Protocol of the Session on February 22, 2013

(Beifall PIRATEN, vereinzelt SPD, BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Dieser Grundsatz muss aus unserer Sicht überall gelten, in den Kommunen ebenso wie auf der europäischen und globalen Ebene.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die UN-Vollversammlung hat die Wasserproblematik nicht ohne Grund der UNESCO anvertraut. Deren Generaldirektorin stellte bei der Eröffnung des derzeit laufenden United Nations International Year of Water Cooperation fest, der Zugang zu Wasser gehöre zu den Menschenrechten.

In genau einem Monat, am 22. März, wird der internationale Tag des Wassers sein. Vor diesem Hintergrund und der Tatsache, dass fast das gesamte zur Verfügung stehende Trinkwasser zur Nahrungsmittelproduktion verwendet wird, steht er unter dem Motto „Die Welt ist durstig, weil wir hungrig sind“. An diesen zwei kurzen Beispielen wird

deutlich: Wasser als Ressource hat international bereits die gleiche Bedeutung wie fossile Brennstoffe für geopolitische Strategien erreicht. Wie wir heute mit den Wasserressourcen umgehen, entscheidet darüber, ob und wie wir künftig Hunger und Armut überwinden.

Doch wie gesagt: Nicht nur global ist das Thema immens brisant, auch in deutschen Städten oder Kommunen, wie zum Beispiel auch hier in Kiel vorgestern, hat der Kampf um das Wasser, nämlich der Kampf der Menschen um ihr Trinkwasser, längst begonnen.

Ich will noch auf Veolia eingehen. In Berlin zum Beispiel sind 1999 aufgrund sogenannter diskret ausgehandelter Verträge Veolia und RWE mit einem Anteil von 49,9 % in die Wasserbetriebe geholt worden. Die Kosten für die Verbraucher stiegen wie auch in vielen anderen Gemeinden und Städten. Transparenz: Fehlanzeige, stattdessen Geheimniskrämerei. In Berlin gelang es vor zwei Jahren schließlich per Volksentscheid, die Offenlegung der Verträge zu erzwingen.

(Beifall PIRATEN)

Als Konsequenz hat RWE seinen Privatanteil zurückgezogen.

Zugang zu Wasser ist eine politische Frage. Weil dies so ist, müssten die Bürgerinnen und Bürger selber darüber entscheiden können. Die europäische Bürgerinitiative „right2water“ - sie wurde bereits erwähnt - ist mit ihren Millionen Unterschriften die erste, die diese Hürde genommen hat. Es wird weitere geben.

Wir werden letztlich dem Antrag der Koalition zustimmen, weil er gut ist, zwar nicht so gut wie unserer,

(Vereinzelter Beifall PIRATEN)

aber wenn wir alternativ abstimmen, müssen wir für klare Mehrheiten sorgen und diese Bürgerinitiative unterstützen.

Wir setzen uns als Piratenfraktion derzeit mit gleichlautenden Anträgen in Nordrhein-Westfalen, im Saarland und in Schleswig-Holstein dafür ein, dass Wasser nicht nur aus der Konzessionsrichtlinie gestrichen wird, sondern wir wollen die Rekommunalisierung der Wasserbetriebe aktiv unterstützen.

(Beifall PIRATEN)

Nach dem Subsidiaritätsprinzip Europas haben die Länder und schließlich auch die Kommunen hier

(Angelika Beer)

ein letztes Wort, und sie sollten es sprechen. Das sage ich insbesondere an die Mitglieder des Europaausschusses. Hier in Schleswig-Holstein freuen wir uns über einen konsequenten Antrag, über gemeinsame Positionen und die Diskussion mit unseren Europaabgeordneten heute Mittag, mit der Bitte, dafür zu stimmen, dass die Wasserfrage aus der Konzessionsrichtlinie herausgenommen wird. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall PIRATEN, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Für die CDU-Fraktion hat Frau Abgeordnete Astrid Damerow das Wort.

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wasser - das ist hier schon angeklungen - ist unsere wertvollste Ressource. Ohne Wasser kein Leben. Es ist deshalb auch völlig klar, dass die Bürger unseres Landes überaus sensibel reagieren, sobald über die Zukunft der Wasserversorgung diskutiert wird. Wasserversorgung ist für uns gerade wegen ihrer großen Bedeutung eine herausragende Aufgabe der kommunalen Daseinsvorsorge und eben kein allgemeines Wirtschaftsgut und keine übliche Handelsware.

(Beifall CDU)

Verunsicherung schafft nun der Entwurf einer Dienstleistungs- und Konzessionsrichtlinie der EU. Worum geht es konkret? - Die EU-Kommission versucht schon seit geraumer Zeit, die Vergabe von Konzessionen in den Anwendungsbereich der EU-Dienstleistungs- und Vergaberichtlinie zu integrieren. In einem erneuten Anlauf hat der EUBinnenmarktkommissar Barnier Ende 2011 einen neuen Richtlinienentwurf erarbeitet. Darin sind leider nach wie vor unter anderem Regelungen zur Wasserversorgung enthalten. Vor allem deshalb wird dieser Entwurf seitdem heftig interpretiert und äußerst leidenschaftlich diskutiert.

Unseren Kommunen ist es stets gelungen, die Aufgaben der Wasserversorgung in vielen Jahrzehnten zuverlässig und auf hohem Niveau durchzuführen. Die Bürger und Betriebe werden mit ortsnahem, qualitativ hochwertigem, hervorragend überwachtem und ständig verfügbarem Wasser zu vernünftigen Preisen versorgt. Das ist keine Selbstverständlichkeit. Wir kennen leider genügend Länder, in denen das nicht der Fall ist.

Dies tun unsere Kommunen in durchaus unterschiedlichen Organisationsformen, meist durch kommunale Eigenbetriebe, Zweck- und Wasserverbände und in geringem Maß im Verbund mit privaten Unternehmen. Für uns ist ganz wichtig, dass jede Kommune selbst entscheidet, wie sie diese Aufgabe löst. Ich denke, das ist ein ganz, ganz zentraler Punkt, der in der allgemeinen Debatte häufig etwas in den Hintergrund rückt. Es liegt nach wie vor und das ist auch gut so - allein in der Kompetenz der Kommunen zu entscheiden, wie sie ihre Wasserversorgung organisieren.

Grundsätzlich stellt sich deshalb auch für uns die Frage, warum die EU eigentlich etwas regeln will, was für jedermann ersichtlich bei uns hervorragend klappt. Deshalb meinen wir an dieser Stelle: Weniger wäre dann auch manchmal für Europa mehr.

(Beifall CDU und PIRATEN)

Bereits jetzt hat das EU-Parlament Veränderungen der Richtlinie erreicht, die durch Übergangsregelungen, Umsatzwerte und Definitionen zu Beteiligungen die Umsetzung für die Kommunen etwas erleichtern würde.

Die Praktiker und Betroffenen sagten uns aber in vielen Einzelgesprächen, dass dies bei Weitem nicht ausreiche. Unnötiger bürokratischer und finanzieller Aufwand und erhebliche Rechtsunsicherheiten wären auch mit diesen Erleichterungen vorprogrammiert. Unsere EU-Abgeordneten konnten bisher für ihren weitergehenden Antrag, die Trinkwasserversorgung aus dem Richtlinienentwurf komplett zu streichen, leider noch keine Mehrheit finden.

Die europäische Bürgerinitiative „Wasser ist ein Menschenrecht“. - „right2water“ - hat bereits über 1 Million Unterschriften gesammelt. Der Kollege Voß hat das eben auch angemerkt.

Nun haben wir seit gestern Abend eine etwas andere Situation. Die Presse hat nun vermeldet, dass der Einsatz dieser Bürgerinitiativen, aber auch der Einsatz vieler kommunaler Spitzenverbände und Vertreter verschiedener Wasserversorger in Brüssel offensichtlich durchaus Wirkung gezeigt hat. Herr Barnier hat in einem Redebeitrag vor dem Binnenmarktausschuss weitere Kompromissbereitschaft signalisiert. Diese Rede liegt leider bisher nur in Französisch vor. Da es doch ein sehr technokratisches Thema ist, ist für uns heute noch nicht völlig klar, was das im Einzelnen für unsere Unternehmen hier in Schleswig-Holstein bedeutet.

(Angelika Beer)

Deshalb habe ich im Vorfeld dieser Tagung auch die Kollegen angesprochen, ob wir nicht die Möglichkeit sehen, alle unsere Anträge in die Europaausschusssitzung am Mittwoch zu überweisen, um uns dort erneut von der Regierung berichten zu lassen, was diese Kompromissbereitschaft, die Herr Barnier signalisiert, nun tatsächlich für uns in Schleswig-Holstein bedeutet. - Ich konnte dafür leider kein Okay von Ihnen bekommen, was ich sehr, sehr bedauerlich finde. Ich ziehe es grundsätzlich immer vor, erst dann zu entscheiden, wenn wir uns noch einmal richtig schlaugemacht haben.

Infolgedessen werden wir, obwohl wir uns im Grundsatz ja einig sind, bei unserem Abstimmungsverhalten bleiben. Wir werden unseren Änderungsantrag aufrechterhalten und uns dann bei den Anträgen der anderen Fraktionen enthalten. Denn, wie gesagt, im Grundsatz sind wir uns alle einig: Wasser ist ein schützenswertes Gut, und es gehört zur kommunalen Daseinsvorsorge. Es muss aber auch klar sein - das hat Kollegin Beer gerade sehr deutlich gesagt -, dass da, wo Private an der Wasserversorgung interessiert sind, sie nicht im Huckepackverfahren an sämtlichen Ausschreibungsverpflichtungen vorbei mitmachen können. Das ist eine gewisse Gratwanderung, die wir hier vorzunehmen haben. Deshalb wird unser Votum so ausfallen. Es sei denn, Sie bewegen sich vielleicht doch noch - es bliebe ja noch genügend Zeit bis zur Bundesratssitzung -, und wir könnten am Mittwoch abschließend im Europaausschuss darüber diskutieren. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall CDU)

Für die SPD-Fraktion hat nun Frau Abgeordnete Sandra Redmann das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach dem Stand von heute Morgen sind bereits 1.170.364 Unterschriften für die Initiative „Wasser ist ein Menschenrecht“ gesammelt worden. Das ist eine unglaubliche Zahl, die zeigt, wie sehr die Menschen das Thema Wasserversorgung in öffentlicher Hand bewegt, wie groß die Angst ist, dass unser Trinkwasser zum Spekulationsobjekt werden könnte. Ausdrücklich möchte ich im Namen der SPD-Fraktion der Initiative für ihr großes Engagement danken.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, PIRATEN und SSW)

Wasser, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist unsere Existenzgrundlage. Wir alle haben ein Recht auf gute Qualität, auf Hygiene, Bezahlbarkeit und auch auf Nachhaltigkeit. Dies ist ohne Frage am besten aufgehoben in öffentlicher Hand, in unserem Land mehrheitlich bei unseren Gemeinde- und Stadtwerken, die hochwertige und bezahlbare Wasserversorgung garantieren, und denen die SPD-Fraktion großes Vertrauen ausspricht.

(Beifall SPD und Burkhard Peters [BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN])

Sie sorgen für eine am Bedarf orientierte Bewirtschaftung und achten unsere wertvollen Wasserressourcen.

Gerade in Schleswig-Holstein spielt die ortsnahe Wasserversorgung eine wesentliche Rolle. Die Bürgerinnen und Bürger wollen, dass Städte und Gemeinden ihre Trinkwasserversorgung selber organisieren. Das haben Umfragen ergeben. Man muss sich fragen, was die EU-Kommission geritten hat, ohne Not so tief in die kommunalen Strukturen einer bewährten Wasserwirtschaft, die zudem hervorragend organisiert ist, einzugreifen.

(Beifall SPD und PIRATEN)

Das Recht der kommunalen Selbstverwaltung, für diesen Bereich Entscheidungen zu treffen, darf in keinster Weise eingeschränkt werden.

(Beifall SPD)

Gerade bei diesem Thema, das jeden bewegt, von dem jeder betroffen ist, ist es wichtig, dass die EUKommission den Subsidiaritätsgedanken wahrt. Ansonsten, liebe Kolleginnen und Kollegen, wird die Zustimmung der Bürgerinnen und Bürger für Europa weiter bröckeln. Das können wir alle in diesem Hause nicht wollen. Wir können nur hoffen, dass den Ankündigungen von EU-Binnenmarktkommissar Barnier von gestern auch endlich Taten folgen werden, und zwar mehr als die angekündigten. Denn das ist zu wenig.

(Beifall SPD und PIRATEN)

Frau Damerow, bisher sind es lediglich Ankündigungen. Da nützt es auch nichts, wenn man den Text auf Französisch oder auf Deutsch hat.

(Beifall SPD)

Lesen Sie die vielen Stellungnahmen der Gewerkschaften, vom Städte- und Gemeindetag, vom BDEW, vom VKU und auch von den Naturschutzverbänden. Die Versorgung mit Wasser ist ein Kernelement der öffentlichen Daseinsvorsorge. Und

(Astrid Damerow)