Protocol of the Session on March 24, 2017

„Wir sagen Ja zum Handel mit Kanada und Ja zu einer offenen Welt. Wir hoffen, dass Ihr Land und die EU es schaffen, sich in der Zukunft erfolgreich zusammenzutun, um ein freies und faires multilaterales globales Handelsumfeld zu schaffen, das sich sowohl protektionistischem Nationalismus als auch Privilegien für Großunternehmen entgegenstellt.“

Bericht der Landesregierung über die Einrichtung von Jugendberufsagenturen in SchleswigHolstein

Bericht der Landesregierung Drucksache 18/5261

Herr Präsident! In der Sache sind wir uns einig: Jugendberufsagenturen sind ein gutes Mittel, jungen Menschen aus einer Hand alle Leistungen auf dem Weg von Schule in Hochschule oder Berufsbildung anzubieten und sie kompetent auf ihrem Weg in das Berufsleben zu begleiten.

Aus einer Idee Hamburger Wirtschaftsunternehmen, möglichst viele junge Menschen ohne Abschluss zu unterstützen und ihnen den Zugang zum Arbeitsmarkt zu ermöglichen, ist nun durch das Modell „Jugendberufsagentur“ diese Initiative unserem Land institutionalisiert worden. Demografischer Wandel und Fachkräftemangel führen dazu, alle Schulabgänger fachlich so weit auszubilden, damit auch sie erfolgreich im Berufsleben ihren Platz finden und aus eigenem Antrieb ihren Lebensunterhalt erwirtschaften.

(Bernd Voß)

Ganz unabhängig davon wissen wir, Arbeit dient nicht nur der persönlichen Refinanzierung, sondern bedeutet auch Teilhabe am gesellschaftlichen Leben und der persönlichen Befriedigung, etwas auf den Weg bringen zu können.

Deshalb unterstützt die CDU die flächendeckende Einrichtung von Jugendberufsagenturen. Eine gute Sache! Der nun vorliegende Bericht der Landesregierung, meine Damen und Herren, macht aber eines deutlich, und hier setzt unsere Kritik an: Zurzeit sind insgesamt in den kreisfreien Städten Kiel und Neumünster sowie in den Kreisen Dithmarschen, Nordfriesland, Pinneberg und Schleswig-Flensburg insgesamt erst sechs Standorte an den Start gegangen. Die Anschubförderung des Landes wurde im Sommer 2015 gestartet. Auf die Kleine Anfrage meines Kollegen Johannes Callsen aus Mai 2016 hatte Ihr Ministerium, Frau Minister Ernst, geantwortet, dass die Verantwortung allein im Bereich der Kommunen liege.

Die Anschubförderung ist also der wesentliche Teil der Arbeit der Landesregierung. Diese Förderung ist aber zum Ende des letzten Jahres ausgelaufen. Da es keinen Zeitplan gibt, fragen wir uns natürlich, wofür Sie sich heute feiern lassen möchten.

Gestatten Sie mir, einen letzten Punkt herauszugreifen: Auf Seite 24 des Berichtes wird auf die besondere Problemlage bei jungen Flüchtlingen hingewiesen. Richtigerweise wird angemerkt, sprachliche und kulturelle Unterschiede machen es den Jugendberufsagenturen schwer, mögliche Kompetenzen geflüchteter Menschen zu erkennen.

Andere Rechtsfelder - wie zum Beispiel das Aufenthaltsrecht - müssen erschlossen und Kooperationen ausgeweitet werden, um eine frühzeitige Integration der jungen Menschen in bestehende Systeme zu erreichen. Systemimmanent ist die Feststellung im Bericht, dass eine parallele Beratungs- und Hilfestruktur mit eigenen Einrichtungen vermieden werden muss. Diese Auffassung teilen wir! Nebenstrukturen laufen diametral dem Gedanken des Service aus einer Hand entgegen.

Vor allem muss - aus Sicht der CDU - aber die Jugendberufsagentur mit ausreichend Personal ausgestattet werden, da die Flüchtlinge ja einen speziellen Beratungsbedarf haben. Entsprechend muss auch das Personal weitergebildet und für eine Erhöhung der Effizienz ein verbesserter Betreuungsschlüssel verwirklicht werden. Der Bericht gibt aber leider keine Auskunft darüber, wie viele Jugendliche auf einen Berater kommen. Diese Information muss jedoch transparent offengelegt wer

den, weil nur so gegebenenfalls entsprechend nachgesteuert und eine tatsächlich zum Ziel führende Beratung gewährleistet werden kann.

Sehr geehrte Damen und Herren! Es hat Spaß gemacht, den Bericht über die Einrichtung von Jugendberufsagenturen - JBA - zu lesen. 60 Seiten Informationen darüber, wie eigentlich eher nebeneinanderher arbeitende Institutionen den Weg gefunden haben zur Zusammenarbeit an einem Ort, über den eigenen Rechtskreis hinaus, um den Jugendlichen eine Anlaufstelle zu bieten, damit sie gut von der Schule in den Beruf starten. Vielen Dank an Sie, Frau Ministerin, und Ihr Team für die Erstellung dieses Berichts.

Es gab allerdings bei unserer Idee, das Konzept der Jugendberufsagentur aus Hamburg auf SchleswigHolstein zu übertragen, zu Beginn große Bedenken. „In einem Flächenland kriegt man das nicht hin“, war eines der Argumente. Aber wir haben nicht lockergelassen, weil das Konzept einfach überzeugt. Und wir haben es geschafft. Sechs Jugendberufsagenturen sind gestartet. Ziel für uns Grüne für die kommende Wahlperiode ist die flächendeckende Einrichtung.

Die Ministerin ist mit den Akteurinnen und Akteuren in den Austausch gegangen, hat die Beteiligten mitgenommen und letztlich viele überzeugt. Die Anschubfinanzierung, zur Unterstützung des Entstehungsprozesses, hat den letzten Kick gegeben.

Die Zusammenarbeit in einer Jugendberufsagentur ist ja für die Akteure Neuland. Die Agentur für Arbeit, Jobcenter, Jugendhilfe und Schulen sollen gemeinsam, an einem Ort, über ihre eigenen Rechtskreise hinweg, auf gleicher Augenhöhe zusammen arbeiten, um Jugendliche beim Weg von der Schule in den Beruf zu unterstützen. Ein Weiterschicken, ohne dass man weiß, ob der oder die Jugendliche auch bei der anderen Stelle ankommen, gibt es nicht mehr. Jetzt sind alle gemeinsam für den Jugendlichen verantwortlich.

In Jugendberufsagenturen gilt: Die Beteiligten kommen vom Denken in Zuständigkeiten zu einer Verantwortungsgemeinschaft. Die Jugendlichen stehen im Zentrum. Die Institutionen arbeiten vernetzt, um die Jugendlichen bestmöglich zu beraten und zu fördern.

Das Arbeiten an den Jugendberufsagenturen ist ein völlig anderes Arbeiten, und ich kann mir vorstellen, dass es auch mit Ängsten bei den Beteiligten

(Karsten Jasper)

verbunden war, sich auf das Abenteuer JBA einzulassen. Ich finde es klasse, dass sie es getan haben.

Wir haben inzwischen sechs Jugendberufsagenturen im Land. Alle mit regional angepassten Strukturen, aber die von der Lenkungsgruppe festgelegten Eckpunkte sind für alle gleich. Das ist eine gute Lösung.

Wichtig ist auch die Berufsorientierung an den allgemeinbildenden Schulen zu intensivieren, die Übergangsmaßnahmen zu koordinieren und sie zu einem aufeinander aufbauenden und qualifizierenden System umzuwandeln. Es gibt viele Unterstützungsprogramme: Berufs-/Reha-Beratung der Agentur für Arbeit, das Handlungskonzept PLuS an den Gemeinschaftsschulen, das Berufsorientierungsprogramm des Bundes (BOP) und Berufseinstiegsbegleitung. Der Bericht gibt auch hierzu einen guten Überblick.

Es ist wichtig, dass beim Übergang von der Schule in den Beruf kein Schüler und keine Schülerin verloren gehen. Wir bringen mit der Jugendberufsagentur eine gute systematische Anschlussorientierung und Übergangsbegleitung auf den Weg.

Das vom Ministerium geplante Monitoring ist ein wichtiges Begleitinstrument. Monitoring heißt: alle Schulabgängerinnen und Schulabgänger werden ihrer Jugendberufsagentur gemeldet und zusätzlich die Gesamtzahlen der einzelnen Schulen. Damit wird die einheitliche Erfassung der Daten gewährleistet, und es entsteht ein Überblick über regionale, schulart- oder schulspezifische Entwicklungen, um zu sehen, wo vielleicht nachgesteuert werden muss.

Die geplante Evaluation ist gut, um zu überprüfen, ob wirklich niemand verloren geht, ob das Ziel erreicht ist, dass mehr Jugendliche die direkt in Ausbildung gehen.

Die Jugendberufsorientierungen sind ein Baustein beim Übergang Schule-Beruf. Weitere werden in der kommenden Wahlperiode folgen. Ich freue mich auf die Umsetzung.

Herr Präsident! Meine Fraktion begrüßt die Einrichtung von Jugendberufsagenturen grundsätzlich, denn es muss so vielen Jugendlichen wie möglich der Übergang von der Schule ins Erwerbsleben ermöglicht werden. Gerade Jugendliche, die Schwierigkeiten haben, einen Schulabschluss zu erreichen, bedürfen einer besonderen Unterstützung.

Gleichwohl zeigt der Bericht, wo die Probleme liegen und welche Kritikpunkte es gibt.

Erstens. Es gibt nach wie vor kein schlüssiges Konzept zur Umsetzung. Es gab eine Steuerungsgruppe, die es aber nach meiner Kenntnis nicht mehr gibt. Zu fragen ist auch, was die konkreten Ergebnisse der Steuerungsgruppe sind. Zwar gibt es im Bericht die angehängten Eckpunkte, die sich aber eher im Allgemeinen verlieren und noch einmal Bekanntes festhalten. Nach wie vor steht nicht fest, wie eine solche Jugendberufsagentur konkret aussehen soll. Wer sind die Partner? Mit welcher Ausstattung? Mit welchen Kompetenzen und welcher Finanzierung?

Zweitens. Das Ministerium hat sich immer nur als Initiator, nicht aber als verantwortliche Institution wahrgenommen. Das ist ein Problem. So ist die gegenwärtige Landschaft der Jugendberufsagenturen sehr bunt, aber auch leider sehr löchrig in der Fläche. Wir wollen aber alle Schülerinnen und Schüler erreichen.

Drittens. Eine wirkliche Kooperation mit der kommunalen Seite hat es so gut wie nie gegeben. Dabei sind die Kommunen ein zentraler Partner in den Jugendberufsagenturen.

Viertens. Auch erscheint mir, wenn ich es einmal vorsichtig ausdrücken darf, die Zusammenarbeit mit der Bundesagentur für Arbeit etwas holprig zu sein. Eine enthusiastische Kooperation scheint mir anders auszusehen.

Fünftens. Ein zentraler Ort für die Jugendberufsagenturen sind nach meiner Einschätzung die Regionalen Berufsbildungszentren beziehungsweise die berufsbildenden Schulen. Dort landen die unversorgten Schülerinnen und Schüler in den entsprechenden Klassen zur Vorbereitung auf einen Beruf. Das Problem ist nur, dass das Schulministerium diesen Schulen überhaupt nicht die notwendigen Ressourcen zur Verfügung stellt, um diese Schnittstelle im Übergang vernünftig bespielen zu können.

Die Landesregierung klopft sich bei diesem Thema ordentlich auf die Schulter. Betrachtet man aber die Realität, dann ist nicht an allen Standorten, auf denen „Jugendberufsagentur“ drauf steht, auch eine Jugendberufsagentur drin. Sicher, es bestehen gute Ansätze, aber in letzter Konsequenz muss man zum jetzigen Zeitpunkt doch zu dem Fazit kommen: Es ist mehr Schein als Sein.

Herr Präsident! Wir reden in dieser Legislaturperiode zum dritten Mal über Jugendberufsagenturen.

(Ines Strehlau)

Am Anfang stand die Frage, ob das Konzept im ländlichen Raum funktioniert. Nun haben wir JBAs in Neumünster, Dithmarschen, Nordfriesland, Pinneberg, Schleswig Flensburg und Kiel.

Auch der erste Bericht der verschiedenen Ministerien liegt uns heute vor. Um es kurz zu fassen, das Ziel „Niemand geht verloren“ wird erreicht. Alle Partner arbeiten Hand in Hand und schaffen es, die Rechtskreisgrenzen zugunsten der Jugendlichen verschwimmen zu lassen. In Ihrem Bericht sagen Sie:

„Schulen, Bundesagentur fu#r Arbeit, Jobcenter und Kommunen/Jugendhilfe handeln vertrauensvoll, verla#sslich, gemeinsam und konkret unter Einbeziehung weiterer Partner wie Kammern und Sozialverba#nde.“

Was kann man dazu noch sagen? Die Datenschutzproblematik, die wir zwischendurch sahen, sind zu unserer Zufriedenheit geklärt worden. Der bisherige Erfolg der Jugendberufsagenturen zeigt, dass wir hier auf dem richtigen Weg sind.

Der Weg ist frei! Wir sagen „Nur weiter so!“ und wünschen gutes Gelingen! - Vielen Dank.

Herr Präsident! Ich freue mich, dass die Idee der Einrichtung von Jugendberufsagenturen auch hier im Landtag von Anfang an so viel Zuspruch hatte. Denn die enge Kooperation von Arbeitsagenturen und Jobcentern sowie Jugendämtern und Schulen ist wesentlicher Teil unserer Neuausrichtung des Übergangs von der Schule in den Beruf. Die Erfahrungen mit dieser rechtskreisübergreifenden Zusammenarbeit sind nicht nur in Stadtstaaten nachweislich positiv. Aus Sicht des SSW sollten wir diesen Weg also unbedingt weitergehen und damit sicherstellen, dass Jugendliche und junge Erwachsene auf ihrem Weg ins Berufsleben möglichst intensiv und individuell beraten und unterstützt werden.

Eins muss allen hier klar sein: Dieser Ansatz ist mit Sicherheit kein Luxus. Das zeigt uns nicht zuletzt die Quote der Schulabbrecher, die mit über 7 % noch immer zu hoch ist. Gleichzeitig bleiben in jedem Ausbildungsjahr fast 6.000 Stellen im Land unbesetzt, und rund 7.000 junge Leute stecken in der Warteschleife von berufsvorbereitenden Maßnahmen fest. Natürlich gibt es hierfür die unterschiedlichsten Gründe. Aber damit wird in jedem Fall deutlich, dass es eben noch längst nicht gelingt, allen jungen Menschen eine echte Perspektive zu

geben. Aus Sicht des SSW ist jedenfalls klar, dass wir hier noch deutlich besser werden müssen.

Ich persönlich meine, dass es kaum wichtigere Aufgaben gibt, als Jugendlichen und jungen Erwachsenen eine Perspektive in eine Ausbildung zu geben. Gerade junge Leute brauchen eine echte Chance auf ein selbstbestimmtes Leben, auf gute Bildung und ein selbsterzieltes Einkommen. Der vorliegende Bericht zeigt: Dabei macht die enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit im Rahmen einer Jugendberufsagentur oftmals den entscheidenden Unterschied. Denn hier übernehmen die verschiedenen Akteure gemeinsam Verantwortung, statt sie sich im Zweifel gegenseitig zuzuschieben. Diese Kultur wollen wir vom SSW unbedingt weiter voranbringen.

Eins habe ich aber schon in der letzten Debatte zu diesem Thema gesagt: Das Modell der Jugendberufsagentur ist kein Allheilmittel. Auch hiermit lassen sich nicht alle Probleme in diesem Bereich lösen. Aber beispielsweise der Blick nach Hamburg zeigt eins ganz klar: Die möglichst enge Vernetzung und Zusammenarbeit der relevanten Akteure also auch der Schulen - hilft nachweislich dabei, junge Menschen vor Arbeits- und Perspektivlosigkeit zu bewahren. Weil das sicher in unser aller Interesse ist, sollten wir weiter dafür werben, dass bei uns Arbeitsverwaltung, Jugendhilfe und Schulen, aber auch Wirtschaft und Kommunen so eng wie möglich zusammenarbeiten, und zwar nach Möglichkeit flächendeckend.

Bis heute haben bei uns im Land fünf Jugendberufsagenturen ihre Arbeit aufgenommen. In einer Reihe von Kreisen laufen entsprechende Vorbereitungen. Der SSW sieht diese Entwicklung als großen Erfolg und wird den weiteren Ausbau dieser Angebote selbstverständlich mittragen. Aber wir brauchen natürlich weiterhin vielfältige Möglichkeiten, um möglichst alle junge Menschen in ihrer Lebenswelt abzuholen und optimal zu fördern. Noch dazu gibt es vielerorts gut funktionierende Strukturen, an denen wir natürlich festhalten werden.

Insgesamt gesehen bin ich zuversichtlich, dass es uns gelingen wird, noch mehr Jugendliche beim Erreichen eines Schulabschlusses und bei der Berufswahl zu beraten und den Abbruch von Schul- oder Ausbildungsgängen zu verhindern. Wir sind hier auf einem guten Weg. Vor diesem Hintergrund hält der SSW aus voller Überzeugung am Ziel fest, allen jungen Menschen nach dem Verlassen der Schule ein konkretes Anschlussangebot machen zu kön

(Sven Krumbeck)

nen. In diesem Sinn werden wir uns weiter einsetzen.