Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hat die Rechte homosexueller Lebenspartnerschaften im Januar gestärkt - das wissen wir alle -, und gesagt, dass die Möglichkeit zur Sukzessivadoption besteht. Das ist aus unserer Sicht auch ganz in Ordnung. Das ist auch gut so, und das akzeptieren wir.
Es scheint so, als sei die völlige Gleichstellung nur noch eine Frage der Zeit. Gleichheit mit der Ehe das brauche ich nicht alles zu wiederholen - gibt es in den Bereichen Sozialrecht, Arbeitsrecht, Namensrecht, Güterrecht, Erbrecht und so weiter - alles ist dabei. Das ist hinlänglich bekannt, und das stellen wir auch nicht infrage. Einen gravierenden Unterschied gibt es aber immer noch im Verfassungsrecht. Darum geht es auch, und deswegen wird es auch beklagt. Denn diese Form des Zusammenlebens fällt aktuell nicht in den Schutzbereich
der Ehe und unter Artikel 6 Abs. 1 des Grundgesetzes mit der Begründung, dass die Ehe nur mit einem Partner des jeweils anderen Geschlechts geschlossen werden könne.
Eingetragene gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften sind der Ehe im Steuerrecht und im Ehegattensplitting nicht gleichgestellt, und auch zusammen haben sie offiziell kein Steuerklassenwahlrecht. Es wird von den Finanzämtern mittlerweile zwar so gemacht, aber offiziell wird das noch nicht so akzeptiert.
Hiermit beschäftigt sich derzeit das Bundesverfassungsgericht. Über die vorliegenden Klagen gegen eben diese genannten Unterschiede und gegen das bestehende Volladoptionsrecht wird höchstwahrscheinlich im Sommer ein Urteil vom Bundesverfassungsgericht gesprochen worden. Wir wollen dieses Urteil abwarten.
Laut Mikrozensus gaben 2010 - das ist schon ein bisschen her, aber andere Zahlen habe ich nicht gefunden - rund 63.000 Menschen in Deutschland an, eine gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaft zu haben, und etwa 23.000 von ihnen lebten in der eingetragenen gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaft. Das sind ungefähr 0,05 % der Bevölkerung der Bundesrepublik Deutschland. Die überwiegende und überwältigende Mehrheit geht die Ehe ein. Für uns ist die Ehe eben kein Auslaufmodell, was viele von Ihnen immer behaupten: Das sei nicht zeitgemäß und so weiter. Trotzdem stellen wir uns die Frage: Was macht die Ehe aus? Seit dem Parteitag im vergangenen Dezember ist auch bei uns in der CDU intensiv darüber diskutiert worden, und das ist auch wirklich gut so. Große Teile der Union sind immer noch dagegen, dass die Ehe auch für gleichgeschlechtliche Paare geöffnet wird, weil es eben einen Unterschied zwischen Ehe und Lebenspartnerschaft gibt. 60 % waren es im Dezember 2012. Ich weiß nicht, wie viele es immer noch sind.
Wir sind in unserer Partei im Austausch, auch in unserer Fraktion sind wir im Austausch. Glauben Sie, es fällt uns nicht leicht. Wir wägen die Argumente gegeneinander ab. Ich erkläre Ihnen, warum das so ist.
Aus der Begründung, dass Artikel 6 Abs. 1 des Grundgesetzes nicht nur vom „Schutz“, sondern auch vom „besonderen“ Schutz der Ehe spricht,
folgt, dass die staatliche Ordnung einen Abstand beachten muss, der bestehen bleibt, wenn anderen Lebenspartnerschaften dieselben Rechte eingeräumt werden wie der Ehe.
Liebe Frau Rathje-Hoffmann, stimmen Sie mit mir überein, dass es eine Leichtigkeit wäre, im Bundestag eine wirklich breite Mehrheit für eine Änderung des Grundgesetzes in diesem Artikel zu finden, und dass es eigentlich nur daran liegt, dass die CDU das nicht mittragen möchte?
Nein, da stimme ich nicht mit Ihnen überein. Im Bundestag gibt es eine Mehrheit von CDU und FDP. Meines Erachtens steht diese Mehrheit in dieser Beziehung noch.
Liebe Kollegin Rathje-Hoffmann, könnten Sie mir erklären, warum der besondere Schutz einer Bevölkerungsgruppe geringer wird, wenn ein anderer - Sie sagten, ein ganz kleiner, geringer Prozentsatz - auch einen besonderen Schutz bekommt?
Eine Frage wird gleich beklatscht. - Ich glaube schon, dass wir daran arbeiten müssen. Genau daran hakt es, und genau dies wollen wir diskutieren, und genau daran wollen wir es festmachen. Wir müssen schauen, wie wir das dann definieren. Daran arbeiten mittlerweile sehr viele, das ganze Verfassungsgericht, sonst gäbe es diese Klage vor dem Verfassungsgericht nicht. Das müssen wir definieren. Das ist die Aufgabe des Parlaments, nicht unseres Parlaments im Übrigen, sondern des Parlaments in Berlin.
Für uns ist es wichtig, dass wir uns weiterhin für die Ehe, für die Familie und für die Kinder einsetzen und sie weiterhin fördern. Deswegen wollen wir das Ehegattensplitting erhalten und durch ein Familiengattensplitting erweitern. Wir haben vor, die steuerliche Berücksichtigung von Kindern auf den für Erwachsene geltenden Grundfreibetrag von aktuell - jeder weiß es - 8.400 € anzuheben. So helfen wir den Familien und auch den Alleinerziehenden mit Kindern.
Wir als Union wollen nun das Urteil des Bundesverfassungsgerichts im Sommer abwarten. Für uns ist hier keine Eile geboten, meine Damen und Herren. Da geht Gründlichkeit vor Schnelligkeit. Aus diesem Grund soll in der zu Ende gehenden Legislaturperiode auch kein Gesetz vom Bundestag dazu auf den Weg gebracht werden.
- Ich nehme gern eine Auftaktfrage des Kollegen Breyer entgegen. Ich habe auch nichts dagegen, wenn PIRATEN Fragen stellen.
Also meine Frage hat sich schon erübrigt. - Dann haben Sie das Wort, Herr Dr. Breyer, für eine Anmerkung oder eine Zwischenfrage.
- Ich hätte eine Zwischen- oder auch Vorbemerkung zu machen, und zwar zu dem letzten Redebeitrag. Das kann man auch als Frage formulieren.
Stimmen Sie mit mir überein, dass das Bundesverfassungsgericht schon vor Jahren gesagt hat, dass dem Artikel 6 GG, dem besonderen Schutz der Ehe, kein Abstandsgebot zu entnehmen ist in dem Sinne, dass andere Lebensgemeinschaften nicht auch gleichgestellt werden dürfen?
- Das ist der Nachteil, wenn man nach Rekorden strebt. Das habe ich nämlich in meiner Rede aufgegriffen. Das hätten Sie ungefähr in einer Minute gehört.