Protocol of the Session on August 23, 2013

Für uns Grüne steht bei dieser Debatte aber ohnehin das zukünftige Personal des Landes im Fokus. Für die bestehenden Aktiven und Versorgungsempfängerinnen und -empfänger sind die Regelungen so, wie sie sind. Sie entsprechen einer Finanzpolitik von sechs Jahrzehnten, die kein Morgen kannte. Deshalb müssen wir uns fragen: Wie kann es gelin

(Beate Raudies)

gen, so hohe Pensionsverpflichtungen in Zukunft zu vermeiden? Da gibt es ja schon ein paar Ansätze.

Erstens. Wir müssen uns fragen, in welchen Berufen eine Verbeamtung Sinn macht

(Zuruf Dr. Heiner Garg [FDP])

- ja, Herr Garg, dazu stehe ich nach wie vor - und wo wir gut darauf verzichten können.

(Vereinzelter Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und PIRATEN)

Allerdings - auch das hat der Ministerpräsident von Baden-Württemberg gesagt - muss man das koordiniert mit den anderen Bundesländern machen, damit wir bei der Anwerbung von Fachkräften nicht im Nachteil sind.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zweitens. Wir brauchen ein einheitliches Dienstrecht für Angestellte und Beamte. Auch das geht natürlich nur gemeinsam mit den anderen Ländern.

Drittens. Wir brauchen für neu eingestellte Beamtinnen und Beamte einen Versorgungsfonds. Das ist eine der wenigen richtigen Erkenntnisse aus der Haushaltsstrukturkommission der letzten Wahlperiode. So ein Fonds muss eingerichtet werden, sobald wir den Beamtinnen und Beamten ohne zusätzliche Kreditaufnahme einen entsprechenden Altersvorsorgebeitrag auszahlen können. Den Fonds jetzt vorzubereiten und ihn dann ab 2020 einzusetzen, ist aus grüner Sicht der richtige Weg. Es geht darum, nachhaltige Konzepte zu entwickeln und nicht plumpe Wahlkampfanträge zu schreiben. - Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW und PIRATEN)

Für die Fraktion der PIRATEN hat der Herr Abgeordnete Wolfgang Dudda das Wort.

Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Den Antrag der FDP habe ich begrüßt, als er eingetroffen ist, weil er vor dem Hintergrund der Diskussion in Baden-Württemberg, aber auch vor dem Hintergrund der Diskussion, die in NordrheinWestfalen bei der SPD geführt wird, wo man tatsächlich darüber nachdenkt, mittelfristig in den Pensionsfonds einzugreifen, gestellt wurde. Es ist also eine verantwortungsvolle Debatte, die sich mit der Zukunft beschäftigt. Auf die Anträge, insbeson

dere den der SPD und seine Kultur, komme ich später noch zu sprechen.

Ich finde, das Thema ist viel zu wichtig, um es hier polemisch abzuhandeln und zu einem Wahlkampfthema zu machen;

(Beifall PIRATEN)

denn wir befinden uns in einer Art finanziellem Würgegriff, der uns ab 2018 betrifft. Angesichts dessen darf man die Diskussion nicht pauschal verteufeln. Die Anregungen aus Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen verstehe ich so, dass wir tatsächlich ein vertagtes Problem zu erörtern haben.

(Beifall PIRATEN)

Ab 2018 - bis 2025 - haben wir die sogenannten Babyboomer-Jahrgänge im öffentlichen Dienst zu bedienen. Um das im Hinblick auf die Pensionen richtig machen zu können, brauchte man alljährlich das politische Lottoglück von Zensusmillionen, das wir in diesem Jahr haben. Das werden wir aber mit Sicherheit nicht mehr haben. Die Pensionskosten steigen enorm an; bei einer angenommenen Einkommenssteigerung von 1,5 % sind das etwa 40 Millionen € pro anno. Wir alle wissen, dass die Gehaltssteigerungen deutlich höher ausfallen.

Vor diesem Hintergrund brauchen wir von Ihnen, Frau Heinold, beruhigende - gern auch weniger beruhigende - Antworten. Auf jeden Fall brauchen wir die Wahrheit, um zu wissen, ob das Land Schleswig-Holstein mit seiner Finanzplanung diesen Pensionslasten gerecht wird.

(Beifall PIRATEN)

Als wir im Juni vergangenen Jahres bei Ihnen waren, Herr Wiegard, waren Ihre Zahlen eindrucksvoll. Sie haben mich völlig besorgt gemacht. Wenn ich es richtig verstanden habe, könnte es sein, dass künftig etwa ein Drittel der Landeseinnahmen für Pensionslasten ausgegeben werden muss. Damit wären wir in einem Würgegriff; darauf komme ich gleich zu sprechen.

Die vor acht Jahren an der Universität Freiburg erstellte Studie, in der die Länderbilanzen, was die Pensionslasten angeht, vergleichend dargestellt werden, kommt zu einem furchtbaren Ergebnis. Ich zitiere:

„Mithin stellt sich die Frage, ob die Tradition der ‚Rundumversorgung’ von Beamten in einer Zeit knapper Haushalte und der Kürzungen in den Sozialversicherungssystemen noch zeitgemäß ist und wie sie den Bürgern,

(Rasmus Andresen)

die davon am meisten betroffen sind, noch vermittelt werden kann.

Der demografische Wandel ist ein gesellschaftliches Problem und sollte daher auch von der Gesellschaft als Ganzes getragen werden. Die gesetzlich Versicherten haben ihren Teil bereits beigetragen. Nun müssen auch Beamte zur Verantwortung gezogen werden. Die Politik muss sich vor Augen führen, dass heutiges Nichthandeln mehr kostet als die bloßen Versorgungsausgaben der Zukunft. Anders gesagt: Werden heute keine drastischen Maßnahmen zur Kostendämpfung ergriffen, wird die zunehmende Beanspruchung der finanziellen Mittel letztlich zu nichts anderem als der Vernachlässigung von Aufgaben führen und schließlich

- das ist das entscheidende Wort

in der fiskalischen Paralyse der Länder enden.“

(Beifall PIRATEN)

Diese Auffassung teile ich, was die Zumutbarkeit für Beamte angeht, nicht. Ich finde vielmehr, dass man das tun müsste, was wir uns schon in unserem Wahlprogramm haben einfallen lassen: Es ist zu überprüfen, ob wirklich alle Stellen in Beamtenstellen umgewandelt beziehungsweise entsprechend ausgeschrieben werden müssen, nur um Pensionsund Soziallasten in die Zukunft zu verlagern.

(Beifall PIRATEN)

Wir müssen dringend überprüfen, welche Bereiche tatsächlich eine Beamtenstelle erfordern.

Im Übrigen haben die Beamten schon genug beigetragen; Herr Garg hat es schon erwähnt. Sie üben schon seit 1957 - fortwährend bis heute - Gehaltsverzicht; das ist den wenigsten bekannt. Sie haben von jeder Besoldungserhöhung 0,2 % Versorgungspauschale abzuführen. Zudem wurden ihnen vor wenigen Jahren die Pensionen von 75 auf 71,75 % gekürzt. Ich bin davon betroffen und nicht in der Lage, dieses Minus privat auszugleichen. Vielleicht gelingt es mir als Abgeordneter; vorher wäre es unmöglich gewesen.

Wer meint, dass diese künftigen Ausgaben von uns ohne Einsparkonzepte zu stemmen seien, ist ein Träumer.

(Beifall PIRATEN)

Es muss gespart werden, es muss auch Vorsorge getroffen werden. Wer allerdings meint, das könne

man einseitig den Beamten auferlegen, der verhält sich asozial. Das wäre auch verfassungswidrig; denn das ist ein Thema, das den Vertrauensschutz berührt.

(Beifall PIRATEN, CDU und FDP)

Wer zwischen beiden eine verträgliche - und zwar eine sozial verträgliche - Brücke bauen will, handelt verantwortungsvoll.

(Beifall Dr. Patrick Breyer [PIRATEN])

Um es auf den Punkt zu bringen: Wenn wir als Politik das Problem verpennen, dann können wir die Beamten für unsere Schlafmützigkeit nicht in Anspruch nehmen. Das ist das Schlagwort dafür.

Vor diesem Hintergrund möchte ich noch ein kritisches Wort an die SPD richten: Die Kurzfristigkeit des eingebrachten Antrags stört uns. Vielleicht sollte man sich weniger selbst feiern; dann hat man mehr Zeit, Anträge zeitnah einzubringen.

Was Ihren Antrag im Konkreten angeht - Herr Garg hat es gesagt -: In allgemeinen Verträgen sind mündliche Nebenabreden unwirksam. Das gilt dann auch für Ihre Koalitionsvereinbarung. - Danke schön.

(Beifall PIRATEN, FDP und vereinzelt CDU)

Für die Abgeordneten des SSW hat Herr Abgeordneter Lars Harms das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es gibt auf Bundesebene keine Initiative zur Senkung der Beamtenpensionen. Die rotgrün-blaue Koalition hat auch nicht die Absicht, insoweit initiativ zu werden. Vor diesem Hintergrund diskutieren wir hier auf Antrag der FDP-Fraktion eigentlich nur über heiße Luft. Damit ist zu diesem Antrag alles gesagt.

Wir sollten uns eher um die für das Land wichtigen Fragen kümmern.

(Beifall SSW und SPD)

Wir kommen zu den Dreiminutenbeiträgen. Den ersten hält Herr Abgeordneter Tobias Koch von der CDU-Fraktion.