Protocol of the Session on March 20, 2014

„Das ist mir zu sehr um die Ecke gedacht. Für die Eltern und Schüler soll es ein gutes Schulangebot ihrer Wahl geben. Das gilt für Gymnasien und Gesamtschulen gleichermaßen.“

(Beifall FDP)

„Ich lehne es ab, eine Schulform künstlich schlechter zu behandeln, um die andere zu fördern.“

Ich frage Sie, Herr Ministerpräsident: Erinnern Sie sich an Ihre eigenen Worte, die Sie kurz vor Regierungsantritt gewählt haben?

(Christopher Vogt [FDP]: Nein!)

Sie haben von starken Gymnasien gesprochen und davon, dass endlich aufgehört werden muss, die Schulsysteme gegeneinanderzustellen.

(Beifall FDP - Dr. Ralf Stegner [SPD]: Gucken Sie doch mal in den Spiegel!)

Recht haben Sie. Diese Politik muss ein Ende finden. Der vorliegende Gesetzentwurf schafft wieder die Wahlfreiheit für Gymnasien, den neunjährigen Bildungsgang oder G-Y einzuführen. Es handelt sich - das betone ich - um keine zwangsweise Einführung von G 9. Aber den lokalen Bedürfnissen kann Rechnung getragen werden.

Meine Damen und Herren, das Turbo-Abi ist nie in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Es geht hier um nicht mehr und nicht weniger als um das Leben von zahlreichen Schülerinnen und Schülern, aber auch deren Familien, die durch die erheblichen Belastungen von G 8 einen Teil ihrer Jugend nicht so erleben können, wie sie es sich vorgestellt haben.

(Beifall FDP)

Es handelt sich mithin um gestohlene Lebenszeit.

Es geht um die Zukunft unserer Kinder, denen wir in einer globalisierten Welt die besten Startchancen geben müssen. Helfen wir diesen Schülerinnen und Schülern, und sorgen wir dafür, dass die Schulen selbst entscheiden können, ein passgenaues Schulangebot vor Ort zu gewährleisten. Im Hinblick auf die bundesweite Entwicklung füge ich hinzu: Schleswig-Holstein darf keine bildungspolitische Insel werden.

(Beifall FDP - Dr. Heiner Garg [FDP]: Ge- nau!)

Ich bitte um weitere Beratung im Fachausschuss. Vielen Dank.

(Beifall FDP)

Meine Damen und Herren, bevor ich das Wort der Frau Kollegin Franzen erteile, haben wir noch weitere Gäste auf der Tribüne zu begrüßen. Es sind Gäste der SPD-Landtagsfraktion, nämlich Mitglieder des Christlichen Jugenddorfwerks Eutin-Hamburg mit einer italienischen Delegation. Nun kann ich sie nicht auf Italienisch begrüßen. - Ich sage herzlich willkommen im Kieler Landeshaus!

(Beifall)

Nun hat die Frau Kollegin Heike Franzen von der CDU-Fraktion das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die CDU steht nach wie vor zur Wahlfreiheit an den Gymnasien für den acht- oder den neunjährigen Bildungsgang.

(Vereinzelter Beifall CDU und FDP)

Daran hat sich in den letzten zwei Monaten nach der Beschlussfassung des Schulgesetzes auch nichts geändert. Der Gesetzentwurf umfasst ja auch nichts anderes als das, was wir in der letzten Wahlperiode gemeinsam mit der FDP hier beschlossen haben. Deswegen werden wir diesem Gesetzentwurf auch zustimmen.

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: So!)

So weit hat sich nichts geändert.

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Gott sei Dank!)

Was sich aber wesentlich geändert hat, Herr Dr. Stegner, ist der Umgang dieser Landesregierung und dieser Koalition mit den Gymnasien in unserem Land.

(Anita Klahn)

(Anita Klahn [FDP]: Genau!)

Die Koalition hat hier im Januar mit ihrer Einstimmenmehrheit das neue Schulgesetz durchgedrückt und sich anschließend dafür beklatscht. Sie haben sich geweigert, eine dritte Lesung Ihrer nachträglichen, wesentlichen Veränderungen bei den Gymnasien durchzuführen und damit im Dialog mit den Betroffenen diese Änderungen noch einmal zu erörtern. Sie wollen doch sonst immer den Dialog. Warum denn nicht zur Orientierungsstufe an den Gymnasien?

Was hat sich denn tatsächlich für die Gymnasien verändert? Es wird in Zukunft keine Schullaufbahnempfehlung mehr geben. Es können also alle Kinder an den Gymnasien angemeldet werden. Nach der sechsten Klasse soll in der Regel versetzt werden. Gymnasien sollen eine intensive, individuelle Förderung betreiben, um die Versetzungen dann auch sicherzustellen. Das kann man ja wollen, liebe Koalitionäre, aber dann müssen Sie auch bereit sein, die entsprechenden Hilfsmittel und Ressourcen dafür zur Verfügung zu stellen.

(Beifall CDU und FDP)

Hier, meine Damen und Herren, ducken sich sowohl die Landesregierung als auch die sie tragenden Fraktionen weg. Es gibt nichts anderes als eine übermäßige Stellenstreichung in diesem Jahr an unseren Gymnasien.

Frau Ministerin, uns liegen Unterlagen über die Streichung von 295 Stellen an den Gymnasien vor. Ihr Pressesprecher sagt, es seien 135. Es wäre schön, wenn Sie heute hier Klarheit schaffen könnten. Aber eins ist auch sicher: Selbst wenn es sich um 135 Stellen handelt, dann sind diese von 99 Schulen zu erbringen. Das ist mehr als eine Planstelle pro Schule. Das muten wir keiner anderen Schulart hier in diesem Land zu, und damit ist das eine überdurchschnittliche Belastung der Gymnasien.

(Beifall CDU und FDP - Zuruf Dr. Ralf Steg- ner [SPD])

- Zu Ihrer Stellenstreichung komme ich noch, Herr Dr. Stegner.

Die neu genehmigten Minioberstufen an den Gemeinschaftsschulen gehen nicht nur zulasten des Niveaus des Abiturs, sondern auch zulasten der Unterrichtsversorgung an allen Schulen, insbesondere aber zulasten der Gymnasien. Sie wollen diese Oberstufen um jeden Preis. Da wird die Mindestgröße herabgesetzt, der Notendurchschnitt wird heruntergefahren, die Profilvielfalt wird einge

schränkt, und es wird sogar toleriert, dass sich die Schulen bei der Bildung der Profile nicht an die Oberstufenverordnung halten. Was ist das eigentlich für ein Rechtsverständnis dieser Landesregierung gegenüber den Schulen?

(Beifall CDU und FDP)

Frau Ministerin, erklären Sie bitte auch in Ihrer Rede gleich, wie Sie denn sicherstellen, dass die Gymnasiallehrkräfte in den Oberstufen unterrichten, wo sie herkommen und in welcher Form Sie sie abziehen. Denn sie müssen ja von den Gymnasien kommen; woanders haben wir ja keine Gymnasiallehrkräfte.

(Vereinzelter Beifall CDU und FDP)

Das neue Schulgesetz löst darüber hinaus bei der Umwandlung von Regional- in Gemeinschaftsschulen einen Mehrbedarf an Lehrkräften aus. Auch hier wird sich weggeduckt. Dieser Mehrbedarf wird nicht abgedeckt, dafür aber wird die Anzahl der Unterrichtsstunden um zwei Wochenstunden pro Klasse reduziert. Ihr neues Schulgesetz ist also ein Schulgesetz, das sowohl die Personalversorgung nach unten fährt als auch den Unterricht an unseren Schulen zurückfährt, also sozusagen ein Unterrichtsvernichtungsgesetz.

(Beifall CDU und FDP - Zuruf Dr. Ralf Steg- ner [SPD])

- Herr Stegner, ich komme jetzt gerade zu Ihnen; das passt bestens. Noch in Ihrer Rede vom 22. Januar dieses Jahres sagten Sie - ich zitiere -:

„Wir haben deutlich gemacht, dass Bildungspolitik auch in der Haushaltspolitik Priorität hat.... Wir haben 300 von der früheren Regierung gestrichene Lehrerstellen zurück ins System gegeben und den Abbau der Lehrerstellen zugunsten der Unterrichtsqualität deutlich verlangsamt.“

Meine Damen und Herren, Realität ist: Bis jetzt haben Sie mehr Planstellen abgebaut, als die Vorgängerregierung es vorgehabt hat,

(Beifall CDU und FDP)

und von den 300 Planstellen, die Sie zurückgegeben haben, sind 200 inzwischen wieder futsch.

(Zuruf von der CDU: Jetzt wird er böse!)

Frau Kollegin, gestatten Sie eine Bemerkung des Abgeordneten Dr. Stegner?

(Heike Franzen)

Aber selbstverständlich.

Herr Dr. Stegner, bitte.