Protocol of the Session on August 22, 2012

Besucher in rund 2.000 Veranstaltungen der Theater gezählt. Damit gehören die öffentlichen Theater zu den wichtigsten und größten Kultur- und Bildungseinrichtungen Schleswig-Holsteins. Sie sind Zentren der kulturellen Bildung und des Kulturschaffens. Sie fördern den kulturellen Nachwuchs, geben unserem Land eine eigene kulturelle Identität, und - was immer wieder vergessen wird - sie stellen einen entscheidenden Wirtschaftsfaktor dar.

Aus diesen Gründen misst die Landesregierung dem Erhalt der schleswig-holsteinischen Theaterlandschaft große Bedeutung bei. Schleswig-Holstein verfügt bekanntlich über drei öffentliche Mehrspartentheater, die kommunal getragen werden: die Theater in Kiel und Lübeck und das Schleswig-Holsteinische Landestheater. Mit ihren vielfältigen Programmen und unterschiedlichen Ausrichtungen bespielen sie das ganze Land und sind Arbeitsstätte für rund 1.200 hochausgebildete Menschen. Die Theater sind sowohl in kultureller als auch in gesellschaftlicher und arbeitsmarktpolitischer Hinsicht von großer Bedeutung für unser Land.

Lassen Sie mich nun auf das zurückblicken, was in den letzten Jahren passiert ist, und auf das, was wir vor zwei Monaten vorgefunden haben. Gerade einmal zwei Monate ist die jetzige Landesregierung im Amt. Alle anderen Bemerkungen, die mir dazu einfallen, verkneife ich mir, liebe FDP-Fraktion.

(Zurufe FDP: Keine Scheu!)

Fakt ist, dass die Theater nach dem Wegfall der Dynamisierung der FAG-Mittel im Jahr 2007 zunehmend in Finanzierungsschwierigkeiten gerieten. Trotz dieser schwierigen Situation haben alle drei Theater aber in den letzten Jahren ein qualitativ hochwertiges und gut angenommenes Programm auf die Beine gestellt. Die Theater und theatertragenden Kommunen haben zudem gemeinsam einen wichtigen Beitrag zum Erhalt der Kultur in Schleswig-Holstein geleistet.

(Beifall SSW, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und PIRATEN)

Die kommunalen Träger der Theater haben ihre Zuschüsse seit 2007 um rund 3,7 Millionen € angehoben. Zusätzlich haben die Theater durch zahlreiche Maßnahmen der Kosteneinsparung Finanzierungsbeiträge erwirtschaftet. Außerdem konnten durch Preiserhöhungen, steigende Besucherzahlen und viel beachtete Inszenierungen die Einnahmen gesteigert werden. Halten wir also fest: Neben der Anhebung der kommunalen Finanzierungsanteile haben alle drei Theater eigene Anstrengungen un

(Vizepräsident Bernd Heinemann)

ternommen, um Kostensteigerungen auszugleichen. Die bisherigen Sparbemühungen der Theater werden von der neuen Landesregierung ausdrücklich gewürdigt.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Was hat das Land in den letzten Jahren beigetragen? Die frühere Landesregierung hat über mehr als zwei Jahre in einer Theaterstrukturkommission nach Lösungsmodellen für die Theaterfinanzierung gesucht - allerdings ohne Ergebnis. Sie hat das Problem ausgesessen. Das ist bitter. Ich will mich den Problemen stellen.

Die Sicherung der Theater und ihrer Standorte ist mit anderen Worten eines der großen kulturpolitischen Vorhaben, das ich in meiner Arbeit als Kulturministerin umsetzen will. Dazu werden wir spätestens im Frühjahr 2013 ein Konzept vorlegen. Um das Landestheater zu erhalten, werde ich mich bemühen, mit meinen Ressortkollegen eine Lösung für die Spielstätte Schleswig zu entwickeln.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nichtstun ist dabei keine Alternative. Sonst wird uns der Zusammenhalt der Landestheater GmbH um die Ohren fliegen - um es einmal ganz drastisch zu formulieren.

Denkbar ist eine multifunktionale Spielstätte, die nicht nur dem Landestheater, sondern auch anderen Kulturschaffenden Raum bietet, in gewisser Weise also ein Veranstaltungshaus mit Theaterbetrieb.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Neben der Standortsicherung sollte das Konzept nach meiner Vorstellung auch die Sicherung der Theaterfinanzierung aus dem FAG vorsehen. Dabei wird kaum weiteres Fachwissen vonnöten sein, sondern vielmehr die Kompromissbereitschaft aller Beteiligten. Ich halte die Wiedereinführung einer Dynamisierung im FAG für den Fortbestand der gut aufgestellten Theater für zwingend.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Eine Entscheidung dazu sollte spätestens mit der Haushaltsaufstellung 2014/2015 auf den Weg gebracht werden.

Unsere Theaterhäuser sind wichtige Elemente unserer schleswig-holsteinischen Kulturlandschaft. Ich möchte daher auch eine Debatte darüber anstoßen,

wie der kulturelle Mehrwert dieser Häuser unserer Gesellschaft insgesamt zugute kommt. Dazu gehört zum einen die kulturelle Chancengleichheit von Stadt und Land, zum anderen die Frage, wie die festen Theater zu einer Stärkung der kulturellen Grundbildung in unserem Lande beitragen können. Dass sie bereits in vielfältiger Weise Dienstleister der kulturellen Bildung sind, steht für mich außer Frage.

Hier wie auch in anderen Fällen zeigt sich aber, dass es darauf ankommt, die Bedürfnisse und Bedarfe des Partners besser kennenzulernen und zu verstehen. Ich bin mir mit meiner Ressortkollegin, der Bildungsministerin, einig, dass das Konzept zur Förderung der kulturellen Kinder- und Jugendbildung, das ich noch in diesem Jahr vorzulegen gedenke, auch einen Beitrag zur besseren Vernetzung, Koordination und wechselseitigen Information beider Systeme leisten soll. Schule auf der einen Seite und kulturelle Anbieter und Dienstleister auf der anderen Seite brauchen mehr denn je den Dialog miteinander.

Meine Damen und Herren, die schleswig-holsteinische Kulturlandschaft steht vor großen Herausforderungen, Herausforderungen, die vor dem Hintergrund der begrenzten öffentlichen Ressourcen nicht zu lösen sind, wenn Kulturpolitik als Finanzpolitik mit anderen Mitteln betrachtet wird. Wer die Förderung von Kunst, Kultur und kultureller Bildung ausschließlich als die Verteilung öffentlicher Gelder zulasten des Steuerzahlers betrachtet, verkennt eindeutig, dass es sich dabei um Investitionen in die Zukunft unserer Gesellschaft handelt - nicht nur weil Menschen in einer globalisierten Welt mehr denn je eine kulturelle Identität brauchen, sondern auch weil medizinische Studien schon längst erwiesen haben, wie wichtig die Förderung von kreativen Intelligenzen für die Gesundheit der Menschen ist. Kultur ist eben nicht das berühmte Sahnehäubchen auf dem Sonntagskuchen, Kultur ist existenzielle Notwendigkeit.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Daher freue ich mich wirklich auf den Dialog mit allen Akteuren der Kulturlandschaft in SchleswigHolstein.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Ministerin für Justiz, Europa und Kultur Anke Spoorendonk)

Begrüßen Sie gemeinsam mit mir den früheren CDU-Abgeordneten Manfred Ritzek, der heute bei uns zu Gast ist. - Herzlich willkommen!

(Beifall)

Für die antragstellende Fraktion hat Frau Abgeordnete Klahn das Wort.

Außerdem darf ich noch darauf hinweisen, dass die Regierung die Redezeit um zweieinhalb Minuten überzogen hat. Diese Zeit steht Ihnen dann selbstverständlich auch zusätzlich zur Verfügung.

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Das steigert unsere Vorfreude!)

Ich werde mich bemühen, Ihnen Freude zu bereiten. Vielen Dank, dass ich zu Wort kommen darf.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin Spoorendonk! Ich danke Ihnen zunächst im Namen der FDP-Fraktion für den mündlichen Bericht.

Sie haben zu Ihrem Amtsantritt eine Reihe von Interviews gegeben, die uns Liberalen den Eindruck vermittelten, dass Sie die vielfältige und interessante schleswig-holsteinische Theater- und Kulturlandschaft nur selektiv wahrnehmen. Diese Äußerungen offenbarten eine gewisse Hilflosigkeit, die wahrscheinlich daraus resultierte, dass Sie in der vergangenen Legislaturperiode die tatsächliche Haushaltslage des Landes Schleswig-Holstein schlichtweg unterschätzt, wenn nicht sogar ignoriert haben und jetzt nicht mehr wissen, wie Sie Ihre damaligen Worte in die heutige Realität umsetzen können.

(Beifall FDP)

Im Interview mit den „Lübecker Nachrichten“ vom 19. August dieses Jahres können wir von Ihnen folgenden Satz lesen:

„Der Kulturetat ist in den letzten Jahren massiv gekürzt worden, die Kultur in SchleswigHolstein liegt zerstört am Boden.“

Sie zeichneten also ein dramatisches und erschütterndes Bild der aktuellen Lage der Kultur in Schleswig-Holstein. Ihr heutiger Bericht klingt übrigens deutlich gemäßigter.

Im gleichen Atemzug berufen Sie sich in diesem Interview auf den Koalitionsvertrag, der keine weiteren Kürzungen zulasse. Das heißt doch nichts anderes, als dass Sie einen Zustand schmerzlich be

klagen, aber als politisch Hauptverantwortliche den Umstand, dass die Kultur in Schleswig-Holstein zerstört am Boden liegt, nicht verändern wollen. Wie stellen Sie sich also dieser Verantwortung?

So zu tun, als wäre die Botschaft, keine weiteren Kürzungen im Kulturetat zuzulassen, eine neue, finde ich, ehrlich gesagt, dreist; denn damit wird subtil unterstellt, dass eine schwarz-gelbe Kulturpolitik dieses Ziel verfolgt hätte.

(Lars Harms [SSW]: Hat sie auch!)

Ich möchte in diesem Zusammenhang daran erinnern, dass der damalige Kulturminister Dr. Ekkehard Klug bereits im Mai 2011 im Rahmen des Kulturkongresses klargestellt hat, dass der Kulturetat einen schmerzlichen Beitrag zur Haushaltskonsolidierung erbracht habe. Dieser Beitrag ist somit erbracht worden. Wer also fordert weitere Kürzungen?

Ihre Devise ist: Sie schließen etwas aus, was ohnehin niemand will. So kann man Politik machen, aber das bringt niemanden weiter. Im Übrigen finde ich das auch nicht verantwortungsvoll.

(Beifall FDP)

Im Gegenteil, das ist ein Affront gegenüber den vielen Kulturschaffenden, die sich für eine Sicherung der kulturellen Infrastruktur mit viel Herzblut in schwierigen finanziellen Zeiten engagieren.

Meine Damen und Herren, wo bleiben die vollmundigen Ankündigungen aus der vergangenen Legislaturperiode? Im Frühjahr 2010 haben die Fraktionen von SPD, Grünen und SSW einen Antrag im Plenum eingebracht, in dem die Wiedereinführung einer Dynamisierung der FAG-Mittel für die Theater gefordert wurde. Im Januarplenum dieses Jahres wurde die Forderung von den Vorsitzenden der Fraktionen der Grünen und des SSW, Herr Dr. Habeck und Frau Spoorendonk, noch einmal bekräftigt. Ich freue mich, dass Sie zumindest ein zaghaftes Bekenntnis zu dieser Forderung in Ihre Rede aufgenommen haben. Warum Sie allerdings erst in einem Jahr diese angeblich so notwendige Maßnahme ergreifen wollen, erschließt sich mir nicht.

Eine weitere Frage, die aus meiner Sicht in Ihrem Bericht nur schwammig angerissen wird, lautet, wie Sie sich die Theaterlandschaft in Schleswig-Holstein konkret vorstellen. Wenn die Sicherung der Theaterstandorte eines Ihrer großen Vorhaben ist, wie passen dann Ihre öffentlichen Aussagen dazu, es gehe auch um Standorte? Im Zusammenhang mit dem Theaterneubau am Lollfuß sprechen sich laut

der Berichterstattung der „Schleswiger Nachrichten“ sowohl die Abgeordnete Pauls als auch der Innenminister für den Erhalt des Standorts Schleswig aus. Kurz darauf erklären Sie, Frau Ministerin Spoorendonk, dass Sie es sich nicht vorstellen können, dass Mittel zulasten anderer Theater nach Lübeck gehen.

Wir Liberale fragen uns nun: Werden also zukünftig nur noch Theater im nördlichen Teil des Landes Schleswig-Holstein Unterstützung durch die Dänen-Ampel finden? Wo bleibt dann Kiel? Ist Kiel eher nördlich oder südlich? Eine konkrete Antwort bleiben Sie uns in diesem Bericht auf jeden Fall schuldig.