Protocol of the Session on January 24, 2013

Lassen Sie eine weitere Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Kubicki zu?

Nein, er hat nachher Zeit zu reden. Das wird schon schön genug werden. - Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich halte es im Übrigen für absurd, wenn man auf derart hohe Einnahmen setzt und auf neue Firmen und Arbeitsplätze spekuliert, wie CDU und FDP es hier tun. Ich habe mit Erstaunen gesehen, dass die FDP 18 Millionen € erwartet. Vorerst bleibt auch hier der Unterschied festzustellen: Sie setzen auf Schein- und Schattenwirtschaft, Sie sind sich für nichts zu schade. Wir setzen auf gute Arbeit in der Realwirtschaft mit Löhnen, von denen die Menschen leben können und die ihnen eine angemessene Altersversorgung garantieren.

Die Opposition wollte uns in den vergangenen Monaten immer wieder einreden, wir hätten keine Wahl. 15 Länder würden herüberkommen. Immer wieder haben Sie prognostiziert, die anderen Länder würden herüberkommen. Schleswig-Holstein sei so toll, wir würden von allen gelobt. Nicht ein einziges Land - ob schwarz-gelb regiert oder nicht

(Dr. Ralf Stegner)

ist Ihnen gefolgt. Das ist die Basis Ihrer Politik gewesen. Sie sind zu Recht abgewählt worden.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Die Opposition wollte uns in den vergangenen Monaten immer wieder einreden, wir hätten keine Wahl, das Land Schleswig-Holstein habe A gesagt und müsse jetzt auch B sagen.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Das ist so!)

Auch die neue Landesregierung müsse die begonnene Geisterfahrt zu Ende führen. Jeder weiß, meine sehr verehrten Damen und Herren, wie Geisterfahrten in der Regel enden. Diese Geisterfahrt aber wider besseres Wissen fortzusetzen, wäre Wahnsinn.

Ich will Ihnen dazu eines sagen: Wenn man nicht nur selber Geisterfahrer ist, sondern andere dazu auffordert oder, wie in Ihrem Fall, die Geisterfahrt sogar vorschreiben will, ist es - finde ich - ein mildes Urteil, wenn ich Ihnen sage: Das hat mit Gemeinwohl nichts zu tun!

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Bert Brecht hat einmal gesagt: „Wer A sagt, muss nicht B sagen. Er kann auch erkennen, dass A falsch war.“ Im Sinne unserer Dialogkultur ist auch dieses als Einladung gemeint.

(Lachen CDU und FDP)

Ich wende mich - Herr Wiegard ist jetzt nicht mehr da - ausdrücklich an die Kolleginnen und Kollegen der CDU-Fraktion, der konservativen Volkspartei CDU. Dass Sie sich auf einen Weg gegen 15 andere Länder begeben, der mit Gemeinwohl wirklich nichts zu tun hat - nur weil der Kubicki vorneweg läuft -, sollen Sie einmal jemandem erklären. Vielleicht erklärt das den schlechten Zustand Ihrer Partei in Schleswig-Holstein. Da ist nichts mehr vorhanden, was man konservativ nennen könnte.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW - Zuruf Wolfgang Kubicki [FDP])

- Sie sind nicht einmal da, wenn hier, wie gestern, beraten wird. Das ist doch peinlich.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW - Zuruf Wolfgang Kubicki [FDP])

- Sie waren da, aber der Rest war woanders. Das ist doch peinlich, meine sehr verehrten Damen und Herren!

Ich sage Ihnen ganz ruhig, -

(Christopher Vogt [FDP]: Mehrheit ist doch Mehrheit!)

- Nein, ich bin lauter als Sie, wenn Sie versuchen, mich niederzubrüllen. Das schaffen Sie nicht, in diesem Leben nicht mehr. - Ich will Ihnen eines sagen: Die politische Geisterfahrt Schleswig-Holsteins geht beim Glücksspiel heute zu Ende. Die Mehrheit in diesem Hause ist dem Gemeinwohl verpflichtet, und das wird so bleiben. - Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat jetzt der Herr Abgeordnete Rasmus Andresen das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Arp, Sie haben die Debatte vorhin mit Ihrem fulminanten Beitrag eröffnet. Ich habe mich teilweise gefragt, ob dass der Start zu einer politischen Aschermittwochskundgebung war.

(Zuruf Hans-Jörn Arp [CDU])

- Ich bin mir da nicht sicher. Sie kommen gleich noch. Vielleicht können Sie sich 10 Minuten lang ein bisschen ruhiger verhalten, um danach Ihr fulminantes Redefeuerwerk abzufeuern. Vielleicht können Sie jetzt aber erst noch kurz zuhören.

Man fragt sich bei Ihnen manchmal, Herr Arp: Wer hat uns eigentlich diesen Schlamassel eingebrockt? - Das waren doch nicht wir, das waren doch Sie,

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

der Sie mit Ihrem Sonderweg dafür gesorgt haben, dass wir in dieser Situation sind, wo Pokerlizenzen vergeben werden mussten. Wir sind so oder so egal was passiert - in einer unglücklichen Sondersituation. Das ist Ihre Verantwortung, nicht unsere. Das können Sie hier auch nicht irgendwie umdrehen. Die Debatte ist vielleicht nicht ganz so schwarz-weiß, wie Sie es uns hier vorgemacht haben.

(Dr. Ralf Stegner)

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Arp?

Bitte schön.

Herr Kollege, entschuldigen Sie bitte: Was ist an dem Zustand unseres Gesetzes Schlamassel? Und was verändert sich durch Ihren Entwurf? - Das möchte ich gern einmal wissen.

Wenn sich durch unseren Entwurf überhaupt nichts verändern würde, hätten Sie hier nicht so eine politische Aschermittwochskundgebung veranstalten müssen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Der Schlamassel bei Ihrem Gesetzentwurf ist der Bezug auf die Kohärenz und die Tatsache, dass wir beispielsweise bei der Frage der Online-Lizenzen jetzt in einer Sondersituation gestrandet sind, aus der wir in den nächsten Jahren schwerlich wieder herauskommen können. Das ist das Problem.

(Unruhe)

In meiner Rede wird das - wenn Sie mir jetzt vielleicht ein paar Minuten Ihrer Aufmerksamkeit schenken - auch deutlich werden.

Wir beraten heute nämlich über ein Thema - das ist keine Überraschung -, bei dem wir Grüne immer so ein bisschen zwischen den Stühlen saßen. Wir haben weder voll und ganz die Position der schwarzgelben Koalition vertreten, noch haben wir voll und ganz die Position vertreten, die die SPD-Fraktion hatte. Das hat sich in einigen Punkten auch nicht verändert. Ich finde, das muss man - auch bei alldem, bei dem wir uns einig sind - hier auch fairerweise dazusagen.

Wir sagen: Es ist richtig, dass wir heute mit dem Staatsvertrag den Weg der 15 anderen Länder gehen müssen; aber wir sagen halt eben auch, dass wir uns durchaus Nachbesserungen in ein paar Punkten vorstellen können.

Für uns steht aber im Zentrum der Debatte, ob es richtig ist, dass Schleswig-Holstein als Glücksspielparadies endet. Für uns ist die Frage, ob dieses Paradies nicht nur ein vermeintliches Paradies ist, von dem nur wenige profitieren. Diejenigen, die davon profitieren, nämlich die Glücksspielkonzerne, haben uns im Rahmen der Anhörung teilweise auf unverschämte, moralisierende Weise in ihren mündlichen Beiträgen klargemacht, dass nicht sie es sind, deren Unterstützung wir haben werden.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Der Sonderweg beim Glücksspiel hat unserem Land politisch massiv geschadet. Der Versuch, das mit Hinweis auf die anderen Länder als alternativlos einzuordnen, ist gescheitert. Stattdessen standen wir zunächst völlig isoliert da und sind als einziges Land nicht dem Glücksspieländerungsstaatsvertrag beigetreten. Das war so, obwohl Ministerpräsident Carstensen dies auf einer Ministerpräsidentenkonferenz noch anders verkündet hatte. Kurze Zeit später war sein Wort dort obsolet. Anscheinend haben sich andere Kräfte in der Koalition durchgesetzt. Damit wurde die Chance vertan, auf eine Regulierung Einfluss zu nehmen, die für weit mehr Menschen als für unsere 2,8 Millionen Schleswig-Holsteinerinnen und Schleswig-Holsteiner von Bedeutung ist.

Schwarz-Gelb hat hoch gepokert und sich politisch gründlich verzockt. Wir treten jetzt geschwächt einem Staatsvertrag bei, der weitgehend ohne uns ausgehandelt wurde. Schwarz-Gelb hat die Chance vertan, bei wichtigen Knackpunkten - wie zum Beispiel beim Online-Poker - die anderen Länder von einem realitätsnäheren Kurs zu überzeugen. Auch wir Grünen sagen: Ein Komplettverbot von OnlineGlücksspiel und eine Minimalliberalisierung von Sportwetten sind nicht mehr zeitgemäß.

Der Erste Glücksspieländerungsstaatsvertrag verharrt in einer aus grüner Sicht nicht ganz unproblematischen Haltung nach dem Motto: Was ich verbiete, findet nicht mehr statt. Dabei ist das Gegenteil ist der Fall. Online-Glücksspiele florieren, aber sie tun das auf einem immer größer werdenden Schwarzmarkt. Damit verpassen die Bundesländer die Chance, diese Spiele legal zu kanalisieren und zu überwachen sowie Jugendschutz beziehungsweise Spielerinnen- und Spielerschutz umzusetzen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zuletzt verzichten die Länder durch Illegalisierung darauf, dieses Riesengeschäft zu besteuern und da

mit die Bewältigung der Folgekosten und Präventionsarbeit zu finanzieren.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW - Zuruf CDU)

- Ich komme jetzt nämlich genau dazu. Durch Ihre starre Haltung beziehungsweise Teilblockade, die Sie in der Vergangenheit eingenommen haben, haben Sie es nämlich verpasst, zusammen mit den anderen Ländern einen vernünftigeren Weg zu gehen.