Protocol of the Session on August 23, 2013

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW - Volker Dornquast [CDU]: Das war gut!)

- Nein, das war erschreckend, weil Sie uns vorwerfen, wir hätten keine Ahnung von den Verhältnissen im Land. Aber meine liebe Frau Nicolaisen, das Land besteht nicht nur aus dem ländlichen Raum. Auch die Kreise Pinneberg, Segeberg oder Stormarn gehören zum Land Schleswig-Holstein. Wenn Sie da vom ländlichen Raum reden, schauen die Menschen Sie mit großen fragenden Augen an. Aber für diese Kreise sind wir genauso verantwortlich.

(Zuruf)

Ich beginne mit meiner Rede. Ich fühle mich bestätigt: Als der Punkt auf der Tagesordnung auftauchte, war ich kurz versucht, meine Rede vom Februar wieder hervorzuholen und noch einmal zu halten, das hätte vielleicht keiner gemerkt. Aber ich habe mich entschieden, mir die Mühe zu machen und eine neue zu schreiben. An der Ausgangssituation hat sich seitdem nichts geändert. Das hat der Innenminister klar gesagt. Eine Reform des kommunalen Finanzausgleichs tut not, und es ist gut, dass Andreas Breitner sie endlich anpackt.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Jette Waldinger-Thiering [SSW])

Der Finanzausgleich muss transparenter und effizienter werden, und er braucht landesweit eine höhere Akzeptanz. Das ist unbestritten. Die finanzielle Lage vieler Kommunen ist nach wie vor prekär. Das hat die Bertelsmann-Stiftung in ihrem kommunalen Finanzreport gerade wieder belegt. Ihnen fehlt das Geld für die Unterhaltung und Sanierung ihrer Infrastruktur, ihrer Straßen und Schulen, ganz zu schweigen von Schwimmbädern, Büchereien, Feuerwehrhäusern oder Theatern. Es ist Aufgabe des Landes, die Kommunen mit angemessenen Finanzmitteln auszustatten, die sie in die Lage verset

zen, ihre Aufgaben auch zu erfüllen. Dazu dient der kommunale Finanzausgleich.

Niemand hat behauptet, dass die Reform des kommunalen Finanzausgleichs eine leichte Aufgabe wäre. Trotzdem muss sie erledigt werden, und zwar im Dialog mit den Betroffenen und in diesem Fall den kommunalen Landesverbänden.

Seit der Debatte im Februar ist der Prozess weiter vorangekommen. Das Gutachten, das der Innenminister im Februar angekündigt hatte, liegt mittlerweile vor und kommt zu teilweise überraschenden Ergebnissen.

Erstens. Auch den Gemeinden fehlt Geld, denn sie übernehmen mehr Aufgaben als bisher angenommen. Zweitens. Alle zentralen Orte, auch die im ländlichen Bereich, erfüllen übergemeindliche Aufgaben. Das wurde bisher zu wenig berücksichtigt.

Folgerichtig - denn das Geld muss endlich den Aufgaben folgen - kommt das Gutachten zu dem Schluss, dass die Teilschlüsselmassen neu verteilt werden müssen. Die Schlüsselzuweisungen machen den größten Teil des kommunalen Finanzausgleichs aus, nämlich rund 960 Millionen €. Insofern ist das Ergebnis des Gutachtens für die Reform schon von großer Bedeutung. Aber es gilt auch: Das Gutachten ist nicht die Reform des Finanzausgleichsgesetzes. Da gibt es noch andere Stellschrauben.

Für die Opposition - das haben wir gerade gehört wird mit diesem Gutachten die Lage nicht einfacher. Um es auf den Punkt zu bringen: Ihnen gehen die Argumente aus.

(Zuruf CDU: Keine Sorge!)

Im Februar hat Herr Callsen uns hier vorgeworfen, Stadt und Land gegeneinander ausspielen zu wollen. Jetzt wirft Frau Nicolaisen uns vor, den ländlichen Raum schwächen zu wollen. Ich habe schon auf die Rolle der Kreise hingewiesen. Die gibt es nicht nur im ländlichen Raum. Dafür liefert das Gutachten keine Anhaltspunkte, im Gegenteil. Die Töpfe für Gemeindeaufgaben und für übergemeindliche Aufgaben sollen größer werden.

(Volker Dornquast [CDU]: Die Kreisumlage auch?)

Der Gutachter empfiehlt außerdem, den Topf für die Kreisaufgaben zu reduzieren, sieht diesen Vorschlag allerdings im Zusammenhang mit der Übernahme der Grundsicherung durch den Bund. Die Opposition richtet also folgerichtig ihr Augenmerk nun auf den Prozess, oder wie darf ich den Be

richtsantrag verstehen? Allerdings - das hat auch der Innenminister deutlich gemacht - ist nicht wirklich klar, was die Nachfrage soll, denn der Auftrag des Gutachters war von vornherein klar: Es ging immer nur um den Teilaspekt der Schlüsselmassen.

Jetzt von einem bestellten Gutachten zu sprechen, finde ich - gelinge gesagt - nahezu unverschämt. Der Auftrag wurde im Finanzausgleichsbeirat, also mit den kommunalen Landesverbänden, ausführlich erörtert. Zahlreiche Anregungen und Vorschläge der kommunalen Landesverbände wurden vor der Vergabe berücksichtigt und in die Leistungsbeschreibung aufgenommen, wie sich aus der Antwort des Innenministers auf Ihre Anfrage, Frau Nicolaisen, vom März eindeutig ergibt.

Frau Abgeordnete Raudies, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Frau Abgeordneten Nicolaisen?

Bitte schön.

Vielen Dank. Frau Kollegin, Sie berichteten eben darüber, dass das FAG mehrere Stellschrauben beinhalte. Dazu gehört unter anderem das Kommunalhaushaltskonsolidierungsgesetz, das auf den Weg gebracht wurde. Geben Sie mir recht, wenn ich Ihnen jetzt sage: Sie haben an diese Stellschrauben schon gedreht, und zwar zulasten der Kreise und der Konsolidierungskommunen? Die Kreise und Städte, die Konsolidierungsbedarf nachgewiesen haben, sind erheblich eingeschränkt worden, nämlich dahin gehend, dass der Zeitraum verkürzt worden ist.

(Beifall CDU)

Wir haben ihn damals auch zehn Jahre festgelegt, Sie haben ihn auf sieben Jahre reduziert. Meinen Sie, dass das der richtige Ansatz war?

Ich wollte gerade fragen, wo die Frage bleibt, weil Sie bisher nur unsere Gesetzesänderung referiert haben, und zwar richtig. Angesichts der Vorschläge, die jetzt in dem Gutachten stehen, werden wir,

was die Finanzausstattung der Städte angeht, vermutlich zu einem anderen Ergebnis kommen. Und die Kreise - auch das sagt das Gutachten ganz eindeutig - werden durch die Übernahme der Grundsicherung schon dermaßen entlastet, dass ich glaube, dass das Konsolidierungsgesetz, wie wir es beschlossen haben, für alle Kommunen zu einem guten Ergebnis führt.

(Vereinzelter Beifall SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage der Frau Abgeordneten Nicolaisen?

Bitte kurz und knapp.

Wenn Sie sagen, die Grundsicherung spiele dort eine Rolle, gehe ich davon aus, dass die Grundsicherung, die der Bund jetzt an das Land weiterleitet, voll in die Entlastung eingepreist wird.

Der Gutachter hat den vollen Betrag gerechnet. Zu der Frage, wie wir das dann umsetzen werden, erwarten wir den Gesetzentwurf der Landesregierung. Sie wissen aber genauso gut wie ich, dass im Land Schleswig-Holstein auch das Land Aufgaben hat, die Übernahme der Grundsicherung durch das Land durchaus umfassen.

Ich glaube, die Situation ist Ihnen also durchaus bekannt. Über die Zahlen spekulieren wir dann, wenn der Gesetzentwurf vorliegt.

Meine Damen und Herren, im Koalitionsvertrag der regierungstragenden Fraktionen - den ich jetzt einmal zitiere, denn in ihm stehen zwei wunderbare Sätze - steht:

„Unser Ziel ist es, die Kommunen zu stärken. Nur so können sie die ihnen übertragenen Aufgaben erfüllen.“

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

- Guter Koalitionsvertrag! - Den ersten Schritt hat diese Landesregierung getan, als sie erstmalig die Verantwortung des Landes für die Kosten der

(Beate Raudies)

U3-Betreuung anerkannte und sich an diesen mit 15 Millionen € in diesem Jahr beteiligte.

Im nächsten Schritt soll aus den Zensusmitteln, die 2013 in den Landeshaushalt fließen, eine Abschlagszahlung in Höhe von 17 Millionen € direkt an die Kommunen weitergegeben werden. Dies entspricht der gesamten Zensusnachzahlung, die Städte und Gemeinden für die Jahre 2011 bis 2013 zu erwarten haben. Mit dieser Abschlagszahlung wird die Landesregierung dafür sorgen, dass die Kommunen nicht lange auf ihr Geld warten müssen. Das ist gut so.

(Volker Dornquast [CDU]: Das steht ihnen auch zu!)

- Natürlich steht ihnen das Geld zu, Herr Dornquast. Aber Sie wissen auch, wie lange es manchmal gedauert hat, bis die den Kommunen zustehenden Mittel von oben bis unten durchgereicht worden sind. Ich erinnere dabei an das Thema Schulsozialarbeit. Dabei hat es auch eine Weile gedauert, bis das Geld in den Kommunen angekommen ist.

Der nächste Schritt wird die Reform des kommunalen Finanzausgleichs sein. Wenn wir dieses Gesetz auf den Weg gebracht haben - ich bin sehr gespannt auf den Gesetzentwurf -, dann wird es vielen Kommunen in diesem Land besser gehen als jetzt. Vielen Dank.

(Beifall SPD, vereinzelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Frau Abgeordnete Ines Strehlau das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Frau Nicolaisen, ich glaube, Sie haben ein anderes Gutachten gelesen als ich. Ihre Schlussfolgerungen lassen sich überhaupt nicht nachvollziehen. Wenn Sie sagen, das sei ein ideologischer Umbau, zeigt das nur, dass Ihnen die Argumente für eine Kritik an dem Gutachten fehlen und Sie deshalb auf den Begriff Ideologie zurückgreifen müssen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt SPD)

Das finde ich schwach.

Mit Ihrer Rede spalten Sie die kommunale Familie. Sie machen genau das, was wir verhindern wollten

(Vereinzelter Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

und was der Innenminister bisher verhindert hat, indem er nämlich alle an einen Tisch geholt hat. Ich finde, das ist nicht besonders verantwortungsbewusst, was Sie da machen.