgen. Entsprechend meiner Vorgabe werden diese nicht im Einsatzbereich, nicht im Bereich der Ermittlungen und auch nicht im Präventionsbereich vorgenommen. Der Kernbereich der polizeilichen Aufgaben wird dadurch nicht geschwächt. Niemand in Schleswig-Holstein muss Sorge haben, dass ihm im Notfall nicht genauso schnell geholfen wird wie bisher.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Es gibt in Schleswig-Holstein keine Schutzlücken, und es wird sie nicht geben. Das ist die Vorgabe. Für die Umsetzung dieses Ziels sind die ersten Grundlagen bereits gelegt. Schritt für Schritt werden in den nächsten Monaten einzelne Bausteine mit Leben erfüllt werden müssen. Herr Abgeordneter Dudda, das ist die Antwort auf Ihren Redebeitrag. Ich kann Ihnen noch nicht sagen, an welcher Stelle genau wir wie viel einsparen werden, weil wir den Weg ja gerade so gewählt haben, dass wir jetzt die Zeit brauchen, um es zu prüfen, zu überdenken und zu planen und auch vor Ort mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu sprechen. Alles andere wäre eine Vorgabe, die ich vom Rednerpult aus machen und die diesen Prozess konterkarieren würde.

Am Ende soll ein tragfähiges Konstrukt, eine funktionierende und gut aufgestellte Landespolizei stehen, die durch organisatorische und strukturelle Maßnahmen die Personaleinsparung kompensiert. Nur, meine Damen und Herren, ohne eine Reduzierung der Aufgaben ist das nicht zu schaffen. Dazu werden aktuell drei Bereiche intensiver betrachtet, von denen wir glauben, dass dort Aufgaben und folglich auch Personal eingespart werden können, ohne die Bereiche Einsatz und Ermittlungen personell und funktional zu reduzieren.

Ich möchte hier auch klarstellen: Da sitzen keine Menschen untätig herum. Auf den zu überprüfenden Arbeitsplätzen leisten sie vielmehr jeden Tag ihren Anteil am Gelingen der Aufgabe innere Sicherheit. Einsparungen sind daher nur möglich, wenn wir Aufgaben an Dienstleister vergeben oder

uns organisatorisch und von den Arbeitsschwerpunkten her anders aufstellen.

Die Führung der Landespolizei lässt aktuell die Aufgabenwahrnehmung bei der Wasserschutzpolizei sowie in den Bereichen IT-Technik und Verkehrsüberwachung auf die Möglichkeit von Stellenabbau untersuchen. Stellen und Planstellen sollen identifiziert werden, die für die beschriebenen Einsparungen sowie notwendige Schwerpunktsetzungen insbesondere im Ermittlungsbereich Cybercrime nutzbar wären. Denn es kommt ja noch hinzu, dass wir uns permanent auf neue Schwerpunkte ausrichten müssen. Das polizeiliche Gegenüber schläft nicht.

Frau Abgeordnete Damerow, selbstverständlich ist es immer sinnvoll, darüber nachzudenken, ob zum Beispiel in der IT-Technik weiterhin knapp zwei Hundertschaften - rund 180 Polizeivollzugsbeamte - arbeiten müssen. Sie sind aufgrund ihrer Ausbildung Teil der schleswig-holsteinischen Bürgerpolizei, sehen aber von Montag bis Freitag kaum Bürger, sondern beschäftigen sich mit IT-Programmen und -Strukturen - 180 Polizeivollzugsbeamte. Damit sage ich nicht, dass diese Kolleginnen und Kollegen nicht zu 100 % ausgelastet sind. Sie machen einen richtig guten Job. Die Frage ist nur, ob für diese Aufgabe zwingend die Qualifikation Polizeivollzugsdienst erforderlich ist. Die Untersuchungen sollen bis zum 30. Juni abgeschlossen sein. Anschließend werde ich über die entwickelten Vorschläge und Empfehlungen entscheiden. Damit wird deutlich, dass die Anforderungen für die zukunftsfähige Ausrichtung der Landespolizei etwas komplexer sind, als es der Antrag der CDU-Fraktion vermuten lässt.

(Vereinzelter Beifall SPD und SSW)

Es reicht eben nicht aus, sich ein Deliktsfeld wie den Wohnungseinbruchdiebstahl herauszugreifen, die Polizei für die statistisch negative Bilanz verantwortlich und die Bürger glauben zu machen, ein Mehr an Polizei würde das schon lösen.

(Widerspruch CDU und FDP)

Ein Mehr an Polizei geht immer. Klar, vor jedes Haus und jede Wohnung in Schleswig-Holstein einen Polizeibeamten gestellt, und die Wohnungseinbrecher würden zunächst nach Niedersachsen oder Hamburg verdrängt werden. Wissen Sie, wie viele Wohnungen wir in Schleswig-Holstein haben? - 1,4 Millionen.

Die Polizeistärke hat so eine festgelegte Größe. Wie viel Polizei in Schleswig-Holstein für welche

(Minister Andreas Breitner)

Aufgabe zur Verfügung steht, ergibt sich aus bestimmten Rahmenbedingungen, fachlichen Einschätzungen und objektiven Erhebungen. Das ist Teil meiner Verantwortung. Ihr komme ich wie alle meine Vorgänger nach.

(Zuruf Wolfgang Kubicki [FDP])

Herr Kubicki, wer sich etwas intensiver mit erfolgreicher Kriminalprävention auseinandersetzt, weiß, dass es ganzheitlicher Ansätze bedarf, um komplexe Deliktformen wirkungsvoll und nachhaltig eindämmen zu können.

(Beifall Dr. Ralf Stegner [SPD] und Detlef Matthiessen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Zugleich wird die Organisation effizienter gestaltet und an aktuelle Rahmenbedingungen angepasst. Das bedeutet aber weder einen Rückzug aus ländlich geprägten Regionen, noch führt es zu polizeifreien Zonen. Vielmehr wird das Personal an anderer Stelle gebündelt, um die Polizei für die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes jederzeit erreichbar zu machen. Es kommt nicht darauf an, Herr Abgeordneter Kubicki, wo sich eine Polizeistation konkret befindet. Viel wichtiger ist, dass die Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten rechtzeitig am Einsatzort sind.