Sehr geehrter Herr Kollege Andresen, ich glaube das auch nicht, aber könnten Sie mir freundlicherweise sagen, ob Sie eine Vorstellung davon haben, wie hoch das Finanzvolumen wäre, das das Land Schleswig-Holstein aufbringen müsste, um die Kofinanzierung für die vermeintlich entgangenen EU-Mittel oder die Mittel, die vermeintlich dem Land entgehen würden, sicherzustellen, und können Sie mir sagen, wo Sie diese Mittel im Haushalt jetzt schon eingepreist haben, da Sie ja der Auffassung sind, es müssten mehr kommen?
- Nein. - Das Thema ist, dass es eine Vereinbarung zwischen Ländern und dem Bund, der Bundesregierung, gab, in der es darum ging, dass die Länder beispielsweise Mehrkosten im Sozialbereich, beim
Wohngeld und so weiter übernehmen, und dass Wolfgang Schäuble, der Bundesfinanzminister der schwarz-gelben Bundesregierung, diesen Vereinbarungen bisher nicht gerecht worden ist. Deshalb war es das gute Recht der Länder und politisch vernünftig, im Bundesrat diese falsche Politik von ihm abzulehnen.
Herr Kollege Andresen, dann erlaube ich mir in der Tat die Bemerkung, Ihr letzter Satz war eine Frage, ob die Mitglieder des Parlaments in der Tat glauben, durch Sparen allein würde man Jugendarbeitslosigkeit in Deutschland oder in Europa reduzieren. Darauf bezog sich meine Frage, und nicht auf den Fiskalpakt.
Die Jugendarbeitslosigkeit, die wirklich eine dramatische nicht nur in den Ländern ist, die ich genannt habe - das sind sozusagen die, in denen die Jugendarbeitslosigkeit am höchsten ist; man könnte aber auch Italien oder Portugal mit um die 30 % nennen - ist der eine Grund, warum anders als die nationalen Budgets das EU-Budget wachsen muss und dies auch vernünftig ist. Dass Sie dann in Ihrem Antrag eine Steuerverhinderungsbremse einbauen und damit Ihren Widerstand - das steht da so deutlich nicht drin, weil Sie sich das nicht trauen gegen die Finanztransaktionssteuer untermauern wollen, zeigt verschärft, dass Sie sich nicht einmal dafür einsetzen, dass die Krise, die wirklich viele Gründe hat, zumindest zum Teil solidarisch über eine Finanztransaktionssteuer finanziert wird.
Ich bin am Schluss. Ich möchte einen Satz zu Ihnen sagen, Herr Wiegard. Bei Ihrer Rede, die Sie als flammendes Plädoyer für den Antrag der Kollegen der FDP gehalten haben, hätte sich, wenn er sie gehört hätte, Ihr Landesvorsitzender, den Sie am Wochenende gewählt haben, wahrscheinlich geschämt; denn Reimer Böge hat mehrmals sowohl in Gesprächen mit dem Europaausschuss, aber auch durch Reden im Europäischen Parlament deutlich gemacht, dass er in der Haushaltspolitik für ein starkes EU-Budget kämpft, genau wie die Koalition. Wäre Reimer Böge hier Landtagsabgeordneter, würde er wahrscheinlich unserem Antrag zustimmen und nicht dem der FDP. - Schönen Dank.
Für die Landesregierung erteile ich der Ministerin für Justiz, Kultur und Europa, Frau Anke Spoorendonk das Wort. Bitte schön.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Europäische Parlament hat vor wenigen Tagen die beim Europäischen Rat erst Anfang Februar 2013 erzielte politische Einigung über den EU-Finanzrahmen für 2014 bis 2020 abgelehnt. Formal hat die Entschließung des Europäischen Parlaments noch keine bindende Wirkung. Deutlich geworden ist aber, dass das Europäische Parlament jetzt den Weg einer politischen Einflussnahme gehen will und dass das Europäische Parlament damit auch die Rechte in Anspruch nimmt, die dem Parlament laut Lissabon-Vertrag zustehen. Das ist die Situation, wie sie ist.
Meine Damen und Herren, natürlich setzt sich die Landesregierung für eine bestmögliche Wahrung der Landesinteressen ein und wird dies auch weiterhin tun. Umso wichtiger ist der Blick auf das, worüber wir nun reden. Wir reden über den Mehrjährigen Finanzrahmen. Dieser Mehrjährige Finanzrahmen legt die Obergrenzen sowohl für Verpflichtungs- wie auch Zahlungsermächtigungen fest. Die beim Europäischen Rat Anfang Februar erzielte Einigung bedeutet also tatsächlich eine reale Kürzung der EU-Finanzausstattung. Die 960 Milliarden € bei Verpflichtungsermächtigungen beziehungsweise die 908 Milliarden € für Zahlungsermächtigungen
bleiben sowohl hinter der Mittelausstattung der aktuellen Finanzperiode wie hinter dem ursprünglichen Kommissionsvorschlag zurück. Dies ist von allen deutschen Bundesländern deutlich kritisiert worden. Ich werde jetzt nicht weiter auf weitere technische Details eingehen. Aber diese plakativen Summen beruhen auf Preisen von 2011. Später im Haushaltsaufstellungsverfahren wird das dann auf der Grundlage aktueller Preise berechnet werden. Das ist technisch gesehen ganz wichtig, aber darauf können wir im Ausschuss noch einmal Bezug nehmen.
Das Parlament kritisiert primär die Struktur des Mehrjährigen Finanzrahmens, insbesondere die unzureichende Mittelausstattung für Innovation, Forschung, Infrastruktur, Bildung und Klimawandel, also das, was im Finanzrahmen unter der Rubrik 1 A aufzufinden ist, Wettbewerbsfähigkeit für Wachstum und Beschäftigung. Gefordert werden vor allem eine rechtlich verbindliche Überprüfung des gesamten Finanzrahmens nach 2014, die vollständige Ausschöpfung der Obergrenzen in den jährlichen Haushaltsplänen, die automatische Übertragung nicht ausgeschöpfter Haushaltsmittel auf nachfolgende Jahreshaushalte anstatt der bislang üblichen oft milliardenschweren Rückflüsse an die Mitgliedstaaten und eine größtmögliche Flexibilität innerhalb und zwischen den Rubriken des Finanzrahmens. Das sind die Forderungen des Europäischen Parlaments.
Dagegen hat das EU-Parlament seine Forderung nach Aufstockung der Finanzmittel über die vom Europäischen Rat gesetzte Obergrenze von 960 Milliarden € hinaus jetzt nicht mehr aufrechterhalten. Kurz - ich sagte es bereits -: Das Europäische Parlament fordert vom Europäischen Rat eine möglichst weitgehende Ermächtigung, von Festlegungen im Finanzrahmen abweichen zu dürfen und die realen Auszahlungen aus dem EU-Haushalt zu steigern. Der Verzicht auf rein fiskalische Mehrforderungen ist die offene Einladung des Europäischen Parlaments zum Kompromiss. Das, meine Damen und Herren, wird auch die Richtung für die anstehenden Verhandlungen des EU-Parlaments mit der irischen Ratspräsidentschaft sein. Man will Gestaltung deutlich machen, man hat den Willen, zu gestalten, man will ernst genommen werden, und man will mitverhandeln.
Die vom EU-Parlament geforderte höhere Mittelausstattung für die Rubrik 1 A, also Wettbewerbsfähigkeit, erscheint aus gesamteuropäischer Sicht berechtigt. Aus schleswig-holsteinischer Sicht haben wir hier einen Interessenkonflikt; denn aus
unserer Sicht ist es wichtig, daran festzuhalten, dass wir die Förderung der EU-Strukturfonds stärken müssen. Zwar werden auf Schleswig-Holstein Einbußen im Vergleich zur aktuellen Finanzperiode zukommen - das sagte ich bereits -, das hat die Landesregierung deutlich kritisiert und mehrfach darauf hingewiesen. Vorläufige Schätzungen - auch das ist schon gesagt worden - gehen von 150 bis 185 Millionen € aus. Für verlässlichere Aussagen müssen die endgültigen Zahlen auf Basis aktueller Preise abgewartet werden. Umso wichtiger ist es, die parallel zur Finanzdiskussion stattfindenden Beratungen über die einschlägigen Programmverordnungen jetzt sorgsam zu begleiten und die Entwicklungsmöglichkeiten der Fachministerkonferenzen zu nutzen.
Mit Blick auf einige Punkte des vorliegenden Antrags möchte ich einige Hinweise aus den Häusern meiner Kollegen Meyer und Dr. Habeck ergänzen. In der Wirtschaftsministerkonferenz ist es gelungen, den für Schleswig-Holstein kalkulierten Rückgang der EFRE-Mittel akzeptabel zu gestalten.
Eine starke Mittelausstattung der zweiten Säule der Gemeinsamen Agrarpolitik ist von der Landesregierung und auch vom Landtag mehrfach gefordert worden. Der Europäische Rat hat jetzt eine höhere Flexibilität zwischen beiden Säulen der GAP beschlossen. Künftig sollen Mittelumschichtungen bis zu 15 % möglich sein. Das ist nicht das, was wir fordern; das ist aber besser als das, was bisher beschlossen war. Die Förderung von Tourismus und Kultur ist nach dem vorliegenden Entwurf der ELER-Verordnung grundsätzlich weiter möglich. Zum Regionalfonds hat der Wirtschaftsminister mehrfach Initiativen gegenüber Berlin und Brüssel gestartet. Dennoch sieht es derzeit so aus, dass Tourismus als Branche ab 2014 kein eigenständiges Förderziel mehr sein wird. Projektanträge aus dem Bereich Tourismus müssen sich dann an den aus der Europa-2020-Strategie abgeleiteten Förderzielen ausrichten. Aber, meine Damen und Herren, das ist möglich. Das ist eigentlich auch im Sinne schleswig-holsteinischer Interessen. Das wissen die Tourismusverbände. Daher kann ich sagen: Kultur und Tourismus werden auch in der neuen Programmperiode weiterhin förderfähig sein.
Stichworte wie diese sind in den Ausschussberatungen zu vertiefen. Ich rege an, die Diskussion zu fachspezifischen Themen der EU-Förderpolitik im
Vielen Dank, Frau Ministerin. - Die Ministerin hat durch ihre Rede allen Fraktionen die Möglichkeit gegeben, noch 2 Minuten und 25 Sekunden lange Wortbeiträge zu halten. - Ich nehme im Moment nicht wahr, dass davon Gebrauch gemacht werden soll. Deswegen schließe ich die Beratung.
Es ist beantragt worden, den Antrag Drucksache 18/623 sowie den Änderungsantrag Drucksache 18/668 dem Europaausschuss und mitberatend dem Finanzausschuss zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Es scheint noch Unstimmigkeiten und Absprachebedarf zu geben, insbesondere in der CDU-Fraktion. Möchten Sie geschlossen abstimmen, oder soll ich jetzt sofort weitermachen? - Dann frage ich noch einmal: Wer diese beiden Anträge dem Europaausschuss und mitberatend dem Finanzausschuss überweisen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. - Das sind die Kolleginnen und Kollegen der SPD, der CDU, des SSW, der PIRATEN, von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP. Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Damit ist dies einstimmig so beschlossen. Vielen Dank.
Erste Lesung des Gesetzes zur Sicherung des Vertrauens in die Unabhängigkeit der Mitglieder des Landtags
Das Wort zur Begründung wird offenbar nicht gewünscht. Dann eröffne ich die Grundsatzberatung und erteile dem Abgeordneten Uli König von der Piratenfraktion das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Es hat mittlerweile eine gewisse Tradition, dass in den Parlamenten über Nebentätigkeiten und deren Veröffentlichung beraten wird. Zufriedenstellend ist diese Situation aber bis jetzt nicht.
Transparenz ist kein Selbstzweck und sollte es niemals sein. Es geht uns hier nicht um die Befriedigung des bloßen Informationsinteresses. Es geht darum, dass der Bürger in die Lage versetzt werden muss, die Fähigkeit von Abgeordneten zu beurteilen, der ihnen obliegenden Verantwortung gerecht zu werden.
Wer das ganze Volk vertreten soll, aber einen Teil seines Geldes nur von wenigen erhält, bei dem liegt die Vermutung nicht ganz fern, dass seine Entscheidungen beeinflusst werden.
Während wir von breiten Teilen der Bevölkerung immer stärker verlangen, dass sie kleinste Details ihres Lebens offenbaren, gibt es im Parlament allein gegen diese Vermutung immer größeren Widerstand.