Protocol of the Session on March 24, 2017

Die vorliegenden Zahlen belegen das Versagen der Landesregierung bei der Bewältigung dieser Wohnungskrise:

Allein 1.500 Studierende warten auf einen Wohnheimplatz. Die vom Studentenwerk gebauten und betriebenen Studentenwohnheime reichen bei Weitem nicht aus, um die Nachfrage zu befriedigen.

Die Mieten beispielsweise in Kiel und Lübeck sind in den vergangenen zehn Jahren um 40 % gestiegen. Das führt zu einem dramatisch angespannten Wohnungsmarkt für alle Gruppen. Natürlich sind die Einkommen - wenn überhaupt vorhanden nicht in dem gleichen Maße gestiegen. In keinem anderen deutschen Flächenland muss ein so hoher Teil des Einkommens für die Miete ausgegeben werden wie im Norden.

Gerade diese Gruppen wären auf staatlich geförderte Wohnungen angewiesen, also vor allem auf Sozialwohnungen. Aber auch die sind für die Bedürftigen nur sehr schwer zu bekommen. Noch nie gab es so wenige Sozialwohnungen in Schleswig-Holstein wie unter Ihrer Regierung, Herr Ministerpräsident Albig. Die Anzahl der Sozialwohnungen ist in Ihrer Regierungszeit sogar um ein Drittel zurückgegangen.

Angesichts dieser verheerenden Bilanz fordern wir PIRATEN ein Umsteuern. Es müssen nicht nur irgendwelche Maßnahmen ergriffen werden, es müssen die richtigen Maßnahmen kommen:

Wir fordern erstens, dass Schluss gemacht wird mit der Förderung von Neubauten nach dem Gießkannenprinzip. Bei solchen planlosen Förderungen wird zwangsläufig am Bedarf vorbei gebaut. Die Förderungen führen zu einem großen Teil nicht zu bezahlbaren Wohnungen. Das sehen Sie an der Entwicklung direkt vor der Tür: 98 % der Neubauten in Kiel sind für Wenigverdiener überhaupt nicht bezahlbar.

Überspitzt formuliert heißt das: Während die Menschen händeringend nach einer kleinen Hütte suchen, fördern Sie den Bau von Palästen.

Natürlich ist die Schaffung neuen Wohnraums nicht schlecht, sondern zu begrüßen. Aber richtig muss es gemacht werden! Die Landesregierung muss die Wohnungsbauförderung auf bezahlbaren Wohnraum konzentrieren. Das kann in Form der Förderung des Baus von Sozialwohnungen oder aber auch in Gestalt der Förderung des Baus von Wohnraum in öffentlichem Eigentum erfolgen. Dazu zäh

len wir auch die vom Studentenwerk errichteten Wohnheime für Studierende.

Insofern gehen die Anträge zum studentischen Wohnraum schon in die richtige Richtung. Sie reichen aber bei Weitem nicht aus. Ich erinnere daran: 1.500 Studierende suchen einen Wohnheimplatz.

Aber es suchen eben nicht nur Studenten bezahlbare Wohnungen oder Unterkünfte. Nicht nur sie brauchen bezahlbaren Wohnraum. Geringverdiener, Empfänger von Transferleistungen, Großfamilien haben erhebliche Schwierigkeiten, mit ihren zur Verfügung stehenden wirtschaftlichen Ressourcen bezahlbaren Wohnraum zu finden.

Das zeigt, dass in der Vergangenheit Misswirtschaft betrieben wurde. Heute rächt es sich, dass gerade auch SPD-regierte Städte und Gemeinden die öffentlichen Wohnungsbestände zerschlagen und versilbert haben. Heute ist umgekehrt zu überlegen, ob nicht die Neugründung von kommunalen Wohnungsunternehmen gefördert werden müsste.

Wir PIRATEN fordern, dass der Bedarf an bezahlbarem Wohnraum und Sozialwohnungen endlich ermittelt wird und dann schrittweise auch gedeckt wird.

Zweitens. Die Schaffung neuen Wohnraumes kann aber nur die eine Säule des Konzeptes zur Behebung der Wohnungskrise sein. Daneben muss dem rasanten Verlust des vorhandenen bezahlbaren Wohnraums durch Gentrifizierung oder Zweckentfremdung entgegengetreten werden. Zu viel Wohnraum wird von den Eigentümern gewerblich genutzt oder leer stehengelassen. Dadurch verliert der Markt eine Vielzahl von Wohnungen. Dieser Schwund an bezahlbarem Wohnraum geht so schnell, da können Sie gar nicht gegen anbauen, sehr geehrter Herr Ministerpräsident. Deswegen fordern wir PIRATEN weiter: In diesen Gebieten müssen die Kommunen das Leerstehenlassen und die Umwandlung von Wohnraum verbieten können. Das haben wir schon vor Jahren beantragt.

Außerdem stehen die genannten Gruppen in einer Wettbewerbssituation mit solchen Interessenten, die sich auch höhere Mieten leisten können und wollen. Dementsprechend entstehen am Markt die für viele nicht mehr bezahlbaren Mieten. Dieser Mietanstieg muss gebremst werden. Die Mietpreisbremse darf nicht nur in 1 % der Städte und Gemeinden im Norden gelten wie von Ihnen beschlossen. Die Verordnung muss vielmehr im gesamten Hamburger Randgebiet, in den Städten an der Ostküste und in den Tourismusgebieten Anwendung finden. Das

(Dr. Patrick Breyer)

beantragen wir heute mit unserem hier eingereichten Antrag.

Schließlich muss im Zusammenhang mit der Errichtung von Sozialwohnungen auch unbedingt die Wiedereinführung einer Fehlbelegungsabgabe geprüft werden, damit die wenigen verbleibenden Sozialwohnungen auch den Bedürftigen zugutekommen.

Herr Ministerpräsident, machen Sie die Wohnungskrise in unserem Land zur Chefsache. Hören Sie auf, der Immobilienbranche nach dem Mund zu reden und fast jeden Vorschlag, den zum Beispiel der Mieterbund macht, zu blockieren oder zu verschleppen. Brechen Sie mit der Breitner-Kuscheltradition und nehmen Sie endlich auch die Immobilienbranche in die Pflicht:

Wo bezahlbarer Wohnraum händeringend gesucht wird, gilt unser Grundgesetz „Eigentum verpflichtet“. Das hat der Gesetzgeber unter den Eindrücken der verheerenden Wohnungslage nach dem Krieg in das Grundgesetz aufgenommen. Jedermann hat ein Recht auf ein bezahlbares Zuhause. Genau das fordern wir PIRATEN hier ein.

Herr Präsident! Ich will hier gar nicht um den heißen Brei herumreden. Ja, es ist völlig richtig: Wir brauchen mehr studentischen Wohnraum im Land. Und ja: Wir haben zwar enorm aufgeholt, liegen im Ländervergleich bei der Versorgung unserer Studierenden mit angemessenem Wohnraum aber noch immer auf einem der hinteren Plätze. Dass wir hier also unbedingt weiter am Ball bleiben müssen, versteht sich von selbst. Diese Notwendigkeit wird auch von niemandem in unseren Reihen bestritten.

Ganz ohne Frage ist es das gute Recht der Opposition, dieses Problem aufzugreifen. Noch dazu kann ich gut nachvollziehen, wenn man hier besonders ehrgeizige Ziele vorgeben will. Das macht sich ja im Vorfeld einer Wahl immer gut. Das hat alles seine Berechtigung. Aber eine Sache an diesem Antrag stört mich doch sehr: Ähnlich wie bei anderen hochschulpolitischen Themen - wie zum Beispiel beim doppelten Abiturjahrgang - wird nicht nur das Problem überhöht, sondern gleichzeitig auch noch so getan, als herrsche Stillstand.

Ich frage mich wirklich, was man mit dieser Taktik erreichen will. Die Tatsache, dass Wohnraum fehlt, ist allen bekannt. Um Aufmerksamkeit für dieses wichtige Thema kann es also kaum gehen. Gleichzeitig ist doch nicht zu übersehen, dass die Landes

regierung im gesamten Hochschulbereich - inklusive dem studentischen Wohnen - nicht erst seit gestern aktiv ist. Wem ist also geholfen, wenn man von gravierenden Mängeln oder Mangelware und von langen Wartelisten spricht, und sofortiges Handeln fordert? Vermutlich wirklich niemandem. Skandalisierungen lösen nun mal keine Probleme.

Zugegeben: Es wäre auch irgendwie zu viel des Guten, wenn die CDU unsere Maßnahmen für bezahlbares studentisches Wohnen bejubeln würde. Fakt ist aber, dass wir hier wirklich eine ganze Menge angestoßen haben. Wir haben ja nicht nur die bestehenden rund 3.500 Wohnheimplätze auf gutem Niveau gehalten. In Kiel wurden durch die Bereitstellung von Grundstücken, Beteiligung an den Planungskosten und Infrastrukturmaßnahmen 69 Plätze neu errichtet, und 46 Wohneinheiten befinden sich für das nächste Jahr in Planung. Erstmals wurde ein Wohnheim zudem öffentlich erfolgreich ausgeschrieben. 150 neue Plätze entstehen so auf dem Gelände der CAU.

In Flensburg sind 163 Wohnheimplätze bald bezugsfertig und ein weiteres Wohnheim mit 160 Plätzen befindet sich in Planung.

Dazu kommen mehrere hundert Wohnheimplätze, die durch das Engagement privater Anbieter entstanden sind, wie die 500 Plätze auf dem Kieler Ostufer. Daneben haben wir die Weichen für ein Wohnraumprogramm für Studierende und Flüchtlinge mit einem Volumen von 3 Millionen € gestellt. Man kann ohne Frage mehr fordern. Aber die Unterstellung, es würde sich so gut wie gar nichts bewegen, ist doch etwas fehl am Platz.

Nicht zuletzt unser Änderungsantrag zeigt klar und deutlich, welche weiteren Maßnahmen wir hier geplant haben. Denn auch wenn die Forderung der CDU nach 1.000 Wohnheimplätzen ja schön plakativ - aber eben nicht wirklich realistisch ist - muss natürlich weiterer Wohnraum geschaffen werden. Dieses Ziel verfolgen wir bekanntlich gemeinsam mit Studentenwerk, Hochschulen und den Hochschulstädten. Unter anderem werden wir den Bau von Integrationshäusern weiter vorantreiben. Hier sollen nicht nur Geflüchtete und Studierende wohnen, sondern eben auch Kultur- und Integrationsprojekte laufen. Außerdem werden wir jeweils zwei Wohnprojekte in Kiel und Flensburg unterstützen.

Ich denke, grundsätzlich gesehen ist die Situation sicher verbesserungswürdig. Aber wir sind hier wirklich auf einem guten Weg. Diesen Weg in Richtung einer bedarfsgerechten Versorgung mit bezahlbarem Wohnraum werden wir auch konse

(Dr. Patrick Breyer)

quent weitergehen - sogar ganz ohne alarmierende Anträge der Union.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben ja heute schon einiges zum Thema Wohnungen gehört. Ich möchte die Diskussion um einige Fakten bereichern.

Die routinemäßig alle fünf Jahre von einem Fachinstitut erstellte Wohnungsmarktprognose 2030 befindet sich noch in der Fertigstellung. Wir haben aber schon zugerufen bekommen: für 2015 bis 2030 brauchen wir gut 150.000 Wohnungen, davon allein bis 2020 knapp 16.000 jährlich.

Das kommt nicht überraschend, wenn man sich die Grundlagen für die Wohnungsmarktprognose vor Augen führt. Wenn sich wie aktuell geschehen die Einwohnerprognose für die Zeit bis 2030 dynamisch nach oben entwickelt und wenn sich insbesondere aus demographischen Gründen die Haushaltsgrößen verändern, resultieren daraus auf der Zeitachse anzupassende Bedarfe.

Bezahlbarer Wohnraum wird dann ein zunehmend knappes Gut, in Kiel, in Lübeck, in Flensburg. Und in den Mittelstädten des Hamburger Rands. Was sind die Ursachen? Schleswig-Holstein ist Zuzugsregion - für Berufsanfänger, für Auszubildende, für Studenten, aber auch für Senioren nach der Berufstätigkeit. Und natürlich auch für die vielen geflüchteten Menschen. Die Mieten sind gestiegen. Der Finanzmarkt ermuntert mit ausgesprochen günstigen Zinsen eher zum hochpreisigen Neubau - das bezahlbare Wohnen hat das Nachsehen. Das Bauen von günstigen Wohnungen wird immer schwieriger. Auflagen und gestiegene Erstellungskosten sind einige Gründe dafür.

Und was hat die Landesregierung getan? Wir haben seit 2014 mit den Verbänden für Wohnungswirtschaft die „Offensive für bezahlbares Wohnen“. Es wird genau dort gebaut, wo der Bedarf unbestreitbar am höchsten ist - in den großen Städten und am Hamburger Rand. Wir haben das größte Wohnungsbauprogramm seit dem Krieg aufgelegt. Derzeit stellen wir 760 Millionen € Fördergelder zur Verfügung. Die Programme sind flexibel nutzbar und kombinierbar. Wir haben ganz aktuell zusätzlich ein Zuschussprogramm mit 34 Millionen € für zwei Jahre aufgelegt.

Unser Ziel - in absehbarer Zeit 20.000 neue bezahlbare Wohnungen zu errichten - ist in greifbare Nä

he gerückt. Für rund 40 % stehen Fördermittel bereit. Etwa 2.000 Wohneinheiten konnten wir in den Letzen zwei Jahren mit Geldern der Wohnraumförderung bewilligen. Rund 2.200 weitere sind in der Förderberatung.

Wir haben auch das studentische Wohnen im Blick. Mit neu geschaffenen Wohnheimplätzen durch Neubau und Sanierung zwischen 2012 und 2016 konnten wir 3.500 Plätze erhalten. Sowohl wir als auch private Initiativen haben neue Plätze geschaffen.

Gerade konnten wir den Medien die weiteren Pläne für Kiel entnehmen. Sie sehen, wir als Landesregierung haben für gute Rahmenbedingungen gesorgt. Auch das Investitionsklima ist gut. Das belegen die Entwicklung der Baugenehmigungszahlen und die aktuellen Förderzahlen. Mit fast 16.000 Wohneinheiten sind letztes Jahr fast 30 % mehr Wohnungen in der Planung als noch 2015. Davon sind etwa 70 % mehr Mietwohnungen als 2015. 70 %! 2014 und 2015 wurden jeweils 10.000 Wohnungen fertiggestellt. Zudem gibt es in Schleswig-Holstein immer noch bezahlbare freifinanzierte Wohnungen - auch in den Bedarfsregionen mit angespannten Wohnungsmärkten.

Außerdem wirkt das Wohngeld entlastend. Die Wohngeldreform 2016 führte zu einem Anstieg um 34 %. Über 22.700 Haushalten konnten mit Wohngeld versorgt werden.

Richtig ist, dass wir über 20.000 Wohneinheiten vorzeitig aus der Mietpreisbindung entlassen haben - dazu stehen wir auch -, denn die Wohnungen waren nicht mehr bedarfsgerecht. Sie werden aber zu niedrigen Mieten weiter vermietet. Durch die Freigabe der Bindungen floss Geld in das Zweckvermögen zurück.

Aber, meine Damen und Herren, und auch das gehört zu den Fakten: All das reicht im Licht der neuen Erkenntnisse nicht aus. Wir brauchen einen gemeinsamen Schulterschluss: Kommunen müssen ausreichend Flächen bereitstellen und Baurecht schaffen. Die Investoren müssen die bereitstehenden Mittel der Landesförderung noch breiter in Anspruch nehmen. Wie auch von Haus & Grund angesprochen, muss auch an Nachverdichtung wie Dachgeschoss-aufstockung und Umnutzung von Flächen gedacht werden. Wir haben bereits im Herbst unsere Förderprogramme dafür umgestellt. Wir müssen alle darauf achten, das Bauen durch Auflagen nicht noch komplizierter zu machen.

Meine Damen und Herren, das Thema Wohnen ist komplex. Wir als Land können nicht einfach an

(Jette Waldinger-Thiering)

zwei, drei Schrauben drehen, und dann regelt sich alles. Alleine kann das niemand schaffen. Das bedarf auch in Zukunft einer engen Abstimmung zwischen allen Beteiligten - Land und Kommunen, Wohnungsbaugesellschaften und Investitionsbank, denn der Wandel ist auch eine Chance für unser Land. Schleswig-Holstein wächst, es ist ein attraktives Land. Das wollen wir doch alle. - Vielen Dank.

Gründergeist für Schleswig-Holstein

Antrag der Fraktion der FDP Drucksache 18/5315

Herr Präsident! Unternehmensgründungen sind die Grundlage für Wirtschaftswachstum und Innovation. Deswegen haben wir hier im Landtag schon oft über Verbesserungen für Existenzgründer debattiert. Jedes Mal waren es CDU und FDP, die dieses wichtige Thema auf die Tagesordnung gesetzt haben. Das war auch notwendig:

Denn jenseits der derzeit guten Auftragslage gibt es eine Reihe von Alarmsignalen: Die Zahl der Gewerbeanmeldungen ist im letzten Jahr gesunken und liegt unter dem Niveau von 2012.

Beim Gründungsmonitor der Kreditanstalt für Wiederaufbau ist Schleswig-Holstein in der Regierungszeit von SPD, Grünen und SSW ist Schleswig-Holstein bei der Gründungsquote auf Platz 8 (2015) abgerutscht.