Protocol of the Session on November 22, 2013

Wenn dann dieser tierische Zusatzstoff keine Zutat ist, muss er nicht ausgewiesen werden. Insofern haben die Menschen dort Probleme.

Wir haben aber - das ist der Grund, aus dem wir Ihren Antrag und den der regierungstragenden Fraktionen ablehnen werden - in der Anhörung die Erkenntnis gewonnen, dass es noch nicht sicher ist, ob auch kleine Lebensmittelhersteller Anforderun

(Uli König)

gen sowohl an die Technik als auch nachher beim Nachweis, ob irgendetwas tierischen Ursprungs in diesem Lebensmittel enthalten ist, abarbeiten können. Diese kleinen Erzeuger werden wesentlich mehr Probleme bekommen als die großen Lebensmittelhersteller, die es leicht umsetzen können. Die brauchen nur anders zu etikettieren und haben in ihrer Listung der Zutaten auch relativ schnell die Möglichkeit, das einzuarbeiten. Die würden wieder die Geschäfte machen. Insofern haben wir Bedenken. Wir wissen auch, dass das bis 2014 nicht umgesetzt werden kann. Sie sagen, man müsse langfristig arbeiten, und Sie strebten 2020 an.

(Zuruf Angelika Beer [PIRATEN])

- Das ist vielleicht eher realistisch. Wir lehnen die Anträge ab, weil auch wir wissen, dass 2014 nicht erreichbar sein wird. Die kleinen Lebensmittelerzeuger werden es nicht umsetzen können, die werden wieder einmal die Leidtragenden sein.

(Wortmeldung Uli König [PIRATEN])

- Ich danke für die Aufmerksamkeit, es sei denn, Sie haben noch eine Frage.

Herr Abgeordneter, wenn Sie noch Interesse daran haben, diese Frage zu hören, dann hat der Abgeordnete Uli König das Wort.

Ich habe immer Interesse, die Frage zu hören. Ich muss sehen, ob ich sie beantworten kann.

Herr Kollege, mich würde interessieren, wie Sie sich das vorstellen. Sind Sie der Meinung, dass kleine Hersteller genauso viel komplizierte Chemikalien in ihre Produkte reinbringen wie die Großindustriellen, die sich diese leisten können? Nach meiner Wahrnehmung ist es immer so, dass, je kleiner ein Betrieb ist, er dann umso bodenständiger und naturnäher produziert.

(Zurufe)

- Ich will nicht allzu weit ausholen, aber was mich schon erstaunt hat, war die Aussage der Vertreterin der Verbraucherzentrale aus Schleswig-Holstein auf meine Nachfrage hin, dass es natürlich schwierig sein wird, den Nachweis zu führen, dass wirklich in dem ganzen Verarbeitungsprozess - auch die kaufen Zutaten dazu - wirklich keine Zutat oder auch nur ein Stoff zum Beispiel zur Aufhellung ir

gendwann in der Verarbeitung dieses Lebensmittels, wenn es als Endprodukt verkauft wird, berührt hat oder noch in ihm enthalten ist. Das wird ein Problem werden. Die müssen zu 100 % sicher sein. Ich glaube schon, dass ein großes, gut organisiertes Unternehmen das leichter leisten kann. Das war auch Aussage der Verbraucherzentrale. Insofern gibt es Restbedenken - das ist nicht die inbrünstige Überzeugung -, und aus dem Grunde können wir dem nicht zustimmen.

Gestatten Sie noch eine weitere Zwischenbemerkung?

Ja, gern.

Ja bitte, Herr Abgeordneter.

Sind Sie denn der Meinung, dass es komplizierter ist, so etwas zu kennzeichnen, als zum Beispiel auf ein Produkt zu schreiben „Kann Spuren von Nüssen enthalten“, wenn irgendwann einmal in der Produktionskette mit einer Maschine vielleicht Nüsse verarbeitet wurden?

Nein, ich bin nicht der Meinung, dass das Etikettieren das Problem ist, ich bin der Meinung, dass der Nachweis das Problem sein wird. Wenn Sie wirklich ein „V“ auf die Verpackung drucken, muss sicher sein, dass es „V“ bedeutet. Es darf nicht bedeuten, es könnte „V“ sein, sondern es muss sicher sein, das ist „V“ - fertig. Das macht es schwieriger für kleinere Unternehmen, so die Aussage der Verbraucherzentrale. Die beherzigen wir. Insofern wird es schwierig bleiben. Das heißt nicht, dass wir komplett anderer Meinung wären. - Herzlichen Dank. Ich bin durch.

(Heiterkeit und Beifall CDU)

Für die SPD-Fraktion hat Frau Abgeordnete Regina Poersch das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Egal ob sich Menschen vegetarisch oder vegan er

(Heiner Rickers)

nähren oder ob sich Menschen einfach nur informieren möchten - sie alle brauchen Zutatenlisten, aus denen hervorgeht, ob tierische Bestandteile oder Produkte in ihren Lebensmitteln enthalten sind.

Ob ein Lebensmittel vegan, also ohne jegliche tierische Bestandteile, oder vegetarisch ist, also keine Bestandteile von geschlachteten Tieren enthält, kann nicht das einzige Kriterium sein. Herkunft und Haltungsformen der Tiere sind ebenfalls relevant. Lebensmittelkennzeichnung ist ein wichtiges Thema, das zu Recht intensiv und auch unter verschiedenen Aspekten diskutiert und beleuchtet wird. Zum Beispiel hat die Debatte über den Veggie-Day auch dazu geführt, dass zum einen wieder über Essen gesprochen wurde, uns aber auch ins Bewusstsein gerufen wurde, dass es noch gar nicht so lange her ist, dass für einen großen Teil der schleswig-holsteinischen Bevölkerung fast jeder Wochentag ein Veggie-Day und Fleisch dem Sonntag vorbehalten war. Eben dieser inzwischen hohe Fleischkonsum gehört zu den Begleiterscheinungen des zunehmenden gesellschaftlichen Wohlstands der letzten Jahrzehnte. Daher ist es nicht verwunderlich, dass das Thema emotional stark besetzt ist.

Fleisch gehört für viele Menschen einfach dazu. Seit Jahrzehnten gilt das auch bei uns in Deutschland für alle Bevölkerungsschichten. Gerade weil das so ist, gerade weil wir dieses Privileg mit Massentierhaltung, mit ökologischen und gesundheitlichen Risiken erkaufen, brauchen wir sehr transparente Kennzeichnungen.

Lassen Sie mich an dieser Stelle eine kritische Frage an uns alle, an uns selbst richten, wie viel wir in Sachen Ernährung ganz selbstverständlich hinnehmen und unhinterfragt akzeptieren. Ich will gar nicht auf die hunderte Millionen hungernder Menschen in der Welt zu sprechen kommen, obwohl das natürlich auch in diesem Zusammenhang ein wichtiges Thema ist. Mir ist aufgefallen, wie normal wir es heutzutage finden, dass eine Zutatenliste auf einem Lebensmittel so lang ist, dass sie kaum auf die Verpackung passt.

(Vereinzelter Beifall SPD)

Muss das tatsächlich so sein? Muss man immer Dinge essen, denen man nicht ansieht, was sie enthalten?

Die Beschäftigung mit Verbraucherschutzthemen sensibilisiert für viele Aspekte des täglichen Lebens. Tatsächlich gibt es ja unendlich viele Informationen zum Thema Ernährung. Ich plädiere an

dieser Stelle für Verantwortung statt Informationsflut.

Gute Gesetze, engmaschige Kontrollen und hohe Transparenz sind dringend notwendig. Es genügt aber nicht, auf verbraucherpolitische Herausforderungen lediglich mit noch mehr Informationen und einem Verweis auf mangelhafte Verbraucherbildung zu reagieren; denn nicht nur Verbrauchergruppen mit frei gewählten Ernährungsgewohnheiten, also eben Veganerinnen und Veganer, erwarten staatliche Leitplanken für einen sicheren Konsum. Wir brauchen auch bessere Strukturen auf Bundesebene. Politik für Verbraucherinnen und Verbraucher sollte gebündelt werden und klare Verantwortlichkeiten aufweisen.

Das Idealbild des mündigen Bürgers oder der mündigen Bürgerin hält aus meiner Sicht einem Realitätscheck nicht stand. Wir dürfen nicht zulassen, dass öffentliche Stellen sich aus ihrer Fürsorgepflicht zurückziehen. Ja, wir brauchen eine gute Lebensmittelkennzeichnung. Dafür steht unser Antrag. Und nein, damit ist es nicht getan. Dafür stehen wir mit unserer Verbraucherpolitik.

Als Europapolitikerin weiß ich, wie viel dazugehört, eine einfache Sache flächendeckend transparent zu gestalten. Verbraucherinnen und Verbraucher wollen und sollen in ganz Europa sicher sein, dass im Lebensmittel das drin ist, was draufsteht. Produkte machen nicht an Grenzen halt.

Wir haben im Ausschuss beschlossen, sowohl auf nationaler als auch auf EU-Ebene aktiv zu werden, damit es für die Verbraucherinnen und Verbraucher überall in Europa einfacher wird. An dieser Stelle fand ich Ihren Beitrag, Herr Kollege König, reichlich neben der Spur.

Im Übrigen hilft eine klare europäische Haltung auch in der Debatte um das Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA. Wir dürfen keine Aufweichung der europäischen Standards in Sachen gentechnisch veränderter Lebensmittel, Klonfleisch und Verbraucherschutz zulassen.

(Beifall SPD, Burkhard Peters [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Flemming Meyer [SSW])

Abschließend wollte ich Ihnen eigentlich empfehlen, einfach in einen Apfel zu beißen, wenn Sie doch einmal unsicher sind, welches Lebensmittel geeignet ist. Doch Achtung: Meine Kollegin Kirsten Eickhoff-Weber weist zu Recht darauf hin, dass selbst hier der Wurm drin sein könnte, ohne dass es draufsteht. - Vielen Dank.

(Regina Poersch)

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Herr Abgeordneter Bernd Voß das Wort.

Bevor er das Wort erhält - er hat noch ein Stück zu gehen - begrüßen Sie bitte mit mir eine weitere Gruppe von Schülerinnen und Schülern des Regionalen Bildungszentrums der Eckener Schule in Flensburg. - Seien Sie herzlich willkommen im Schleswig-Holsteinischen Landtag.

(Beifall)

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wer Lebensmittel einkauft, möchte wissen, was in den Produkten enthalten ist. Wir setzen uns daher für eine klare, für Verbraucherinnen und Verbraucher leicht verständliche Kennzeichnung der Lebensmittel ein. Da gibt es natürlich noch einiges zu verbessern. Ich denke, das ist völlig unstrittig. Besonders wenn wir an die Lebensmittel tierischer Herkunft denken, dann stellen wir fest, dass da eine Menge Lücken vorhanden sind. Es gibt bisher weder eine verpflichtende Kennzeichnungsregel für die Kennzeichnung von Produkten tierischen Ursprungs, von Zutaten, Zusatzstoffen, Aromen oder Bestandteilen von Aromen oder technischen Hilfsstoffen im Lebensmittel, noch gibt es eine rechtlich verbindliche Definition der Begriffe vegetarisch oder vegan. Von daher weisen die PIRATEN zu Recht auf ein Problem hin.

Es gibt zwar ein europaweit verwendetes Label das ist das grüne „V“ auf gelbem Grund. Es steht für Erzeugnisse, deren Herstellung ohne Rohstoffe aus Tierkörpern erfolgt. Dieses Label wird in Deutschland - das wissen Sie - vom Vegetarierbund vergeben. Das hat aber überhaupt keine gesetzliche Grundlage. Es ist eine Eigeninitiative der Lebensmittelindustrie, und es finden auch keine staatlichen Kontrollen statt. Da stehen wir.

Wenn Produkte als vegan ausgelobt werden, sollte man sich darauf verlassen können, dass keine Schweineborsten oder andere Tierbestandteile darin enthalten sind. Das Gleiche gilt für die Angaben der Tierart. Seit dem Pferdefleischskandal sind wir auch da ziemlich sensibel geworden. Die Situation ist für Verbraucherinnen und Verbraucher einfach unbefriedigend.

Warum stimmen wir dem Antrag der PIRATEN dennoch nicht zu?

(Uli König [PIRATEN]: Ja, genau!)

Wir unterstützen die Zielsetzung, halten das vorgeschlagene Mittel allerdings nicht für zielführend. Wir sind darin durch die Diskussion im Ausschuss und die dort vorgetragene Stellungnahme der Verbraucherzentrale bestärkt worden. Der Antrag der PIRATEN fordert eine Gesetzesänderung zur Änderung der Lebensmittel-Kennzeichnungsverordnung des Bundes. Da setzt die CDU-Argumentation an, die in diesem Punkt richtig ist. Hier ist ein Gesetzesantrag von der Organisation Foodwatch abgeschrieben worden. Wir können dem nicht zustimmen.

(Angelika Beer [PIRATEN]: Grüner Eier- tanz!)

Erstens halten wir den Gesetzentwurf so für nicht umsetzbar, weil er Details enthält, die nicht berücksichtigen, was analytisch oder praktisch in der Durchführung bei der Lebensmittelkontrolle überhaupt machbar ist. Wer Dinge vorschreibt, muss auch in der Lage sein, deren Einhaltung zu kontrollieren und die Erzeugung in den verschiedenen Verarbeitungsprozessen möglich machen. Es ist darauf hingewiesen worden, dass wir auf handwerkliche Lebensmittelverarbeitung Rücksicht nehmen müssen.