Protocol of the Session on November 20, 2013

Wenn die Lippenbekenntnisse des Ministerpräsidenten zur A 20 auch nur einen Hauch von Wert haben sollen, dann muss er sich persönlich in der Koalition klar dafür einsetzen, dass die A 20 weitergebaut wird. Wenn das politische Ziel des Ministerpräsidenten wirklich darin liegt, die A 20 fertig

zustellen, dann fragt man sich ernsthaft: Wieso lässt er sich wieder und wieder so von seinem grünen Koalitionspartner vorführen?

(Beifall CDU)

Schleswig-Holstein erwartet jetzt eine Entscheidung des Ministerpräsidenten. Und Schleswig-Holstein erwartet, dass er sich in dieser Koalition endlich einmal durchsetzt. Die Wirtschaft wartet auf ein solches Signal, sie braucht Vertrauen und Planungssicherheit und will sich nicht länger mit leeren Versprechungen abspeisen lassen.

Deshalb muss diese Landesregierung gerade jetzt nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts die richtigen Konsequenzen ziehen, und wir haben diese beantragt:

Es muss klar werden, dass die A 20 weiter geplant und gebaut wird.

(Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Sollen wir denn bauen, obwohl wir aufgrund des Urteils kein gültiges Planungs- recht mehr haben?)

- Richtig, Frau Kollegin von Kalben. Deswegen muss es auch darum gehen, die Planung aller Teilabschnitte zu beschleunigen und unverzüglich Baurecht zu schaffen. Hierzu gehört auch die Abschnittsplanung westlich der A 7. Nur so setzen wir ein Zeichen, dass die westliche Elbquerung in diesem Land von diesem Haus wirklich gewollt ist. Nur so lässt sich das Vertrauen der heimischen Wirtschaft und potenzieller Investoren zurückgewinnen.

(Beifall CDU)

Herr Abgeordneter Callsen, gestatten Sie eine Zwischenbemerkung der Frau Abgeordneten von Kalben?

Herr Callsen, habe ich Sie eben richtig verstanden, dass Sie auf meinen Zwischenruf, dass wir zurzeit aufgrund des Urteils kein gültiges Planungsrecht haben, und auf meine Frage, ob wir trotzdem bauen sollen, „richtig“ gesagt haben? Habe ich Sie so verstanden, dass wir gegen geltendes Recht bauen sollen?

- Nein, Sie haben mich insofern falsch verstanden, als ich gemeint und deutlich gemacht habe, dass die Grünen in diesem Land, übrigens schon in den 90er-Jahren, für Verkehrsvermeidung und für Blockade in der Verkehrspolitik gestanden haben. Das machen sie mit Ihren Äußerungen nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts deutlich.

(Beifall CDU)

Das machen sie auch mit ihren Äußerungen zum Thema Elbquerung und noch an vielen anderen Stellen deutlich.

Meine Damen und Herren, die CDU hat es oft genug gefordert, jetzt müssen auch beim Landesbetrieb Konsequenzen folgen. Es kann nicht sein, dass dort die Planungskapazitäten heruntergefahren werden. Wir brauchen mehr qualifiziertes Personal, um die Planung der A 20 vorantreiben zu können.

Herr Abgeordneter Callsen, Frau von Kalben möchte gern eine weitere Frage stellen.

Ich würde nur gern noch einmal wissen, auf welche Äußerungen von uns Grünen Sie sich beziehen, wenn Sie sagen, dass wir voller Häme und Freude über dieses Urteil gesprochen haben.

- Dann bitte ich Sie, sich doch einmal die Presseerklärung des Kollege Tietze anzuschauen, der mittlerweile auch einen Chauffeur hat und Auto fährt.

Meine Damen und Herren, es ist doch vor diesem Hintergrund ein Treppenwitz, dass die SSW-Kulturministerin sieben neue Planstellen für den Denkmalschutz haben will, während im Landesbetrieb Personal für die Infrastruktur fehlt.

(Beifall CDU)

Frau Spoorendonk, verzichten Sie auf selbstgeschaffene Bürokratie, lassen Sie Ihr neues Denkmalschutzgesetz in der Schublade.

Auch der SSW, gerade der SSW muss sich jetzt in der Regierungsverantwortung entscheiden: Wollen Sie tatsächlich 16.000 historische Gebäude im Land erfassen und neu bewerten, oder wollen Sie durch eine klare Prioritätensetzung für die A 20 und die westliche Elbquerung wirklich einmal ein Zeichen

für die Zukunft des Wirtschaftsstandorts SchleswigHolstein und der Westküste setzen?

(Beifall CDU)

Meine Damen und Herren, wir dürfen in diesem Haus nicht zulassen, dass noch mehr Vertrauen in die Zukunft unserer Verkehrswege verspielt wird. Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Koalition, haben heute die Chance, gemeinsam mit uns ein Signal zu setzen. Stimmen Sie unseren Anträgen zur A 20 und zum Sondervermögen Verkehrsinfrastruktur zu! Ziehen Sie mit uns an einem Strang für Schleswig-Holstein, seine Menschen und seine Wirtschaft! - Herzlichen Dank.

(Beifall CDU und FDP)

Ich begrüße auf der Besuchertribüne unsere ehemalige Kollegin Frau Angelika Volquartz. Herzlich willkommen!

(Beifall)

Das Wort hat für die SPD-Fraktion deren Vorsitzender, der Abgeordnete Dr. Ralf Stegner.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Dass die A-20-Debatte heute Morgen auf Antrag der CDU-Fraktion Top-Priorität hat, spricht entweder für außergewöhnlichen Mut oder die Hoffnung auf Totalamnesie in Parlament und Öffentlichkeit.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Ja, die A 20 soll eine der wichtigsten Verkehrsverbindungen unseres Landes werden. Sie soll unsere Wirtschaft effektiv stärken, den Alltag der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erleichtern. Sie ist schließlich auch als ein Produkt der deutschen Einheit zu verstehen. Derzeit ist die A 20 aber vor allen Dingen ein gutes Beispiel für die unterschiedlichen Regierungsstile von Schwarz-Gelb und unserer Koalition.

Lassen Sie mich mit einem kurzen Rückblick auf Ihre Regierungszeit beginnen, meine sehr geehrten Damen und Herren von der Union und der FDP. Schon wenige Monate nach dem Ende von sieben Jahren verschiedener CDU-Verkehrsminister ist das wichtige Infrastrukturprojekt A 20 vor einer seiner größten Herausforderungen. Sie erinnern sich, es waren vier Minister, nämlich die Herren Austermann, Marnette, Biel und de Jager. Übrigens sage

(Johannes Callsen)

ich das nicht, auch wenn es vier waren, um den Zusammenhang zum Denkmalschutz herzustellen. Vier Minister, das fände ich ein bisschen zu wenig. Aber wie auch immer, sie waren jedenfalls nicht in der Lage, zu einer sauberen, den verfahrensrechtlichen Anforderungen entsprechenden Planfeststellung für den Weiterbau der A 20 zu kommen. Genau deshalb liegt die Verantwortung bei Ihnen, Herr Kollege Callsen, und bei niemandem sonst. Das muss man hier einmal ganz deutlich sagen.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Statt konstruktiv am gemeinsamen Projekt zu arbeiten, verbeißen Sie sich nun in windschiefe Argumentationen über Stellenpläne und nicht eingereichte Papiere. Was haben Sie sieben Jahre lang getan? Sie haben Einweihungsbänder durchschnitten, Startlöcher gebuddelt, nicht haltbare Ankündigungen gemacht und immer wieder einmal den Landesbetrieb Straßenbau geschröpft. Da ruft einer: „Haltet den Dieb!“, der gerade erwischt worden ist. Das ist der Punkt, über den wir hier reden. Das ist im Übrigen nur ein Beispiel für viele. Ich glaube übrigens, das Planfeststellungsverfahren ist von dem Team de Jager/Zieschang verantwortet worden. Meines Wissens waren es weder Grüne noch Sozialdemokraten, es sei denn, das hätte sich in der letzten Zeit geändert. Aber das wäre mir nicht bekannt.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Unsere Partei ist groß. Herzlich willkommen! Aber so hatte ich das bisher nicht verstanden.

Ich ahne, wie Sie es bezeichnet hätten, wenn es die SPD-Minister gewesen wären. Wahrscheinlich hätten Sie das viel undiplomatischer, als es meine Art ist, „Pfusch“ oder „Pleiten, Pech und Pannen“ genannt. Ich vermute ganz stark, dass Sie das getan hätten. Ich will hier heute aber nur sagen: Leider werden uns die Versäumnisse der schwarz-gelben Landesregierung noch lange begleiten. Das gilt für die A 20. Das gilt für den Zustand der Straßen. Das gilt für die gesamte Infrastruktur in unserem Land.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Was machen wir jetzt anders, meine sehr verehrten Damen und Herren? Es gibt keine leeren Ankündigungen, sondern realistische Planung und Umsetzung. Genau das haben wir in unserem Koalitionsvertrag formuliert. Mit dem Schüren unrealistischer

Erwartungen haben wir Schluss gemacht, übrigens auch bei der Einplanung der Bundesmittel.

Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts Leipzig - um es Ihnen einmal zu sagen, Herr Kollege Callsen: das ist ein unabhängiges Gericht - stellt uns vor eine neue und schwierige Situation. Es ändert aber nichts an unserem Ziel, und wir werden prüfen, wie wir das möglichst schnell umsetzen können. Der Grundsatz bleibt: Die A 20 wird gebaut. Wir werden diesseits der A 7 bauen, wie im Koalitionsvertrag vereinbart, und zwar mehr Kilometer, als Sie geschafft haben. Ihr Versuch, unsere Koalition zu spalten, ist ebenso verständlich wie aussichtslos, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Anders als Sie verweigern wir aber nicht die Kommunikation. Winston Churchill, übrigens ein Konservativer, hat einmal gesagt:

,,Demokratie ist die Notwendigkeit, sich gelegentlich den Ansichten anderer Leute zu beugen.“

Warum tun Sie sich damit eigentlich so schwer? Was macht der Landesvorsitzende der CDU, der Kollege Reimer Böge? Er sagt, man solle doch jetzt das Verbandsklagerecht zur Disposition stellen. Das ist die Antwort auf ein Urteil: weniger Dialog, weniger Umweltbelange, weniger Demokratie. Das ist nicht unsere Vorstellung.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)