Protocol of the Session on February 19, 2014

(Beifall CDU und FDP)

Das Wort zu einem weiteren Beitrag hat der Herr Abgeordnete Heiner Rickers.

(Zuruf - Hans-Jörn Arp [CDU]: Der ist doch ein Demokrat! Warum darf er nicht reden? - Dr. Ralf Stegner [SPD]: Darf der doch!)

Herr Dr. Stegner, das werden wir sehen, ob wir uns blamieren.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich kann mich bei der FDP nur bedanken, dass das tagesaktuell wirklich wichtige Thema Denkmalschutz heute auf der Tagesordnung zur Aktuellen Stunde steht.

(Beifall Dr. Ralf Stegner [SPD] - Dr. Ralf Stegner [SPD]: Wir bedanken uns auch für die Aktuelle Stunde!)

Frau Raudies - ist sie überhaupt da? -, ähnlich wie ich haben Sie auch Erfahrungen im ländlichen Raum. Ich weiß ja, wo Sie wohnen,

(Heiterkeit)

in der Pinneberger Marsch. Das gilt genauso für den Kollegen Bernd Voß in der Wilstermarsch, für Krempermarsch, Dithmarschen und weit hinein in die Wahlkreise von Hans-Jörn Arp und mir. Es ist doch verständlich, dass sich die Leute, wenn sie ein Problem haben, auch an ihre Abgeordneten vor Ort wenden. Wenn sie das nicht tun würden, würden wir etwas falsch machen. Dann hätten wir den Kon

takt zur Basis verloren. Frau Raudies, es ist doch mehr als rechtens, wenn wir in einer Aktuellen Stunde darüber diskutieren.

Der Fall Neuenbrook - ich will keine Namen nennen - hat Schule gemacht. Ich frage: Warum? Wir sind vor Ort gewesen - ich war mit auf dem Foto von Herrn Arp. Ich möchte Ihnen ein Beispiel nennen. Diese Hallen-Fachhäuser haben Standardmaße von 22 mal 44 m. Sie sind reetgedeckt. Vorn befindet sich der Wohnteil. Zur einen Seite befindet sich die Stube, die im Sommer genutzt wird, weil die Sonne dort nicht so hineinscheint, und auf der anderen Seite befindet sich die Stube, die im Winter genutzt wird, weil die Nachmittags- und Abendsonne ausgenutzt wird, um diesen Raum zu heizen. Energetisch haben diese Gebäude Riesenprobleme. Sie verbrauchen 5.000 bis 6.000 l Heizöl oder vergleichende Wärmeeinheiten mit Gas oder neuen Energien. Sie wissen also gar nicht, wie sie mit dem Geld, das sie verdienen, auskommen sollen, nur um das Gebäude zu beheizen.

Darüber hinaus haben sie hohe Versicherungsprämien, weil dieses Riesengebäude mit Reet gedeckt ist.

Sie haben ebenfalls Probleme im Rahmen der Strukturveränderung in der Landwirtschaft, diese Gebäude sinnvoll zu nutzen. Es könnte darüber nachgedacht werden, ob statt des vorher angebundenen Viehs und der Schafe dort zukünftig Boote untergestellt werden, weil es in der Nähe der Elbe ist. Es könnten auch Wohnwagen oder andere Gerätschaften untergestellt werden. Eine gewerbliche Nutzung könnte auch ins Auge gefasst werden. Dann kommt aber der Denkmalschutz, egal ob nach der neuen oder alten Gesetzgebung, und setzt dort einen Riegel vor. Die Eigentümer haben somit Riesenprobleme, die Gebäudenutzung zu ändern.

In den nächsten 15 Jahren wird dort wieder ein Strukturwandel durch eine gewisse Erbfolge einsetzen. Das Problem der Leute vor Ort ist, dass sie nicht wissen, wer diese Gebäude zukünftig übernehmen soll. Denn die genannten Kosten sind sehr hoch, und ein Auffangen der Kosten durch eine Umnutzung ist nicht möglich, weil die Gebäude nicht umgenutzt werden dürfen. Eine Photovoltaikanlage ist verboten, eine zusätzliche Wohnung natürlich auch. Eine gewerbliche Nutzung ist sehr eingeschränkt, Eigentum ist beschränkt, und die Belange auf eine wirtschaftliche Rücksichtnahme zu begrenzen, wird stark eingegrenzt.

Warum sage ich das? - Ich sage das, weil es aufgrund der Gesetzesinitiative zur Novellierung des

(Peter Sönnichsen)

Denkmalschutzgesetzes von Verbänden vor Ort Initiativen gibt. Vornehmlich ist da der Bauernverband zu nennen. Er hat dort nicht auf unsere Initiative hin Veranstaltungen organisiert, sondern er hat im Rahmen der Kabinettsbefassung jetzt schon die Initiative ergriffen, die Leute vor Ort zu mobilisieren und stark zu machen.

Sehr geehrte Frau Ministerin Spoorendonk, wenn es von Relevanz ist, ob Sie 100 oder 200 Personen zu einer Veranstaltung zusammenbekommen, wird es relativ einfach sein, in Zukunft Veranstaltungen mit 200 Personen zu organisieren, die auch zeigen, dass sie nicht davon begeistert sind, was Sie zukünftig planen.

In Lübeck und vielleicht auch in Glückstadt sind die Verhältnisse anders. Ich kann verstehen, dass dort jemand steuerlich abschreiben möchte und sich vielleicht bewusst ein denkmalgeschütztes Haus kauft und weiß, wie er es zukünftig finanzieren soll. In Neuenbrook, aber vielleicht auch in der Umgebung von Wilster, Herr Voß, sieht die Realität natürlich ganz anders aus. Dort wird das Haus in der Erbfolge weitergegeben, mit all diesen Belastungen. In Zukunft werden wir die ländlichen Räume noch weiter ausbluten lassen. Sie sollten sich daher Gedanken darüber machen, wie Sie in Zukunft bei der Novellierung genau auf diesen ländlichen Raum eingehen und wie wir mit diesen großen Häusern zukünftig umgehen, sodass auch Leute, die nicht das größte Geld verdienen, gewillt sind, diese Immobilien zu übernehmen.

(Serpil Midyatli [SPD]: Sie lehnen sich zu- rück!)

- Wir lehnen uns nicht zurück. Wir werden uns weiterhin in diese Diskussion einmischen. Das haben wir heute mit der Aktuellen Stunde und mit unserem Besuch vor Ort gemacht. - Herzlichen Dank.

(Beifall CDU und FDP)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Damit ist die Aktuelle Stunde beendet.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 8 und 16 auf:

Gemeinsame Beratung

a) Europäische Solidarität notwendig - Jugendarbeitslosigkeit in der EU gemeinsam bekämpfen

Antrag der Fraktion der CDU Drucksache 18/1430

Änderungsantrag der Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abgeordneten des SSW Drucksache 18/1588

b) Umsetzung des Arbeitsprogramms 2014 der Europäischen Kommission in Schleswig-Holstein

Antrag der Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, PIRATEN und der Abgeordneten des SSW Drucksache 18/1560 (neu)

Arbeitsprogramm 2014 der Europäischen Kommission

Änderungsantrag der Fraktion der CDU Drucksache 18/1611

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall.

Bevor wir in die Aussprache eintreten, gebe ich folgenden geschäftsleitenden Hinweis. Mit dem Änderungsantrag Drucksache 18/1588 Absatz 2 wird ergänzend ein mündlicher Bericht in dieser Tagung beantragt. - Ich lasse zunächst darüber abstimmen, ob der Bericht in dieser Tagung gegeben werden soll. Wer zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Das ist offensichtlich weitestgehend einstimmig der Fall.

(Heiterkeit)

- Da es keine Gegenrede gibt, ist das so. Nach Vereinbarung der antragstellenden Fraktion wird der Bericht im Anschluss an die Debatte zu den Sachanträgen gegeben.

Ich eröffne die Aussprache. - Für die CDU-Fraktion erteile ich Herrn Abgeordneten Volker Dornquast das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich darf das Thema Jugendarbeitslosigkeit in Europa ansprechen. In den letzten Jahren haben wir Berichte über die Finanz- und Wirtschaftskrise in der Europäischen Union lesen und zur Kenntnis nehmen müssen. Viele Hilfsaktionen und Programme der EU mit erheblichen Auswirkungen auf die einzel

(Heiner Rickers)

nen Mitgliedstaaten wurden entwickelt und teilweise auch umgesetzt. Es geht dabei nicht primär um die Hilfe für den Erhalt von Banken und die Sicherung von Finanzmärkten, wie hier und da behauptet wird, sondern es geht vielmehr insbesondere darum, die abzusehenden negativen Entwicklungen für die Wirtschaft und dabei für die Arbeits- und Ausbildungsmärkte zu verhindern beziehungsweise abzuschwächen.

Deutschland ist bekanntermaßen aus vielerlei Gründen bisher relativ gut durch diese Krisen gekommen. In den südeuropäischen Ländern gibt es aber erschreckend hohe Zahlen von jungen Menschen, die zurzeit ohne erkennbare Perspektive für ihre persönliche Zukunft sind. Was aus dieser Perspektivlosigkeit auch für negative Auswirkungen auf den europäischen Einigungsprozess folgen können, brauche ich hier nicht weiter zu erläutern.

Natürlich wurde dieses große Problem in den europäischen Gremien erkannt, und es gibt Reaktionen darauf. Auch der Präsident des Europäischen Parlaments hat hier an die Solidarität der anderen Mitgliedstaaten appelliert. Die Pläne der EU konnten wir auf der Reise des Europaausschusses in die europäische Hauptstadt mit detaillierten Erläuterungen zur Kenntnis nehmen. Reisen bildet. Doch Geld und ein Programm allein reichen nicht. Es muss vor Ort praktisch umgesetzt werden. Dafür ist unsere Solidarität notwendig, nicht nur in ganz Deutschland, sondern auch vor Ort.

Dieses von uns angeregte Programm hat erkennbar zwei Seiten. Auf der einen Seite die Hilfe für die anderen Länder. Bekanntermaßen haben aber auch wir Probleme. Uns fehlen in vielen Berufen immer mehr Auszubildende. Hatten wir noch vor wenigen Jahren einen Ausbildungsplatzmangel, so haben wir heute einen Mangel an Auszubildenden. Dies ist für die Jugendlichen natürlich gut, weil sie dann leichter einen Ausbildungsplatz finden, aber schlecht für unsere Wirtschaft. Wir müssen alles tun, um unseren Betrieben zu helfen. So gibt es bereits jetzt einige Aktivitäten aus bestimmten Verbandsbereichen, wie zum Beispiel in der Gastronomie, aber auch in der Pflege.

Die verschiedenen Kammern und Verbände, die für Ausbildung Verantwortung tragen, sind natürliche Partner dieser Aktion. Die Arbeitsverwaltung ist natürlicherweise auch dabei. Die Ergebnisse der bisherigen Vorstöße sind zu begrüßen, sind aber bei Weitem noch nicht groß genug. Natürlich unterstützen wir den Berichtsantrag, wie wir es gerade getan haben, aber wenn wir Dinge tun, die zu einer Zeitverzögerung führen, ist das eher schädlich als nütz

lich. Wir haben keine Zeit, denn im September oder Oktober beginnt die Ausbildungssaison, und die notwendigen Vorbereitungen, beispielsweise die Sprachkurse vor Ort, brauchen Zeit. Da ist jede Woche wichtig. Wir brauchen eine koordinierende Stelle. Wenn wir schon einen zusätzlichen Staatssekretär im Wirtschaftsministerium haben, bietet es sich an, dass das hier angesiedelt wird. Dann hat er etwas zu tun.

Wenn Sie, liebe Regierungsfraktionen, den Begriff Solidarität, ernst nehmen, müssen Sie unserem Antrag zustimmen. Die jungen Menschen in Südeuropa brauchen keine Phrasen, sie brauchen auch keine Liste von Bedenken, sie brauchen sofortige Hilfe mit Aktivitäten. Packen wir es gemeinsam an, beraten wir es in den Ausschüssen weiter. - Danke schön.

(Beifall CDU)

Das Wort für die SPD-Fraktion hat der Fraktionsvorsitzende, der Abgeordnete Dr. Ralf Stegner.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe bereits im Januar in diesem Haus gesagt, dass die vier Grundfreiheiten, die Freiheit von Waren, Kapital, Dienstleistungen und Personen, das Fundament der Europäischen Union sind. Dabei gehöre ich zu denjenigen, die unsere europäische Politik teilweise für zu wettbewerbsgläubig halten und denen die hohe Konzentration der europäischen Institutionen auf wirtschaftliche Fragen deutlich missfällt.

Ja, ich denke, dass dies einer der Gründe dafür ist, dass die Akzeptanz für die EU bei den Bürgerinnen und Bürgern sinkt, die europäische Integration stagniert und die Institutionen in eine ernste Krise geraten. Deswegen bleibe ich dabei, wir brauchen ein soziales Europa - ein Europa, das bei umfassender Mobilität der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer hohe Standards bei den Sozialsicherungssystemen erhält und gleichzeitig durch die Angleichung Ungerechtigkeiten begegnet;

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)