Protocol of the Session on January 25, 2013

(Beifall SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Die steuerliche Gleichstellung der Lebenspartnerschaften mit der Ehe ist ein weiterer Schritt zur tatsächlichen Gleichstellung aller Menschen, unabhängig von ihrer Sexualität. Es darf in unserer offenen, freiheitlichen und von Vielfalt geprägten Gesellschaft einfach gar keinen Unterschied mehr ma

(Katja Rathje-Hoffmann)

chen, welche Sexualität ich lebe. Menschen dürfen aufgrund ihrer unterschiedlichen Sexualität einfach nicht mehr unterschiedlich behandelt werden. Wen geht es etwas an, ob ich verheiratet oder verpartnert bin?

Über allem, was Sie, Herr Dr. Garg, genannt haben – Sie sprachen die rechtlichen Rahmenbedingungen an - und dem, was Sie, Frau Katja Rathje-Hoffmann, genannt haben, steht doch die Frage: Was macht das mit den Menschen? Sie verwehren sich gegen Diskriminierung. Tatsächlich ist es aber so, dass eine bestimmte Personengruppe in unserer Gesellschaft durch die Ungleichbehandlung im Steuerrecht herabgewürdigt wird. Das ist eine Art von Diskriminierung. Deswegen ist die steuerliche Gleichstellung nicht nur ein Gebot der Gerechtigkeit, sondern auch ein Gebot der Antidiskriminierung.

(Beifall SPD, FDP, PIRATEN und SSW)

Frau Rathje-Hoffmann, Sie haben viele Bereiche aufgeführt, in denen die Lebenspartnerschaft mit der Ehe gleichgestellt sind. Es gibt aber auch viele Bereiche, in denen es keine Gleichstellung in Bezug auf die rechtlichen Rahmenbedingungen gibt. Das ist zum Beispiel im Verfassungsrecht - das haben Sie genannt -, das ist aber auch im Steuerrecht, im Vermögensbildungsrecht und im Adoptionsrecht der Fall, um nur einige zu nennen. Es gibt noch viel zu tun.

Ich als verheiratete junge Frau kann nur sagen: Vielleicht will ja auch ich einmal verpartnert sein. Das wird mir verwehrt.

(Beifall PIRATEN)

Insofern wünsche ich mir, dass dieser Unterschied zwischen den Personengruppen in Zukunft nicht mehr besteht. - Vielen Dank.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und PIRATEN)

Für die Fraktion der Grünen hat Frau Abgeordnete Dr. Marret Bohn das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach dem tollen Beitrag sollten wir vielleicht gleich zur Überweisung kommen. Ich möchte aber trotzdem gern noch ein paar Worte zu diesem wichtigen gesellschaftspolitischen Thema sagen: Gleiche Rechte für gleiche Pflichten, das

klingt nach einer Selbstverständlichkeit, ist es aber nicht. Seit dem 1. August 2001 können gleichgeschlechtliche Paare in Deutschland - auch bei uns in Schleswig-Holstein - eine rechtlich abgesicherte Lebenspartnerschaft eingehen. Das ist auch gut so, denken die meisten von uns - leider noch nicht alle.

Das Bundesverfassungsgericht - Herr Kollege Garg hat es schon ausgeführt - hat 2009 einen zentralen Grundsatzbeschluss gefällt: Die Diskriminierung von gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften ist verfassungswidrig. Ich wiederhole: Sie ist verfassungswidrig. Für uns Grüne ist die Gleichstellung von Lebenspartnerschaften eine grundsätzliche Frage, eine Frage von Freiheit, Toleranz und Respekt. Unsere Koalitionspartner - das haben Sie gerade eben schon deutlich gehört; wir werden es bestimmt auch nachher noch hören - sehen das genauso. Ich freue mich sehr darüber, dass fast alle Fraktionen das auch so sehen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Aber leider nur fast.

Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, tun sich da noch ein bisschen schwer. Am Mittwoch aber keimte hier ein kleiner Hoffnungsschimmer im Plenarsaal. Immerhin, Sie haben unserem Antrag zur rückwirkenden Zahlung des Familienzuschlags bei eingetragenen Lebenspartnerschaften zugestimmt. Sehen Sie, es geht doch!

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Ich fordere Sie auf: Reden Sie nicht mehr vom Modernerwerden, tun Sie es doch einfach. Alle Urteile des Europäischen Gerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts und des Bundesverfassungsgerichts sprechen eine klare Sprache: Schluss mit der Diskriminierung. Selbst die Junge Union hat das bemerkt und unterstützt unseren Antrag. Hören Sie auf Ihre Jugendorganisation und stimmen Sie unserem Antrag zu. Diejenigen, die in einer Partnerschaft bei Krankheit und Arbeitslosigkeit die volle Verantwortung übernehmen, müssen auch die gleichen Rechte haben. Alles andere ist reine Diskriminierung.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD, FDP und SSW)

Diskriminierung ist und bleibt derzeit noch für Lebenspartnerschaften leider eine alltägliche Erfahrung. Es ist höchste Zeit, dass wir hier ein klares Zeichen setzen und uns als Schleswig-Holsteini

(Simone Lange)

scher Landtag dazu bekennen, dass wir jede Art von Diskriminierung abbauen wollen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD, FDP und SSW)

Eines sollten wir an dieser Stelle noch einmal festhalten: Es ist keine Einzelmeinung, inzwischen sind 70 % der Bevölkerung dafür, dass Lebenspartnerschaften gleiche Rechte für gleiche Pflichten haben.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, ich appelliere noch einmal an Sie: Geben Sie Ihre Blockadehaltung auf, folgen Sie dem Weckruf des Bundesverfassungsgerichts, und wir werden eine Bundesratsinitiative auf den Weg bringen. Da aber die antragstellende Fraktion damit einverstanden ist, können wir das gern überweisen. Vielleicht ergibt sich durch die Anhörung, die wir dann wahrscheinlich machen werden, liebe Kollegin RathjeHoffmann, noch weiterer Gesprächsbedarf bei Ihnen in der Fraktion. Vielleicht kommen wir da doch noch zusammen.

(Zuruf Dr. Heiner Garg [FDP])

- Ich habe das so verstanden. Gut, dann ist das ein Missverständnis. Ich hatte es wegen des Nickens vorhin so verstanden. Schade, schade, das wäre noch eine Möglichkeit gewesen. Ich habe das Nicken missinterpretiert. Dann stimmen wir - so, wie es vorbesprochen war - in der Sache ab.

Auch ich möchte mich dem Dank an die FDP-Fraktion noch einmal ganz ausdrücklich, lieber Kollege Heiner Garg, anschließen. Die vorliegende Initiative ist Teil unseres Koalitionsvertrags. Wir hätten früher oder später den Antrag eingebracht, jetzt kommt er früher. Je früher, desto besser. Ich freue mich sehr darüber, und ich freue mich auch auf die Abstimmung jetzt gleich. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Für die Abgeordneten des SSW hat Herr Abgeordneter Lars Harms das Wort. - Entschuldigung! Jetzt hat Herr Abgeordneter Torge Schmidt von der Piratenfraktion das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte mich an dieser Stelle ausdrücklich bei der FDP bedanken - gerade auch bei Herrn Garg dahinten, der leider nicht zuhört. Ich

fand die Rede außerordentlich toll und kann nur mit ganzem Herzen unterstützen, was Sie eben gerade gesagt haben, Herr Garg.

(Beifall PIRATEN, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Ich finde es leider schade, dass die FDP-Bundestagsfraktion nicht Ihrem Vorbild gefolgt ist. Sie hatten es erst kürzlich in der Hand. Es gibt leider Koalitionszwänge; aber an dieser Stelle hätte ich von der CDU mehr erwartet. Man hätte so viel Tolles machen können im Bundestag. Das hat leider nicht geklappt. Ich kann ausdrücklich nur gutheißen, dass wir jetzt hier im Landtag für diese Initiative eine wirklich breite Mehrheit haben.

Ich finde es übrigens äußerst diskriminierend und falsch, dass wir das eine „eingetragene Lebenspartnerschaft“ nennen und das andere „Ehe“. Für mich ist das irgendwie komplett das Gleiche. Wir sollten da nicht differenzieren.

(Beifall PIRATEN, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Leider zeigt auch der Umstand, dass die CDU diesen Antrag nicht mitzeichnet, wie rückständig diese Partei teilweise noch ist. Die CDU scheint in einer ganz anderen Welt zu leben als zum Beispiel ich und der Rest der hier im Landtag vertretenen Parteien. Ihr großes Problem ist, dass Ihr Menschenbild überhaupt nicht mit dem junger Menschen konform geht.

In meinem Alter ist es völlig normal, dass es gleichgeschlechtliche Paare gibt. Das sind stinknormale Paare wie alle anderen auch. Sie gehen normalen Berufen nach. Das Sexleben wird wahrscheinlich auch nicht großartig spektakulär sein im Vergleich zu heterosexuellen Paaren.

(Heiterkeit)

Sie haben Freundschaften wie alle anderen auch.

Sie sind also nichts anderes; sie sind einfach ein Teil unserer Gesellschaft. Es ist für mich komplett unverständlich, warum dieser Teil der Gesellschaft beim Steuerrecht diskriminiert wird.

(Beifall PIRATEN, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Auch der Kinderwunsch von gleichgeschlechtlichen Paaren ist nichts besonderes. Er ist nur verständlich und natürlich. Ich sehe nicht, warum es einem Kind schlechter gehen sollte, nur weil es zwei Väter oder zwei Mütter statt Mutter und Vater hat. Warum sollten sich gleichgeschlechtliche Le

(Dr. Marret Bohn)

benspartner weniger um Kinder kümmern als andere?

(Beifall PIRATEN, SPD,BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Dazu muss man noch sagen: Es gibt tausende Kinder, die glücklich darüber wären, wenn sie ein Zuhause hätten. Ganz ehrlich, vielleicht haben einige Leute hier im Saal Angst, dass diese Kinder gemobbt würden. Diese Gefahr gibt es. Sie gibt es aber nur, weil immer wieder das Feindbild vom Homosexuellen aufgebaut wird.

(Beifall PIRATEN, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Wir müssen damit explizit aufhören. Da muss sich unsere Gesellschaft wirklich bewegen. Für mich behandeln wir hier eine Selbstverständlichkeit. Wir sind hier im 21. Jahrhundert angekommen. Dass wir eine Gleichbehandlung von eingetragenen Lebensgemeinschaften hier überhaupt noch diskutieren müssen, ist für mich komplett unverständlich.