Protocol of the Session on April 25, 2013

(Torge Schmidt)

mit dem bequemen Lift wieder von der Palme herunterkommt; denn die FDP lehnt die Quote ab.

(Christopher Vogt [FDP]: Na, na, na!)

Das ist bei den Liberalen so etwas wie das erste Gebot: Du sollst den Unternehmen nicht zu nahe kommen. - Solange die FDP-Betonköpfe das Sagen haben, kann die CDU schön vor sich hin meckern.

(Christopher Vogt [FDP]: Contenance, Herr Kollege!)

Die CDU-Frauen nahmen allerdings die „Chefin der alten Männer“, wie das „Handelsblatt“ die Kanzlerin titulierte, beim Wort. Arbeitsministerin Ursula von der Leyen sagte ein paar Wochen nach dem CDU-Bundesparteitag dem „Manager Magazin“:

„Angesichts der nur mit der Lupe erkennbaren Fortschritte der vergangenen zehn Jahre schließe ich eine gesetzliche Regelung über einen Mindestanteil von Frauen in Führungspositionen von Unternehmen nicht mehr aus.“

Von der Leyen nahm Anlauf und wollte in der April-Sitzung des Bundestags eine gesetzliche Frauenquote einführen. Das war der Lackmustest für das Emanzipationsniveau der CDU. Dieser fiel tiefschwarz aus. Die Union machte ihre eigenen Leute mit dem Verweis auf das Jahr 2020 mundtot. Dann wird der Himmel voller Geigen hängen, vorausgesetzt, die CDU hat bis dahin ihren Koalitionspartner FDP vom Hals.

(Vereinzelter Beifall SSW, SPD und BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

Zur Erinnerung, meine Damen und Herren: Es dreht sich hier um eine vergleichsweise kleine Gruppe. - Damit meine ich jetzt nicht die FDP, sondern die privilegierten Manager. Es geht um nicht einmal 500 Menschen in der Bundesrepublik Deutschland. Aber diese Manager verstehen sich offenbar ausgezeichnet aufs Lobbying in eigener Sache, und so gelingt es ihnen seit vielen Jahren ausgezeichnet, ihre lukrativen Pfründe vor den Frauen zu schützen.

Wir reden hier von Aufsichtsräten in Unternehmen. Und wir reden davon, dass alle Appelle nichts gefruchtet haben. Natürlich kann man auf dem Standpunkt stehen, dass der gesellschaftliche Wandel schon dazu führen wird, dass sich auch in den Köpfen von männlich dominierten Unternehmensführungen etwas ändern wird. Und natürlich kann man sagen, dass die Unternehmen selbst entscheiden

sollten. Aber beides geht nur dann, wenn auch wirklich die Chance für einen Wandel da ist. Und genau hier sehen wir, dass dies eben nicht der Fall ist. Diejenigen Unternehmen und gesellschaftlichen Organisationen, die die Gleichstellung auch so hinbekommen, braucht man nicht belehren. Aber diejenigen, die den Frauen immer noch bewusst den Aufstieg nach oben erschweren, müssen eben per Gesetz ermuntert werden, und das ist im Übrigen auch die überwiegende Mehrheit.

(Christopher Vogt [FDP]: Ist das eine Er- munterung?)

Hätte die Wirtschaft nicht ein so hohes Umsetzungsdefizit im europäischen Vergleich und hätten die feinen Worte der vergangenen Jahrzehnte Früchte getragen, dann wäre eine gesetzliche Regelung womöglich auch nicht nötig. Es ist aber das Gegenteil der Fall, und deshalb brauchen wir eine gesetzliche Regelung, die genau dazu führt, dass Frauen auch Führungspositionen in den Unternehmen einnehmen können.

Deswegen ist es richtig, dass wir diesen Antrag hier gestellt haben. Wie gesagt, es ist ein gesellschaftliches Problem. Wenn die Wirtschaft nicht in die Puschen kommt, dann muss sie eben dazu gezwungen werden.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort zu einem Dreiminutenbeitrag hat der Herr Abgeordnete Dr. Kai Dolgner.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Kollegin Frau Rathje-Hoffmann! Da merkt man schon, dass es auch unterschiedliche Politikverständnisse gibt. Eines verstehe ich zum Beispiel nicht. Sie haben jetzt mit Umfragezahlen belegt, weshalb Sie die feste Quote für falsch halten, aber die Flexiquote für richtig. Da stellen sich mir zwei Fragen.

Erstens. Wenn Sie etwas für falsch halten, aber jetzt schon wissen, dass Sie 2020 etwas für richtig halten werden, nämlich die feste Quote, dann entzieht sich das meiner Logik, egal ob männlich oder weiblich an dieser Stelle.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Das müssen Sie mir noch erklären.

(Lars Harms)

Gestatten Sie eine Zwischenbemerkung der Frau Abgeordneten Rathje-Hoffmann?

Im Gegensatz zu Frau Rathje-Hoffmann, die das bei mir nicht gestattet hat, mache ich das gern.

Das ist sehr schön, und ich freue mich über Ihre Großzügigkeit. - Ich kann Ihnen das erklären. Die Flexiquote ist ein Mittel zum Zweck, denn wir alle haben natürlich auch das Ziel, eine 50-prozentige Frauenquote zu erreichen. Aber der Weg dahin ist ein anderer. Den definieren wir konkret anders als Sie. Und irgendwann ist es auch mit unserer Geduld zu Ende. Genau das habe ich Ihnen in meinem Redebeitrag erklärt. Ich glaube, das sollten Sie zur Kenntnis nehmen, dass wir da unterschiedlicher Auffassung sind.

- Frau Rathje-Hoffmann, ich nehme zur Kenntnis, dass Sie selber nicht an den Erfolg der Flexiquote glauben und deshalb als Sicherheit schon die feste Quote eingeplant haben. Das war meine Antwort.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Aber man kann ja nach Umfragen gehen, wenn man Politik macht. Das erklärt auch vieles bei der Kanzlerin. Wir tun es nicht. Wir sagen, was wir gesellschaftspolitisch für richtig halten, und werben für Mehrheiten in der Bevölkerung.

(Vereinzelter Beifall SPD)

Kollege Kubicki, Sie tun das ja auch. Das ist ja auch kein Problem.

Deshalb finde ich diese Argumentation mit den Umfrageergebnissen aus unserer Geschichte heraus nicht ganz richtig. Wir haben bereits 1891 im Erfurter Programm das Frauenwahlrecht beschlossen. Glauben Sie mir, wenn Sie die Männer damals gefragt hätten,

(Beifall Dr. Heiner Garg [FDP])

dann hätte es auch keine Mehrheit gegeben.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW und Dr. Patrick Breyer [PIRATEN])

Dagegen hat Ihre Vorgängerpartei noch 25 Jahre später im Reichstag flammende Reden gegen das Frauenwahlrecht gehalten und wahrscheinlich auch mit Umfrageergebnissen begründet. So kann man

Politik machen. Das ist die Politik der Kanzlerin. Das ist aber nicht unser Politikstil.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW - Christopher Vogt [FDP]: Jetzt werden uns schon Reden im Reichstag vor- gehalten!)

- Sie können auch nachher noch ans Rednerpult kommen. Auf Ihren Beitrag freue ich mich besonders. Das ist überhaupt kein Problem. Das zeigt ein unterschiedliches Politikverständnis.

(Zuruf Christopher Vogt [FDP])

- Herr Kollege, wenn Sie kein Verständnis dafür haben, wie parlamentarische Demokratie entstanden ist und wie man unterschiedlich für Meinungen wirbt, dann sagt das sehr viel aus. Wir haben verschiedene Dinge für richtig gehalten und halten sie immer noch für richtig.

(Beifall Martin Habersaat [SPD])

Auch Herr Kollege Kubicki kann ja gern noch seine frauenpolitischen Vorstellungen gleich hier vortragen.

(Beifall Christopher Vogt [FDP])

Aber ich möchte ganz gern in meinem Redebeitrag weiterkommen.

Ich halte, ehrlich gesagt, auch nicht viel von diesem Begriff „Frauenversteher“. Den sollten Sie vielleicht zurücknehmen, Herr Kollege Kubicki. Dieser Begriff desavouriert sich eigentlich selbst. Oder Sie wiederholen ihn.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Ich frage, warum ich ihn zurücknehmen soll!)

- Darüber können Sie noch einmal nachdenken. Herr Kollege Kubicki. Ich rede jetzt weiter.

Herr Abgeordneter Dr. Dolgner, Sie haben das Wort.

Sie können auch gern eine Zwischenbemerkung dazu machen.

Es ist ein Unterschied, wie ich mit Defiziten umgehe. Natürlich haben wir auch Defizite in der Sozialdemokratie; das ist überhaupt keine Frage. Aber die Frage ist, ob ich ein Defizit erkenne und sage, ich muss Regeln setzen, um dieses Defizit endlich zu beseitigen, oder ob ich sage, ich hoffe, dass das Defizit von selbst verschwindet - à la FDP. Das ist der

Unterschied in der Gestaltung. Wir haben gesagt, wir haben ein Defizit, und wir haben festgestellt, wir haben nicht 50 % Frauen in den Parlamenten. Wir haben festgestellt, wir haben keine Parität. Und um uns selber dahin zu bringen, haben wir eine feste Quote von jetzt auch 50 % in der paritätischen Satzung beschlossen. Das ist unsere Art, mit Defiziten umzugehen. Ihre Art, mit Defiziten umzugehen, ist, auf Besserung von alleine zu hoffen. Das ist wahrscheinlich sehr liberal.